almis personal blog

day and age

2008 kamen unter anderem die neuen alben von panic at the disco und coldplay heraus. bands zu denen ich eine gewisse affinität verspüre. von pretty odd war ich sehr enttäuscht (hier nachzulesen), viva la vida ist gutes handwerk mit schönen songs, und doch fehlte letztlich eine gewisse musikalische weiterentwicklung. die platte hätte genausogut x&y 2 heißen können. in drei jahren, so denkt man, müsste mehr passiert sein, was es musikalisch aufzuarbeiten gelten würde. gespannt-nervös also das warten darauf, was die killers am ende des jahres zustandebringen würden. 

die latte lag hoch. sam’s town ist vermutlich eine meiner lieblingsplatten überhaupt. pompös und doch fragil, mit bemerkenswerten lyrics, hat sie mich in einer nachdenklichen phase meines lebens voll erwischt. day and age vereint eine reihe von songs, die namen tragen, die man doch schon von irgendwoher kennt. spaceman zum beispiel (babylon zoo, 4 non blondes). joy ride (roxette). this is your life (amy mac donald). human (the human league). etwas verschenktes potential, vielleicht, etwas unverwechselbares zu erschaffen. das zum negativen. ansonsten: ich bin bis über beide ohren verknallt! sie ist anders als sam’s town. und das ist gut.

die erste single human ist ein knackiger ohrwurm. spaceman – die zweite single – mein derzeitiger lieblingssong – ist offensichtlich eine homage an david bowies starman. begegnung mit außerirdischen and stuff. die lyrics sind schön abgefahren. aliens stehen auf der matte und zapfen den protagonisten des songs an, um seine blutgruppe zu bestimmen. der protagonist wollte diese "star crossed world" schon lange hinter sich lassen, doch "when they cut me open, i guess i changed my mind." niemand bekam von dieser begegnung der dritten art etwas mit, weil: "it was not televised". super. der song wird aber nicht einfach verblödelt. in jeder zeile steckt brandon flowers herzblut mit drinnen. er hat eine ungeheuere stimme, voller wärme und doch abenteuerlust. und die songs schaffen eines: eine gewisse stimmung zu transportieren, den zuhörer in diese stimmung zu versetzen.  

weitere anspieltipps fürs erste: der programmatische opener losing touch (nicht von den ersten paar u2-ähnlichen takten verwirren lassen), das melancholische this is your life ("i know that i can answer something better"), die hymne aufs nachtleben ("when your chips are down, when your highs are low – move across the night like a separate wind") joy ride.

immer wieder gut

an den gilmore girls vorbeigezappt. rory und paris in der redaktion, arbeiten an der neuesten ausgabe der yale daily news. 

rory: was machst du gerade?

paris: ich redigiere das interview mit professor brown und streiche die langweiligen passagen heraus.

rory: fein.

paris: das problem ist, es bleiben jetzt nur noch 14 worte übrig.

vicky cristina barcelona

im kino gesehen: vicky cristina barcelona, der neue von woody allen. eventuelle spoiler können folgen (allerdings nichts zum filmausgang).

allen hat wieder mal den filmschauplatz gewechselt, diesmal ist spanien dran. und: ist woody allen wirklich 73 jahre alt? vicky cristina barcelona ist ein junger, frischer film geworden, sehr sommerlich-sexy. witzig und leichtfüßig, obwohl die behandelten themen wohl eher schwere kost wären, würde man sie unter einem nebelverhangenen londoner oder new yorker himmel betrachten.

cristina (scarlett johannson) und vicky (rebecca hall) verbringen den sommer aus studien- und selbstfindungsgründen in der spanischen metropole am meer. cristina, blond und freigeistig, sieht das leben und die liebe locker. sie weiß nicht was sie will, dafür aber ganz genau, was sie nicht will. vicky hingegen ist verlobt und steht kurz vor ihrer hochzeit mit einem konservativen new yorker businessmann. während für cristina alles möglich ist, hat vicky konkrete pläne für die zukunft. dann auftritt juan antonio (javier bardem). stadtbekannter maler, eben erst unter handgreiflichkeiten von seiner ehefrau maria elena (grandios-furios penelope cruz) getrennt. der fackelt nicht lange und lädt die beiden zu einem wochenend-ausflug ein. und zwar: "um zu lachen, gut zu essen und zu trinken, die sonne genießen und sich zu lieben."

