Gestern war eine für diese Woche äußerst passende Frage bei Wer wird Millionär.
Wobei ich zugeben muss, dass ich nicht wusste, dass George Bernhard Shaw auch mal den Oscar gewonnen hat, ähm. Aber ich wusste von seinem Nobelpreis und ich wusste auch, dass Bob Dylan beides gewonnen hat. Der Tag, als Dylan den Literaturnobelpreis bekam, war einer dieser Tage, an denen mein Vater mal wieder den Untergang des Abendlandes ausrief. Mein Vater war zwar großer Musikfreund, hat mir aber schon im Kindergarten gesagt, ich solle warten, bis ich einmal lesen könne, dann würde ich eine ganz neue Welt kennenlernen. Insofern war ihm nicht klar, wieso “ein Sänger” den Literaturnobelpreis bekommt. harhar.
Ich gebe zu, ich bin kein Dylan Spezialist, ich kenne die meisten seiner berühmtesten Songs in den auch sehr berühmten Coverversionen. Aber ich liebe den Song Things Have Changed, den er im Jahr 2000 für den Film Wonder Boys geschrieben hat und selbst gesungen hat und für den er besagten Oscar erhielt. Dylan vertonte mit diesem Song die Gefühlswelt der Figur, die von Michael Douglas (in einer für ihn untypischen, sehr “uncoolen” Rolle) verkörpert worden ist. Ein unscheinbarer Mann in mittleren Jahren, ungekämmt, oft mit einem abgetragenen Bademantel bekleidet, in einer Art verspäteter Midlife Crisis, oder wie Dylan es ausdrückt: “A worried man with a worried mind.”
Dylan schafft es mit diesem Song, über den Ist-Zustand dieses Mannes ein echt faszinierndes Stimmungsbild zu schaffen, mit einem Text, der gleichzeitig bedrückend, aber auch ziemlich ironisch ist. Der Protagonist konstatiert: “People are crazy and times are strange” Aber auch: “I’m locked in tight, I’m out of range” Und, irgendwie resignativ: “I used to care but — things have changed.” Der Mann erwartet jeden Moment “all hell to break loose” und “if the bible is right, the world will explode”. Und eigentlich sollte er ganz woanders sein, nämlich in Hollywood. Und ganz nonchalant stellt er fest: “Lotta water under the bridge, lotta other stuff too. Don’t get up gentlemen, I’m only passing through”, was für diese Stadt gemeint sein wird, für das Leben in einer Gemeinschaft, aber auch als Hinweis darauf gedeutet werden kann, dass (s)ein Leben endlich ist.
Davor hat er allerdings noch ein paar doppeldeutige Lebensweisheiten wie: “Some things are too hot to touch” und “You can’t win with a losing hand.” Und er bekennt: “I hurt easy, I just don’t show it. You can hurt someone and not even know it” und mein Allerlieblingssatz: “All the truth in the world adds up to one big lie.” Der Satz löst soviel in mir aus, er regt so zum Nachdenken und interpretieren an, auch noch 25 Jahre später. Und was kann Lyrik mehr für Menschen tun?