almis personal blog

Gedanken

Heute hatte ich ein interessantes Treffen. Irgendwann mitten in der Coronazeit hab ich begonnen, für einen neuen Auftraggeber zu arbeiten. Wir haben seitdem immer nur geschrieben bzw. telefoniert und uns nie bisher getroffen. Zuerst war eben Corona und dann ergab es sich irgendwie auch nicht, weil sie auch in einem sehr hektischen Geschäftsfeld arbeiten, aber für heute wurde ich eingeladen, in ihr Büro gleich in der Nähe vom Stadtpark.

Stadtpark 17. April 2024 – wieder mal viel zu früh dran und noch schnell 5.000 Schritte gegangen harhar

Ich finde es ja extrem nervig, dass ich vor solchen Gelegenheiten nicht so gut schlafe und nervös bin und viel zu früh dran bin ich sowieso; ich mein, es ist ja kein Vorstellungsgespräch, ich mache den Job jetzt bereits drei Jahre. Die Chefin, der Chef sind beide lieb, sie sind zufrieden mit meiner Arbeit. Und ich freue mich ja, diese Menschen auch persönlich kennenzulernen. Aber ich denke dann immer, hoffentlich enttäusche ich niemanden und hoffentlich stehle ich niemanden die Zeit und ja, ich weiß, dass es lächerlich ist, aber can’t help. Ich habe zwar bessere Coping-Mechanismen als früher, das heißt, man merkt es mir nicht so an, aber es ist trotzdem so, dass ich mir viel zuviele Gedanken mache.

Meine Freundin K. hat mir vor kurzem dazu gesagt, das wäre halt ich, ich bin halt nicht “cool” und mir sind Sachen halt nicht wurscht und ich steigere mich halt in Dinge hinein, aber das wären ja auch gute Eigenschaften und ich könne das auch positiv sehen, so ein Mensch sei ich eben, der sich “einen Kopf macht”. Das hat mir geholfen, diese Verhaltensweise nicht so zu problematisieren. Aber einen Blogpost muss ich trotzdem dazu schreiben, das ist halt auch sowas wie Therapie.

Das Treffen bzw. Frühstück war dann auch wirklich total nett und es wird auch die nächsten Jahre viel interessante Arbeit geben und ich bin eine Stütze und das ist ja sehr schön zu hören.

Up in the air

Heute wurde ich von einem Geräusch wach. Das Geräusch hörte sich ungefähr so an: “Tatata – Maax Verstaa-ppen.” Das Kind ist auf Urlaub, aber sein altes Handy nicht und aus irgendeinem Grund ist der Wecker auf eine komische Uhrzeit gestellt. Zu spät für die Schule und für die Ferien viel zu früh. Naja, egal, ich musste sowieso aufstehen, weil ich in den Prater gefahren bin.

Das Riesenrad, 25.März 2024

Das kam daher, weil meine NÖ Card noch eine Woche gilt und meine Freundin K. meinte, ob ich mit ihr Riesenrad fahren will, das wäre mit der Karte gratis (statt 14 Euro, unbezahlte Werbung). An sich würde ich das gerne tun, habe aber auch latente Höhnenangst. Ich frage das Kind, ob ich das machen soll, was ich mir auch hätte sparen können, weil er sowas immer befürwortet. Na jedenfalls haben K. und ich uns heute gegen zehn Uhr am Praterstern getroffen. Es war schön sonnig und es gab blauen Himmel; windig wars leider auch, ob das Riesenrad überhaupt fährt, bei diesem Sturm? Harhar.

Wie immer kurz vor so einem Überwindungs-Ereignis denke ich mir: Wieso tue ich mir das eigentlich an, aber K. ist sehr lieb und fragt mich viele Sachen, um mich davon abzulenken, dass ich Angst habe. Als wir in die Gondel steigen meint sie: Schau mehr schaukeln als jetzt wird es oben auch nicht. Ich beschließe ihr zu glauben. Und sie hatte tatsächlich recht!

Es geht hinauf…
Schaut an sich schon sehr beeindruckend aus
Es geht wieder hinunter, juchu!

