almis personal blog

20 Jahre SatC, zwei

Aja ich wollte noch schreiben, warum ich Mr. Big heute nicht mehr für den idealen Mann für Carrie (oder sonst wen) halte.

Damals dachte man sich ja, gut Big ist schwierig und nicht empathisch und egozentrisch, aber das muss halt so, er ist halt ein “echter Mann”. Und es ist ok, immer darum betteln zu müssen, anerkannt und von ihm “gesehen” und wertgeschätzt zu werden. Das macht diese Liebe doch aus, das ist spannend und überraschend.

Tatsächlich ist es destruktiv und demütigend, sich wie Carrie sagen zu lassen, dass sie einfach zu kompliziert für ihn ist, sorry Darling tut mir leid, masculinity so fragile – und dann heiratet Big eine andere und vögelt Carrie trotzdem “nebenbei”, ich mein, was für ein A.. loch eigentlich! Keine Ahnung, warum wir alle so verblendet waren, ihn für den Supertyp schlechthin zu halten.

Ok, es waren die Nullerjahre und wir waren alle noch nicht 30. Jetzt sind wir 40 plus und sehen das ganz anders. Oder?

P.S. Aber Aiden ist auch nicht die Lösung. Fix nicht!

July so far

Jetzt ist die WM auch vorbei, von der ich nur zwei bis drei Halbzeiten gesehen habe, darunter auch Teile des gestrigen Finales, das ja durchaus spannend und erstaunlich torreich war.

Mein Lieblings-WM Moment war trotzdem der als wir – im Urlaub in Bibione – im Hotelzimmer die zweite Halbzeit England gegen Kroatien gesehen haben. Mit logischerweise italienischem Live Kommentar. Und das Kind so: “Dreh den Fernseher lauter, ich versteh nichts.” Harhar.

Am Rückweg über Südtirol hab ich dann erfahren, dass Christine Nöstlinger gestorben ist. Und obwohl das nicht so extrem überraschend kam, war ich betroffen. Denn sie war meine absolute Lieblingsautorin als ich eine Teenagerin war. Und mein Kind war auch betroffen, weil ich ihm schon ziemlich viel von ihr vorgelesen habe. Und das ist eine wirklich Kunst, finde ich, gerade im Kinder/Jugendbuchbereich, dass man Bücher schreibt, die über Generationen “funktionieren”, die total vorteilhaft altern, auch wenn niemand mehr Festnetztelefone benutzt, in Schilling zahlt und der amerikanische Präsident schon lange nicht mehr Ronald Reagan heißt.

Meine Lieblingsbücher von Christine Nöstlinger war die Gretchen Sackmaier Trilogie Gretchen Sackmeier, Gretchen hat Hänschen Kummer und Gretchen, mein Mädchen. Zu schön war die Geschichte über die pummelige Außenseiterin Gretchen, ihre Familienprobleme und die Liebesgeschichte mit Hinzel – versus Florian, wobei ich niemanden kenne, der #teamflorian war, denn ihm war Gretchen immer peinlich, weil sie keine Modellfigur hatte. Als (pummelige) ca. 13-jährige kam ich durch die Bücher auch erstmals mit mir ganz unbekannten Begriffen in Berührung, denn der Hinzel wollte nicht, so wie der Florian, nur mit Gretchen ins Bett, sondern mehr und galt deshalb bei den anderen Jugendlichen als “impotent”. Dabei war er nur nett und warmherzig und die Herzen der LeserInnen flogen ihm deshalb wie selbstverständlich zu.

Das war überhaupt das schöne an den Büchern von der Nöstlinger. Sie waren unkonventionell, ohne dass das bemüht erschien. Man hatte als LeserIn nicht das Gefühl, dass sich Nöstlinger irgendwie verbiegen wollte oder für irgendeinen Lesergeschmack schrieb. Ihre Bücher waren eigenwillig und unverblümt, auch wenn es um Sex ging. Da gab es verschiedene Abstufungen an Direktheit, ich glaub, das “ärgste” Buch war diesbezüglich Pfui Spinne (knapp gefolgt von Stundenplan) – und natürlich war man darauf neugierig, in diesem Alter. Ich besaß dieses Buch mal, finde es aber leider nicht mehr. Harhar.

