In der “Corona-Zeit” bin ich bei Twitter ausgestiegen. Die Stimmung war derart aufgeheizt, ich habs nicht mehr ausgehalten. Vor einigen Wochen bin ich zurückgegangen und bin erst mal 1000 Leuten (sic!) entfolgt. Das hat schon mal geholfen. Außerdem hab ich mir neue Wohlfühl-Accounts zum Folgen gesucht – sehr viel ESC-Zeugs. Jedenfalls lese ich jetzt wieder ab und zu und lieber dort mit.
Anlässlich der Hochzeit des deutschen Politikers Christian Lindner konnte man aber wieder schön beobachten, was Twitter ausmacht. Lindner hat groß auf Sylt geheiratet und nun gabs verschiedene, sagen wir mal, Meinungsströme.
Diese Hochzeit ist dekadent und viel zu pompös in dieser Zeit, wo das Fußvolk verzichten soll
Alle, die Meinung 1 vertreten, sind bloß neidisch. #Neidgesellschaft
Sollten zwei Menschen, die beide aus der Kirche ausgetreten sind, kirchlich heiraten (dürfen)?
Warum reisen soviele klimatechnisch bedenklich mit dem Privatflieger an -> woraus wieder eine eigene Klimakrise/Klimaleugnung/ Long Klima (haha) Diskussion entsponnen werden kann
Haben wir keine anderen Sorgen als diese Hochzeit?
Wenn man das so liest und keinen Spaß damit hat, ist man auf Twitter eindeutig falsch.
Ich hab tatsächlich 42 Likes dafür bekommen. Den Film hat offenbar wirklich niemand verstanden und er kam – laut eines anderen Mitdiskutanten – nur deshalb nicht auf obige Liste, weil ihn zu wenig Leute gesehen haben.
Am Mittwoch wollte ich zur Oskar Werner Ausstellung. Ich hab mir also meine Arbeit so eingeteilt, dass ich mit dem Bus um 13.27 hinfahren kann, die Ausstellung im Metro Kulturhaus öffnet um 14 Uhr. Als ich um 13.16 die Wohnung verlassen, hatte ich nicht mal die Idee, einen Regenschirm mitzunehmen, weil es zwar bewölkt war, aber nicht nach Regen aussah und weil auch nichts gröberes angesagt war. Zur Bushaltestelle brauche ich ungefähr fünf Minuten. Kurz bevor ich dort war, begann es tröpfeltn und binnen zwei Minuten entwickelte sich daraus ein kleines Unwetter mit Starkregen.
Ich hatte nun die Optionen: Zurück nach Hause gehen, wobei ich waschelnass werden würde, dann würd ich mich aufwärmen und abwarten, überlegen, welchen Bus ich als nächstes nehmen würde – die Busse fahren nur alle 20 Minuten und zufuss erschien mir bei dem Straßenzustand nicht als Option, oder so halbnasse in den Bus einsteigen und hoffen, dass ich bis zum Erreichen des Metro Kulturhauses getrocknet wäre. Habe mich dann für Option 2 entschieden, was eine gute Idee war, weil in der Innenstadt wars sonnig und fast heiß. Allerdings waren meine schönen Stoffballerinas wie Betonpatscherl, so angesaugt mit Wasser. Sie trockneten zwar auch schnell, aber die Feuchtigkeit zog weiter in meine Gelenke und für den Rest des Tages taten mir die Beine weh (Aus dem Tagebuch einer Seniorin)
Jedenfalls war die Ausstellung toll. Als ich eintraf, war ich die zweite Besucherin. Danach kam noch eine Person, das wars. Die Ausstellung befindet sich auf drei Ebenen, wobei Ebene 1 zu vernachlässigen ist – oder wie jemand ins Gästebuch schrieb, das war eher irritiertend. Einfach eine Projektion von Oskar Werner und ein paar Zuschreibungen zu ihm an den Wänden, eine Kurzbio. Okaaay. Im zweiten Stock erfährt man dann aber sehr ausführlich das wichtigste zu seinem Lebenslauf. Geboren 1922, enge Beziehng zur (alleinerziehenden) Mutter,die sich das Leben nehmen wollte als er acht Jahre war, dann Kriegsausbruch – er fahnenflüchtig und auch bereits Vater, also das sind schon mal ziemliche “Startschwierigkeiten” würde ich sagen. Gleichzeitig etablierte er sich schnell als Hörspielsprecher und Schauspieler. Von Anfang an zeichnete ihn aber auch ein hoher Anspruch an sich selbst und andere aus, weshalb er viele Projekte absagte, aus Verträgen ausstieg etc. Schließlich eine Art Flucht nach Liechtenstein, wo er ein Haus hatte.
