almis personal blog

Aftersun

Wie schon erwähnt, habe ich vor kurzem Aftersun gesehen. In dem Debütfilm der schottischen Regisseurin Charlotte Wells geht es zurück in die 1990er Jahre. Anhand der Songs, die am Strand gespielt werden, kann man feststellen, dass es sich eher um die End-Neunziger handelt, denn aus den Lautsprechern tönt zum Beispiel Tubthumping von Chumbawamba: meiner Meinung zurecht ein One Hit Wonder. Da gefällt mir Losing my religion und Under Pressure natürlich um Universen besser.

Jedenfalls geht es in Aftersun darum, dass ein sehr junger Vater, Calum (Paul Mescal), der im Laufe des Filmes noch seinen 31. Geburtstag feiern wird, einen Sommerurlaub mit seiner Tochter Sophie (Frankie Corio) verbringt. Wo die beiden sind, das weiß man am Anfang nicht so genau, es könnte an vielen Orten in Südeuropa sein, man sieht nur ein billiges Hotel mit Pool und Menschen um den Pool und am Meer. Es wird immer wieder Torremolinos erwähnt, weswegen ich vermutet habe, sie wären in Spanien, aber die Quellen sagen türkische Riveria hm. Es soll nicht das einzige rätselhafte an diesem Film bleiben.

Der Titel spielt auf einer Ebene auf die Produkte an, die man nach dem Sonnenbaden auf die Haut aufträgt, auf einer zweiten Ebene auf die Abende, nach den Sommertagen und auf noch einer weiteren Ebene auf die Zeit “nach der Sonne”, also im übertragenen Sinn eine Zeit nach der “guten” Zeit. Aftersun stellt auch eine Verbindung zum “danach” her, nämlich dem Tag als Sophie selbst 31. wird. Was Aftersun sehr gut praktiziert, das show-not tell Prinzip. Es wird nichts erklärt, die Charaktere werden nicht vorgestellt, man muss sie sich selbst zusammensetzen, in dem man beobachtet, was sie tun, wie sie in gewissen Situationen reagieren oder auch nicht reagieren, was sie sagen und was sie nicht sagen. Ich finde sowas sehr spannend.

Gleich von Beginn an vermittelt Aftersun das Gefühl dieser satten-trägen Sommertage, an denen man irgendwie matt und doch auch überdreht ist und die Dinge tut, die man in so einer Ferienanlage eben tut: Wasserball, Spielhalle, Billard, Karaoke usw; gleichzeitig schwingt aber auch sofort etwas bedrohliches mit. Die Zuseherin (zumindest ich), rechnet in jeder Szene damit, dass irgendwas Schlimmes passieren wird. Ich werde hier natürlich nicht spoilern. Nur soviel: Man hat nach dem Film genug damit zu tun, die Puzzlesteine zusammenzusetzen. Das Ende ist sehr offen und lässt wirklich sehr viel Interpretationspielraum, was da zwischen 31. Geburtstag des Vater und 31. Geburtstag der Tochter geschehen ist.

Mescal und Corio haben eine unglaublich gute Chemie miteinander, das ist in dieser Art von Film, der so sehr auf seine Protagonisten zugeschnitten ist, auch enorm wichtig. Der Film ist lustig und melancholisch, beängstigend, hoffnungsvoll, voller Leben und voller Zweifel. Und er überzeugt in all diesen Schattierungen.

Hier der Trailer, der vielleicht mehr vermittelt, was ich meine harhar: