almis personal blog

Malmö 2024

Heute wurde die Gastgeberstadt des Songcontest 2024 enthüllt.

Ja, das ist unfassbar früh. Italien hat sich 2021 sogar bis Oktober Zeit gelassen, den Austragungssort des Events zu nennen, was besonders amüsant war, da Italien 2015 als Favorit galt und Insider damals schon erfahren hatten, dass die Hostcity – im Falle eines Erfolgs – Turin werden würde. 2021 haben sie dann wirklich gewonnen und benötigten ganze fünf Monate um zu verkünden, dass die Hostcity, richtig, Turin sein würde.

Schweden hat heute Malmö bekannt gegeben, aber Schweden ist einfach so sterberhaft, dass sie das quasi gleich mit Abklingen der post-Eurovision-Depression tun und auch, weil für die Schweden das ESC Austragen sowas ist wie für andere Länder das Christkindlmarkt-Standl aufbauen: Routine, weil es einfach sooft passiert.

Malmö ist damit zum dritten Mal Austragsungsort eines Songcontest nach 1992 und nach 2013. 2012 hatte ja, man erinnert sich, Loreen schon mal gewonnen. Dazwischen 2016 – war es dann auch mal Stockholm, ich mein, soviele große Städte haben sie jetzt auch nicht. Harhar.

Schulschluss und koksende Mütter

Und wieder ein Schulschluss – es ist immer ein ganz besonderer, bittersüßer Tag im Jahr, an dem ich immer irgendwie Rückschau halte. Letztes Jahr war ich so komplett traurig und niedergeschlagen, heute war ich schön melancholisch, diese Art der Melancholie, wo man nichts will als einfach seine Ruhe mit gutem Essen und Trinken und Literatur und Film und Notizbüchern.

Ich hatte heute keine Arbeitsdeadlines, ich halte mir solche Tage gern frei, für alles was so kommt, was das Kind vor hat. In der Früh hab ich einen langen Spaziergang gemacht und eingekauft (u.a. ein neues Notizbuch), als ich heimkam war das Kind schon zuhause. Er hat wieder mal einen guten Erfolg, ich weiß nicht wie er das schafft. Nach dem gemeinsamen Mittagessen auf dem Balkon hab ich den Bachmannpreis laufen lassen, und die Texte, auf die man quasi so nebenbei aufmerksam wird, wo man sich dann hinsetzt und genau zuhört, die haben eine besondere Qualität. Zwar sagt das per se noch nichts über besondere Literarizität aus, es sagt aber, dass der Text etwas mit einem macht.

Ich spreche von dem Text “Zeitmaschine” von Jacinta Nandi. Die Protaogonstin, Mutter eines kleinen Sohnes und in einer schrecklichen Ehe, sagt so Dinge wie: “So lang kein Sperma im Spiel ist, ist sie nicht fremdgegangen, das weiß sie” oder “Es kann keine Gewaltbeziehung sein, denn ich respektiere ihn gar nicht.” Es geht um eine toxische Ehe und das Mutterbild der Deutschen und es hat sehr, sehr viel bösen Witz. Die Stelle, die mich am Sofa echt lachen ließ, war Folgende: da treffen sich mehrere Mütter zum Playdate und als die Kinder schlafen, bestellen sie sich Koks. Als die Protagonistin fragt, ob es nicht verwerflich sei, zu koksen, wenn die Kinder in der Nähe sind, sagen die anderen: “Das hier ist Me-Time. Das ist Self-Care” und “Ich bin so eine gute Mutter, wenn ich auf Koks bin. Ich bin wie Heidi Klum, aber Heidi Klum in Amerika.” Das muss einem erst mal einfallen. Dann geht es noch um anzügliche Chatnachrichten an Karl Lauterbach und Johnny Depp und Amber Heard, was den Text natürlich verdächtig nahe an die Kategorie Popliteratur schiebt, aber das muss ja nicht Schlechtes sein und ich habe mich – wie gesagt – sehr amüsiert dabei.