Etwas, das ich tatsächlich nicht wusste, ist die Geschichte um den Ifflandring. Er war – trotzdem er den Nationalismus komplett ablehnte – sehr gut mit dem Schaupsieler Werner Krauß befreundet, der kollaborierte. Die beiden spielten auch oft zusammen. Krauß war sein Vorbild und es er starb, gingen alle, wohl auch Oskar Werner selbst, davon aus, dass der Ifflandring-Träger ihm, Werner, den Ring vermachen würde. Dem war nicht so. Den Ring bekam Josef Meinrad, der damals noch nicht so bekannt war1. Auch wenn Oskar Werner versucht, souverän damit umzugehen, war er wahrscheinlich sehr gekränkt und gedemütigt. Und, wenn wir uns ehrlich sind, Souveränität gehörte generell nicht unbedingt zu seinen Stärken. Werner drehte dann vermehrt Filme und ging (kurz) nach Hollywood. Später wollte ein eigenes Theaterfestival ins Leben rufen, was scheiterte, er wurde nochmal Vater. Vor allem aber trank er viel zuviel. Sein Ruhm verblasste, weil er unter Alkoholeinfluss auftrat. Fast alle, Familie, Freunde, wendeten sich von ihm ab. Mit 62 Jahren starb er an einem Herzinfarkt.
Der dritte Stock des Metrokulturhauses widmet sich Werners’ Werken in Film und Theater. Es gibt eine große Tafel, auf der alle Produktionen aufgelistet sind, die er ablehnt hat oder die nicht zustandegekommen sind. Auch solche, an denen er gerne beteiligt gewesen wäre, aber es dann aus verschiedenen Gründen nicht war. Symptomatisch für Werners Kompromisslosigkeit. Ungeachtet dessen drehte Oskar Werner einige Filme, die heute Kultcharakter haben wie Das Narrenschiff,Der Spion der aus der Kälte kam, Jules und Jim und (den liebe ich sehr): Fahrenheit 451. Allerdings zerstritt er sich dabei mit Regisseur Francois Truffaut, mit dem er ursprünglich sogar befreundet gewesen war, aufgrund von unterschiedlichen Auffassungen über seine Figur Montag. Oskar Werner hatte in diesem Fall den Autor von Fahrenheit 451 – Ray Bradbury – auf seiner Seite, der ihm schrieb: “I know you have reservations about Fahrenheit 451 as do I”. Sein letzter großer Film/TV Aufritt war in Columbo in der Folge Playback. Auch Kult.
Als ich die Ausstellung fertig abgegangen war, hab ich im Shop gestöbert und mir dann auch das Buch zur Ausstellung 100 Jahre Oskar Werner gekauft. Es ist also möglich, dass ich nochmal auf das Thema zurückkommen werde. Man kann sich die Ausstellung noch bis Ende Jänner 2023 ansehen. Es lohnt sich! Disclaimer: Not a sponsored post (as usual)
1 nachdem Meinrad den Ring erhalten hatte, ging das Gerücht um, dass er seinerseits Oskar Werner als Nachfolger bestimmte. Angeblich änderte er 1984 – als Werner starb – seinen Willen. Aber wie gesagt: Gossip.
