almis personal blog

ESC Winner of the Winners, zwei

Am Wochenende mit dem Kind über meine Top 10 ESC Gewinner diskutiert, darüber könnte ich ja stundenlang reden.

Das Kind outete seine Vorliebe für Heroes von Mans Zelmerlöw. Finde ich ok, aber kein Top 10 Material. Am meisten mag ich den Text, der hat irgendwie so was leicht abseitiges, wenn Mans von seinen inneren Dämonen singt – was mittlerweile ja auch ein bisschen traurige Aktualität in seinem tatsächlichen Leben erlangt hat – oder gleich am Anfang, wenn es heißt: “Don’t tell the gods I left a mess. I can’t undo what has been done. Let’s run for cover.” Das hat irgendwie etwas bedrohliches, aber auch interessantes.

Apropos bedrohlich, das führt direkt zu 1944, dem Siegersong der Urkraine von 2016, performt von Jamala. Dieser beginnt mit den Zeilen: “When strangers are coming, they come to your house, they kill you all, and say we’re not guilty” oder wie ein Freund damals meinte, ein richtiger Feelgood Song, harhar. Hier versagte jedenfalls die vielzitierte politische Neutralität des ESC auf ganzer Linie. Ich mag 1944 unter anderem deshalb überhaupt nicht, genausowenig wie die anderen beiden ukranischen Siegersongs. Was komisch ist, weil die Ukraine sonst oft wirklich sehr gute Songs geschickt hat. Aber Wild Dances von 2005 ist belanglos und das Kalush Orchestra mit Stefania? Don’t get me started.

UK und Irland sind mittlerweile hochgradige “Problemkandidaten” des ESC, was den Erfolg betrifft, eigentlich seit 1999 alle Nationen in englischer Sprache singen dürfen. Früher waren sie eine Bank. Irland hat in den 1990er Jahren viermal gewonnen, davon ein Hattrick, der letzte Sieg von UK war 1997 mit Katrina and the Waves, die gefühlt zwei Hits insgesamt hatten, Walking on Sunshine und eben Love Shine a Light, über den Grissemann damals meinte, “Jetzt kommt der Geheimtipp. Oder wie heißt das, wenn alle sagen, das wird Erster?” Harhar.

Es wurden auch Weltkarrieren mithilfe eines ESC Sieges gestartet, berühmtestes Beispiel natürlich ABBA Waterloo 1974), aber auch Celine Dion, 1987 für die Schweiz und zuletzt die italienische Rockband Maneskin (2021 mit Zitti e buoni) auf deren Konzert in der Stadthalle ich 2023 war. Dann gibt es aber auch die Beispiele von Siegern, von denen man nachher nie wieder hört. Duncan Laurence zum Beispiel, der 2019 mit Arcade gewonnen hat, war für mich immer so ein Michael Tschugnall von Starmania Moment. Tschugnall, der damals vor Christina Stürmer siegte, weil er uns an unsere Wunden erinnert hat. In dem einen Moment haben wir es alle gefühlt, wie auch bei Duncan, aber tatsächlich wäre der Zweite Mahmood vielleicht die nachhaltigere Wahl gewesen.

Gerne habe ich mich auch wieder an Aserbaidschans Running Scared von Ell & Nikki erinnert. Wir hatten damals eine ESC Party und ein Freund meinte, als die beiden ziemlich überzeugend performten, leider kommt Österreich in der Startreihenfolge genau danach, harhar. Und auch die “Männer in den Wechseljahren” (Grissemann), die Olsen Brothers mag ich mit Fly on the Wings of Love, auch wenn ich weiß, dass es ur schlagerig ist und generell ziemlich guilty pleasure.

Naja, wie ich gesagt habe, ich könnte ewig über den ESC reden, aber für heute reicht es dann auch.

ESC Winner of the Winners

Wieder fordert uns Nerds Marco Schreuder, bzw. der Merci Cherie Podcast bzw. die OEAG Austria auf, bei einem Voting mitzutun. Diesmal geht es darum, die besten 10 ESC Sieger zu küren, die Winner of the Winners sozusagen.

