almis personal blog

Filme des Jahres

Die Uncut Redaktion hat wieder ihre Filme des Jahres gewählt, hier zu finden. Die Wertung ist bei weitem nicht so einheitlich wie letztes Jahr ausgefallen, das klar von Oppenheimer dominiert wurde.

Auch ich war so frei und habe meine Wertung abgegeben:

Diese Wertung bezieht sich auf Filme, die 2024 in den österreichischen Kinos offiziell zu sehen waren. Daher ist hier beispielsweise The Brutalist und Volvereis (noch) nicht dabei.

Hätte auch nie gedacht, dass ein Film namens Sterben bei mir einmal in so einem Ranking auftauchen wird. But it did happen.

Und damit einen guten Rutsch ins neue Jahr!

Heretic

Manchmal gelingt es mir, das Kind für einen Film zu begeistern, den ich sehen möchte. Leider sind die nonstop Kinos keine “fancy” Kinos wie es das Kind empfindet, aber gestern im de France war es dann doch anders. Weil das Kino gleich neben dem Ring liegt, und wir so vor dem Filmbeginn noch Autos beobachten konnten. Wir sahen Porsches und Lamborghinis und einen Ferrari. Ich zum Kind: “Das haben wir schon gemacht, als du vier warst, aber da gings mehr um die Autofarben.” harhar. Wie auch immer, er fand es dann im de France erstaunlich gemütlich und es gibt dort zwar keine Nachos, aber Popocorn.

Wir sahen Heretic, einen Horrorfilm ab 16 Jahren, mit Hugh Grant. Worum es geht, kann man eigentlich in einem Satz zusammenfassen: Zwei junge Mormoninnen besuchen im Zuge ihrer Missionstätigkeit einen Mann in seinem Haus, um mit ihm über Religion zu sprechen, und dann passieren “Dinge”.

ACHTUNG KLEINE SPOILER MÖGLICH!!

Ich bin kein großer Horrorfilm-Fan, aber ich bin ein großer Fan von Schauspieler gegen ihren Typ besetzen. Da kommen oft erstaunlich supere Sachen heraus, wie zum Beispiel Leonardo di Caprio als exzentrischer Bösewicht in Django Unchained, Gwyneth Paltrow als depressive Künstlerin in The Royal Tenenbaums oder Tom Cruise als Guru in Magnolia. Das ist das auch das interessante, wenn man sich den Film mit einem 17-jährigen ansieht, dem die Hugh Grant-Persona nicht geläufig ist. Als ich ihm gesagt habe, dass “wir” Grant als netten, lustigen Rom-Com Typen kennen, meinte er, dass er hier eh auch nett und lustig war. Zu Beginn.

Und genau das ist auch das Erfolgsrezept des Mr. Reed, den Grant hier spielt. Denn würden zwei junge Frauen um die 20 ein verlassenes Haus betreten, wenn der Mann, der sie empfängt nicht absolut vertrauenswürdig erscheinen würde? Sie fragen ihn, ob eine Frau anwesend ist – sie dürfen das Haus nämlich nur dann betreten, wenn das der Fall ist – und Mr. Reed antwortet, seine Frau sei gerade in der Küche und würde einen Kuchen backen. Und warum sollten sie die Worte dieses jovialen, zuvorkommenden, auch ausgesprochen höflichen Mannes anzweifeln? Abgesehen davon, ist Mr. Reed tatsächlich merklich daran interessiert, über Religion zu sprechen, ja zu philosophieren.