Buntraum alias Nadine Hilmar, die ich schon ewig von Twitter kenne und ihr auch auf dem Blog sehr gerne folge – manchmal haben wir auch ein bisschen privat geschrieben, weil es ein paar Parallelen in unseren Leben gab – hat sich, nun ja neu erfunden will ich nicht sagen, aber ihre Internetheimat heißt jetzt Volle Kanne Leben und ist nicht nur eine neue Blogadresse, sondern auch ein Podcast. Disclaimer: ich werde für diese Werbung nicht bezahlt.
Was ich an Nadine immer ganz toll finde, dass sie so ehrlich mit sich selbst ist. Auf Twitter und anderen Social Media Plattformen ist ja oft das Problem, dass sich Menschen so zeigen, wie sie gerne wären. In aufgeräumten Wohnungen, mit sauber gekleideten und wohlerzogenen Kindern, guten Beziehungen usw und jeder weiß wie es geht und hat die Weisheit mit Löfflen gefressen (was ein großes Problem von Social Media überhaupt ist). Nadine nicht. Sie stellt sich hin und sagt morgens um neun: der Tag ist gelaufen, nix funktioniert, ich mag nicht mehr. Aber auch: Hier seht euch diesen Himmel an, wie geil der gerade ist. Und: Gerade gehts mir richtig gut. Das gefällt mir.
Gestern hat sie gebloggt, dass ein Freund von mit dem Motorrad durch Afrika fährt und, dass sie das zuerst mal ein bisschen aus der Bahn geworfen hat. Man kennt das ja von sich selbst, diese Reaktion: Warum mache ich sowas nicht (auch ein großes Problem vom Social Media)? Permanent ist man damit konfroniert, was andere tun und es entstehen Begehrlichkeiten. Aber Nadine analysiert sich dann selbst und kommt drauf: sie will ja gar nicht mit dem Motorrad durch Afrika. Sie findet es zwar cool, aber es ist nicht ihr Traum. Und dann sagt sie wieder was zutreffendes: Aber man kann sich ja mit dem anderen freuen und das als Ausgangspunkt nehmen, um sich selbst zu fragen, wovon träume ich? Was sind meine Ziele?
Die ersten beiden Folgen ihres Podcast hab ich mir gestern beim Abendspaziergang angehört. Mag ich!
Nach dem Oscar Eklat rund um Will Smith und Chris Rock haben viele Menschen an Ricky Gervais gedacht. Gervais hat die Golden Globes mehrfach gehostet (und wahrscheinlich ganz bewusst die Oscars noch nie) und er war teilweise soo arg. Irgendjemand hat dann geschrieben: Wenn der Witz von Chris Rock eine Ohrfeige wert war, müsste man Gervais schon lange erschossen haben. Harhar.
Viele fragen sich: Was hätte Gervais in der Situation getan? Was wäre bei ihm passiert? Gervais hat das dieser Tage bei einem seiner Auftritte selbst beantwortet. Was bei ihm passiert wäre, sinngemäß: nichts. Denn er hätte keinen Witz über die Haare von Jada Pinkett Smith gemacht. Er hätte einen Witz über ihren Freund gemacht. Das hätte ich allerdings auch gerne gesehen!
P.S. Die Ehefrau von Will Smith hatte eine Affäre mit einem Freund ihres Sohnes. Smith und sie labeln seitdem ihre Ehe als “offen”.
Ich bin ja nicht mehr gerade begeisterte ORF Konsumentin, aber letzte Woche haben sie sich eines Themas angenommen, das ich als wichtig empfinde, weil ich selber gerade 46 geworden bin. Die Menopause bzw. ihre Endtabuisierung.