Ich war dann schon froh, als ich wieder festen Boden unter den Füßen hatte und K. war stolz auf mich; ich ehrlich gesagt auch. Danach gingen wir auf Kaffee und Mittagsfrühstück ins Nordbahnviertel und wir redeten wieder über die Dinge, die uns beschäftigen, bei mir ist es eh immer das gleiche, aber K. wird nicht müde, sich das anzuhören und mir ihre Perspektive mitzugeben. Außerdem haben wir noch über die Miniserie Kafka gesprochen (bald mehr dazu) und darüber, was wir uns das nächste Mal anschauen werden.

Time Busters

In den Ferien hatten wir natürlich auch wieder unser obligatorisches Treffen mit der Volksschulfreundin vom Kind. Erstaunlicherweise genieren sich 16jährige nicht, gemeinsam mit ihren Müttern etwas zu unternehmen und diesmal haben die Kids einen Escape Room vorgeschlagen.

Diese Escape Room Sache war ja schon vor ein paar Jahren mal recht gehypt, ich hab damit nicht wirklich was anfangen können; irgendwo eingesperrt sein und sich mittels logischem Denken befreien müssen, klingt nicht nach etwas, was mir besonders liegt und so ist dieser Trend mehr oder weniger an mir vorbeigezogen. Aber nun gut, jetzt wars dann doch soweit, wir haben das Abenteuer “Tresor” gebucht. Stufe 4 von 6 Schwierigsgraden erschien uns – aus welchen Gründen auch immer – nicht zu ambitioniert.

Die Spielleiterin hat am Anfang gefragt, wer von uns fünf schon Erfahrung bei Escape hat und war etwas überraschte, dass es tatsächlich niemand war. Aber gut, wir haben so ein kleines Walki Talki bekommen, mittels dessen wir uns an sie wenden konnten, wenn wir wirklich gar nicht mehr weiterwussten, sie gibt einem auch da und dort einen Hinweis. Jedenfalls kommt man in einen Raum, in dem Dinge wie ein verschlossener Koffer, eine Handtasche, ein Computer, ein paar Kästchen usw. stehen und jeder betätigt sich halt und sucht irgendwas, von dem er selbst nicht weiß was eigentlich, und versucht irgendwie ein Rätsel zu lösen. Wahrscheinlich ist das in Wahrheit eher eine sehr interessante Charakter- und Persönlichkeitsstudie, wem welche Dinge auffallen und wer welche Schlüsse zieht. Man hat 60 Minuten Zeit, das Rätsel zu lösen und sich aus dem Raum wieder zu befreien, während immer wieder der Polizeifunk zugespielt wird, weil nach einer Stunde wird man dann quasi verhaftet, wenn man es nicht schafft, aus dem Raum zu flüchen. Anmerkung der Spielleiterin: Weil wir in Wien sind, braucht die Polizei eine Stunde, um herzukommen.

Der ominöse Tresorraum von Time Buster-Escape Room

Wir haben die Aufgabe dann nach 52 Minuten gelöst, ich weiß also nicht was passiert wäre, wäre das nicht der Fall gewesen (ich vermute mal, die Polizei wär nicht gekommen) Und es ist schon ein tolles Gefühl, wenn sich dann eine Tür öffnet und man einfach rausspazieren kann. Die Spielleiterin meinte, wir wären wirklich gut gewesen (ok, wahrscheinlich sagt sie das zu jeder Gruppe) und ich so zum Kind: Zu zweit hätten wir das nie geschafft und er: Nein, garantiert nicht. Harhar. Jedenfalls hat es uns allen soviel Spaß gemacht, dass wir beschlossen haben in den Osterferien einen anderen Room versuchen werden. Ich denke, das wird etwa einfacher werden, weil wir jetzt schon ein bisschen wissen, worauf man achten soll.

MRT und so

Jetzt war ich also MRT machen und darüber gibt es echt nichts aufregendes zu erzählen. Es ist laut. Auf ein Klopfen war ich eingestellt, weil ich das gegoogelt habe, nicht aber auf Sirenen und anderes akustisches Alarmszenario. Ist halt blöd, wenn man erschrickt und eigentlich aber vollkommen ruhig liegen soll. Es gibt sicher einen Grund für diese aufdringliche Geräuschkulisse, ich kenne ihn allerdings nicht. Falls es jemand weiß, bitte schreibt mir!

