almis personal blog

Wicked, good?

Ich bin gerade im Rückstand, was aktuelle Filme angeht, weil ich ziemlich viel Arbeit habe und sonst ist auch immer was, das mich vom Kino abhält. Nicht lachen, es schlägt mir langsam auf die Psyche, ich merke das. Wenn ich ins Kino gehe, auch wenn mir der Film dann gar nicht (so) gefällt, fühle ich mich automatisch besser.

Weil mir aber noch so viele Filme fehlen, die ich unbedingt sehen möchte, werde ich mir den zweiten Teil Wicked (for Good) ganz sicher erst nach Bugonia, Die my Love, Eddington, Franz K., In die Sonne schauen, Stiller usw ansehen. Und wenn ich mir die gerade aufpoppenden Reviews so durchlese, Kompliment Pia Reiser von fm4 für den Titel Nix los in Oz harhar, habe ich es damit nicht so eilig.

Ich wollte ja schon ersten Teil nicht unbedingt so dringend sehen. Mir war das alles irgendwie zu drüber, vor allem das Setdesign. Und Ariana Grande und Cynthia Erivo waren auf ihrer Tour für den Film auch immer ein bisschen sonderbar. Trotzdem muss ich sagen, dass mich der Film dann mehr mitgenommen und gerührt hat, als ich das erwartet habe. Und zwar ausdrücklich trotz des Setdesigns harhar, das ich nämlich tatsächlich immer noch recht schrecklich finde.

Der Comedian Grindig von Insta, mit dem ich ab und zu schreibe, harhar, hat gestern was über Wicked, Teil 1 erzählt. Nämlich: “Wie finden wir den Film? Kommt drauf an, wie finden wir Musicals allgemein, weil viel mehr Musical geht nicht”. True. Und Weiter: “Jedes Frame ist vollgestopft mit Details, es ist wirklich a lot – nachher brauchst einen Tschick.” Außerdem: “Das Design schaut aus als würde es auf einer Playstation 4 laufen, oder sagen wir Playstation 4 pro, aber mit der Sättigung ganz runtergedreht” harhar. “Ihr merkt, ich bin kein großer Fan vom Look des Filmes, von den Performances allerdings schon.” Grindig also voll meiner Meinung.

Und am Ende meint er: “Was ist dein Lieblingsmusical? Wenn deine Antwort Moulin Rouge ist, dann hast sicher einen Tschick für mich.”

Ich würde sagen, Moulin Rouge ist wahrscheinlich mein zweitliebstes Filmmusical. Mein liebstes (natürlich):

Die Tasche habe ich immer noch und hänge sehr an ihr

Ein Foto

Am Wochenende hat das Kind ein Foto von mir gemacht am Bahnhof Hetzendorf, es war dunkel und ich hatte meine “Schafsjacke” an. Wir hatten davor gut gegessen und auf dem Heimweg herumgeblödelt. Das Foto hat mir gefallen. Ich hatte das Gefühl, das bin wirklich ich auf dem Foto. Ich hab irgendwie jung und glücklich ausgesehen.

Die Hälfte vom Gesicht war zunächst komplett dunkel (wahrscheinlich deshalb der Eindruck harhar) und ich habe dem Kind gesagt, genau dafür brauchen wir KI, dass es den ganzen Schatten wegmacht. Letztendlich hab ich mich selbst damit herumgespielt, bis nur noch ein kleiner Schatten auf einem Teil des Gesichts lag, so als wäre mein Gesicht ein bisschen geteilt, in eine große helle Fläche und in eine kleine dunkle, und das finde ich passend. So fühle ich mich meistens. Immer nach dem Positiven suchend und nach einem Grund, mich zu freuen, aber trotzdem ist das Dunkel da, muss auch irgendwie sein, wahrscheinlich. Es ist vielleicht auch so, als wäre ich in einer Art Metamorphose, noch nicht dort, wo ich sein will, aber auch nicht mehr da, wo ich war. Ich teste es jetzt mal auf X.

Jemand sagte mir früher, perfekt ist, zehn Fehler am Tag zu machen, daran denke ich so oft. Insofern ist das Foto so perfekt wie es sein kann.

ESC Winner of the Winners

Wieder fordert uns Nerds Marco Schreuder, bzw. der Merci Cherie Podcast bzw. die OEAG Austria auf, bei einem Voting mitzutun. Diesmal geht es darum, die besten 10 ESC Sieger zu küren, die Winner of the Winners sozusagen.