Außerdem waren die Bücher sprachlich oft total pointiert und witzig formuliert, und, auch sehr wichtig, tröstlich. Denn die Heldenbeschreibung war ihre Sache natürlich nicht, Nöstlingers Figuren waren immer fehlbar, sehr menschlich, Antihelden quasi, die auch nicht wissen, wo es langgeht, und trotzdem oder gerade deshalb als Vorbilder taugen. Als Vorbilder in Sachen “sei wie du bist.”

Inside Out

Jetzt – in den letzten Schultagen der Volksschule – tritt etwas ein, was ich nie für möglich gehalten hätte, was ich auf keine Fall gutheißen kann und daher vehement bekämpfe: ich werde tatsächlich sentimental. Das sind diese ganzen Abschlußveranstaltungen und Abschiedsgeschenke und diese ganzen Auf-Wiedersehen Gespräche – und so richtig Sommer, der einen ablenken würde, ist auch grade nicht.

Das Gefühl der Sentimentalität mag ich gar nicht. Es ist hat so was von halbkrank an einem verregnetem Sonntagnachmittag bei Tee mit Honig und Milch – ich hasse Honig und Milch im Tee, meine Eltern haben nur einmal probiert, mir das Zeug einzuflößen, da war ich ungefähr fünf und ich hab mich fast übergeben. So ein Gefühl von allgemeiner Tristesse und Weinerlichkeit, mit einem Hauch Selbstmitleid und Weltschmerz – ich lehne das ab! Und ich kenne das auch kaum von mir.

Als ich selbst die Schule verlassen habe, und manchen tatsächlich die Tränen runter getropft sind und sie so getan als wäre ihr Leben zu Ende, hab ich nur gedacht: Endlich vorbei, endlich frei und ohne einen Blick zurück bin ich aus der Schule gestapft. Als ich von daheim ausgezogen bin, und die letzten Sachen in mein Auto gepackt habe und auch genau gewusst habe, das sind jetzt die letzten Dinge und das ist jetzt wirklich die letzte Fahrt, da war nur Aufbruchstimmung und “auf und davon”, nichts anderes. Auch mit dem Kind hatte ich bisher niemals das Gefühl, wie manche andere Mutter, ah herrje mein Kind wird groß, jetzt kann er schon gehen, jetzt kommt er in den Kindergarten, jetzt wird er selbstständig – zum einen bin ich froh drüber, immer weniger gebraucht zu werden, zum anderen hängt das Kind auch nicht über Gebühr an mir und hat das auch nie getan, er hat mich da vermutlich auch etwas erzogen, wenn man so will.

Die letzten Monate waren insgesamt aufwühlend mich, von Abschieden und Neuanfängen in verschiedenen Bereichen gekennzeichnet – das war schön und aufregend und auch manchmal herausfordernd. Weil man auch so viel nachdenken und sich neu sortieren muss, zumindest ich muss das tun. Wahrscheinlich bin ich deshalb gerade nicht ganz so widerstandsfähig gegen diesen Anflug von Sentiment.

Dabei möchte ich das tun, was ich immer getan habe: das Neue begrüßen, aus vollem Herzen, offen und neugierig auf einen neuen Lebensabschnitt zugehen, weil jetzt die Zeit reif dafür – und nicht zurückschauen…oder nur ganz kurz.

Carpool – Nachtrag

Die meisten Beatles-Songs wurden ja von Paul Mc Cartney und John Lennon in Kollaboration verfasst, zumindest offiziell. Daher weiß man nie, wer genau hinter welchem Song steckt. Für ihre Musik ziemlich gelobt, wurden die beiden für ihre (flachen) Texte oft kritisiert, zum Beispiel von meiner Musiklehrerin im Gymnasium. Harhar.

Etwas im Schatten der beiden stand bekanntlich George Harrison, auch wenn ich finde, dass er ebenfalls einige total schöne Songs geschrieben hat, wie beispielsweise My sweet Lord, sehr spirituell, aber nicht auf eine bestimmte Religion bezogen – Hallelujah steht hier neben Hare Krishna.