Jetzt ist schon klar, dass nicht immer das Siegerlied der persönliche Favorit eines Jahres ist, dennoch sprechen wir hier von 69 Songs bzw. Interpreten, die zur Auswahl stehen. Wie soll man sich da entscheiden? Nach dem, was einem selbst am besten gefällt, auch wenns guilty pleasure ist? Oder soll man etwas wählen, was richtungsweisend für den ESC war und ist, Songs, die die meiste Resonanz gefunden haben, die den ESC am besten repräsentieren? Und was ist mit dem Regency Bias? Was mit dem eigenes-Heimatland Bias? Bewerten wir die Studioversion oder den Live-Auftritt? Und ist es ok, alle drei Siegertitel von Italien in die Wertung zu nehmen? Bei meinen “Hass”-Gewinnern würde ich mir jedenfalls sehr leicht tun, harhar.

Ich hab mir gestern den sogenannten Schnelldurchlauf angesehen, der immerhin auch fast 30 Minuten dauert, und da wurden mir zumindest ein paar Dinge bewusst. Es ist absolut richtig, was in Love Love Peace Peace – dem Intervall Act von 2016, bei dem beschrieben wird, wie man den ESC gewinnen kann – gesungen wird: “Nothing says winner like a violine.” Denn auch wenn man natürlich weiß, dass Alexander Rybak 2009 bei Fairytale eine Geige dabei hatte, es kam tatsächlich auch bei Dima Bilan mit Believe (für Russland, 2008), bei Secret Garden mit Nocturne (für Norwegen 1995, fast ein Instrumentalstück) und auch bei Eimear Quinn und The Voice (Irland 1997) vor.

Barfuß übrigens auch immer eine gute Idee! Das Trickkleid kann man ebenfalls mehrmals bei der Arbeit beobachten. Und bei Helena Paparizous My Number One (für Griechenland 1995) und den Lyrics “You’re my lover, undercover, you’re my secret passion, and I have no other” musste ich an den Tweet denken, in dem jemand schrieb, wenn man als Textdichter struggelt, sollte man dran denken, dass mit diesen Zeilen tatsächlich ein Wettbewerb gewonnen wurde, harhar.

Dann diese Songs, die gefühlt nur aus dem Refrain bestehen wie Making your mind up (Bucks Fizz 1981), Diggi-Loo Diggy-Ley (Herreys, Schweden 1984) oder La det swinge (Bobbysocks Norwegen 1985). Die Selbstgeiselungsballade Why me? (Linda Martin, Irland 1992) versus die Selbstermächtigungshymne Ne partez pas sans moi (Celine Dion Schweiz 1988), das “Überraschungsgenre” Rock Hard Rock Halleluja (Lordi, Finnland 2006) und Zitti e Buoni (Maneskin Italien 2021), die Wiederholungstäter Johnny Logan und Loreen…. und die ganz stillen Molitva (Marija Šerifović Serbien 2007) oder Amar pelos dois (Salvador Sobral Portugal 2017) – der kommt übrigens fix in meine Wertung, das weiß ich schon.

So, lange Rede, kurzer Sinn, das wird wieder anstrengend werden. Harhar. Wer mitvoten will, bis zum 10. Dezember hier.

ESC Rückkehrer und Vorentscheide

Die neue ESC Saison steht jetzt nicht direkt vor der Tür, trotzdem werden gerade ein paar Entscheidungen getroffen und drei betreffen Länder, die 2026 zurückkehren. Eh gut, weil so viele andere gehen wollen, harhar (bitteres Lachen).

Rumänien, Bulgarien und Moldawien sind zurück, das freut mich. Besonders Bulgarien hat in den letzten Jahren erstaunlich interessante Beiträge beigesteuert, wenn man jetzt von der allerletzten Teilnahme absehen, wo eine Band namens “Intelligent Music Project” angetreten ist und so sollte man sich eher nie nennen, wenn man nicht wirklich sehr intelligente Musik macht – das Publikum konnte sich dieser Eigendefinition jedenfalls nicht anschließen.

Doch davor gab es mit Poli Genowa einen echten Fan Favorit, eine kleine ESC Ikone, die auch beim breiten Publikum ankam (4. Platz) und Kristian Kostov wurde im ziemlich starken Jahrgang 2017 sogar Zweiter mit Beautiful Mess (gewissermaßen ein Oxymoron) Bei beiden Songs hatte übrigens Cesar Sampon die Finger mit im Spiel, als Teil des Produzentteams Symphonix, die eine zeitlang für viele ESC Songs verantwortlich waren. Ich bin neugierig, ob Bulgarien mit ihnen zurückkehren wird.

