Nach langer Zeit hört und sieht man wieder einiges von Harald Schmidt, was ich als früher eingefleischter Fan ja sehr erfreulich finde.
Er schafft es ja auch immer noch mühelos, mit einer achtlos hingeworfenen Bemerkung, übrigens bei einem Interview auf ORF3, einen Shitstorm zu generieren, dabei hatte er doch selbst am Ende des Interviews gesagt, er ist schon gespannt, was seine Aussagen diesmal für Wellen schlagen werden. Hint: Nehmt das doch alles nicht so wirklich ernst. Oder: Nehmt es ernst und amüsiert mich mit eurer aufgeregten Empörung.
In einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung exerziert er geradezu vor, was von seinen Aussagen zu halten, respektive ernst zu nehmen ist, als ihm die Frage gestellt wird: “Wie hat sich das lineare Fernsehen Ihrer Meinung nach verändert? Zum Guten, zum Schlechten – hat es sich verändert?” Und er daraufhin antwortet:
“Ich habe da jede Meinung im Reportoire, welche wollen Sie hören?
Variante 1: Das Fernsehen ist am Ende. Aus, Schluss, vorbei.
Variante 2: An einem stinknormalen Wochenende gucken 30 Millionen Deutsche ZDF, ARD und was auch immer. (…) Ich lebe wahnsinnig gut davon, permanent im Fernsehen zu verkünden, dass das Fernsehen am Ende ist.”
Er glaubt im übrigen nicht mehr, dass Late Night in Deutschland je wieder funktinonieren wird, niemand tut sich das täglich an und Late Night ist für ihn täglich, auch dann, wenn nichts los ist. Denn da fange ja erst der Job an. Wenn Trump was tweetet oder AKK eine unmögliche Aussage raushaut, das wäre ja dann sowieso einfach. In seiner Show – man erinnert sich – gab es ja 30 Minuten Beiträge mit Themen wie “Andrack baut ein Ikea Regal auf” oder “Helmut Zerlett zieht seinem Porsche Winterreifen auf.”
Das fand ich ja auch am besten bei der alten Harald Schmidt Show, den Dadaismus. Dinge wie eine Show komplett auf französisch zu senden (ich musste dann trotzdem abschalten, weil ich die Sprache nicht kann), eine Sendung mit dem Rücken zum Publikum zu moderieren oder mit Playmobilfiguren die Geschichte von Ödipus darzustellen. Manches strapazierte die Nerven der Zuschauer ganz gewaltig, manches ging auch total in die Hose, aber die Idee und der Anspruch dahinter, das hat mich immer interessiert.