Am Abend saß ich dann bei strömendem Regen am Balkon, erschöpft von der recht anstrengenden Arbeitswoche, aber doch zufrieden. Auch wenn Mamas keinen 9-wöchigen Urlaub haben, ein bisschen fühlt es sich doch wie Ferien an. Und morgen schau ich wieder Bachmann-Preis.

ESC – Die Almi Analyse

Ja, ich bin dann bald fertig mit dem ESC, aber noch ist es nicht soweit.

Nach dem ESC kommt oft der große Katzenjammer bei manchen Nationen und dann wird überlegt, was man am Regelwerk ändern könnte, damit man beim nächsten Mal besser abschneidet. Was ich heuer schon gehört habe war zum Beispiel: Ein ESC-Sieger soll nicht nochmal am Bewerb teilnehmen dürfen. Obwohl es einen Vorteil haben kann, wenn einen das ESC Publikum kennt, ist das noch lange kein Erfolgsgarant. Carola, die Siegerin von 1991 (Fångad av en stormvind) beispielsweise, ist 2006 nocheinmal angetreten, und wurde mit Invincible “nur” Fünfte. Alexander Rybak, der Sieger von 2009 mit Fairytale, versuchte es 2018 mit How to write a Song nochmal und hat damit den eher mittelmäßigen 15. Platz erreicht. Und Dana International, die Gewinnerin von 1998 mit Diva, versucht es 2011 mit Ding Dong nochmals und kam nicht einmal ins Finale. Es ist also keine g’mahnte Wies’n.

Auch die Forderung, die Jurys abzuschaffen und nur noch ein Pubikumsvoting durchzuführen, halte ich für etwas kurzsichtig. Ja, diesmal hat die Jurysiegerin dann insgesamt gewonnen, aber das war in den vergangenen Jahren kaum der Fall. Das Kalush Orechestra voriges Jahr hat nur die Publikumswertung gewonnen, ebenso Maneskin 2021. Duncan Laurence 2019 hat sogar weder die Publikums- noch die Jurywertung gewonnen, aber gesamt halt doch. Netta 2018 hat das Publikumsvoting gewonnen, Portugal hat es 2017 geschafft, beide Votings zu dominieren. Jamala 2016 gewann wiederum keines. Scheint doch relativ ausgeglichen zu sein. Und wenn man nur das Publikum wählen lässt, läuft man halt auch immer Gefahr, dass es zu einer Kommerzialisierung kommt und es wieder mehr Beiträge gibt, die auf die niedrigen Instinkte abzielen, wie heuer…ach ich nenn keine Namen.

Deutschland wurde heuer wieder mal Letzter und da ist der Schmerz besonders groß. Ich verstehe das komplett, verorte aber auch hier nicht das “System” als den Schuldigen. Es gab ja neben Lord of the Lost noch Voyager aus Australien, die ein ähnliches Publikum ansprachen, aber wesentlich besser (Platz 9) abschnitten. Warum war das so? Weil Deutschland niemand mag, wie manche vermuteten? Nein weil Australien m.E. a) den besseren Song hatte, b) den wesentlich besseren Sänger und c) die weitaus bessere Bühnenshow. Australien war selbstironisch und hat ihren Beitrag mit Augenzwinkern performt, das war sehr amüsant und hat zb. mich dann auch voll abgeholt, obwohl ich nicht der riesen Fan von dem Song an sich war. LOTL konnten sich nicht entscheiden, wo sie eigentlich hinwollten. Der Beitrag war zu brav, um als wirklich unkonventionell und oarg durchzugehen, wohingegen die Kostüme sehr speziell waren. Außerdem haben sie den Song so komplett ironiefrei mit quasi heiligem Ernst performt, der für mich für dieses Lied einfach nicht angemessen war. Obwohl ich Deutschland wirklich wünsche, dass sie wieder besser abschneiden, aber einfach ist das nun mal nicht, wie “wir” das ja auch aus eigener Erfahrung sagen können.