Und dann kommt auch schon meine Lieblingsszene im Film, in dem Reed die drei Weltreligionen mittels jeweils eines Songs von Radiohead, The Hollies und Lana del Rey erklärt. So gut! Heretic ist nämlich tatsächlich nicht nur Horror, sondern über weite Strecken auch viel Monolog, oder wie es auf Social Media heißt, Mansplaining von Hugh Grant. Aber nicht nur Grant ist gut – als er kürzlich in einem Interview darauf angesprochen wurde, dass viele meinen, das wäre seine beste schauspielerische Leistung bis dato, antwortete er: “Well, that’s music to my ears, obviously” – auch Sister Barnes (Sophie Thatcher) und Sister Paxton (Chloe East) sind wirklich alles andere als bloße Sidekicks, was besonders wichtig ist, da man so umso intensiver mit ihnen mitfühlen kann.

Jedenfalls ist Heretic ein Film, bei dem sowohl Fans von intelligenten Dialogen als auch Horror (und nicht von der gemütlichen Sorte, es war wesentlich schlimmer, als ich es erwartet habe!) auf ihre Kosten kommen. Ich habe danach mit dem Kind noch länger über Religion und Glauben an sich diskutiert. Auch das bewirkt offensichtlich dieser Film.

Sterne schauen

Gestern haben wir einen Patchworkfamilienausflug zum Großmugl gemacht. Wir sind den dortigen Sternenweg hinaufgegangen.

Nun steht auf der Infoseite, dass der Weg für Jung und Alt geeignet ist, was an sich stimmt, er ist nicht sehr steil. Allerdings ist er halt auch vollkommen unbeleuchtet und holprig und man soll selbst wenig Lichtquellen verwenden. Das heißt, man sollte halt schon relativ trittsicher sein und im Dunklen zumindest rudimentär sehen können. Von der Ortschaft geht man ungefähr 20 Minuten hinauf. Oben angekommen, steht man quasi neben dem “Mugl” – einem Massengrab aus der Hallstatt-Zeit.

Von dort aus hat man einen atemberaubenden Blick in den Sternenhimmel. Es ist ruhig und weit und breit ist keine Menschenseele zu sehen oder hören – zumindest im Winter um 22 Uhr, in der wärmeren Jahreszeit wird vermutlich auch dort oben mehr los sein.

Ich denke im Angesicht der überwältigenden Natur und des Himmels immer an jemanden und das fühlt sich sehr friedlich an.

Frohes Fest, drei

Das Kind hat dann gemeint, als Little Drummer Boy von Bing Cosby und David Bowie lief, das sei so ein Song, der auch bei Opa gelaufen wäre. Ich finde es ja schön, dass er zumindest ein paar Erinnerungen an meinen Papa hat, den er selten gesehen hat, vornehmlich eben zu Weihnachten. Und da weiß er eben noch, dass der Opa Backhendel gemacht hat und welche Musik gespielt wurde. Das Kind nimmt die Dinge so wie sie sind, bewahrt sich die schönen Erinnerungen, hadert mit nichts, das bewundere ich an ihm.

Früher, in meinen eigenen Kindheitsweihnachten, habe ich meine Eltern dafür bewundert, wie sie den heiligen Abend “geschafft” haben. Meine Mutter musste immer bis Mittag arbeiten, dann gingen sie auf den Friedhof und dennoch gab es um 17 Uhr Bescherung mit großem geschmückten Baum und perfektem Essen. Den 24. selbst habe ich bei meinen Großeltern verbracht, wie sowieso den Großteil meiner Kindheit. Ich habe mit meinem Opa ferngesehen, alte Märchen und sonstiges heilig-Abend Programm und wir haben Karten mit Oma gespielt und es war immer sehr lustig. Als wir uns anzogen, um zu meinen Eltern zu gehen, habe ich jedes Jahr gehofft, dass das nicht das letzte Jahr sein wird, wo wir alle drei zusammen losgehen können. Einmal, als wir das Haus verließen, hat es wirklich viel geschneit und die Straße blieb schneebedeckt, weil keine Autos fuhren, das ist die beste Erinnerung. Die Stadt war ganz leise und nur wir drei waren auf der Straße, um zur Bescherung zu gehen. Ich hatte das Glück, dass ich längst erwachsen war, als es wirklich nicht mehr so war, dass wir zu dritt waren. In einem Jahr war ich bei meiner Oma im Spital, die zu mir meinte, sie hätte immer gedacht, es wäre furchtbar, zu Weihnachten im Krankenhaus zu sein, aber es sei irgendwie doch gar nicht so übel. Ein paar Jahre später war ich zu Weihnachten auf der Neugeborenen Intensivstation.