Interessant ist auch, wer bei der estnischen Vorentscheidung, dem Eesti Laul mitmacht. Ich kenne jetzt die estnische Musikszene nicht so gut bzw überhaupt nicht harhar, aber zwei bzw drei ESC-Acts kehren zurück. Zum einen einmal Geeter Jaanni, die 2011 beim ESC war, sogar zum erweiteren Favoritenkreis zählte und deren Song Rockefeller Street sehr außergewöhnlich war, ist auch immer noch auf meiner Playliste. Trotzdem wurde sie im Endeffekt Vorletzte, weil der Song auf der Bühne irgendwie nicht so cool wirkte, wie in der Studioversion.

Und dann treten nächstes Jahr auch noch Victor Crone und Stieg Rästa gemeinsam an. Wer waren die schnell? Also Stieg Rästa hat mit Elina Born 2015 Goodbye to Yesterday gesungen, eines meiner all time ESC Lieblingslieder und er hat für Victor Crone 2019 Storm geschrieben, der, sag ich mal, nicht ganz so gut ankam. Im Songcheck hieß es damals unter anderem “IDM mit Country Anleihen, da kriege ich immer so eine Kreuzallergie” und “Der Sturm ist relativ lau”, sowie, “Er bringt halt irgendwelche Floskeln zur stürmischen See” harhar.

Leider ist auch 2026 etwas Country-mäßiges zu befürchten, denn Rästa, der eher nicht wie ein Cowboy aussieht und Crone (der schon eher) nennen sich “Stockholm Cowboys” (warum jetzt Stockholm?) und ihr Song heißt Last Man Standing, ja und jetzt weiß ich auch nicht. Kann sich wer erinnern, dass ein Country Song beim ESC mal gut ankam…? Ja ok, die Common Linnets wurden 2014 Zweite harhar, übrigens hinter Österreich. Aber vielleicht ist doch alles ganz anders, lassen wir uns überraschen.

Neues vom ESC

Mir sind heute schon ein paar Tränen über die Wangen gelaufen. Ich fühl mich gerade eh nicht so stark und heute war ein bewegender Tag.

Abgesehen von den guten Neuigkeiten wurde bekanntgegeben, dass die geplante Abstimmung über den Verbleib Israels als Teilnehmerland beim ESC abgesagt worden ist. Ich weiß schon, das ist nicht die allerwichtigste Meldung am Tag des (hoffentlich nachhaltigen) Friedens im Nahen Osten. Aber ich bin trotzdem froh darüber, weil ich diese Abstimmung ohnehin extrem beschissen unklug gefunden habe. Man würde jetzt im Dezember die neue Lage diskutieren, heißt es.

Ich weiß nicht, was man da diskutieren will. Es ist eh kein Geheimnis, dass ich persönlich generell gegen irgendwelche Ausschlüsse von Ländern bin. Ich war übrigens auch bei Russland dagegen, eine Einschätzung, mit der ich ziemlich sicher zu einer Minderheit gehöre, aber das ist mir erstens wurscht (harhar), zweitens bin ich immer dafür, an den Slogan United by Music zu denken, der ja mehr sein soll als nur eine abgegriffene Floskel, oder nicht?

Es soll ja genau um die Kunst gehen, die verbindet, abgekoppelt von der Politik. Bei Armenien und Aserbaidschan hat es im übrigen auch keinen interessiert, die jahrelang miteinander im Krieg waren und trotzdem Jahr für Jahre beide (!) am Songcontest teilgenommen haben. Wenn wir nun anfangen Länder auszuschließen, aus welchen Gründen auch immer, dann entsteht ein Dominofeffekt und wir diskutieren bei jeder Eskalation. Da wird es immer irgendwen geben, der ein Land aus den verschiedensten Gründen rauskicken will, andere Länder nehmen dann aus Protest dagegen nicht teil, etcetera. Und um Musik geht es überhaupt nicht mehr.

Und dann können wir (und das sage ich, obwohl mir der ESC sehr wichtig ist) den Bewerb gleich begraben. Dann sind wir gescheitert.

ESC: Das neue Logo

So, Wien wird also Austragungsort vom ESC nächstes Jahr. Was für ein Schocker. Harhar.