Jetzt ist schon klar, dass nicht immer das Siegerlied der persönliche Favorit eines Jahres ist, dennoch sprechen wir hier von 69 Songs bzw. Interpreten, die zur Auswahl stehen. Wie soll man sich da entscheiden? Nach dem, was einem selbst am besten gefällt, auch wenns guilty pleasure ist? Oder soll man etwas wählen, was richtungsweisend für den ESC war und ist, Songs, die die meiste Resonanz gefunden haben, die den ESC am besten repräsentieren? Und was ist mit dem Regency Bias? Was mit dem eigenes-Heimatland Bias? Bewerten wir die Studioversion oder den Live-Auftritt? Und ist es ok, alle drei Siegertitel von Italien in die Wertung zu nehmen? Bei meinen “Hass”-Gewinnern würde ich mir jedenfalls sehr leicht tun, harhar.

Ich hab mir gestern den sogenannten Schnelldurchlauf angesehen, der immerhin auch fast 30 Minuten dauert, und da wurden mir zumindest ein paar Dinge bewusst. Es ist absolut richtig, was in Love Love Peace Peace – dem Intervall Act von 2016, bei dem beschrieben wird, wie man den ESC gewinnen kann – gesungen wird: “Nothing says winner like a violine.” Denn auch wenn man natürlich weiß, dass Alexander Rybak 2009 bei Fairytale eine Geige dabei hatte, es kam tatsächlich auch bei Dima Bilan mit Believe (für Russland, 2008), bei Secret Garden mit Nocturne (für Norwegen 1995, fast ein Instrumentalstück) und auch bei Eimear Quinn und The Voice (Irland 1997) vor.

Barfuß übrigens auch immer eine gute Idee! Das Trickkleid kann man ebenfalls mehrmals bei der Arbeit beobachten. Und bei Helena Paparizous My Number One (für Griechenland 1995) und den Lyrics “You’re my lover, undercover, you’re my secret passion, and I have no other” musste ich an den Tweet denken, in dem jemand schrieb, wenn man als Textdichter struggelt, sollte man dran denken, dass mit diesen Zeilen tatsächlich ein Wettbewerb gewonnen wurde, harhar.

Dann diese Songs, die gefühlt nur aus dem Refrain bestehen wie Making your mind up (Bucks Fizz 1981), Diggi-Loo Diggy-Ley (Herreys, Schweden 1984) oder La det swinge (Bobbysocks Norwegen 1985). Die Selbstgeiselungsballade Why me? (Linda Martin, Irland 1992) versus die Selbstermächtigungshymne Ne partez pas sans moi (Celine Dion Schweiz 1988), das “Überraschungsgenre” Rock Hard Rock Halleluja (Lordi, Finnland 2006) und Zitti e Buoni (Maneskin Italien 2021), die Wiederholungstäter Johnny Logan und Loreen…. und die ganz stillen Molitva (Marija Šerifović Serbien 2007) oder Amar pelos dois (Salvador Sobral Portugal 2017) – der kommt übrigens fix in meine Wertung, das weiß ich schon.

So, lange Rede, kurzer Sinn, das wird wieder anstrengend werden. Harhar. Wer mitvoten will, bis zum 10. Dezember hier.

Social Events

Diese Woche gab es auch zwei nette soziale Events.

Zunächst das Uncut post-Viennale treffen, wo wir quasi die Viennale nachbesprochen haben. Wir haben uns zu sechst im Equilibrum auf der Gumpendorferstraße getroffen, ein sehr gemütliches Cafe, in dem es sogar eine Bücherecke gibt. Wir haben Tee und Kaffee getrunken und zwei Stunden nonstop über Filme gesprochen, ich mein, wie super ist das.

Es wurden diverse Sachverhalte erörtert wie: Was waren eure Lieblingsfilme auf der Viennale? Konsens: Sentimental Value. Jemand meinte: “Ich hab den falschen William Dafoe Film geschaut.” Der Richtige war anscheinend die (kind of) Schnitzler Adaption Late Fame. Die Frage war auch: Ist Eddington wirklich ein “Covid Western”? Anscheinend nein. Was bedeutet, dass ich ihn mir wohl doch anschauen werde harhar. Oder: Wird Jay Kelly in den Kinos anlaufen? Eher nur auf Netflix und so weiter. Ich habe es echt genossen und ich habe zwei Menschen aus dem Team überhaupt erstmals persönlich kennengelernt.