Gestern dann habe ich den Befund bekommen und als ich ihn online öffne und lese: Bandschreibenvorfälle (mehrfach) hab ich erstmal geheult. Ich dachte mir so, jetzt hab ich ein Jahr lang versucht, mein Leben in den Griff zu kriegen, dann hat das also irgendwie geklappt und nach dem Sommer beginnen komische Schmerzen, die ich jetzt seit Wochen hab (nicht durchgehend, aber täglich). Beim Essen, beim Arbeiten, beim Gehen, und vor allem in der Nacht, ich stehe teilweise um vier Uhr auf und lektoriere was, weil ich nicht schlafen kann, weil jede Liegeposition unangenhm ist. Und jetzt – so meine Schlussfolgerung – muss ich auch noch operieren.

Gottseidank wurde mir dann versichert, dass heutzutage Bandscheibenvorfälle kaum noch operiert werden und praktisch nur, wenn sonst nix hilft. Da ging es mir gleich besser und ich habe die melodramatischen Tränen getrocknet. Ich dachte schon, ich muss jetzt schnell meinen Roman fertigschreiben, bevor ich operiert werde, weil wer weiß…. (jede OP ist ein Risiko). Dabei hätte mein Papa über so eine OP gesagt: Da brauchst gar nicht richtig ins Krankenhaus rein, das macht gleich der Portier. Einer seiner berühmten Sprüche.

Und der Orthopäde heute: Es ist nur ein weicher Bandscheibenvorfall. Plus längere Infiltration direkt neben dem Nerv. Aber war nicht so wild, wesentlich angenehmer als wenn der Zahnarzt dir auf deinen Nerv bohrt, was bei mir dann in einem Kreislaufkollaps geendet hat. Und viiiiel weniger schmerzhaft als eine Nierenkolik. Das ist überhaupt mein Lebensmotto geworden: Wenigstens ist es keine Nierenkolik. Harhar.

Infiltration!

Nachdem ich jetzt beim Orthopäden war weiß ich, dass ich eine Entzündung im Bereich der Lendenwirbelsäule habe.

Der Orthopäde: Ich werde das infiltrieren.

Ich (denke): Scheiße.

Ich (sage): Wird das sehr wehtun?

Er: Das ist nur ein bisschen unangenehm.

Infiltration.

Er: Und, wars ok?

Ich: Ja, war wirklich nicht schlimm.

Er: Gar nicht übel dafür, dass ich es zum ersten Mal gemacht habe, oder?

Harhar, der war nicht schlecht.

Jetzt soll ich spazierengehen. Wobei das, was ich mache, kann man auch mit sehr viel Wohlwollen nicht als Spazierengehen bezeichnen. Ich schleiche durch die Gassen Wiens, werde gefühlt von jedem 90zig jährigen mit Leichtigkeit überholt, und wenn ich dann beim Billa angekommen bin, bin ich so erschöpft, als hätt ich gerade das Mount Everest Basislager errreicht. Es ist echt jämmerlich. Aber hey, immerhin kann ich wieder gehen. Dinge, die man viel zu wenig zu schätzen weiß, solange sie funktionieren.

Noch was zu Anderson

Es ist sehr interessant, wenn man selbst eine Kritik schreibt (über Asteroid City, siehe letzter Blogeintrag), die kurz vor dem offiziellen Kinostart erscheint und dann nach und nach lauter andere Reviews lesen darf (von Menschen, die mutmaßlich eh auch in der gleichen Vorstellung waren).

Um es uns allen aber beim nächsten Wes Anderson Werk schwerer zu machen, würde ich vorschlagen, folgende Begriffe dabei dann nicht verwenden zu dürfen:

  • Meta
  • Nerd
  • Symmetrie
  • Hipster
  • Subtext
  • Schrullig

Ich mein, ich hab da selber dann eh auch ein Problem. Harhar.

Interessant fand ich aber, dass nur Michael Omasta vom Falter es – so wie ich -geschafft hat The Royal Tenenbaums in seiner Kritik zu erwähnen und zwar wirklich ziemlich ähnlich wie ich (und wir haben nicht gegenseitig abgeschrieben), nämlich folgendermaßen:

Fans von Andersons überragendem Frühwerk “The Royal Tenenbaums” (2001) werden sich dieses Motivs [des Witwers, Anm.] erinnern. Auch dort gab es schon so einen sad dad, nur dass Ben Stillers Figur – und seine zwei Söhne – durch den Verlust sichtlich traumatisiert waren. Im aktuellen Film reicht es fast nur noch für den Gag vom traurigen Loser und dem dominanten Schwiegervater.