Mit der Menopause ist das ja so eine Sache. Das ist ja nicht wie bei der ersten Regel, die man eines Tages bekommt und somit weiß: ok, jetzt gehts los. Die Wechseljahre heißen ja nicht grundlos so, es dauert tatsächlich Jahre, sie zu durchlaufen, man weiß weder genau, wann das alles beginnt noch, wann es endgültig vorbei ist – außer halt retrospektiv. Ich habe bereits mit 41 Jahre eine Phase gehabt, in der ich nachts stundenlang wach gelegen bin und mir gedacht hab ok, das ist neu; aber das kann auch an meinen Lebensumständen gelegen haben, denn mein Leben war damals etwas neben der Spur, und als es stabiler wurde, klappte das mit dem Schlafen auch wieder. Ungefähr zur gleichen Zeit hatte ich auch hin und wieder Hitzeausbrüche, aber das ist ebenfalls vorbei, mittlerweile friere ich wieder quasi durchgehend wie eh und je harhar.
Als eher unberechenbar hat sich das mit der Regel erwiesen. 23 Tage Zyklen hatte ich vor meinem 45. Lebensjahr nie, aber das bedeutet im Umkehrschluss auch nicht, dass es nicht dann doch auch wieder mal 28 Tage und länger dauert. Diese Unberechenbarkeit nervt ein bisschen, aber wann hat die Regel denn nicht genervt in den letzten 35 Jahren?? Auch wenn man in meinem Alter aus den fruchtbaren Jahren mehr oder weniger raus ist, Verhütung ist natürlich trotzdem wichtig. Denn entgegen dem medial oft tradierten Bild haben auch Frauen in den Wechseljahren und jenseits der 45 noch (oft eine ganze Menge) Sex. Auch wenn sich das gesellschaftlich vielleicht noch nicht ganz durchgesprochen hat, wie das auch so treffend im Last Fuckable Day Clip von Amy Schumer und Co aufgezeigt wird.
Da sitzen drei attraktive, kluge Frauen um die 50 – Patricia Arquette, Tina Fey und Julia Louis-Dreyfus und feiern den Last Fuckable Day von Letztgenannter. Denn: irgendwann um die 50 gilt man in Hollywood nicht mehr als “believably fuckable.” Die Frauen werden in den Filmen zu Omas, die vornehmlich in der Küche stehen, während die Männer quasi gar nicht altern und permanent nur Frauen um die 30 daten. Tina Fey erklärt es Schumer so: “Remember when Sally Field was Tom Hanks’ love interest in Punchline and then like 20 minutes later, she was his mom in Forest Gump?” so vollziehe sich der Wandel in Hollywood.
Sehr böse, sehr sehenswert, und gut für die Bewusstseinsbildung:
Diese Woche habe ich drei Projekte gleichzeitig, die auch Spaß machen aber irgendwie bin ich auch ein bisschen erschöpft, der Jänner hat mich geschafft.
Letztes Wochenende war meine Mama bei uns, sie hat jetzt Netflix entdeckt, die letzten Male hat sie The Lost Daughter und Don’t look up gesehen, dieses mal habe ich ihr Tick Tick…Boom empfohlen, einen Film, den ich noch gar nicht kannte, aber aufgrund des Titels und des Trailers als sehenswert erachtet habe. Meine Mutter beschrieb ihn als “interessant, aber irgendwie anders” und dieser Einschätzung kann ich mich – mittlerweile hab ich ihn auch geschaut – durchaus anschließen. In Kürze werde ich vielleicht noch mehr dazu schreiben.
Diese Woche habe ich außerdem den offenen Brief von Ortwin Rosner gelesen, der meines Erachtens alles auf den Punkt bringt, was derzeit auf den Punkt gebracht werden sollte. Einen genauen Befund über den aktuellen Zustand der österreichischen Medienlandschaft (Spoiler: er ist nicht gut) plus einen Lagebericht über die Kundgebungen, die ich durch eigene Augenzeugenschaft genauso bestätigen kann:
“Ganz allgemein gilt, dass jemand, der sich nur über die Leitmedien unseres Landes informiert, eine völlig verzerrte Vorstellung der samstäglichen Corona-Demos in Wien erhalten muss (…)
Dass aber ebenso ganz linksstehende Leute ihre eigenen Kundgebungen mit ihren ganz eigenen Rednern und ihren ganz eigenen Inhalten abhalten, dass man da am Ring sehr gut dabei sein kann, ohne irgendetwas von der FPÖ zu sehen, darüber erhält er kaum irgendeine Information von Euch.