Viel mehr Aufsehen hat das neue ESC Logo erregt. Warum eigentlich ein neues Logo, das alte war doch völlig in Ordnung finde ich. Es gibt auch schon eine Petition dagegen. Ich mein, nicht, dass es lebenswichtig wäre… Ein paar Fanstimmen über das Logo, die ich gelesen habe:

Ist schon der erste April?

Das ist Martin Österdahls Rache an uns allen 1. (harhar)

Ich möchte es mögen, kann mich aber nicht dazu durchdringen2.

Da kommt gepflegtes Comic Sans Feeling auf.

Mich persönlich erinnert das Logo an den ikonischen Intervall Act von 2016, den Song Love Love Peace Peace. Dieser sehr amüsante Song, den ESC Sieger Mans Zelmerlöw und die schwedische Komikerin Petra Mede performt haben, handelt davon, wie das geht, das perfekte ESC Gewinnerlied zu schreiben. Nämlich eben zum Beispiel über Love und/oder Peace zu singen, einen Mann im Hamsterrad laufen zu lassen oder alte Damen auf die Bühne zu holen, die Brot backen. Man könne aber auch ein Signalhorn einsetzen oder eine Geige mitbringen – “In Eurovision, nothing says winner like a violin”. Und dann heißt es, falls das aber zu altmodisch wäre : “This can easily be fixed by adding a DJ who pretends to scratch. In real life of course, this is 30 years old, but in Eurovision, it will give your number a contemporary feeling”. Harhar.

Ich finde, musikalisch gilt das für den Songcontest nicht mehr in dieser Form, der hat sich doch sehr weiterentwickelt, aber was das neue Logo angeht, trifft es voll zu. Die Designer dachten sicher, sie machen was ultamodernes, aber tatsächlich wirkt es ur altbacken. Ich mein, es fehlen nur noch diese rot/grünen 3D-Brillen aus den 1980er Jahren für die optimale Tiefenwirkung.


  1. Martin Österdahl, der ehemalige Song Contest Chef, bei den Fans unbeliebt und kritisiert; im Juni von seiner Funktion zurückgetreten ↩︎
  2. Also ich möchte es nicht mal mögen. ↩︎

ESC Update

So, in der quiet season doch auch wieder mal was zum ESC. Weil am 20. August wird bekannt gegeben, ob der Songcontest nächstes Jahr in Wien oder in Innsbruck stattfindet. Ich habe da weniger Gefühle dazu als vermutlich haben sollte. Meine Ticket-Connection von 2015 gibt es leider nicht mehr, daher werde ich wohl da wie dort nicht live dabei sein können. Es sei denn, jemand schenkt mir eine Karte, damit ich darüber berichte, harhar dream on.

Marco Schreuder hat jedenfalls einen sehr guten Logo-Vorschlag für den ESC nächstes Jahr gepostet:

(c) Marco Schreuder und Aston Matters

Harhar, ja so passend.

Das Motto 2015 war eben Building Bridges, es gab dazu auch den gleichnamigen Song, den ich live in der Stadthalle gehört habe. Da hieß es, diese Brücken” (…) will stand the test of time (!). We can build a bridge until it reaches out, across the borderlines.” Damals dachte ich so ja, eh catchy der Song, aber halt auch bissl abgegriffene Plattitüden, das empfinde ich jetzt anders, weil es nicht mehr selbstverständlich ist, eben auch nicht beim ESC. Ich erinnere mich, damals haben noch so viele Fans ihre israelischen Fahnen vor der Stadthalle gewachelt, das kann man sich momentan gar nicht vorstellen.

Ach ja und es wird diesmal einen öffentlichen Vorentscheid über den österreichischen Beitrag geben, da sind die ESC Ultras natürlich extrem begeistert, weil das in der Vergangenheit immer sehr erfolgreich war harhar, not. Aber ich nehme an, der ORF will den ESC Hype ausnutzen und denkt sich, es werden sich total viele Menschen dafür interessieren und demzufolge ORF schauen. Ich bin da nicht jetzt nicht ganz so sicher. Ich mein, ich persönlich schaue natürlich fix alles. Außerdem wollen “wir” sicher nicht zweimal hintereinander gewinnen und das werden wir so auch eher nicht.

Über Mahmood

Nachdem jetzt der italienische Sänger Mahmood mit Sarah Jessica Parker Werbung für Zalando (unbezahlte Werbung harhar) macht – eine relativ überraschende Paarung – habe ich endlich einen Vorwand, über ihn zu schreiben, was ich schon lange machen wollte.