Falter Nr. 24/23 – Michael Omasta “Ein Herz für Nerds”, Seite 31

Wahrscheinlich liebt er den Film auch so wie ich und kann daher nicht über Anderson schreiben, ohne dieses Werk zu erwähnen.

Ohne Titel

Am Gründonnerstag ist das Kind für einige Tage auf Urlaub gefahren. Ich wiederum auf die Nationalblibliothek. Ich hatte vor, ein paar Tage zu schreiben. Auf dem Heimweg habe ich den Stephansdom in sehr schönem Licht gesehen und ein Foto gemacht. Ich wusste nicht, dass es der letzte Abend im Leben meines Papas sein würde. In der Nacht kam die SMS.

Das Ganze war nicht überraschend. Mein Papa war seit über 20 Jahren manchmal mehr manchmal weniger krebskrank. In den letzten Jahren war es ein ständiges Auf und Ab. Er hat mit Mitte 70 noch eine neue Therapie bekommen, die man normalerweise nur bis 65 Jahre bekommt, aufgrund seines guten körperlichen Zustands. Das hat ihm imponiert und motiviert. Sein Kampfgeist und Lebenswille ist etwas, wofür ich ihn wirklich bewundere. Kurz bevor er gestorben ist, gehörte er zu ca. fünf Prozent, die in diesem Stadium der Therapie noch am Leben waren. Er wurde 81 Jahre alt.

Stephansdom, 6. April 2023

Ich weiß, dass sich viele Menschen erwarten, dass man als Tochter sehr betroffen über den Tod des eigenen Vaters ist. Ich habe auch dementsprechende Nachrichten bekommen und das war schwierig für mich. Natürlich bin ich traurig. Aber weniger über den Tod an sich, mit dem man rechnen muss, wenn die eigenen Eltern ein gewisses Alter haben und schwerkrank sind. Trauriger bin ich über die Beziehung, die ich zu meinem Vater hatte, gerade in den letzten Jahren. Denn: Es war eben keine Beziehung mehr.

Er hat sich Schritt für Schritt aus meinem Leben zurückgezogen. Warum, das weiß ich nicht. Als das Kind noch klein war, habe ich ihn oft zum Kaffee eingeladen oder vorgeschlagen, dass wir spazieren gehen können. Er hat immer abgelehnt. Wenn wir uns sahen, dann immer kurz und im Türrahmen. Später nur noch zu Weihnachten. Seit Corona gar nicht mehr. Zu meinem Kind, seinem Enkel, gab es keine nennenswerte Verbindung. Das hat mich betroffen gemacht. Ich hätte es mir anders gewünscht. Aber ich konnte es nicht ändern. Es gab keinen Streit, er konnte mir nie den Grund für sein Verhalten nennen – obwohl ich mehrfach gefragt habe.

Das ist etwas, was mir in meinem Leben öfter begegnet ist. Dinge sind passiert, die ich mir nicht erklären konnte und die auch mir niemand erklärt hat. Sehr schmerzhafte Dinge. Im letzten Jahr habe ich viel nachgedacht. Ich kann immer noch nicht behaupten, dass ich alles verstehe, was in meinem Leben so vor sich gegangen ist, aber ich verstehe immerhin, dass ich manche Dingen einfach akzeptieren muss. Immerhin bin ich soweit, dass ich mir nicht mehr selbst für alles die Schuld gebe. Man kann niemanden zwingen, Teil des eigenen Lebens zu sein, wenn dieser das nicht möchte.

Als das Kind wieder zuhause war, haben wir uns eine Pizza bestellt. Ich esse ziemlich selten Pizza, ich bin eher Team Pasta. Jedenfalls essen wir so zusammen und ich sage zum Kind: “Wer Pizza isst, der isst auch kleine Kinder.” Das hat mein Papa immer gesagt. Er hatte sehr viele skurille Sprüche für jede Lebenslage. Und so werde ich mich erinnern, an einen Menschen mit interessanten Aussagen, der mir ansonsten aber rätselhaft geblieben ist.

Akademikerkinder und andere

Es wird wieder mal eine Sau durchs Twitterdorf getrieben – und diese heißt: Ist es für Arbeiterkinder schwieriger zu studieren als für Kinder aus Akademikerkreisen? Wird ihnen gar das Studieren selbst aufgrund ihrer Herkunft erschwert?