Letztendlich hatte meine Oma recht, auch wenn die Voraussetzungen nicht die besten sind, wenn man nicht in der Stimmung für Weihnachten ist, auch wenn einem das Herz gerade zu den Feiertagen manchmal schwer ist. Auch wenn man jemand sehr vermisst, kann man doch immer etwas schönes, gemütliches und tröstliches finden. Eine liebe Whatsapp-Weihachtnachricht von dem, an den man eh immer denkt oder wenn das Kind ins Zimmer kommt, um einem irgendwas auf TikTok zu zeigen oder etwas zu erzählen. Oder einfach nur stundenlang am Sofa Wer wird Millionär schauen als perfekter Eskapismus nach einem langem Abendspaziergang.

Wieder mal eine perfekte Frage für mich

Frohes Fest, zwei

Die homegrown Bio-Weihnachtsfichte

Gestern am Abend, als wir Weihnachtsmusik hörten, sagte ich zum Kind, dass es wohl keinen Pop Xmas-Song gibt, den nicht irgendwer hasst. Bei uns haben gestern alle Last Christmas gehasst, den ich wirklich sehr gerne hab. Ich werde nicht müde zu erklären, dass Last Christmas ein sehr komplexer Song ist, wo es zwar leicht ist, den Refrain zu singen, nicht aber die Strophen, probiert es mal aus. Harhar. Ich habe dazu mal einen Artikel gelesen, der mich sehr beeindruckt hat. George Michael hat den Song ziemlich schnell geschrieben, während Andrew Ridgeley mit Michals Eltern geplauert hat, was ja auch anstrengend sein kann.

Bei Mariah Careys Song All I want for Christmas is you, muss ich immer grinsen, weil der Song mit den Zeilen beginnt: “I don’t want a lot for chrismas…” nur “dich” quasi, na sehr schmeichelhaft. Nicht so gerne höre ich Wonderful Dream von Melanie Thronton, weil ich da immer daran denken muss, dass sie kurz bevor der Song offiziell rausgekommen ist, mit dem Flugzeug in der Schweiz abstürzte.

Ein Song, der eigentlich nicht geht, wegen seine paternalistischen White Saviour-Attitüde und auch wegen Bono, einer Musikerpersönlichkeit, die ich gar nicht aushalte, ist Do they know it’s christmas. Aber ich mag ihn selbst trotzdem sehr.

All We Imagine as Light

Am Samstag habe ich mir All We Imagine as Light angesehen, den indischen Film von Regisseurin Paypal Kapadia, der diesen Jahr den Großen Preis der Jury beim Filmfestival in Cannes gewonnen hat.

Es geht in diesem Film um drei Frauen in Mumbai, eine etwas jüngere, eine “mittelalterliche” und eine etwas ältere, die befreundet sind und im einem Krankenhaus arbeiten. Die Jüngste, Anu, soll von ihren Eltern verheiratet werden, liebt aber einen Muslim, was ihre Eltern nie tolerieren würden. Prabhas Ehemann ist nach Deutschland gegangen und meldet sich nicht mehr bei ihr. Parvaty ist verwitwet und im Begriff delongiert zu werden. Es geht in All We Imagine as Light um das Alltagsleben als alleinstehenden Frau in einer überbevölkerten, anoymen Stadt, um die Wünsche und Hoffnungen von Frauen, deren Wünsche und Hoffnungen der Gesellschaft weitgehend egal sind.

All We Imagine as Light ist als Film irgendwie außerhalb meiner Komfortzone. Die indische Kultur ist mir ziemlich fremd und – auch wenn das natürlich böse, sehr böse ist – ich schaue mir am liebsten Filme an, mit denen ich irgendwie direkte Bezüge zu mir selbst herstellen kann. Eine Frau im Sari finde ich interessant, ich denke mir aber automatisch auch: wie viel oder eher wenig hat sie mit mir gemeinsam? Komischerweise ist das, was in den ersten Szenen in dieser überfüllten, etwas heruntergekommen Stadt ins Auge fällt als das, was einem “materiell” am vertrauesten ist, das Smartphone. Menschen in Mumbai haben sehr moderne Smartphones und tippen darauf herum, wie wir auch.

Aber die Themen, die Frauen in ihrem Leben haben, sind natürlich völlig andere. Es gibt einen anderen moralischen Kodex als in Europa, alleine das Motiv der arrangierten Ehe ist uns ja hierzulande im Jahr 2024 völlig fremd. Frauen sollen, obwohl sie alle im Berufsleben stehen, sich also versorgen können, noch immer vor allem gut verheiratet werden. Was Frauen selbst für ihr Leben wollen, das spielt hier offensichtlich sehr wenig Rolle. Eine gewisse Schwermut liegt über dem Leben von Anu, Prabha und Parvaty, eine Schwermut, in denen es trotzdem einzelne Momente der Freude, der Zuversicht und der Leichtigkeit gibt. Das ist auch genau das, worauf der Filmtitel anspielt. Manchmal stellen wir uns das Licht vor (oder die Leichtigkeit?), müssen es uns vorstellen, weil gerade alles finster ist, und machmal, wenn auch selten, erleben wir bzw. diese drei Frauen das auch, dieses Licht, diese Leichtigkeit.

Das ist das, was dieser Film sehr gut kann, kleine poetische Bilder und Stimmungen einfangen, lyrische Sätze einstreuen, Charakter detailliert zeichnen. Dennoch ist der Film für mich auch, und das sage ich wirklich selten, zu langsam erzählt. Er verliert sich in unfokussiertem Geplänkel, und schwächt seinen Narrativ dabei selbst. Wäre alles etwas kompakter, würden manche Erzähstränge näher beleuchtet werden, hätte All We Imagine as Light einen noch eindrücklicheren Eindruck bei mir hinterlassen.

Bye Stammlokal

Am Freitag haben L. und ich uns vom Hidden Kitchen Park verabschiedet. Das ist bereits unser zweite Stammlokal, das schließt.

Während der Kindergartenzeit unserer Kinder waren wir öfters im T-Centro. Dort gab es ein günstiges und supergutes Pasta-Mittagsmenü und der Kellner hat uns dann manchmal noch auf einen Cappuccino eingeladen. Das war so ein Zeitpunkt zum Durchatmen und ruhig da sitzen, zwischen Arbeit und Kinder abholen, Kraft sammeln. Vor dem Weg durch das T-Center Areal, wo uns vier Kinder im Klein(st)kindalter davonliefen oder später mit den Rollern davondüsten, zwischen diesen riesigen Betonsäulen, wo auch Autos kreuz und quer fuhren, neben dem lauten Rennweg. Manchmal lachten die Kinder und manchmal weinten sie, sie trotzten und stritten sich, es war heiß, es war eiskalt, es gab Schnee, Starkregen. Vor dem Autohaus gegenüber wurde mit Kieselsteinen geschmissen, bis das Autohaus dezent die Kieselsteine entfernte. harhar. Bis zur Schnelllbahn brauchen wir schon auch mal 45 Minuten.

Nachdem das erstaunlicherweise alle überlebt hatten, verließen L. und ich das T-Centro mit dem Schulbeginn der Ältesten und wechselten vom Mittagessen zum Frühstücken ins Hidden City Park, gleich bei Wien Mitte.