Mahmood ist 2019 am außer-italienischen Radar aufgetaucht. Er hat 2019 San Remo mit dem Song Soldi gewonnen und ist dann zum ESC gefahren. Das hat dem Politiker Matteo Salvini nicht so gut gefallen, was wieder eine Kontroverse ausgelöst hat etcetera. Bei den ESC Songchecks meinte Constantin Zöller damals über Mahmood: “Ich finde er hat so eine seltsame Aura. Absolut nicht sympathisch.” Harhar, das ist wirklich eine zutreffende Beschreibung. Und über Soldi sagte er: “Das ist so abwechslunsgreich und anders, und dann noch auf Italienisch. (…) Wenn es nach mir geht, gewinnt er.” Gewonnen hat schließlich Arcade von Duncan Lawrence, weil alle mitgelitten haben, bei dessen Song über eine tragische Liebesgeschichte. Der musikalisch interessantere Song war aber Soldi, ein Lied über den Vater (ein Kernthema des ESC), der den Sohn verlassen hat und ihn, als er erwachsen ist, nach Geld (Soldi!) fragt. Unsterbliche Zeile: “Beve champagne sotto Ramadan” – “Er trinkt Champagner im Ramadan.” Mahmood wurde Zweiter.

2022 trat Mahmood mit dem Jungstar Blanco wieder bei San Remo an und gewann erneut. Diesmal sangen die beiden über eine tragische Liebesgeschichte. Der Song hieß Brividi (Schaudern), polarisierte aber stark, weil beide teilweise sehr hoch sangen und das nicht unbedingt die Komfortzone von Mahmood ist. Man fragte sich immer: Schafft er den nächsten hohen Ton auch noch? Ich persönlich fand das aber total stimmig, weil es geht in dem Lied ja auch ums Scheitern: “E ti vorrei amare, ma sbaglio sempre” – Ich will dich lieben, aber ich scheitere immer.” Und das hat sich nach dem Prinzip “form follows function” eben auch in der Darbietung widergespiegelt und für mich funktioniert. Live war der San Remo Auftritt aber deutlich besser als der beim ESC. Die beiden erreichten den sechsten Platz.

Zwei Jahre später, nämlich 2024, trat Mahmood nochmal bei San Remo an, mit dem Song Tuta Gold (Goldener Jogginganzug, das ist mal ein Songtitel). Viele meinten, das wäre sein bester Song bis dato, ich neige durchaus dazu, dem zuzustimmen, aber er gewann San Remo diesmal trotzdem nicht, obwohl es ein super ESC Lied gewesen wäre. Aber Italien hat eh nie Mangel an guten Beiträgen.

Mahmood im Tuta Gold Video

Das Interessante an Tuta Gold ist unter anderem das Video. Denn Mahmood hat einen arabischen Vater und ist homosexuell. In dem Video inszeniert er sich aber als, naja sagen wir Mann der Straße, mit seinen Kumpels, er trägt naja, sagen wir Streetwear und Goldzähne und irgendwie flirtet ein bisschen mit dem Klischee des toxischen Talahons – so ich habs geschrieben; was natürlich durch seinen Background alles doppelt bricht. In dem Video kommen außerdem leicht brutalistische Plattenbauten und aber auch Kühe vor, die dort grasen. Ich weiß nicht warum sie das tun, aber ich finde es interessant.

Wir werden sicher noch einiges von Mahmood hören.

ESC – aftermath

Ich wollte ja nichts mehr zum ESC schreiben, aber was bleibt mir über? Wir hatten vier glückliche Tage, bis das ganze Elend über uns hereingebrochen ist.

Auch in unserer WhatsApp Gruppe wurde die Aussage von JJ zu Israel diskutiert und ich habe geschrieben: Si tacuisses, philosophus mansisses.

Das muss man aber auch erklären. Natürlich kann JJ sagen was er möchte, immerhin haben wir Meinungsfreiheit. Und ich halte ihn wegen dieser einen Aussage nicht für einen Antisemiten, weil man darf natürlich Israels Politik und Vorgehen kritisieren. Aber ich finde gleichzeitig auch, dass man den Nahostkonflikt nicht auf ein, zwei Sätze in einem verwackelten Zoom Call herunterbrechen kann, weil das schnell unterkomplex wird. Und die Trennung von Künstlerin/Künstler und der Politik ihres Landes ist nochmal was anderes.