Gestern war dann Ganslessen in einem Lokal beim Garten. Weil die Oma auch Geburtstag hatte, kamen außer dem Kind und mir zwei Freundinnen von ihr mit. Es war soo gut und auch wirklich sehr lustig. Es wurde über den Literaturnobelpreis gesprochen und viel übers Autofahren, anwesend zwei wenig Autofahr-affine Menschen, wozu ich mich auch zähle und zwei, die das Autofahren lieben, unter anderem das Kind, der seine praktische Prüfung nur noch schwer erwarten kann, harhar. Werde ich dann permanent in Angst leben, vor dem wilden Straßenverkehr? Das lässt mein Kind eh nicht zu, mit seiner pragmatischen Weltsicht.

Nach der Gans gabs noch Kaffee und Jause im Gartenhaus und die Freundin von Oma: “Also im Herbst ist eine Kleingarten-Anlage schon etwas tristes” und das Kind: “Ich mag es voll.” Harhar.

Heute musste er lernen und ich habe den ganzen Tag gearbeitet, war ruhig und gemütlich, ganz ohne Sonntagsblues, dafür mit ganz vielen, immer wiederkehrenden Gedanken an jemand. Ich mag es, wenn ich mich so ruhig fühle, genießen wir es, so lange es hält harhar.

Buch Wien, zwei

Apropos willkürlicher Ausschnitt der Leseproben. Also genau genommen war ich in erster Linie auf der Buch Wien, weil ich einmal Doris Knecht hören wollte, deren letzte beide Bücher mich wirklich sehr begeistert haben. Das allerletzte heißt Ja, Nein, Vielleicht und dreht sich um das Leben einer Frau von Mitte 50, Single, deren Kinder kürzlich ausgezogen sind und die mit ihrem Leben gerade sehr zufrieden ist und sich nun mit der Frage konfrontiert sieht, will sie jetzt – nach einigen Enttäuschungen – noch einmal so etwas wie eine feste Beziehung.

Ich mochte sehr vieles an diesem Buch, auch die Art und Weise wie Doris Knecht ihre Figur zwar “diese Sache” für sich entscheiden lässt, aber diese Entscheidung nicht als Ultima ratio betrachtet. Und ich fand den Ton, mit einer gewissen ironischen (aber nie zynischen oder bitteren) Note super. Knecht sagte gestern auf der Messe, sie habe bewusst einen Ton gewählt, der dem ihren Kolumen nicht ganz unähnlich ist. Überraschend war, dass, als sie dann aus dem Buch vorgelesen hatte, dieser Ton gar nicht so richtig getroffen wurde. Zumindest nicht so, wie ich es in meinem Kopf hatte.

Doris Knecht auf der ORF Bühne

Und ja apropos Leseprobe. Knecht hat sich als erstes für eine Passage entschieden, in der sie über einen Zahnarztbesuch schreibt und es war echt lustig zu beobachten, dass an dieser Stelle wirklich viele Leute aufgestanden und gegangen sind, harhar. Würde ich den Roman nicht kennen, würde ich mir auch denken, naja, ob ich das lesen will. Also war vielleicht nicht die allerbeste Stelle, aber wie gesagt, sonst ist das Buch sehr super.

Letztendlich sah ich noch Florian Illies, der sein neues Buch Wenn die Sonne untergeht über einen Sommer der Familie Mann in Sanary vorstellte. Sanary war eigentlich ein Urlaubsort, wo aber während des Aufenthalts klar wurde: die Manns können in diesem Jahr 1933 kaum mehr zurück nach Deutschland. Es war so interessant, was Illies über die Familie Mann mit ihren zahlreichen Dysfunktionalitäten, wie sie ja eh jede Familie auch hat, erzählte. Nachdem alle irgendwie (auch immer sich gegenseitig be-) schrieben, und man von Katia Mann (der Ehefrau von Thomas) aber nur quasi über die Texte der anderen hörte, wurde sie einmal gefragt, ob sie nicht auch ihre Sicht darstellen wolle und sie antwortete darauf: “Es muss in dieser Familie auch jemanden geben, der nicht schreibt.” Harhar, super Antwort.