(c) Ortwin Rosner
Der Teenie hatte gerade berufspraktische Tage, die dankenswerterweise trotz C. stattfinden konnten. Jeden Tag ging er mit KollegInnen essen und er hat seinen WhatsApp Status zu “Bei der Arbeit” geändert. Das Berufsleben – er schnuppert im IT-Bereich – gefällt ihm, ich bin wirklich sehr gespannt, was er nach der Matura machen wird. Ich denke, er wird einen “pragmatischeren” weiteren Ausbildungsweg wählen als ich, die ich auch ein bisschen in meinem Elfenbeinturm oder auch Wolkenkuckucksheim gesessen bin und das ist völlig ok so harhar, aber wenn er was anderes macht, ist das genauso ok für mich.
Normalerweise ist der Jänner ja eher ein ereignisloser Monat, das neue Jahr ist noch nicht so richtig in Schwung und man selber auch nicht. 2022 bildet da für mich eine Ausnahme. Ich habe in diesem Jahr schon einige Dinge gemacht, die mich herausgefordert, die mir Angst gemacht, die mich belastet und dann auch wieder bestärkt haben. Kaum zu glauben, was alles in gerade mal drei Wochen passiert ist.
Jedenfalls weiß ich nicht: liegt es am Alter oder an der Pandemie, an der Politik, an dem, was man mittlerweile täglich in den Medien hört, an den Wechseljahren oder was auch immer, aber erstmals in fast 46 Jahren habe ich einen Zustand einer quasi allumfassenden Wurschtigkeit erreicht. Wo ich mich jahrelang andauernd in Frage gestellt habe, mir alles zu Herzen genommen, mir Sorgen gemacht, die Schuld oft bei mir gesucht und dann auch versucht habe, es allen Recht zu machen, hat mich dieses neue Jahr und Begleitumstände gelehrt: es geht sich nicht mehr aus. Ich höre damit jetzt auf. Es ist mir egal, wer was warum über mich denkt, ich höre auf, mich permanent zu rechtfertigen und zu entschuldigen, ich leb jetzt einfach mein Leben.
Es war natürlich nicht nur dieses neue Jahr, sehr viel habe ich auch bereits im letzten Jahr reflektiert, ich habe beruflich in Access Conciousness hineingeschnuppert, ich habe angefangen aufzuschreiben, was mich glücklich macht, wie ich schnell in einen Zustand innerer Zufriedenheit komme, ich habe Youtube Videos zu Persönlichkeitsentwicklung geschaut und ich habe Menschen kennengelernt, die mir neue Perspektiven gezeigt haben. Gleichzeitig hab ich mit Twitter (das ich mal geliebt habe) und den meisten anderen sozialen Medien aufgehört, ich habe aufgehört ORF (der mich langsam aber sicher wahnsinnig gemacht hat) anzuschauen, meinen generellen Medienkonsum beschränkt und vor allem hab ich einem Menschen geglaubt, der mir sagt, dass ich richtig bin so wie ich bin, und der in der Nacht meine Hand hält, wenn ich unruhig werde.
Fast 46 Jahre hab ich für diese Erkenntnisse gebraucht, das hat so gesehen eh relativ lange gedauert und ich bin mir auch sicher, dass ich in – sagen wir – zehn Jahren noch viel mehr über mich wissen und verstehen werde. Und ich bin sehr gespannt, was das sein wird. Einstweilen mache ich einfach weiter.
Gestern hab ich begonnen, mir auf Netflix die halbgare Satire Don’t look up von Adam McKay (bekannt für u.a. The Big Short) anzusehen. Zwei kurze Beobachtungen dazu.
