Weitere mögliche Inhaltsspoiler!!!
Natürlich ist nichts wirklich lustig in diesem Film, es gibt aber Galgenhumor-Momente. Etwa einmal, als der Produzent, ein nicht mehr ganz junger Mann (Ben Chaplin), die deutschen Übersetzerin (Leonie Benesch) etwas paternalistisch Kaffee machen schickt. Genau in der Zeit, als sie weg ist, kommt eine Eilmeldung im Radio auf Deutsch. Daraufhin sagt der Chef vom Dienst (John Magaro): “Great, you just sent away the only person who understands German.” Das ist schon ein schöner Seitenhieb im Jahr 1972 auf die Rolle der Frau im Beruf, der sich so vielleicht oder auch nicht zugetragen hat.
Ein weiterer, sehr bitterer Seitenhieb betrifft die Organisation des olympischen Dorfes. Den Verantwortlichen wird vorgeworfen, dass sie “die heiteren Spielen” nur unzureichend sicherheitstechnisch betreut haben und insbesondere die israelische Mannschaft gar nicht speziell geschützt hätten. Die Rechtfertigung dafür lautet, es hätte komisch gewirkt, hätten mit Maschinengewehren bewaffnete Sicherheitskräfte vor den Schlafstätten der Israelis patroulliert – und damit an finstere Zeiten erinnert. Daraufhin der Produzent sinngemäß, super, dass euer deutsches Makeover wichtiger ist als die Sicherheit von Athleten. Was Deutschland tatsächlich als Folge der Geiselnahme und des (auch verständlichen) Versagens der örtlichen Polizei getan hat ist, ein Spezialeinsatzkommando (SEK) gegründet.
Daran war der damalige Innenminister Hans Dietrich Gentscher nicht unbeteiligt. Er war damals sogar persönlich ins olympische Dorf gegangen, um mit den Geiselnehmern zu verhandeln; schließlich bot er sich im Austausch für die Sportler selbst als Geisel an, was die Geiselnehmer aber ablehnten. Auch diese tatsächlichen Aufnahmen von den Gesprächen sind im Film zu sehen. Das ist schon ziemlich erschütternd.
Man kann natürlich darüber diskutieren, wie politisch oder unpolitisch dieser Film ist. In September 5 sagt der ABC Sports Präsident, verkörpert von Peter Sarsgaard einmal so auf die Art: Wir senden das jetzt einmal live und einordnen wird man das später. Ich wäre gespannt, ob das wirklich damals so gesagt wurde, denn das klingt eher nach der Handhabe der heutigen Zeit, in der alles eingeordnet, geframt und “Fakten gescheckt” werden muss. Tatsächlich beleuchtet aber auch der Film September 5 nur das Attentat und die Geschehnisse wie sie passieren. Es gibt keine “Beurteilung” in einem größeren Sinn.
Und ich weiß leider immer noch nicht, was mir an diesem Film gefehlt hat. Mir ist es bei She Said, dem Film über Harvey Weinstein ähnlich gegangen, der auch spannend und gut gespielt war. Aber bei All the President’s Men zum Beispiel nicht, den fand ich uneingeschränkt gut. Bitte es kann ja nicht nur an Robert Redford und Dustin Hoffman liegen, harhar.
September 5 wurde jedenfalls bei den Oscars gerade eben für das beste Originaldrehbuch nominiert.