So weit – so gut. Warum Österreich nur 16 Punkte vom Publkum bekommen hat – also da steh ich auch vor einem Rätsel. Wenn jemand eine Idee hat, bitte gern. Harhar.

Das war der ESC 2023

Um Teya und Salena in ihrem Song zu zitieren. Ugh!

Die Top 5 des Jahres

  1. Schweden
  2. Finnland
  3. Israel
  4. Italien
  5. Norwegen

Der diesjährige ESC hat etwas zustandegebracht, was relativ erstaunlich ist. Es war ein Start-Ziel Sieg von Loreen und deshalb eigentlich unspannend, andererseits waren viele andere Platzierungen denkbar überraschend. Natürlich einmal angefangen bei Österreich. Bei den Wettquoten immer in den Top 10, das Semifinale – wie wir jetzt wissen – hinter Australien auf Platz 2 beendet. Nach der Jurywertung gestern auf Platz 8. Und dann 16 Punke vom Publikum? Ich mein 16, echt? Ein Punkt mehr als Deutschland vom Publikum bekommen hat, die insgesamt Letzter geworden sind? Ich hätte mein Hab und Gut darauf verwettert, dass Who the hell is Edgar auf alle Fälle mehr Publikums- als Jurystimmen bekommt. Ist der Startplatz 1, wie vorher schon bei vielen befürchtet, wirklich so hinderlich für einen Erfolg?

Die zweite Überraschung für mich – diesmal positiv – gestern eindeutig Italien. Ich mag Due Vite, es handelt sich aber um einen ziemlich konventionellen italienischen Song, der in den Quoten immer eher so im hinteren Top 10 Bereich lag. Und dann kommt Marco Mengoni mit jeder Menge Pathos und einem Trampolin daher und wird nicht nur Dritter bei der Jury, was aufgrund der starken gesanglichen Performance recht verständlich ist, nein, er wird auch beim Publikum erstaunlicherweise Sechster. Wobei es wiederum interessant ist, dass Noa Kirel bei der Jury auf dem zweiten Platz gelandet ist, obwohl ihr Beitrag zu einem Gutteil aus “Workout” besteht, wie Andi Knoll es genannt hat, und beim Publikum “nur” auf Platz 5 liegt.

Eines kann man aber mit Sicherheit sagen: Ein wirklicher Publkumsliebling ist Kärriijä, der mit Cha Cha Cha den Saal in Liverpool ebenso erobert hat wie die Nerdbubble, als auch die Jugend in Österreich und in meinem Wohnzimmer. Harhar. Cha Cha Cha wäre natürlich der um Welten innovativere Sieger gewesen als Loreen, dafür ist sie nun die erste zweifache Gewinnerin, neben dem zweifachen Sieger Johnny Logan. Welche Learnings man aus dem ESC 2023 für die Zukunft ziehen kann, auch aus österreicherischer Sicht, ist wirklich schwer zu sagen. Wir hatten diesmal IMO einen wirklich eingängigen coolen Song, mit toller Message, gut performt, der relativ gehypt wurde, dann aber doch ziemlich unter Wert geschlagen wurde.

Na ja, wie so oft beim ESC: Der Vorhang zu und alle Fragen offen. Lustig wars jedenfalls wieder, wir hatten hier selbstgemachte Pizza und Aperol Spritz. Die Jugendlichen haben übers Ergebnis gemeckert, ich zum Kind: “Bitte was willst, du bist eh Italiener” Harhar. Ich befürchte einen post-ESC Blues wie auch jedes Jahr bei mir, aber bei mir ist sowieso immer ESC. Enden will ich mit dem Tweet von ESC Aficiondo Marcel Stober:

ESC vorm Finale

So – wie erwartet und erhofft – ist der Einzug ins Finale gelungen.

Das Staging fand sogar das Kind fresh, in Rot, Schwarz und Weiß gehalten und der kritische Ansatz kam mit der Visualisierung der Summe 0,003 (nämlich Dollar, die man als Künstler pro Stream bekommt, sofern mindestens 30 Sekunden zugehört wird, ich mein, kein Wunder, dass man davon nicht leben kann) gut rüber. Das Publikum hat – wie schon beim Finnen und Cha Cha Cha – mitgesungen, was ja nie ein schlechtes Zeichen ist.