und damit beginnen die fragen: wird eine derart plumpe anmache automatisch besser, wenn jemand vorgibt, offen und ehrlich zu sein? sollte man darauf reflexartig strikt ablehnend wie vicky reagieren oder vor begeisterung nach luft schnappen wie cristina? oder sollte man sich besser diesen juan antonio, offensichtlich latin lover, eventuell hochstapler, einmal genauer ansehen. je länger der film dauert, desto mehr entzaubert sich juan antonio selbst, drischt hohle phrasen, gibt den verständnisvollen zuhörer (ohne eigene meinung) ebenso schablonenhaft-angelernt wie den künstler-lebemann. in mir löst juan antonio aggressivität aus, doch die damenwelt im film stört seine masche wenig, schließlich haben sie ihre projektionsfläche gefunden. von liebe ist andauernd die rede. doch wie sagt la rochefoucauld: "den geringsten anteil an der liebelei hat die liebe". auch wenn sie noch so oft bemüht wird. kann liebe nur romantisch sein, wenn sie unerfüllt bleibt, wie maria elena das sagt? oder ist es nicht vielmehr so, dass unerfülltes begehren gerne mit liebe verwechselt wird, weil eine solche sehnsucht sich nicht im alltag beweisen muss?

woody allen ist ein genauer und feinsinniger menschenbeobachter, der abgesehen von den angesprochenen mainthemes des films viele kleine witzige anspielungen einbaut, etwa wenn er vickys ehemann einen "alten witz" erzählen lässt bzw. nur den anfang desselben und man als zuschauer tatsächlich schon die pointe kennt. vicky cristina barcelona macht spaß und besticht mit hervorragenden schauspielern. auch wenn der mediale fokus der betrachtung diesmal nicht auf ihr ruht, sehe ich scarlett johansson doch irgendwie am liebsten zu. der soundtrack könnte von pedro almodovar beigesteuert worden sein.

la serenissma

den jahreswechsel 1995/96 haben wir in venedig verbracht. 

venedig im winter ist ein echter geheimtipp. viele restaurants und hotels haben zwar geschlossen, dafür ist die stadt auch fast menschenleer. die kanäle riechen nicht penetrant wie das oft im sommer der fall ist (und von vielen venedig-reiseführern verschwiegen wird), es ist frisch, aber nicht so kalt wie in wien um diese zeit, oft fällt der nebel ein und die stadt wird still und mystisch und ist damit ganz in ihrem element. alles was man braucht um sich wohlzufühlen, sind feste schuhe und eine dicke jacke, sowie eine unterkunft mit einer guten heizung.

der jahreswechsel selbst ist laut, aber nur für einen moment. kurz vor und kurz nach mitternacht werden rund um den campanile raketen und böller abgeschossen. das echo hallt über den ganzen markusplatz. die italiener feiern temperamentvoll, trinken ihr glas sekt und werfen dieses dann zu boden. wir tun das auch. man wird von der stimmung mitgerissen, die aber unverbindlich bleibt. es ist beeindruckend, so nah am wasser den jahreswechsel zu erleben. kurz nach mitternacht geht jeder wieder seiner wege. wir streunen noch ein wenig durch die stadt und schon nach ein paar ecken ist man ganz alleine. junge italiener schleichen uns nach. fast ist es etwas spooky. 

am nächsten morgen von der sonne geweckt werden. für einen moment kein zeitgefühl. der erste jänner ist ja immer irgendwie ein beschädigter tag. melancholisch. am besten wäre es wohl, gleich bis zur abenddämmerung zu schlafen. außer man ist in venedig. wir wollen an diesem tag auf die friedhofsinsel, san michele. mit müh und not finden wir am fondamento nuova ein vaporetto, das an diesem tag san michele ansteuert. etwas merkwürdig. in san michele steigen mit uns noch ein paar andere touristen aus. wir alle gehen die paar schritte zum eisentor, dem eingang zum friedhof (die insel besteht wie gesagt nur aus dem friedhof), das vaporetto legt ab. und was passiert dann? der friedhof ist geschlossen. im vaporetto wurde darüber kein ton gesagt. das ist italien. 

eines abends fahren wir mit einem größeren schiff am mondänen, wenn auch morbid-dekadentem (der tod in venedig) lido vorbei. es beginnt zu schneien. alle auf dem schiff freuen sich über die flocken, man sieht es in ihren augen. es ist einer dieser momente der vollkommenen geborgenheit, wo alles stimmt. nichts außer dem augenblick von bedeutung ist. nur weiterfahren, anlegen, an der riva degli schiavoni, den hauch des schnees unter seinen schuhen spüren und das gefühl haben, genau zur richtigen zeit, am richtigen ort zu sein.

nullacht – review

…der erste zahn, der erste brei, der erste urlaub zu dritt, alleine sitzen, davonkrabbeln, die ersten versuche, kopfüber vom sofa zu springen. das erste mal aufstehen, das erste mal ma-mam, bababa, neiiiin. und: gesund sein. 

