Gleich nach dem Österreichstart hab ich mir She said angesehen, der Film, der sich dem tiefen Fall von einem der größten Hollywood-Produzenten der Gegenwart, Harvey Weinstein, widmet. Er beleuchtet ein Stück gelungenen Investigativjournalismus, der schließlich in der globalen me-too Bewegung mündete.
Vielleicht nicht ganz zufällig hat man sich für die Aufarbeitung von einem sehr dunklen Hollywood Kapitel die deutsche Regisseurin Maria Schrader gesucht, die quasi als Europäerin, möglichst weit weg vom Schuss, die Dinge aus der Distanz beobachtet hat und nicht in der Hollywood-Gesellschaft in welchem Maß auch immer involviert ist. Das gilt allerdings nicht für den Produzenten des Filmes, Brad Pitt. Pitt war früher mit Gwyneth Paltrow zusammen und Paltrow ist das wohl berühmteste Opfer von Weinsteins Missbrauchsversuchen gewesen, genau in der Zeit der Partnerschaft mit Pitt. ´
Der Look und die kühle Herangehensweise von She said erinnert sehr an Spotlight, dem Oscar-gekrönten Film von 2016, in dem ein Journalistenteam sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche in Boston aufdeckt. Der Fall, den Spotlight behandelt, ist lange nicht so bekannt gewesen wie die Weinstein-Affäre und das war durchaus ein Vorteil für Spotlight. Denn gerade weil Weinstein so präsent in all unseren Köpfen ist, weil wir alle die Berichterstattung darüber verfolgt haben und das auch noch nicht so lange her ist, bietet der Film nicht besonders viel an komplett neuer Information und damit Spannungselementen.
Schrader stellt die zwei New York Times Journalistinnen Meghan Twohey (Carey Muligan) und Jodi Kantor (Zoe Kazan) in das Zentrum ihrer Geschichte. Beide sind junge Mütter, die in ihrem Beruf aufgehen und daher Privatleben und Job unter einen Hut bringen müssen. Man sieht also nicht nur, wie sie ehemaligen Weinstein Opfern hinterher recherchieren (und fliegen), wie sie telefonieren, schreiben, unbequeme Gespräche führen, sondern auch wie sie den Schlaf ihrer Kinder beobachten, bei den Hausübungen helfen, kochen und sich die Sorgen ihrer Ehemänner anhören. Aber die Ehemänner sind Randfiguren, so wie auch die Männer in der Redaktion Randfiguren bleiben; selbst der Chef von Twohey und Kantor verweist immer wieder auf seine Redakteurinnen, wenn er Anrufe zum Fall Weinstein erhält.
Maria Schrader gelingt es, den Fall eindringlich darzustellen ohne reißerisch zu werden. Wenn Frauen von ihren Begegnungen mit Weinstein erzählen, sieht man nur Zimmer mit auf dem Boden liegenden Kleidungsstücken, halb gefüllte Weingläser und leere Hotelgänge, niemals tatsächliche Handlungen – die Stimmen kommen aus dem off. Außerdem schafft sie es darzustellen, warum die Frauen so lange geschwiegen haben. Es geht dabei nicht “nur” um sexuelle Übergriffe – bis hin zu Missbrauch – und die Scham, davon zu sprechen, sondern auch darum, dass alle diese Frauen, die leidenschaftlich gern in der Filmbranche gearbeitet haben, um ihre Karrieren, ja um ihre ganze Zukunft fürchteten und das nicht zu Unrecht; wer sich zur Wehr setzte und von Weinstein entlassen wurde oder selbst kündigte, hatte seine Chance in der Branche verwirkt, auch wenn sie noch so talentiert war.
Insgesamt eine recht sachliche und differenzierte Aufarbeitung mit Liebe zum Detail.
Hier der Trailer: