almis personal blog

Schulschluss und koksende Mütter

Und wieder ein Schulschluss – es ist immer ein ganz besonderer, bittersüßer Tag im Jahr, an dem ich immer irgendwie Rückschau halte. Letztes Jahr war ich so komplett traurig und niedergeschlagen, heute war ich schön melancholisch, diese Art der Melancholie, wo man nichts will als einfach seine Ruhe mit gutem Essen und Trinken und Literatur und Film und Notizbüchern.

Ich hatte heute keine Arbeitsdeadlines, ich halte mir solche Tage gern frei, für alles was so kommt, was das Kind vor hat. In der Früh hab ich einen langen Spaziergang gemacht und eingekauft (u.a. ein neues Notizbuch), als ich heimkam war das Kind schon zuhause. Er hat wieder mal einen guten Erfolg, ich weiß nicht wie er das schafft. Nach dem gemeinsamen Mittagessen auf dem Balkon hab ich den Bachmannpreis laufen lassen, und die Texte, auf die man quasi so nebenbei aufmerksam wird, wo man sich dann hinsetzt und genau zuhört, die haben eine besondere Qualität. Zwar sagt das per se noch nichts über besondere Literarizität aus, es sagt aber, dass der Text etwas mit einem macht.

Ich spreche von dem Text “Zeitmaschine” von Jacinta Nandi. Die Protaogonstin, Mutter eines kleinen Sohnes und in einer schrecklichen Ehe, sagt so Dinge wie: “So lang kein Sperma im Spiel ist, ist sie nicht fremdgegangen, das weiß sie” oder “Es kann keine Gewaltbeziehung sein, denn ich respektiere ihn gar nicht.” Es geht um eine toxische Ehe und das Mutterbild der Deutschen und es hat sehr, sehr viel bösen Witz. Die Stelle, die mich am Sofa echt lachen ließ, war Folgende: da treffen sich mehrere Mütter zum Playdate und als die Kinder schlafen, bestellen sie sich Koks. Als die Protagonistin fragt, ob es nicht verwerflich sei, zu koksen, wenn die Kinder in der Nähe sind, sagen die anderen: “Das hier ist Me-Time. Das ist Self-Care” und “Ich bin so eine gute Mutter, wenn ich auf Koks bin. Ich bin wie Heidi Klum, aber Heidi Klum in Amerika.” Das muss einem erst mal einfallen. Dann geht es noch um anzügliche Chatnachrichten an Karl Lauterbach und Johnny Depp und Amber Heard, was den Text natürlich verdächtig nahe an die Kategorie Popliteratur schiebt, aber das muss ja nicht Schlechtes sein und ich habe mich – wie gesagt – sehr amüsiert dabei.

Am Abend saß ich dann bei strömendem Regen am Balkon, erschöpft von der recht anstrengenden Arbeitswoche, aber doch zufrieden. Auch wenn Mamas keinen 9-wöchigen Urlaub haben, ein bisschen fühlt es sich doch wie Ferien an. Und morgen schau ich wieder Bachmann-Preis.

Mittagspausengossip

In der Mittagspause habe ich mit N. über die Instagram Accounts von Fernando Alonso und Andrea Schlager whatsapp-gegossipt. Der Formel 1-Altstar und die Servus TV-Moderatorin waren ja ein knappes Jahr ein Paar, bis sie sich im März getrennt haben.

Jedenfalls hab ich – die die Trennung schon vorhergesehen hat, weil sie ihre Fotos gegenseitig nicht mehr regelmäßig gelikt haben – recherchiert, dass Alonso nun überhaupt alle Likes bei ihr auf Insta entfernt hat, auch unter den gemeinsamen Fotos. Folgen tun sie sich aber noch gegenseitig. Das musste natürlich mit N. besprochen werden.

Das ist alles schon recht hart. Aber ich hab schon voriges Jahr gesagt, das wird schwieirg werden, wenn sie mal nicht mehr zusammen sind, weil sie sich ja trotzdem permanent begegnen, zwangsläufig. Seufz.

The Royal Tenenbaums

Gestern spielte es im De France The Royal Tenenbaums und das durfte ich natürlich nicht verpassen. Zuerst gab es leichte Anlaufschwierigkeiten, weil wegen eines Unfalls keine Straßenbahn mehr fuhr und ich deswegen von der U6 Station Nussdorfer Straße bis zum Kino zu Fuß ging. Das ist an sich ein netter Spaziergang, nicht aber, wenn man es eilig hat und 29 Grad im Schatten herrschen. Nun gut, ich habe es aber geschafft und bestaunte dann das (vornehmlich) Hipster Publikum, viele junge Menschen, die den Film vermutlich noch nicht kennen. By the way: Ist es chic, keinen BH zu tragen bei den unter 25 jährigen? Ich habe irgendwie den Eindruck. Das Kino war nicht ganz voll wie bei The Grand Budapest Hotel, aber auch sehr gut besucht.

The Royal Tenenbaums ist mein absoluter Lieblingsfilm von Wes. Ich habe ihn vor 22 Jahren, eben als er herauskam, gesehen und ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie fasziniert ich gleich vom Anfang war, den ersten sechs, sieben Minuten, als alle (im Original von Alec Baldwin) vorgestellt werden, also vor allem die Tenenbaum Kinder Chas (Ben Stiller), Richie (Luke Wilson) und Margot (Gwyneth Paltrow), die alle auf ihren Gebiet außerordentliches leisteten, eine Familie voller Genies genannt wurden, aber dann zog Vater Royal (Gene Hackman, soso gut in der Rolle) aus und das Leben meinte es nicht gut mit ihnen. Diese Einführung der Charaktere ist untermalt von Hey Jude von den Beatles und einfach so wunderbar gut gemacht, auch 22 Jahre später immer noch.

Im weiteren Verlauf des Filmes kann ich mich nicht erinnern, dass mir damals Tränen über die Wangen gelaufen sind, diesmal aber schon. Ich werde halt alt. Es ist eine schräge Familienzusammenführung, Royal kehrt zurück unter dem Vorwand, er wäre sterbenskrank, um wieder Zugang zu seiner Familie zu erhalten. Und alle drei Kinder sind auf ihre Weise verwundet vom Leben, auch depressiv. Chas hat seine Frau bei einem Flugzeugabsturz verloren und versucht nun krampfhaft seine beiden kleinen Söhne zu beschützen, macht Notfallübungen mitten in der Nacht, lässt sie nie unbeaufsichtigt. Royal findet das gar nicht gut, er sagt zu seiner Ex-Frau Mutter Etheline (Angelica Huston): “You can’t raise boys to be scared of life. You got to brew some recklessness into them.” Darauf Etheline: “I think that’s terrible advise.” Und Royal: “No, you don’t”. Und sie sieht tatsächlich aus, als würde sie nicht so denken. Royal übernimmt dann das mit der recklessness. Und es ist so witzig und oft eben auch total berührend und schön.

Royal ist eigentlich ein totales Schlitzohr, gleichzeitig aber auch sehr lebensklug und mitfühlend auf seine ganz eigene Weise. Zum neuen Mann seiner Ex-Frau sagt er, er wäre froh, wenn dieser ihn leiden könne, aber er wisse, dass er ihn für ein asshole halte. Darauf der: “I don’t think you’re an asshole, Royal.You’re just a kind of a son of a bitch.” Royal darüber sichtlich erfreut: “Well, I appreciate that” Und Gwyneth Paltrow, die ich sonst nicht so mag, ist hier so gegen ihren Typ besetzt und spielt so gut. Und Owen Wilson ist so sensibel. Und Bill Murray ist so Bill Murray….

Ach der Film ist so toll, ich bin wirklich froh, dass ich ihn nochmal im Kino sehen konnte. Hier der Trailer:

Erkenntnisgewinn

Kind kommt vom Kino nachhause, sie haben sich in Französisch einen Film angesehen.

Mutter: Welcher Film war es?

Kind: Es ging um eine Jugendliche aus einer gehörlosen Familie, die singen will.

Mutter: Coda? Das hat 2022 den Oscar als bester Film gewonnen

Kind: Kann sein

Mutter: Aber das ist ja ein amerikanischer Film – haben sie französisch geredet?

Kind: Neeeee, weißt?!!!!

Mutter: Dann muss es ein anderer Film sein (googelt). Ah Verstehen Sie die Béliers?