Der vorletzte Tag des Hidden Kitchen Park

Manchmal saßen andere Frauen bei uns, mit ihren Themen, die manchmal andere waren als unsere. Auch hier gab es Cappuccino und für mich jedes Mal “Pink Egg Florentine”, das ist getoastetes Schwarzbrot mit rote Rüben Sauce, Ei und Lachs. L. aß gerne das Priscilla Porrige mit weichem Ei und manchmal tranken wir noch einen frischgepressten Orangensaft und wenn wir ganz arg waren, dann gab es ein “böses” Croissant mit circa tausend Kalorien. Nach dem Frühstück bummelten wir noch ein bisschen durch die Mall, sahen uns die Bücher bei Thalia an oder gingen im Frühling im Stadtpark spazieren. Das Hidden Kitchen war ein Fixpunkt, ein Anker, wenn das Leben schön war, und auch, wenn einmal nicht so schön war.

Nun ist das in dieser Form vorbei, weil sich das Leben immer wieder ändert, ob man will oder nicht. Die Kinder sind fast erwachsen. Irgendwann verschwinden Lokale eben, so wie die Matchboxautos aus den Handtaschen verschwinden und der Sand von den Förmchen für die Sandkiste, wie Zusammenhänge und Vorstellungen verschwinden, genau wie die schönsten Samstagabende, die bis zum Sonntagabend dauern. Manches bemerkt man kaum, wenn es geht, über anderes kommt man schwer hinweg.

Nach dem Frühstück haben wir zufällig M. getroffen, die mit ihrer Klasse im Village Kino war, und das war schön, weil wir ein Lokal verabschiedet haben, aber sich zwei meiner Freundinnen kennengelernt haben. Ab März gibt es im Hidden Kitchen im ersten Bezirk auch Frühstück, das werden wir uns auf alle Fälle ansehen. Aber treffen werden wir uns ohnehin weiterhin und reden. Über die neuesten Themen. Über das Leben und uns.

Das Beste aus der Schweiz

Der Merci Cherie Podcast führte wieder eines seiner allseits beliebten Rankings durch. Wie jedes Jahr um diese Zeit sollen wir Hörer unsere Top 10 des diesjährig siegreichen Landes abgeben, was 2024 ja bekanntlich die Schweiz war. Marco Schreuder hat mich persönlich angeschrieben, ob ich nicht wieder mitmachen will. Also habe ich mich durch alle Schweizer Songs seit 1956 gehört, im Schnelldurchlauf.

Natürlich ist mir das näher, was ab den 1980er Jahren stattgefunden hat und die sehr aktuellen Songs hat man auch noch mehr im Ohr, aber irgendeinen Bias hat sowieso jeder. Außerdem neige ich nicht zu prätentiösen Listen, ich nehme einfach was mir gefällt, auch wenns uncool ist.

In diesem Sinne habe ich Celine Dion nach reiflicher Überlegung 12 Punkte gegeben für ihr Siegerlied von 1988 Ne partez pas sans moi. Sorry Marco, ich hab meine Wertung nicht eingesprochen, weil ich kann nicht französisch und es würde sicher furchtbar klingen, wenn diesen Titel ausspreche. Jedenfalls finde ich, dass dieser Song einen großen Empowermentfaktor hat und auch super gealtert ist. Trotzdem werden wir Celine Dion wohl nächstes Jahr nicht in Basel sehen, da sie mit dem ESC nicht mehr allzuviel zu tun haben will und angeblich angeblich immer erzählt, sie hätte irgendwann einmal einen “europäischen Gesangswettbewerb” gewonnen, um nicht das böse Wort “Song Contest” aussprechen zu müssen, harhar.