…das leben wie durch ein vergrößerungsglas sehen. das schöne und erfüllende, das andere. neue perspektiven. gelernt, sich besser zu organisieren. prioritäten setzen. ehrlicher zu sich selbst sein. schreiben. mailen. chatten. 

…umzug. unnützes zeug entrümpelt. mein eigenes zimmer, meine bücher, mein schreibtisch, mein pc, mein gemütlicher lesesessel, my room with a view.

…how i met your mother. californication. pushing daisies. house. the dark knight. surveillance. burn after reading. a quantum of solace. standing next to me. viva la vida. sex on fire. back to black. gut gegen nordwind. mein leben am limit. himmel über meran. leiden eines amerikaners.

stimmige jahresrückblicke gibts auf fm4. martin blumenaus besprechung seiner lieblingsserien des jahres, teil eins und zwei. review der hörer ihres jahres hier und hier

…2009 geplant: besuch empfangen. mehr kino. weniger hemmungen. adrian bozen zeigen. und das meer.


zum abschluß zwei zitate, die ich in meinen kalender geklebt habe: 

– was erfährt man also vom du?

– eben nichts. denn man erfährt es nicht.

– was weiß man also vom du?

– nur alles. denn man weiß von ihm nichts einzelnes mehr.

(martin buber. ich und du, 1923).


wilson: you have to treat this like a regular case. be yourself: cold, distant, uncaring.

house: don’t put me on a pedestal.

(house, MD)

labyrinth der leidenschaften

ok, jetzt gehts los mit den almodovar filmen. wir beginnen natürlich chronologisch. der allererste – labyrinth der leidenschaften – lässt erahnen, dass man nicht soviel geduld mitbringen wird müssen, wie bei dem einen oder anderen sehr frühen und sehr dialog- und plotlosen jarmusch werk.

labyrinth der leidenschaften ist im grunde wie eine deutsche sechzigerjahre-liebesschnulze. nur in zotig und derb. und damit natürlich extrem persiflierend. alleine der name der promiskuitiven protagonistin sexilia (spitzname: sexi) deutet darauf hin. dann gibt es da deren vater – einen sexuell desinteressierten reproduktionsmediziner -, eine überdrehte psychotherapeutin, einen schwulen kaisersohn, ein paar dilletantische terroristen, ein unglückliches junges mädchen vor einer schönheitsoperation und viele andere figuren, die man oft auf den ersten blick nicht als mann oder frau identifizieren kann und die sich des öfteren nicht ganz koscherer sexueller begegnungen erfreuen. bizarre frisuren und kleidung inklusive. ihre schicksale sind miteinander verbunden, das alles spielt sich in madrid ab und ist auf strange art und weise witzig.

almodovar nimmt seine figuren ernst, sonst aber rein gar nichts. er als bekennender homosexueller macht sich über die gerne diskutierte theorie lustig, dass homosexuelle nicht mit ihrer neigung geboren werden, sondern sie durch ein bestimmtes (in dem fall traumatisches) erlebnis "erworben" haben. und natürlich lässt sich ein homosexueller dann auch umpolen, wenn die richtige frau vorbeikommt. in anderen zusammenhängen höchst problematisch, hier klarerweise offensichtlich überzeichnet. ebenso wie die die schlußfolgerungen der psychotherapeutin, von der man den eindruck hat, dass sie ihr wissen aus der beratungsecke einer frauenillustrierten erworben hat. 

das alles ist filmtechnisch natürlich keine offenbarung, teilweise relativ geschmacklos, aber wie gesagt bizarr-witzig und durchaus mitreißend. almodovar selbst erzählt in filmen am rande des nervenzusammenbruchs, dass er den film als screwball comedy sieht, der das madrider lebensgefühl vermitteln soll. in madrid, so möchte er zeigen, kann jederzeit alles passieren. und das tut es auch. 

labyrinth der leidenschaften lief viele jahre lang mitternächtlich in einem madrider programmkino.