Es spielen u.a. Leonardo di Caprio und Jonah Hill – was mich an Scorseses The Wolf of Wall Street erinnert (den ich nicht mag). Und in dem die beiden vornehmlich mit Koksen, Saufen und Vögeln beschäftigt waren (sehr redundant insgesamt, man könnte locker um eine Stunde kürzen), was mich wiederum an das Golden Globe Intro mit Tina Fey und Amy Poehler erinnert, wo Amy Poehler sagte: “If I wanted to see Jonah Hill masturbate at a pool party, I’d go to one of Jonah Hill’s pool parties.”
Meryl Streep spielt in Don’t look up die Präsidentin der Vereinigten Staaten und di Caprio eröffnet ihr, dass ein Astroid im Begriff ist, die Erde zu zerstören. Da musste ich wiederum an das Opening der Oscars 2008 denken, in dem Jon Stewart sagte: “Hillary Clinton vs. Barack Obama. Normally, when you see a black man or a woman president, an asteroid is about to hit the Statue of Liberty.”
Ob ich noch mehr und tatsächlich etwas über Don’t look up schreiben werde, weiß ich nicht. Er war bisher doch ziemlich anstrengend, aber nicht in einem guten SInn.
P.S. Aber interessant war die Szene, in der ein Veteran in einem Tarnanzug bei der Pressekonferenz der Präsidentin erscheinen soll, um zu zeigen, dass sich das Volk quasi im Krieg (gegen den Asteroiden) befindet. Diese Politik der Gefühle erinnert mich auch an etwas.
Diese Woche hat mir jemand von der Elizabeth Taylor und Richard Burton Doku erzählt und gesagt, sie wäre etwas für mich. Ich finde es immer schön, wenn jemand etwas ansieht und dabei an mich denkt und findet, das sollte ich mir ansehen. Und noch schöner ist es, wenn er mir davon schreibt.
Jedenfalls war ich dann so neugierig, dass ich unmittelbar nach diesem Hinweis diese Doku angeschaut habe. Und ja, die beiden hatten eine echt verrückte und leider auch zerstörerische Beziehung. Elizabeth Taylor war ein Kinderstar, schon mit acht Jahren reich und berühmt und bereits zum vierten Mal verheiratet, als sie mit Burton Cleopatra drehte. Richard Burton kam aus einem armen Elternhaus und hatte sich hochgearbeitet. Beide waren anfangs nicht sehr voneinander angetan. Er fand sie nicht sonderlich sympathisch und sie wunderte sich darüber, warum er so ein Frauenheld sein konnte. Aber im Laufe der Dreharbeiten änderte sich das. Eines Tages kam er an Set und sagte: ” Ich habs getan, Jungs. Ich habe Elizabeth heute Nacht auf dem Rücksitz meines Cadillacs gevögelt.” Es war eine Bombe. Und es war ein Skandal, denn beide waren verheiratet. Selbst der Vatikan gibt eine Erklärung ab – der Papst sprach von einer unmoralischen Beziehung, einer Schande. Sowas kann man sich heute ja gar nicht mehr vorstellen.
Die beiden heirateten, obwohl Burton zuerst zögerte, sich scheiden zu lassen; seine Frau war ein sicherer Anker, der es schaffte, ihn vom Alkohl abzuhalten. Dann nahm des Schicksal seinen Lauf. Sie drehten unzählige Filme miteinander, sie gaben viel Geld aus, sie feierten wilde Partys, sie tranken viel zuviel. Im Film Wer hat Angst vor Virgina Woolfe? spielen sie sich quasi sich selbst, sie transferierten ihre tatsächlichen brutalen Streitgespräche auf den Bildschirm. Der Film brachte sie dann letztendlich auch auseinander. Burton drehte Blaubart mit einigen sehr attraktiven Schauspielerinnen. Burton kann es nicht lassen, er bleibt ein Frauenheld. Er macht anderen Avancen. Sie revanchiert sich. Dann trennen sie sich. Sie lassen sich scheiden. Dann heiraten sie wieder. Lassen sich nochmal scheiden. Sie heiraten andere, lassen sich von andren scheiden. Schließlich arbeiten sie wieder miteinander, sie spielen zusammen Theater. Er heiratet erneut – sie bricht zusammen. Dennoch kann er sie nicht loslassen. Er schreibt ihr, er will sie wiedersehen, doch dann stirbt er überraschend.