Illies meinte, ihn interessiert die Gleichzeitigkeit, das normale Leben, das einerseits geführt wird oder geführt werden muss, während einem die eigene Vergangenheit und Heimat zu entgleiten droht.

Ein paar Worte noch generell zur Buch Wien: Ja, ich weiß auch nicht wie ich es mir vorgestellt habe, aber irgendwie haben mich viele der Stände ein bisschen enttäuscht. Die Auswahl an Büchern war jetzt nicht soo extrem groß, in Anbetracht dessen, dass ich schon auch mal eine Stunde in einer herkömmlichen Buchhandlung verbringen kann. Aber vielleicht kann eine Buchmesse eben auch nicht mehr leisten. Insofern ja, die “Events” interessant, der Rest eher mau. Den herkömmlichen Ticketpreis von 21 Euro (ohne Ermäßigung) finde ich schon eher hoch. Dafür gabs auch zu wenig “Giveaways” oder sonstige kleine Dinge, die man mit nachhause nehmen kann.

Ich bin trotzdem froh, dass ich es mir einmal angesehen habe.

Buch Wien, eins

Heute war ich also auf der Buch Wien (unbezahlte Werbung)

Mit Falter Abo kostet das 17 Euro für einen Tag. Hat es sich gelohnt? Ich würde sagen naja. Harhar. Hear me out.

Das Gelände der Buch Wien von außen

Ich habe vier teilweise sehr spannende Lesungen bzw. Gespräche verfolgt. Zuerst hörte ich eine wirklich interessante Runde zum Thema Maschinenräume – Hinter den Kulissen der Ringstraße. Es ging, wie der Name schon sagt, darum, was sich hinter den prächtigen Fassaden der Bauten an der Ringstraße verbirgt, nämlich viele technische Innovationen. Und wie sehr ein Gebäude eben nicht nur durch das geprägt ist, was von außen zu sehen ist, Stichwort Entkernung (ich musste an jemand denken, ach ihr wisst es eh). Spannend fand ich auch, dass Andreas Nierhaus meinte, das Buchprojekt habe ihm deshalb besonders gefallen, weil es quasi vom fotografischen Standpunkt ausging und nicht von technischen oder architektonischen Überlegungen.

Danach habe ich ein paar Fetzen von Oliver Nachtweys Präsentation seines Buches Zerstörungslust mitbekommen, wirklich gegen meine Absicht, ich wollte nämlich Politik in diesem Szenario vermeiden. Ich musste dann schnell weitergehen, bevor ich dem Drang, etwas zur Bühne hinauf zu schreien, nachgeben hätte müssen. Noch funktioniert die Impulskontrolle, harhar. Ich finde halt, dass man als Soziologe mit einem wissenschaftlichen Anspruch nicht Sachverhalte so stark verkürzt bringen sollte, dass man den Eindruck gewinnen könnte, hier wird eher eine Agenda verfolgt. Vor zwei Tagen erst ist btw der BBC Chef zurückgetreten.

Anschließend habe ich mich bei der Ö1 Bühne erholt, wo Antonia Löffler ihr Buch Hydra vorstellte. Wobei “erholt” ist gut, das Buch beginnt gleich mal mit einem Flugzeugabsturz und wer mich kennt weiß, das liebe ich ganz besonders. Diesen Absturz versäumt die Protagonistin im wahrsten Sinn des Wortes allerdings und wenn man so “Final Destination”-like damit konfrontiert wird, eine zweite Chance bekommen zu haben, dann beginnt man mitunter nachzudenken, über das eigene Leben und wo man steht, sowie, in diesem Fall, über die Familiengeschichte. Das klang recht interessant, die Leseprobe hat mich nicht komplett abgeholt, aber es ist eben doch ein willkürlicher Ausschnitt.

Hier wird für das Germanistikstudium geworben – der Andrang ist riesig harhar

Und lesen Sie in Kürze: Über Florian Ilies und sein Buch über die Familie Mann, sowie Doris Knecht Ja, Nein, Vielleicht und mein generelles Fazit über die Buch Wien. Es lohnt sich! Harhar.