Ansonsten bin ich froh, dass Slowenien weitergekommen ist, da wurden ja als 10. bekanntgegeben und das war schon ein bisschen fies. Bei Slowenien ist es ja so, dass alle Bandmitglieder irgendwie lieb und sympathisch erscheinen – im krassen Gegensatz zu Lettland voriges Jahr, wo alle unsympathisch waren. Harhar, sorry, aber ich bin nicht alleine mit der Meinung.

Und richtig amüsiert hab ich mich gestern bei Australien, was wieder einmal besagt, dass eine gute Bühnenshow wirklich noch einiges bei einem “middle of the road” Song herausholen kann (und vice versa). Ich mein, da leben einfach die 1980er Jahre wieder auf und wer liebt die nicht? Und das Auto auf der Bühne hat Voyager buchstäblich um zwei Ränge bei den Wettquoten nach oben befördert. Ich hab mich wirklich gut amüsiert.

Überraschend hat es Albanien doch auch ins Finale geschafft und das wirklich verdient. Weil die alte Johnny Cash Weisheit berücksichtigt wurde: Singe jeden Song so als würdet du sterbend auf der Straße liegen und kannst nur noch diesen einen Song quasi als Vermächtnis an die Nachwelt hinterlassen. Das wird nicht jedermans Genre sein, aber Albina gibt wirklich alles. Das war auf seine Weise auch sehr unterhaltsam. Ich glaub, im Finale weint sie dann. Außerdem muss ich sagen, dass ich es faszinierend finde, das sie mit ihrer Familie auftritt und da wirklich alle, Eltern und drei Geschwister, super singen können. Aus einer Familie kommend, in der überhaupt niemand singen kann, inklusive mir selbst, finde ich das erstaunlich. Harhar.

Morgen also Finale.

ESC Semi 2

Heute steht als das – für Österreich spannendere, insgesam aber deutlich schwächere Semi 2 des ESC auf dem Programm. Aber who cares: Poe Poe Poe Poe Poe!

Ok, Österreich steht bei den Wettquoten dieses Semifinales seit Anbeginn auf Platz 1. Sollte nichts unvorhergesehenes passieren, werden wir wohl endlich wieder an einem Finale teilnehmen können. Mein zweitliebster Song des heutigen Abends stammt aus Slowenien. Die Boyband Joker Out hab ich hier am Blog schon näher vorgestellt. Ansonsten wird es eher recht unspektakulär werden. Australien – mein Lieblingsland in Europa – wird auch weiterkommen; der Vertrag mit der EBU läuft allerdings heuer aus, und ich hoffe, er wird erneuert. Australien ist ja nicht nur eine Nation von glühenden ESC-Fans, sondern auch Garant für (meist) sehr gute Beiträge. 2016 haben sie mit Dami Im und Sound of Silence beinahe gewonnen, 2019 für eines der ikonischten Stagings des ESC gesorgt und zwar als Kate Miller-Heidke und Konsorten an irgendwelchen Stecken herumgebounct sind, bei Zero Gravity– ich mein, so geht WTF-Staging, da bleibt einem doch der Mund offen. Heuer treten Voyager mit Promise an. Eine okaye Daddy-Rock Hymne, extrem ungefährlich harhar, der Sänger ist Anwalt und kommt ursprünglich aus Buchholz an der Nordheide. Damit werden sie weiterkommen.