Kind: Ja, das war es.

Und somit hat die Mutter jetzt gelernt, dass Coda das Remake von Verstehen Sie die Béliers ist. Irgendwie hatte ich das schon mal gehört, aber war eher (sehr) passives Wissen. Während mein (sinnloses) Oscarwissen natürlich immer on point ist.

Und noch was

Damals, als The Royal Tenenbaums in die Kinos kam, gab es sehr viele gute Kritiken, vor allem für Gene Hackman. Harald Schmidt hat in seiner Late Night Show aus manchen zitiert, eine hat ihn besonders amüsiert, nämlich als der “berühmte Komiker” Hackman gelobt wurde. Schmidt damals zu Andrack: “Ja, der Komiker Gene Hackman. Was haben wir nicht über ihn gelacht in French Connection und Missisippi Burning

Harhar, ja das war ein Überraschungsmoment, dass Hackman in einer seiner tatsächlich letzten Rollen – er lebt noch, aber dreht nicht mehr – eine ganz neue Facette seiner Schauspielkunst zeigt, nichts hartes, unerbittliches, sondern etwas bittersüßes.

Auf Twitter wird gerade diskutiert, was diese Performance so besonders macht und ich bin bei Kyle Le Roy

Hackman war halt schon 70 und Regieanweisungen von Anderson waren ihm wohl im Zweifel egal, deshalb ist seine Darstellung wirklich besonders (selbstbestimmt) im Anderson Universum. Vielleicht empfinde ich The Royal Tenenbaums deshalb als um einiges emotionaler als die anderen fraglos auch sehr guten Werke von Anderson?

Noch was zu Anderson

Es ist sehr interessant, wenn man selbst eine Kritik schreibt (über Asteroid City, siehe letzter Blogeintrag), die kurz vor dem offiziellen Kinostart erscheint und dann nach und nach lauter andere Reviews lesen darf (von Menschen, die mutmaßlich eh auch in der gleichen Vorstellung waren).

Um es uns allen aber beim nächsten Wes Anderson Werk schwerer zu machen, würde ich vorschlagen, folgende Begriffe dabei dann nicht verwenden zu dürfen:

  • Meta
  • Nerd
  • Symmetrie
  • Hipster
  • Subtext
  • Schrullig

Ich mein, ich hab da selber dann eh auch ein Problem. Harhar.

Interessant fand ich aber, dass nur Michael Omasta vom Falter es – so wie ich -geschafft hat The Royal Tenenbaums in seiner Kritik zu erwähnen und zwar wirklich ziemlich ähnlich wie ich (und wir haben nicht gegenseitig abgeschrieben), nämlich folgendermaßen:

Fans von Andersons überragendem Frühwerk “The Royal Tenenbaums” (2001) werden sich dieses Motivs [des Witwers, Anm.] erinnern. Auch dort gab es schon so einen sad dad, nur dass Ben Stillers Figur – und seine zwei Söhne – durch den Verlust sichtlich traumatisiert waren. Im aktuellen Film reicht es fast nur noch für den Gag vom traurigen Loser und dem dominanten Schwiegervater.

Falter Nr. 24/23 – Michael Omasta “Ein Herz für Nerds”, Seite 31

Wahrscheinlich liebt er den Film auch so wie ich und kann daher nicht über Anderson schreiben, ohne dieses Werk zu erwähnen.

Frei, Teil eins

Dieses Wochenende ist das erste seit zahlreichen Wochen, wo ich keinen dringenden Auftrag bis Montag zu erledigen habe. Ich habe einen neuen Auftaggeber und war in der letzten Zeit sehr damit beschäftigt, mich in neue Materie einzulesen. Sehr interessant, aber auch anstrengend, weil ja die anderen Projekte auch weiterlaufen.

Es ist ein langes Wochenende, viele sind weggefahren und die Stadt war schon Mittwochabend sehr ruhig. Ich mag das, wenn gefühlt niemand mehr da und nichts los ist. Mich stört auch das wechselhafte Wetter nicht, ich war einfach erschöpft und froh, irgendwie nichts tun zu müssen. Oder fast nichts.