After the Hunt

So, nun das was sich Regisseur Luca Guadagnino über Wokeness denkt – mein Review für Uncut habe ich übrigens “Versuchsanordnung mit Plädoyer gegen die Deutungshoheit” genannt. Hübsch, gell? harhar. Genauso verkopft ist der Film, mit dem Höhepunkt einer kleinen Philosophieeinheit in Yale, die sehr viel Konzentration erfordert.

Es geht um Alma (Julia Roberts) eine Philosophie Professorin in (eben) Yale, verheiratet mit Frederik (der immer wunderbare Michael Stuhlbarg). Eines Abends findet in deren Wohnung eine Art Institutsfeier statt. Anwesend sind die Adoranten von Alma, der junge Professor und ihr bester Freund Hank (Andrew Garfield) und ihre Lieblingsstudentin Maggie (Ayo Edebiri). Hank und Maggie verlassen die Feier gemeinsam, am nächsten Tag wendet sich Maggie verzweifelt an Alma: Hank habe sie am Vorabend vergewaltigt und sie, Alma, solle sie nun unterstützen und sich klar an ihre Seite stellen…

SPOILER MÖGLICH

Guadagnino ist sich sehr bewusst, was er hier macht. Er zeigt uns zwei Protagonisten mit allen erwartbaren Klischees: Maggie als schwarze Frau in einer Beziehung mit einer nonbinären Person. Sie ist aus reicher Familie und trägt ein Septum Piercing. Ihr gegenüber Hank, ein (noch nicht sehr alter) weißer Mann, von einer enervierenden Jovialität, immer etwas zu laut, immer etwas zu sehr von sich eingenommen, manchmal Grenzen überschreitend. Wir haben alle Vorurteile gegen beide sofort im Kopf. Wie beide auftreten, erzeugt eine gewisse Skepsis.. Und nun sagt Guadagnino quasi zu uns, und nun: Wem glaubst du? Und ich denke, er hat dabei sehr viel Spaß Harhar.

Prinzipiell geht es hier um den gesamtgesellschaften Zwang unserer Tage, sich jederzeit zu allem positionieren zu müssen, egal ob man dazu überhaupt in der Lage ist oder nicht. Ein Zwang, sich auf die “richtige” Seite zu stellen, so als wäre immer alles glasklar und die Welt schwarz und weiß. Dieser Film denkt die Diskurse und Gegendiskurse immer schon mit, er positioniert sich aber nicht. Wahrscheinlich ist er deshalb “umstritten”. Alma versucht sich abzugrenzen, denn sie weiß ja tatsächlich nicht, was wirklich vorgefallen ist. Aber ihre eigene Vergangenheit kommt dazwischen und auch Frederik, der sie süffisant darauf hinweist, dass sie sich immer nur mit Menschen umgibt, die sie verehren und deswegen einen neutralen Blick, wie er für eine Professorin ihres Ranges beruflich notwendig sein würde, schon lange verloren hat.

Ich bin ein Guadagnino Fan! Ich liebe Call me by Your Name, er ist soo poetisch und wunderschön. Ich liebe auch Challengers, obwohl ganz anders, höchst temporeich und unterhaltsam. Ich schätze seinen artsy Zugang bei I am Love und Queer. Und ich mag hier in diesem Film seine Renitenz, harhar und auch die Schauspieler.

Zum Beispiel Michael Stuhlbarg, der viel berühmter sein sollte als er ist, und hier zeigen kann, dass er nicht nur die warmherzige Vaterfigur sein kann – ich mein, wie sehr haben wir seinen einfühlsamen Monolog in Call me by Your Name gefeiert? – sondern auch jemand, der seinen scharfen Verstand auch mal für leicht sadistische Spielchen einsetzt. Stuhlbarg erinnert mich auch (sogar ein bisschen äußerlich) so sehr an jemanden, dessen Gesellschaft ich einige Jahre genießen konnte, er war genauso lustig und warmherzig. Und ja, auch deswegen freue ich mich immer, wenn er in einem Film auftaucht.

Woke ist over, zwei

Noch etwas zum Thema Woke ist over. Vielleicht wird das ja eine wiederkehrende Rubrik harhar.