Knapp dahinter ist etwas recht aktuelles, nämlich Gjion’s Tears mit Tout L’Univers aus dem Jahr 2021. Ich verstehe zwar auch hier den Text nicht, aber trotzdem hat mich dieser Song von Anfang an berührt. Gjon’s Tears hat ja seinen Namen, weil sein Großvater immer geweint hat, wenn er gesungen hat, wieso also nicht auch ich. Sein Bühnenauftritt war dagegen aber richtig edgy und avangardistisch, was ein gutes Gegengewicht zum Pathos bildet. Ich habe übrigens auch den “Lost Song” von Gjon’s Tears aus 2020 in meiner Wertung, nämlich Répondez-moi, der ist ein bisschen sperriger, aber für mich auch sehr schön. Ach ja, Tout L’Univers hat damals die Jurywertung gewonnen und wurde insgesamt Dritter.

Auf Platz 3 in meinem Ranking ein wirkliches Guilty Pleasure Stück, nämlich She Got Me von Luca Hänni aus dem Jahr 2019. Das hat so irgendwie was Vorstadtcasanova-haftes, sowohl Hänni, als auch das Lied. Marco Schreuder meinte damals im Podcast, das wäre so ein richtiger Reißbrettsong, aber ein gut gemachter, und dem kann ich mich nur anschließen. Total catchy und lustig, kam auch live super an, weil das so ein richtiger Partyknaller ist. Hänni wurde Vierter.

Wenn man wissen will, wie die Podcast-Wertung insgesamt so ausgegangen ist, kann bzw sollte man sich die neue Folge von Merci Cherie anhören. Aber ich sage einmal so: ganz überraschend ist der Sieger oder vielleicht doch die Siegerin jetzt nicht. Harhar.

Seinfeld, vier

In der Folge The Pitch wird Jerry gefragt, ob er nicht eine TV-Serie mit sich selbst als Hauptperson entwickeln will (Achtung Metaebene). Jerry sagt erfreut zu, ihm fällt aber nichts ein, worum es in dieser Serie gehen soll.

Er spricht mit George darüber, der ihm vorschlägt, einfach eine Serie über seinen Freundeskreis zu machen. Mit einer Figur wie ihm selbst, Elaine und Kramer (noch mehr Metaebene). Und in der Serie soll es einfach um gar nichts gehen, wie im echten Leben. “It’s a show about nothing!”)

Als die beiden dann bei NBC sind, den Sendungsverantwortlichen diese Idee pitchen und immer wieder gefragt werden, worum es denn jetzt wirklich gehen würde, bleibt George dabei. Es geht um nichts, es passiert nichts und er wird an diesem Konzept nichts ändern, das verstoßt gegen seine künstlerische Integrität.

Jerry sieht seine Chancen schwinden und ist sauer.

Er hält einen kleinen, sehr witzigen Monolog, in dem es auch um Wien geht, Jerry sagt zu George: “You know you really need some help. A regular psychiatrist couldn’t even help you. You need to go to like Vienna or something. You know what I mean? You need to get involved at the University level. Like where Freud studied and have all those people looking at you and checking up on you. That’s the kind of help you need. Not the once a week for eighty bucks. No. You need a team.”

Im Endeffekt wird dann doch ein Pilot über die “Show über nichts” gedreht, und das Casting der Darsteller ist sehr lustig. Außerdem wird auf die (damals tatsächliche) Kritik an Seinfeld selbst Bezug genommen, dass er, Jerry, der ja Stand Up Comedian ist, schlecht schauspielt. Da hat sich Jerry quasi selbst verarscht.

Obwohl ich mag das, ich mag Jerry und seine Art des “nicht-schauspielens”. Und je mehr Seasons vergehen (Seinfeld hat insgesamt neun) umso weniger versucht Jerry sein eigenes Amüsement über die Dialoge und seine Kollegen verborgen zu halten, er grinst wirklich sehr oft, und das finde ich total sympathisch. Später habe ich mal gelesen, dass viele der Meinung sind, dass die eigentliche Hauptperson der Serie George wäre. Auch eine Theorie.