Oder Something, ein etwas anderes Liebeslied, wie ich finde, das nicht von ewiger Liebe bis zum letzten Tag erzählt, sondern auch von Zweifel, vom nicht wissen können, davon einfach ehrlich zu sein, und nicht irgendwas daher zu faseln, was der andere vielleicht gerne hören würde:

You’re asking me will my love grow.

I don’t know, I don’t know.

You stick around and it may show

I don’t know.

Harrison schrieb auch While my guitar gently weeps – einen Song, den ich zuerst in der Version von Jeff Healey kennenlernte. Hier sind die Lyrics ebenfalls recht rätselhaft, wenn sie sich auch teilweise hinter Banalitäten a la “Jemand müsste mal wieder den Boden aufwischen” verstecken. Den Song kann man echt endlos oft hintereinander hören, weil er so etwas meditatives hat.

Carpool Karaoke

Boah, so eine lange Blogpause hab ich noch nie gehabt, glaube ich.

Grund: Sehr viel Arbeit, einige Emotionen (Volksschulabschluß), sehr viel to do’s – Juni ist der zweite Dezember, was die Happenings betrifft. Und man hat noch soviel zu erledigen, wofür in 9 Wochen Schulferien sicher keine Zeit sein wird…

Und dann ging gestern die neue Ausgabe von James Cordon Carpool Karaoke viral. Und zwar so richtig. Und ich machte eine Pause und sah es mir an. Cordon war in Liverpool und hat dort Paul Mc Cartney getroffen und das war richtig großartig. Paul McCartney war sehr sympathisch und locker und gut aufgelegt.

Seitdem hab ich übrigens einen Penny Lane Ohrwurm, Cordon fährt nämlich mit McCartney durch besagte Straße und sie besuchen den Friseursalon, von dem in dem Song die Rede ist. Mit dem Mann, der dort Haare schneiden geht, aber nie einen Regenmantel trägt, wenn es regnet. Ich glaube, Penny Lane ist eines meiner Lieblingslieder von den Beatles. Neben Hey Jude natürlich – was Mc Cartney in einem Pub zur Überraschung der ahnunglosen Gäste – live performt. Übrigens ist Hey Jude auch der Introsong von den Royal Tenenbaums, einer der besten Filmanfänge überhaupt.

Auch mein allerallerliebster Beatles Song A day in the life kommt in der Carpool Ausgabe ganz kurz vor. Der ist so schön schräg und abgedreht, es geht unter anderem um die die Anzahl der Löcher in Blackburn, Lancashire. Die englische Regierung gab nämlich ziemlich viel Geld dafür aus, die Löcher in der Straße zählen zu lassen – John Lennon fand das sehr absurd, man hätte das Geld lieber zur Instandsetzung der Straßen verwenden sollen:

I read the news today, oh boy
Four thousand holes in Blackburn, Lancashire
And though the holes were rather small
They had to count them all
Now they know how many holes it takes to fill the Albert Hall

Na jedenfalls ist diese Carpool Ausgabe echt sowas von lebensfroh und positiv und macht so gute Laune, schön!

20 Jahre SatC, eins

Vor 20 Jahren hatte die schon ziemlich revolutionäre Serie Sex and the City seine Premiere in den USA. Zu uns nach Österreich kam sie erst einige Zeit später, wenn ich mich richtig erinnere. Aber revolutionär war sie hier auch.

Ich erinnere mich daran, dass sie bei uns jeden Dienstag lief, am späteren Abend, nach meiner Jazzgymanstikstunde und das war ein schönes Ritual, ganz ausgepowert heimzukommen und dann SatC zu sehen. Ungefähr zehn Jahre später hab ich die Serie nochmal großteils als Wiederholung gesehen, da hatte ich aber schon ein ganz anderes Leben, ein kleines Kind, einen komplett anderen Alltag und Sorgen,auch ein ganz anderes Mindset. Und wenn ich jetzt so daran zurückdenke, glaube ich, dass ich die Serie heute mit 40 plus Jahren wieder ganz anders rezipieren würde.