Es ist sehr traurig. Obwohl sie eine große Schauspielerin ist, schön, reich, immens erfolgreich, wird sie nicht glücklich in ihrem Leben. Es ist immer zu wenig Liebe und zu wenig Sicherheit. Das kann man sich nicht kaufen. Und Geld kann einen niemals darüber hinwegtrösten.
Die Quellenstraße im 10. Bezirk ist eine der wildesten Straßen der ganzen Stadt, würde ich mal sagen. Ich habe viele Jahre lang in unmittelbarer Nähe gewohnt.
Verkehrstechnisch sind dort alle Regeln der STVO außer Kraft gesetzt, es herrscht Anarchie, sowas wie Blinken oder vorausschauendes Fahren findet keine Anwendung, und das, obwohl die Straßenbahnlinie 6 (die selbst als ziemlich abenteuerlich bezeichnet werden kann) dort fährt. Aber das ist natürlich nicht alles. Es wurrelt vor Menschen in der Quellenstraße, sodass man sich augenblicklich auf eine einsame Insel wünscht, und zimperlich darf man nicht sein, wenn man dort entlanggeht. Da wird schon mal lautstark gestritten oder gerauft und es werden einem Dinge hinterher gerufen und naja. Ich stelle es mir schwierig vor, eine irgendwie objektive Doku über die Quellenstraße zu drehen. Ed Moschitz hat das versucht und sie war gestern auf ORF zu sehen. Sie trägt den Namen Die Quellenstraße – das bunte Herz von Favoriten.
Leider muss ich sagen hat sich diese Doku wenig von Elisabeth T. Spiras Alltagsgeschichten unterschieden, die ich persönlich auch nicht sehr schätze. Ich als native Favoritnerin habe bei Spiras Dokus nie irgendeinen Erkenntnisgewinn gehabt. Wenn man 37 Jahre seines Lebens im 10. Bezirk verbracht hat, braucht man sich das nicht anzusehen, man hat das täglich so oder ähnlich erlebt. Und einen Blick nach “innen” gab es nicht. Und so ähnlch geht es mir auch bei der Moschitz Doku. Ja, da gibts die Alkoholiker und die, die auf die Ausländer schimpfen, die resignierten Arbeitslosen und die Kleinkriminellen und ja, auch ein paar MigrantInnen, die sich hier mehr oder weniger wohlfühlen. Und natürlich die allgemeine Tristesse, die die Quellenstraße zu umhüllen scheint. Aber was weiter? Was ist dahinter? Wo ist der Blick hinter die Fassade? Zeigt man eine Art von Wirklichkeit oder reporduziert man bloß Klischees? Und vor allem: was macht man, um das Zusammenleben vielleicht angenehmer zu gestalten. Wie ich schon einmal hier schrieb: Favoriten braucht mehr Aufmerksamkeit und mehr Zuwendung.
Das einzige Segment der Doku, dass mich überrascht und überzeugt hat war die Passage über die Besitzer des Erotikkinos Fortuna – das sich genaugenommen nicht auf der Quellenstraße befindet, sondern auf der Favoritenstraße, etwas oberhalb vom Reumannplatz befindet, aber ok. Eine Frau und ein (ursprünglich) Mann, der sich als beidgeschlechtlich fühlt. Was die beiden zu sagen hatten, über ihre Situation und darüber, wie Intersexualität selbst von den eigenen Kinder nicht verstanden oder respektiert wird, war sehr offen und berührend. Genau dieses Fingerspitzengefühl wäre auch an anderer Ort und Stelle nötig gewesen. Aber eines muss der/die ZuschauerIn Moschitz zumindest zugute halten: Es hat niemand gesungen.