Diese kühne These hat zumindest Barbara Blaha, ihres Zeichens Mitbegründerin des Monumentum Instituts – ein sogenannter Think Tank – aufgestellt, in einem Artikel erläutert sie jetzt, wie sie erstens mal kaum ins Gymnasium gekommen ist (man muss als Arbeiterkind schon super sein, um eine Empfehlung dafür zu bekommen, laut ihr), und zweitens, wie schlimm es nicht auf der Uni war, wie sie verwirrt war und sich nicht zurecht gefunden hat, sich immer falsch gefühlt hat, die Sprache nicht beherrscht hat, eben wegen ihrer nicht-akademischen Herkunft.

Also entweder ich bin mit einem wirklich enormen Selbstbewusstsein ausgestattet, was ich eher nicht glaube, oder ich habe zu Zeiten meines Studiums (ab 1995) in einer Traumwelt gelebt (was schon eher möglich ist). Denn ich komme aus keinem Akademikerhaushalt und war in der Schule nicht gut. Ich hatte bereits in der Volksschule Probleme mit Mathematik – eine beliebte Anekdode ist, dass ich gerechnet habe 1 Maroni kostet 4 Schilling, also kosten 5 Maroni 80 Groschen. Auf die Frage meines Vaters, ob mir nicht klar ist, dass 5 Maroni mehr kosten müssen als eine, war ich nicht vorbereitet. Was hatte das mit meiner Rechnung zu tun, bei der ich keinerlei Praxisbezug verortete? Also so ungefähr, als Illustration. Ich hab es aber ohne Aufnahmeprüfung ins Gymnasium geschafft, wo mein Leidensweg in Mathematik weiterging. Bis dann in der 7. Klasse vorläufig Endstation war. Ich musste die Klasse wiederholen, war auch beim Wiederholen schlecht und hatte wirklich Sorge, dass ich niemals eine Uni von innen sehen würde, niemals das studieren würde können, was mir alles bedeutet hat, nämlich Germanistik – insbesondere Literaturwissenschaft. Nur diesem Wunsch ist es zu verdanken – und vieler, vieler Stunden Erklärarbeit von lieben Menschen, bezahlt und unbezahlt – dass ich es trotzdem bis zur Matura geschafft habe und da sogar einen 3er in Mathematik bekommen habe. Um einen Punkt am 2er vorbei. Das war mein größter Erfolg der gesamten Schulzeit

Alles, was danach kam, war Peanuts für mich. Ja, ich fand mich auf der Uni auch nicht zurecht, der Studienführer war mir ein Rätsel, ich hatte keine Ahnung, wie ich (m)einen Stundenplan erstellen sollte, meine erste Uniarbeitsaufgabe verstand ich nicht etc. Aber niemals hab ich gedacht, dass ich da nicht hingehöre. Im Gegenteil, ich war vollends überzeugt davon, dass ich genau da war, wo ich sein sollte. Endlich konnte ich all das lernen, was mich am meisten interessierte! Und alles war zwar neu und verwirrend, aber auch aufregend. Ich erkannte da keinen Unterschied zu Menschen, die aus Akademikerfamilien stammten. Die waren genauso planlos und überfordert zu Beginn. Manche brachen ihr Studium ab – sowohl diese als auch jene. Und letztendlich fragt dich kein Professor jemals, ob deine Eltern studiert haben oder nicht, du musst zeigen was du kannst. So ist zumindest meine Erfahrung. Aber Barbara Blaha beschreibt ja auch nur ihre eigene und setzt sie ein bisschen (zu) absolut.

Was aber vermutlich schon eine Rolle gespielt hat und das sage ich trotz meiner nicht unproblematischen Familiensituation – meine Eltern haben mir die Aneignung von Wissen immer als etwas erstrebenswertes vermittelt und sie haben mich völlig frei entscheiden lassen, was ich nach der Matura machen will. Dass es ein quasi Orchideenfach ist, war nie ein Thema. Und dafür bin ich dankbar.

Volle Kanne Leben

Buntraum alias Nadine Hilmar, die ich schon ewig von Twitter kenne und ihr auch auf dem Blog sehr gerne folge – manchmal haben wir auch ein bisschen privat geschrieben, weil es ein paar Parallelen in unseren Leben gab – hat sich, nun ja neu erfunden will ich nicht sagen, aber ihre Internetheimat heißt jetzt Volle Kanne Leben und ist nicht nur eine neue Blogadresse, sondern auch ein Podcast. Disclaimer: ich werde für diese Werbung nicht bezahlt.