Damals war es teilweise echt erfrischend, zu sehen, was die Serie sich alles traut. Erstmal, dass da vier Hauptdarstellerinnen sind, was ja im Fernsehen relativ selten vorkommt. Die Männer in der Serie waren ja großteils austauschbar und traten oft nur 1, 2 Mal in Erscheinung, vor allem bevor die Damen alle mehr oder weniger fixe Freunde hatte. Die wiederkehrenden Männerrollen waren oft schwule Männer, was ja ebenso erstaunlich war, eine Serie, in deren Mittelpunkt also Frauen und Schwule standen.

Und dann, wie sich die Frauen unterhalten haben, so was hat man ja im Fernsehen noch niemals zuvor gesehen; heute versteht man gar nicht mehr so richtig, wie bahnbrechend das war, wenn sich die Damen beim Frühstücken im Lokal zum Beispiel darüber unterhalten haben, wie das Sperma der aktuellen Eroberung schmeckt. Schön war bei der Szene auch, wie die verschienden Charaktere der Freundinnen dabei so richtig zur Geltung kamen.

Samantha beschwert sich also darüber, dass das Sperma ihres aktuellen Lovers “widerlich” schmeckt, worauf Charlotte, die ja die –  sagen wir – Konservativste von allen war, aufsteht und wortlos das Lokal verlässt.

Darauf Miranda zu Carrie: “Und sie ward von Stunde an niemals wiedergesehen….”

Samantha: “Mit wem kann ich denn sonst über solche Dinge sprechen?”

Carrie: “Wenn ich vorschlagen dürfte: mit niemandem”

Samantha: “Hattet ihr das Problem auch schon mal?”

Miranda: “Nicht direkt, aber ich will auch zugeben dass ich die Eisdiele vorziehe, wenn es mir nur um den Geschmack geht.”

Für diese Dialoge haben wir die Serie geliebt. Sehr viele Frauen waren auch der Meinung, dass Mr. Big der beste Mann für Carrie war, auch ich sehr lange (vor allem, weil ich seinen größten Konkurrenten, Aiden, überhaupt nicht leiden konnte.) Aber heute bin ich mir nicht mehr sicher. Aber dazu ein anderes Mal.

Frühstücken…

Langsam könnte ich mich bei den Frühstückerinnen bewerben, ich war zwar schon ewig nicht mehr Abendessen, aber Frühstücken geh ich öfters mal.

Ein paar Impressionen davon – leider, wie immer, kein sponsored post (harhar, nein ich bin stolz darauf, dass ich mit diesem Blog kein Geld verdiene harhar)

Hidden Kitchen Park, da haben wir diverse Frühstücks bestellt und uns durchgekostet, zu sehen Elvis Porrigde, Ei Butterbrot und Grün-Frühstück und Bircher Müsli (vegan!)

Im Cafe der Provinz hab ich das steirische Frühstück bestellt, das heißt so, weil es mit Kernöl verziert ist, sieht doch echt super aus (und hat auch so geschmeckt)

Die Vollpension schließlich hat ein soziales Konzept, “Omas” zu beschäftigen, die sich neben der Pension noch etwas dazuverdienen wollen oder müssen. Ich hab dort das Onkel Eberhard Frühstück gegessen:

Wobei auch das Gerti Frühstück interessant gewesen wäre, da kriegt man eine Klatschzeitschrift dazu und bunten Nagellack. Jedenfalls ist in der Vollpension sehr viel Andrang, wenn man nicht Punkt neun dort ist, muss man sich um einen Platz anstellen…

All Aboard, fünf

Es ist schon erstaunlich, wie schnell es bisweilen geht, dass die Realität die Satire überholt.

2014 hat Österreich den Song Contest mit Conchita Wurst gewonnen und was haben wir uns alle gebrüstet weltoffen und tolerant zu sein. Ein paar Tage später wurden die Festwochen Plakate aufgehängt, auf denen nackte Menschen mit beiden Geschlechtsmerkmalen zu sehen waren, und schon waren wir wieder ganz die alten. Ich hab damals eh was dazu gebloggt.