Aber, above all: Bitte können wir endlich wieder beim ESC über Musik reden und nicht nur andauernd über Politik? Ich habe nämlich ein bisschen Angst, dass wir, wenn es so weitergeht, in zwei, drei Jahren keinen Songcontest mehr haben werden. Weil die einen wollen ein Land (oder in weiterer Folge vielleicht auch andere Länder, wer weiß, was noch passiert) ausschließen und drohen damit, nicht teilzunehmen, wenn das nicht geschieht. Die anderen wiederum wollen nicht mehr mitmachen, wenn eben das geschieht.

Ich habe in meinem Leben schon manches loslassen müssen, das ich sehr geliebt habe, der ESC war mir da oft ein Trost. Andererseits, wie sang ausgerechnet die israelische Teilnehmerin Yuval Raphael dieses Jahr so wirklich schön: “Darkness will fade, all the pain will go by, but we will stay, even if you say goodbye….a new day will rise. New day will rise.” Da interpretiert jeder etwas anderes hinein und assoziert es mit dem, was ihn am allermeisten schmerzt. Und trotzdem geht es irgendwie weiter. Ich hatte Tränen in den Augen.

Zurück zum ESC: Das Motto ist bekanntlich United by Music. Eine schöne Phrase, die super klingt, wenns um nichts geht oder wollen wir sie doch lieber mit Bedeutung füllen?

ESC 25 – unfassbar, drei

So, ein paar abschließende Betrachtungen, obwohl ich noch wochenlang über die ESC schreiben könnte, aber dann hab ich irgendwann keine Leser mehr harhar.

Wir sind voll in der ESC Depression angekommen, also nicht in Österreich, da wird diskutiert, ob der ESC in Wels, Oberwart oder auch Innsbruck realistisch ist, aber sonst stimmt alles, was so in den Tagen nach dem ESC, laut “Kalender” passiert:

  • Will Austrialia participate next year?
  • Many countries are displeased about the results: “We might not take part next year”
  • Voting scandals and conspiracy theories emerge

Vor allem das israelische Ergebnis des Televotings schlägt hohe Wellen. Und natürlich die üblichen Proteste gegen die Teilnahme des Landes.

Es wäre ja jetzt super, wenn man einen EBU Chef hätte, der mal auf den Tisch klopft und eine Ansage macht, so oder so. Aber leider haben wir Martin Österdahl, der sich nicht mal mehr beim ESC live sprechen traut, aus Angst ausgebuht zu werden. Menschlich verständlich, ich bin auch nicht zur Führungskraft geboren, aber wenn ich den Job mache, dann sollte ich irgendwas tun. Ich persönlich war sowieso generell immer dagegen irgendein Land auszuschließen, weil wir dann genau in diese Situation kommen, dass “wir” dann jedesmal diskutieren müssen, wer dabei sein “darf” und wer nicht. Da kommt dann die “Moral” und das Virtue Signaling und alles, was die öffentlichen Debatten oft unerträglich machen. Und ich finde auch, dass Musikerinnen und Musiker nicht für die Politik ihres Landes verantwortlich gemacht werden sollten. Es heißt ja schließlich “United by Music” nicht umsonst. Na schau, ich kann mehr Klartext reden als Österdahl. harhar.

Und: Langsam wächst Schwedens Beitrag Bara Bada Bastu bei mir, jetzt wo er nicht gewonnen hat. Noch 20 Mal hören und ich mag es wirklich harhar.

Ich stehe heute in der Küche und singe: ” (….) Ohhhhhohhoohhho Bada Bastu jåå”

Das Kind: “Sauna.”

Harhar, ich glaube, wir haben jetzt den Vibe, als sehr Spätadopter.

ESC 25 – unfassbar, zwei

Heute zwar früh ‘wach’ gewesen, aber nicht ausgeschlafen. Zuviel Adrenalin.

Ich wollte mir gestern Notizen zum Abend machen, habe aber nur genau eine Sache aufgeschrieben, nämlich, dass bei unserem ESC Event jemand gesagt hat, dass der italienische Song nach Urlaub klingt und jemand anderer drauf: Ja, aber wie der letzte Urlaubstag bevor man wieder heimfährt, harhar. Das war übrigens, glaub ich, die einzige Prognose, mit der ich letztendlich richtig gelegen bin, nämlich dass Italien besser sein wird als die Quoten vorhersagten, sogar am Ende Platz 5 für eine supersympathische, “kleine” Performance.