Ansonsten wird da sehr viel plätschern, im zweiten Semi. Manches wird vielleicht auch ein bisschen wehtun. Polen tritt zum Beispiel mit Blanka und Solo an, bei der Vorentscheidung gab es Korruptionsvorwürfe und die Nation steht nicht so wirklich hinter ihr. Unter ihrem Video hat jemand geschrieben: “We understand your pain, Polish people” und das haben 30.000 Menschen gelikt. Aber wenn man Interpretinnen gerne mit Stringtanga anschaut, ist man mit dem Video zumindest ganz gut bedient. San Marino tritt mit Piqued Jacks und Like an animal an, und man fragt sich, wieso San Marino einen fünftägigen Vorentscheid mit ich-weiß-nicht-wieviel-Teilnehmern veranstaltet und dann so ein Kinderverzahrer-Beitrag (ich kann dich wie ein Tier riechen, Baby) herauskommt. Und die Zeilen: “You have, you have a snake eyes. And I get, I get butterflies”. Okaaay.

Beim albanischen big-drama Video frag ich mich jedesmal, wieso die Protagonistin so fertig ist, wenn sie nachhause kommt, und alle Möbel mit weißen Tüchern abgedeckt sind – ok, hier wird also offenbar ausgemalt, was ist die Tragödie dahinter? Albanien mit Duje ist aber dieses Jahr einer der wenigen sehr folkloristischen Beiträge, wird es damit aber wohl auch nicht ins Finale schaffen.

Wie auch immer: Happy second semi! Es wird spannend.

Coronation

Kind steht um 14 Uhr auf.

Ich: “Schau, die Krönung von Charles!”

Kind schaut. Will wieder gehen.

Ich: “Bitte du hast jetzt höchstens zwei Minuten gesehen. Und sowas wirst du in deinem Leben nicht oft sehen. Ich seh das auch zum ersten Mal.”

Kind: “Es ist langweilig.”

Ich: “Was soll ich sagen? Ich schau das seit vier Stunden.”

Tatsächlich hab ich dabei: Gebügelt, Mittagessen gekocht, einen Text korrekturgelesen, kurzes Powernap gemacht, aufgeräumt. Mich über die jovial-gossipy-unreflektiert-kaistertreuen Aussagen der Royal-Experten gewundert. Den Tipp bekommen, auf BBC zu schauen. BBC gesucht, aber in der Programmliste nicht gefunden, usw. So ging es dann eigentlich.

ESC Finnland

Wäre Loreen nicht, wäre Finnland heuer wohl Favorit für den Sieg.

Cha Cha Cha ist ein richtiger Fanliebling und wird von den Nerds gefeiert. Ich weiß einerseits nicht genau warum, kann mich dem andererseits aber auch nicht ganz entziehen, um ehrlich zu sein. Cha Cha Cha ist irgendwie Genre-fluid, am Anfang Techno-Metal, am Ende wandelt es sich zu Eurodance, ich mag eigentlich beide Genres nicht unbedingt, trotzdem kriegt es mich irgendwie. Ich schwanke außerdem sehr, das entweder als etwas für die Dorfdisco zu halten oder aber als intellektullen Geniestreich anzusehen. Vielleicht ist das auch das Erfolgsgeheimnis.

Cesar Sampson sagt in den Songchecks darüber: “Der Songcontest braucht Informationen, die schnell ins Hirn reingehen, Dinge, die man sich schnell merkt. Nicht so langsame Grower, die nach einer Woche zum Lieblingssong reifen, sondern welche die gleich mal einen Eindruck hinterlassen. Ich glaube, das Mission Statement ist gelungen.”

Zur Bühnenshow ist zu sagen, dass ich da schon wieder Parallelen zu einem anderen (fast) ESC Beitrag gefunden habe, nämlich zu Maruv, die mit Siren Song 2019 beinahe für die Ukraine angetreten wären, dann aber von den eigenen Verantwortlichen zurückgezogen wurde, weil sie irgendwann in Russland aufgetreten ist ok, wie auch immer. Maruv war damals bei den ESC Hardlinern sehr gehypt, und hätte vermutlich ziemlich gut abgeschnitten. Jedenfalls erinnert mich Käärijäs Bühnenshow sehr an die Performance von Maruv, vor allem die Interaktion mit seinen Bühnenpartnerinnen (die Bühnenraupe etwa). Ende der Nerd-Durchsage.

Wird das gewinnen? Weiß ich nicht. Wird das in die Top 3 kommen? Ganz sicher.