2018 gewinnt die Israelin Netta den ESC mit einem Lied, in dem sie mit Männern hart ins Gericht geht, die sie aufgrund ihrer Figur und Andersartigkeit verachten. Und man denkt sich: ja eh, aber ist das wirklich noch so ein großes Thema, ich mein, wir schreiben 2018? Und ein paar Tage später die eindrucksvolle Antwort von Thomas Chorherr, 85-jähriger Ex Chefredakteur und Ex-Herausgeber der Presse. Ebendort setzt er einen Kommentar ab, der in seiner Gesamtheit etwas wirr und konstruiert erscheint – was hat der Wiener Stephansdom mit Nettas Sieg beim Song Contest zu tun, aber soll sein – im Detail aber vor allem eines ist: extrem bösartig und gemein. Wer sich den ganzen Text antun will, hier bitte.

Chorherr mag Netta und ihr Lied nicht, das ist selbstverständlich sein gutes Recht. Was aber nicht mehr geht im Jahr 2018, ist folgende Wortwahl, getarnt als “Meinung”:

“Sie war hässlich. Sie war dick. Sie war jenseits aller Ideen zuwider. Sie war abgrundtief schiach.”

Nein, nein, nein, einfach nur nein. Abgesehen davon, dass es extrem subjektiv ist was man schön findet, ist es kränkend und beleidigend und absolut letztklassig, eine Person so zu bewerten und zu beschreiben. Inhaltliche Kritik jederzeit. Aber das nein. Und nein, Netta hat es nicht verdient (wie manche meinen), weil sie selbst ja auch Männer basht. Netta hat einen Song geschrieben, sie hat sich künstlerisch ausgedrückt, nicht mit Samthandschuhen, nicht subtil, nein. Aber sie hat niemand persönlich beleidigt oder angegriffen; hier teilt sie übrigens ihr Schicksal ein bisschen mit Thomas Bernhard, dem man seine Rollenprosa auch bitter übel genommen hat und diese als Argument gesehen hat, ihn persönlich anzugreifen.

Dass Chorherr, quasi in einem Aufwaschen, sich auch darüber wundert, dass Österreich einen “Farbigen” zum ESC schickt, ist da sozusagen nur noch konsequent, in der Kategorie: jenseits von Gut und Böse.

Edition F. hat sich übrigens zur Causa auch so ihre Gedanken gemacht, und das hier sollte man wirklich lesen.

My Fair Lady, zwei

Jetzt hab ich mich eingehender mit der Film-Version des Musicals beschäftigt und das ist durchaus interessant. Wenn man sich überlegt, wie kultig der Film ist, ist es erstaunlich, wieviel “Pfusch” im Vorfeld und auch bei der Produktion passiert ist.

Es fängt damit an, dass Audrey Hepburn für viele als Fehlbesetzung galt, so etwa auch für “Higgins”. Hauptdarsteller Rex Harrison wollte eigentlich – wie in der Bühnenversion, in der er Erfolge feierte – mit Julie Andrews spielen, aber die war den Produzenten zu unbekannt für einen Film dieser (finanziellen) Größenordung. Harrison kritisierte, dass Eliza Doolittle ja aus der Gosse kam, und sich in Ballsälen wie ein kompletter Fremdkörper fühlen musste, aber: “Audrey has never spent a day in her life out of European ballrooms” Hepburn selbst war mit Julie Andrews befreundet und wollte ihr die Rolle nicht wegnehmen, erst als die Produzenten ihr sagten, dass Andrews auch nicht besetzt werden würde, wenn sie absagt, sondern sie dann Elisabeth Taylor fragen würden, stimmte sie zu.

Rex Harrison selber war übrigens auch nicht fix, er sähe zu alt für Hepburn aus, fanden die Produzenten. Stattdessen wurde die Rolle u.a. Cary Grant angeboten, der genaugenommen sogar noch vier Jahre älter ist. Grant meinte aber, seine natürliche Sprache käme eher der von Eliza gleich als der von Prof. Higgins. Er lehnte also ab und sagte außerdem, wenn jemand anderer als Rex Harrison die Rolle spielen würde, würde er sich nicht mal den Film ansehen.