Kürzlich in meiner Timeline, immer wieder dasselbe Foto:

Da weiß man schon ok, hier ist etwas im Gange, harhar. In diesem Fall handelte es sich ein Interview mit der GQ Journalistin Katherin Stoeffel mit der Schauspielerin Sydney Sweeney. Sweeney ist die, die im Sommer diese “Sydney Sweeny has good Jeans” Werbung gemacht hat. Was zu einem der blöderen Diskurse in einer Zeit der eh schon extrem blöden Diskurse geführt hat. Denn man hat der Firma bzw. Sweeney vorgeworfen, sie stelle ihre weißen Gene (Jeans=Genes) (!??) über andere, die Werbung wäre also rassistisch.

Also zum einen steht nirgends, sie hätte die besten Gene überhaupt, genau genommen steht überhaupt nichts über Gene; und ich habe, zum zweiten, persönlich bei guten Genen noch nie an Abstammung oder gar Hautfarbe gedacht, sondern meistens an Gesundheit und/oder gutes Aussehen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass auch schon über die guten Gene von jemandem wie Georg Clooney gesprochen wurde. Aber man sollte da gar nicht zu argumentieren beginnen.

Bei diesem Interview jedenfalls brachte Stoeffel “unauffällig” das Thema Jeans auf und meinte dann, bezogen auf die Werbekampagne, die sie selbst ins Spiel gebracht hat, zu Sweeney: “Since you were talking about this, I want to give you the opportunity to talk about that specifically”. Darauf antwortete Sweeney:”I think that when I have an issue that I want to speak about, people will hear.”

Wow, das ist so Badass. You go girl!!

Gut, war eh klar, dass jemand, der ohne Bh auf roten Teppichen auftaucht, ein zufriedenstellendes Selbstbewusstsein haben muss harhar. Da kann ich noch viel lernen. Aber das merke ich mir, wenn mir jemand in Zukunft eine süffisante, selbstgerechte Frage stellt, die mich abfuckt. Genau das werde ich dann sagen: “I think that when I have an issue that I want to speak about, people will hear.”

harharhar.

Herausforderungen

Mit fast 50 Jahren hat man ja eh irgendwie schon mal alle Gefühle durchlebt, so denkt man.

Aber es gibt Momente, wo doch etwas passiert oder auftritt, was man so noch nicht kennt, ein bisschen “Fühlen aus zweiter Hand”, das einen aber wieder auf die eigenen, noch nicht vollständig geheilten Wunden aufmerksam macht. Wenn man jemand anderem “beistehen” will und dann merkt, man hat selber gar keine zufriedenstellenden Antworten. Und es tut alles ein bisschen weh, für jemand anderen und auch einem selbst.

Dennoch sind am Wochenende auch gute Dinge passiert, ich suche ja immer danach, nach den guten Dingen. Wir sind am Samstag am späteren Nachmittag mit dem Auto (to be) vom Kind auf den Kahlenberg gefahren. Es war ein schönes Herbstlicht…

Novemberlicht, Foto vom Kind gemacht

Wir haben oben einen Kaffee getrunken und das Auto näher angeschaut. Dann waren wir Abend essen in einer gemütlichen und guten Pizzeria in Klosterneuburg und haben anschließend das irrsinnig unbefriedigende F1 Quali (aus unser Sicht) geschaut.

Als dann alle außer dem Kind weg waren, wollte ich noch was arbeiten, bin aber doch am Sofa liegen geblieben, ich war einfach zu erschöpft. Ich wollte auch keinen Film, wo ich irrsinnig “invested” bin, sondern einen, den ich vielleicht aus Oscar Gesichtspunkten schauen sollte.

Jedenfalls wars Frankenstein von Guillermo del Toro. Del Toro interessiert sich grundsätzlich nicht für die Gegenwart oder irgendeine Form von heutiger Psychologie, sondern arbeitet immer mit fantastischen und archaischen Tropen (Blut und Boden, Hinrichtungen am Hauptplatz, Halbwesen usw harhar) und ungelenkem Overacting. Das ist so ungefähr das Gegenteil von dem, was ich am Kino mag oder suche. Und deshalb hat Frankenstein für mich auch nicht funktioniert, ich glaube, das ist so ein Film, den man entweder für ein Meisterwerk hält oder mit dem man gar nicht connecten kann.

Heute habe ich gearbeitet, bessere Gespräche geführt bzw. auch bessere Denkanstöße geben können, ein viel besseres F1 Rennen gesehen und letztendlich kann ich jetzt wieder ruhiger an jemanden denken, um mein Wochenende abzuschließen.