Was ich an Nadine immer ganz toll finde, dass sie so ehrlich mit sich selbst ist. Auf Twitter und anderen Social Media Plattformen ist ja oft das Problem, dass sich Menschen so zeigen, wie sie gerne wären. In aufgeräumten Wohnungen, mit sauber gekleideten und wohlerzogenen Kindern, guten Beziehungen usw und jeder weiß wie es geht und hat die Weisheit mit Löfflen gefressen (was ein großes Problem von Social Media überhaupt ist). Nadine nicht. Sie stellt sich hin und sagt morgens um neun: der Tag ist gelaufen, nix funktioniert, ich mag nicht mehr. Aber auch: Hier seht euch diesen Himmel an, wie geil der gerade ist. Und: Gerade gehts mir richtig gut. Das gefällt mir.

Gestern hat sie gebloggt, dass ein Freund von mit dem Motorrad durch Afrika fährt und, dass sie das zuerst mal ein bisschen aus der Bahn geworfen hat. Man kennt das ja von sich selbst, diese Reaktion: Warum mache ich sowas nicht (auch ein großes Problem vom Social Media)? Permanent ist man damit konfroniert, was andere tun und es entstehen Begehrlichkeiten. Aber Nadine analysiert sich dann selbst und kommt drauf: sie will ja gar nicht mit dem Motorrad durch Afrika. Sie findet es zwar cool, aber es ist nicht ihr Traum. Und dann sagt sie wieder was zutreffendes: Aber man kann sich ja mit dem anderen freuen und das als Ausgangspunkt nehmen, um sich selbst zu fragen, wovon träume ich? Was sind meine Ziele?

Die ersten beiden Folgen ihres Podcast hab ich mir gestern beim Abendspaziergang angehört. Mag ich!

Gute Songanfänge, zwei

Auf die Frage nach guten Opening Lyrics wurde auch öfter mal folgendes geantwortet: “It’s nine o’clock on a Saturday. The regular crowd shuffles in. There’s an old man sittin’ next to me, makin’ love to his tonic and gin”. Wobei man sagen muss: Billy Joel ist auch abseits dieser Zeilen einer der besten Songwriter überhaupt, jeder seiner Songs ist eine kleine poetische Geschichte mit ganz viel Atmosphäre, man hat das Gefühl, man wäre direkt dabei gewesen. Oben zitierte Zeilen stammen natürlich von Piano Man.

Die vielleicht beste Single, die überhaupt jemals veröffentlicht wurde, wenn auch eine der skurillsten, weil so lang und soviele Stimmungswechsel, ist wahrscheinlich Bohemian Rhapsody von Queen und beginnt so: “Is this the real life, is this just fantasy?” Die Lyrics zu diesem Song sind ganz schön dramatisch und auch tragisch – siehe auch: “Mama, just killed a man.” Und weiter: Falls ich nicht mehr zurückkomme, macht einfach mit eurem Leben weiter, es ist nichts weiter passiert. Schluck.

Ich persönlich liebe den Anfang von Bjorks in jeder Beziehung eindrucksvollem Song Bachelorette: “I am a fountain of blood in the shape of a girl.” Das erinnert mich an eine Kurzgeschichte, die ich mal geschrieben habe, in der die die Protagonistin sich verliebt und der Mann nur über seine Organe, Blutbahnen und Nervenverbindungen vorgestellt wurde. Irgendwie ist mir das nicht ganz so gut gelungen wie Bjork das in ihrem Song schafft. Harhar.

Sehr gut finde ich auch den Beginn von Common People, der Band Pulp (bezeichnenderweise auf ihrem Album Different Class enthalten), die ich in meinen späten Teenagerjahren wirklich sehr geliebt habe – zu einem großen Teil auch wegen ihrer skurillen Lyrics. Der Anfang hier lautet: “She came from Greece, she had a thirst for knowlegde.” In dem Song geht es übrigens – angeblich, aber falls nicht, ist es gut erfunden – um die Frau des ehemaligen griechischen Finanzsministers Gianis Varoufakis, die damals am St. Martins College studiert hat und stinkreich war und endlich mal sehen wollte, wie “gewöhnliche Leute” so leben. Und – so singt es zumindest Jarvis Cocker – zu ihm sagte: “I want to sleep with common people. I want to sleep with common people like you.”