ESC Armenien/Aserbaidschan

Für Armenien tritt Brunette mit Future Lover an.

Hierbei handelt es sich wieder einmal um einen Beitrag, der der Devise “Form follows function” überhaupt nicht folgt. Brunette erzählt, wie sie sich ihren zukünftigen Gebliebten vorstellt, er soll Kunst machen und Bücher lesen und mit ihr im Cafe sitzen. Ja eh, find ich auch sehr schön, aber so wie sie sich im Video gibt, mit dem knappen, schrillen Outfit und recht Club-tauglichen Outfit, den langen Fingernägel und den Silberringen, nehm ich ihr die beschaulichen Zukunftspläne nicht ganz ab.

Die Zeilen: “Three minutes making impossible plans. Seven minutes of unnecessary panic attacks” finde ich sehr charmant, aber auch die transportiert sie – mit dieser obercoolen und selbstbewussten Attitude – für mich nicht. Ich würde sie eher mit Baskenmütze und Schottenrock sehen, so etwas wie Ali Mac Graw in Love Story getragen hat.

Oder eben sowas, was die Zwillinge Turan und Tural aus Aserbaidschan anhaben. Die sind nämlich sehr down to earth in jeder Beziehung. Nachdem Aserbaidschan in den letzten Jahren oft sehr generische Songs von schwedischen Songwritern performt haben, die mit der Aserbaidschanischen Musikszene wirklich gar nichts zu tun hatten, kommt heuer zur Abwechslung handgemachte Musik. Zwar ist der Song Tell Me More nicht ganz rund – auf den Rap-Part hätte ich zum Beispiel sehr gut verzichten können – aber wenn sie dann so gemeinsam singen, hat es diesen etwas unbeholfenen, aber sympathischen Vibe, als würden sie in einem kleinen Club in Baku vor 20 Personen auftreten. Die Wettquoten spiegeln dementsprechend aber auch keinen Massen-Appeal wider…

Hier eine kurze Reminiszens an Jedward, das letzte Zwillingsbrüderpaar beim ESC. Ja genau, die zwei hyperaktiven Iren, die 2011 den immerhin 8. Platz erringen konnten (die beste irische Platzierung der letzten 20 ESC Jahre.)

ESC Tschechische Republik

Jetzt sind ja bereits alle ESC Songs für 2023 veröffentlicht und es erschöpft mich zugegebenermaßen jedes Jahr ein bisschen, mich da durchzuhören, es sind einfach soviele auf einmal — so lang bis ich letztendlich alle habe und sie dann für den Rest des Jahres in Dauerschleife höre, harhar.

Heute möchte ich über Vesna aus der Tschechischen Republik berichten, die mit My Sister’s Crown antreten.

Zuerst kriegt man ja ein bisschen Prinz Harry Vibes bei dem Titel – gut es wäre My Brother’s Crown, aber ihr wisst was ich meine. Aber so ist es dann nicht, es geht mehr um so eine allgemeine “Sisterhood”, ich glaub, es geht auch irgenwie gegen Männer oder so, jedenfalls handelt es von Female Empowerment und wir sind alle stark und selbstbestimmt. Das Video ist ziemlich schräg, aber in a good way mit der unappetitlichen Rote Rüben-Suppe (Blut?) und den gleichgeschalteten aber irgendwie queeren Männern und wer kennt es nicht, Computermonitoren als Köpfen? Man kann da alles mögliche hineininterpretieren, was ja immer spannend ist.

Ein bisschen erinnert mich Vesna mit ihrem kleinen Frauenchor an Tulia (Polen 2019), nur dass Vesna wesentlich eingängiger und damit einfacher zu konsumieren ist als der weiße Gesang, den Tulia damals gebracht hat. Überhaupt muss ich sagen bin ich ziemlich begeistert von Vesnas modern-folkloristischem Style, dem artsy Anspruch, dem Ohrwurm-Refrain, dem Sprachenmix und der allgemeinen Weirdness dieses Beitrags. Gehört zu meinen Favoriten dieses Jahr.