Dann die Singerei: Harrison kann genaugenommen nicht wirklich singen, er sprechgesangt sich quasi durch den Film. Hepburn wiederum hat extra monatelanges Gesangstraining genommen, um dann im letzten Moment zu erfahren, dass jemand anders an ihrer Stelle den Großteil des Parts singen wird, und sie nur die Lippen bewegen soll. Was sie ziemlich gekränkt haben dürfte. Das Ganze kam schlecht an, weil noch die Kontroverse um die Nicht-Besetzung von Andrews in aller Munde war; letztendlich wurde Hepburn für diese Rolle auch nicht für den Oscar nominiert. Was schon ein Statement ist, da sowohl der Hauptdarsteller, als auch die Nebendarsteller (Elizas Vater übrigens der einzige unter den Hauptdarstellern, der tatsächlich selbst sang, Higgins Mutter) nominiert waren. Harrison hat schließlich den Oscar gewonnen und als er einmal gefragt wurde, wer seine Lieblingspartnerin überhaupt gewesen sei, antworte er mit “Audrey Hepburn in My Fair Lady”. Es wird vermutet, dass das nur britische Höflichkeit war (oder ganz perfide gedacht: Ironie)

Eines ist allerdings auch erstaunlich: Rex Harrison, der spätere Oscarpreisträger und quasi DER Higgins, bekam für seine Rolle damals 250.000 Dollar, während Hepburn 1 Million bekam. Das ist schon bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass heute die Frauen in Hollywood oft um gleiche Bezahlung wie die Männer kämpfen müssen, selbst wenn sie unangefochten die Hauptrolle spielen.

My Fair Lady

Am Wochenende hab ich mit meiner Mama My Fair Lady gesehen. Ich kenne das 60ziger Jahre Musical natürlich, aber es ist ewig her, dass ich es gesehen haben und eigentlich hab ich mich nur an die Szene mit “Es grünt so grünt” erinnern können.

Wenn man den Film mit 40 plus Lebensjahren sieht, ist natürlich einiges daran zum Haare raufen. Das Pygmalion-Motiv, auf dem dieser Musical-Film fußt, ist ja bekannt; Henry Higgins (Rex Harrison), ein Mann in den besten Jahren, Junggeselle und Sprachforscher, trifft zufällig die Blumenverkäuferin Eliza (Audrey Hepburn), quasi “aus der Gosse”, die auch so spricht und macht es sich, gemeinsam mit seinem Kumpel Pickering (auch Phonetiker), zum Ziel, ihr in sechs Monaten ein so perfektes Englisch zu verpassen, dass sie in der vornehmen englischen Gesellschaft als ihresgleichen akzeptiert wird.

Higgins, der ja eigentlich ein britischer Gentleman sein sollte, verhält sich zu Eliza teilweise extrem unhöflich und sogar misogyn. Seine Haushälterin fängt an, Eliza zu verteidigen und bei Pickerton meldet sich zumindest sowas wie ein väterlicher Schutzinstikt. Eliza selbst ist aber kein Opfer, im Laufe der Handlung gewinnt sie die Oberhand und am Ende “blattelt” sie Higgins natürlich auf – allerdings fragt man sich schon ein bisschen: was will sie eigentlich von ihm? Sie ist 21, er ist Mitte 50 und eigentlich ein arroganter Arsch; nur das einnehmende Wesen des Schauspielers Harrison bewahrt einen davor, ihn als Zuschauer komplett zu verachten.

Der Film ist aber als ganzes schon sehr interessant. Über weite Strecken eine relativ konservative Musical-Verfilmung seiner Zeit (1964), fällt die Szene in Ascot – wo Higgins, Pickering und Eliza das Pferderennen besuchen – komplett aus dem Rahmen.

Besonders der Teil, wo die Hauptfiguren noch nicht anwesend sind und die feine Gesellschaft dargestellt wird. Die Männer in grau, die Frauen in schwarz weiß, wie sie sich bewegen, ihr ganzes Auftreten ist spooky, so künstlich-überhöht, dass es mich mich spontan total an die Ästhetik von A Clockwork Orange (1971) von Stanley Kubrick erinnnert; ja das ist natürlich eine ganz andere Baustelle, das Kubrick Werk ist ziemlich brutal und voller Ambivalenzen, aber My Fair Lady ist, zumindest bei der Betrachtung der “oberen Zehntausend”, durchaus auch sehr gesellschaftskritisch…

Wenn man ein bisschen danach googelt, finden sich noch ein paar Verrückte, die ebenfalls Parallelen zwischen den beiden Filmen sehen, also bin ich zumindest nicht ganz alleine damit.