almis personal blog

Die Dubarry

Ich habe mir in den letzten zweieinhalb Jahren das Fernsehen abgewöhnt, weil es für mich nur noch monothematisch, unreflektiert und geistlos war. Vielleicht hat sich das verbessert, ich weiß es nicht, ich weiß nur, dass ich jetzt ein Interview mit Harald Schmidt gesehen habe, dass ich als Wohltat in puncto Witz, Klugheit und Schlagfertigkeit, sowie auch Selbstironie empfunden habe.

Schmidt spielt ja aktuell den König in der Wiener Volksoper im Stück Die Dubarry. Er sagt, den König spiele man eigentlich nicht selber, den spielen die anderen, weil wenn die sich nicht verbeugen, dann kann man gar nichts machen, dann kauft einem das Publikum den König nicht ab. Er kann persönlich Operetten einiges abgewinnen und meint, das sei ein Genre, das ja hervorragend in die jetzige Zeit passe.

Außerdem bestreitet er, wirklich singen zu können, er versuche es, zur Freude des Ensembles, dass sich jedesmal fragt: a) schafft er den Einsatz, b) in welcher Tonlage überrascht er uns heute und c) kommt in etwa der Text, den wir kennen. Das was er mache, so Schmidt, sei fast “betreutes Singen”, niemals sei ein Sänger so therapeutisch begleitet worden, auf der Bühne.

Zur aktuellen Winnetou Kontroverse – Stichtwort kulturelle Aneignung (schon jetzt für mich eines der Wörter des Jahres, not in a good way), sagt er, er würde natürlich auch in einem Winnetou Stück spielen, er sei damit groß geworden und lerne nun natürlich auch neue Perspektiven, findet aber die Aufregung darum recht spannend und meint zum Schluß ganz trocken: “Und es zeigt ja auch, dass wir zum Glück zur Zeit keine anderen Probleme haben. Deutschland ist ja auf der Straße, weil es wissen will: Was wird aus meinen Winnetou Büchern?”

Großartig.

Neues Leben, 24

Letzte Woche hat mir eine Freundin geschrieben: Du bist eine starke Frau. Du gehts so gut damit um.

Das hat mich sehr gefreut. Weil ich mir manchmal denke, Stärke ist vielleicht auch nur die Abwesenheit von Alternativen. Und weil ich phasenweise das Gefühl habe, noch nie so sehr am Boden gewesen zu sein in meinem Leben, nicht mal bei der Frühgeburt des Kindes. Weil da gab es Hoffnung, da konnte ich etwas tun, eine Änderung der Situation war möglich. Jetzt muss ich einfach den Schmerz aushalten und darin bin ich nicht so gut.

Es gibt mittlerweile schon einzelne Momente, in denen ich mich wieder wie ich selbst fühle, also wie in der Zeit davor. Aber das ist noch die Ausnahme. Und sowas wie heute, Schulanfang, triggert mich unheimlich, weil das generell so ein aufgeladener Tag ist – ich beobachte das auch in meinem Umfeld – obwohl mein Kind heute schon in die Oberstufe kommt und man als Elter da ja kaum mehr involviert ist, außer, dass man eine Whatsapp mit den kryptischen Worten “Muddi Laptop” bekommt. Vor acht Jahren war das anders, da ist nicht nur das Kind in die Schule gekommen, da hat sich etwas Grundlegendes in meinem Leben getan und vor fünf Jahren, auch zu Schulbeginn, hat ein anderes Leben begonnen, das jetzt wieder vorbei ist – und ach.

So das war genug Selbstbespieglung/Mitleid für mindestens Wochen. Harhar. Immerhin scheint die Sonne , es ist schön warm und eigentlich ist das jetzt meine Lieblingsjahrezeit, zwischen Sommer und Herbst weil sie, welch Ironie, so vergänglich ist.