Am Donnerstag war ich nach dem Regenguss im Kino. Es findet derzeit eine Wes Anderson Werkschau im De France (!!!) statt. Ich habe es zum wiederholten Mal geschafft, im Votivkino festzustellen (oder gesagt zu bekommen harhar), dass ich falsch bin. Habe es aber trotzdem noch rechtzeitig zu The Grand Budapest Hotel geschafft (im nonstop Kinoabo inbegriffen/unbezahlte Werbung), der Saal war voll.

Ich habe The Grand Budapest Hotel schon damals 2014 gesehen und war gar nicht mal soo begeistert davon. Ja, ich fand den Film visuell stark – das tolle alte Hotel und den fiktiven Staat Zubrowka mit den ganzen liebevoll gestalteten Details natürlich, und auch Ralph Fiennes fand ich super in der Rolle des liebenswerten und schlauen Gustave H. So hatte man Fiennes bis dato noch nie gesehen, man kannte ihn sonst eher in epischen Schinken wie Der englische Patient oder als Antagonist von Harry Potter. Richtig gehasst (in a good way) habe ich ihn als Amon Göth in Schindlers Liste. Aber als Gustave H. ist er ein humorvoller Humanist, vor dem Hintergrund des Niedergangs des alten Europa, wenn man so will. Aber irgendwie erschloss sich mir das alles nicht so ganz. Diesmal wurde ich viel mehr in die Handlung hineingezogen, warum auch immer und auch die geniale Musik von Alexandre Desplat fiel mir viel mehr auf. Die Inspirationen für The Grand Budapest Hotel holte sich Anderson übrigens bei Stefan Zweig – das wird extra im Nachspann erwähnt. Hier der Trailer.

Ich plane, The Royal Tennenbaums, The Life Aquatic und The French Dispatch (nochmal) anzusehen. Und vorige Woche durfte ich in der Pressevorstellung bereits Asteroid City sehen. Wie es mir gefallen hat, kann man dann bald auf Uncut lesen.

Uni Wien bei Nacht am 8. Juni 2023

War schön, in der lauen Nacht dann heimzugehen/zu fahren.

Gestern

Meine Lieblingsaussage aus der heutigen SPÖ Pressekonferenz: “Die Zahlen waren richtig, nur die Zusammenhänge waren falsch.” So hätte ich meine Mathematik-Schularbeiten früher auch rechtfertigen sollen.

Einem Tag nach der dubiosen SPÖ Wahl hat Twitter alles durch an Memes, Spott, Verschwörungs(?)-Theorien, es gilt wieder mal die Devise: Es wurde schon alles gesagt, nur noch nicht von allen. Jungjournalist Maximilan Werner meinte sogar: So einen Tag hier auf Twitter wirds nie mehr geben. Aber das dachte man schon öfter und ich würde nicht drauf wetten.

Ich wiederum habe mich mit einer österreichischen, na ja sagen wir prominenten Person auf Insta gezofft. Sie hat sich in ihrer Story nämlich darüber gefreut, dass “der heisere Herrscher wieder zurück in seiner pannonischen Steppe” ist. Ich habe angemerkt, dass ich das recht respektlos finde. Sie daraufhin, dass er ja auch mit Pam respektlos umgegangen wäre. Und außerdem sei er halt heiser, das könne man schon benennen. Ich habe dann gemeint ja, warum sachlich, wenns auch persönlich geht. Man kann H.P.Doskozil sicher für einiges kritisieren, seine Stimme hat damit aber nichts zu tun. Und in Zeiten, in denen man verklagt werden kann, wenn man ein Pronomen falsch verwendet, finde ich es schon interessant, dass man als SPÖ Wählerin dann nichts dabei finden, über körperliche Gebrechen zu spotten. Aber was weiß ich schon, sie meinte, ich solle mir meine Empörung für wichtige Dinge aufheben. Mach ich aber nicht, ich blogg lieber darüber. Harhar.

Gefühlt 16

Sohn: Ich hoffe, wir können das Spiel im Internetcafe spielen. Es ist erst ab 16.

Mutter: Du bist eh fast 16.

Sohn: Ja eben, fast.

Mutter: Bitte du kannst dich heutzutage auch als Frau fühlen. Dann sagt du halt, du fühlst dich als 16-jähriger. (lacht)

Sohn: Der Moment, in dem man die Einzige ist, die lacht.