Na gut, was war sonst noch los? Hunziker war endlich da – eine Wohltat, nicht nur visuell (die Kleider meine ich!!). Sie hat im Greenroom mit dem italienischen Kandidaten gesprochen und die Deutschen interviewt. “Hallo Stefan” (Raab) hat sie gesagt, der saß neben Arbor und Tynna. Und dann so auf die Art, sie darf nicht zu parteiisch sein harhar. Celine Dion war hingegen nicht anwesend, obwohl am Nachmittag sehr viele Gerüchte gestreut wurden, sie wäre in Basel gelandet. Wer allerdings da war, war Nemo. Erstens, um seinen Siegersong vom vorigen Jahr noch einmal zu singen, fair enough, dann aber auch, um seinen neuen Song zu promoten, und sorry aber, das hat ja die Loreen Performance ihres Nachfolgesongs von Tattoo voriges Jahr noch um Längen getoppt an Skurrilität und Dings, wirklich extrem verstörend. Und warum Nemo in diesem Outfit auf die Bühne “darf”, während andere Künstlerinnen wegen Familienfreundlichkeit der Show ihre Kostüme ändern mussten, ist mir auch nicht vollends klar.

Dafür waren die Showacts sonst wirklich super – einerseits einige Schweizer ESC Kandidaten der letzten ja, 60 Jahre (Paola Felix, Luca Hänni etc), anderseits, besonders beliebt bei der Unter-25 Fraktion der Zuseher, zumindest in meinem Wohnzimmer, ein Mash Up der beiden Zweitplatzierten Kärija (Zweiter aus Finnland im Jahr 2023) und Baby Lasagna (Zweiter aus Kroatien im Jahr 2024). Sie haben, in einer Art Kampfring als Boxer stehend, ihre beiden Banger Cha Cha Cha bzw. Rim Tim Taga Tim performt, einzeln, dann durcheinander, das war schon sehr amüsant und mitreißend, ein richtiger ESC Moment, der wieder mal die Nationen schön geeint hat.

Bei den Kandidaten selbst entstand bei mir zumindest heuer der Eindruck, dass es wirklich sehr kurzweilig war. Recht wenig schiefe Töne, interessante Bühnenshows, “Comedy Acts” neben kleineren Indie Nummern, große Balladen neben Radiohits, quasi für jeden etwas dabei. Wie immer gabs Performances, die in den Semis besser gezündet haben als im großen Finale – bei Österreich wars Gott sei Dank umgekehrt. Natürlich spielt auch die Auftrittsreihenfolge eine gewisse Rolle. Und, wie auch immer, versteht man manches überhaupt nicht. Die Schweiz wurde zum Beispiel Jury-Zweiter, bekam vom Publikum aber exakt null Punkte. Schweden, bei den Wettquoten hochfavorisiert, wurde nur Publikums-Dritter. Und wieso bei Polen beim Schnelldurchlauf, wo alle Länder nochmal in einem kurzen Einspieler präsentiert werden, eine Stelle im Song gezeigt wird, in dem die Sängerin gar nicht singt, sondern nur an Ringen hängt, also das verstehe auch wer will.

Am Ende wars ein großer, verdienter Sieg von JJ. Oder wie das Kind sagte: Ganz objektiv gesprochen, er war der Beste. Harhar. Schön war, wie Conchita sich ehrlich gefreut hat (sah zumindest so aus harhar) wie die anderen Teilnehmer ihm gratuliert haben, es sind da schon Freundschaften entstanden, und dann bei seiner Performance mitgetanzt, das ist der Spirit von Eurovision. Und auch, dass jeder ESC Fan auch irgendwie alle Songs feiert, seine ganz persönlichen Favoriten hat, das hat immer schon etwas sehr verbindendes und das liebe ich an dem Bewerb.

P.S. Respekt für Marco Schreuder, der praktisch jedes Jahr den Sieger vorhersagt, so auch heuer.

P.P.S. Ich wurde gestern mit meinem obergescheiten Insiderwissen als “Heinz Prüller des Song Contests” bezeichnet und ich lasse das mal als Kompliment gelten, harhar.