almis personal blog

Spotify Jahrescharts 2025

Heute wars endlich soweit. Auch wenn ich sonst so big brother überwachungsmäßige Dinge nicht mag, eine Ausnahme bilden die Spotify Jahrescharts, die mir sagen, was ich in den vergangenen zwölf Monaten so gehört habe. Wobei richtig überraschend ist es eh nie und so wundert sich auch wirklich niemand, dass meine Top 5 des Jahres 2025 allesamt ESC Songs sind, harhar.

Und zwar diese:

Oder auch: Österreich (Platz 1), Italien (Platz 5), Schweden (Platz 4), Portugal (Platz 21) und Deutschland (Platz 15). Wobei eines doch halbwegs erstaunlich ist, nämlich, dass Bara Badu Bastu so weit oben ist, dafür, dass ich es ja anfangs so darüber gemeckert habe und erst auf den Geschmack gekommen bin, als der Songcontest schon vorbei war. Die Zeilen Yksi, kaksi, kolme, sauna haben mich dann doch überzeugt.

Außerdem habe ich drüber nachgedacht, wieso auch in meinen Top 100 ESC und San Remo Songs massiv überrepräsentiert sind. Ich denke es liegt daran, dass mich Musik an sich irgendwie sehr verletzlich machen kann, dass ich so viel damit assoziiere und mir das auf Stimmung schlägt, dass es eher heikel ist, das öfter zu hören oder im normalen Alltag, wo man doch funktionieren muss. Ich fühle eh schon so viel zu viel. ESC Songs dagegen erinnern mich hingegegen oft eben nur an den ESC und irgendwelche Statistiken und Trivia harhar, und daher sind diese “unbelastet”.

Mein Lieblingspodcast übrigens, auch ur offensichtlich:

Ich höre ihn immer zum Einschlafen und das mache ich dann auch irgendwann (einschlafen) und so läuft der Podcast auch manchmal, nicht mehr wirklich wach bin weiter, deshalb diese Minutenanzahl. Aber ich finde ihn super und höre jede Folge, wie soll ich sagen, öfters.

Addendum, weil ich jetzt schon mehrfach gefragt wurde, mein musikalisches Alter auf Spotify ist 59. Harhar

Wicked, good?

Ich bin gerade im Rückstand, was aktuelle Filme angeht, weil ich ziemlich viel Arbeit habe und sonst ist auch immer was, das mich vom Kino abhält. Nicht lachen, es schlägt mir langsam auf die Psyche, ich merke das. Wenn ich ins Kino gehe, auch wenn mir der Film dann gar nicht (so) gefällt, fühle ich mich automatisch besser.

Weil mir aber noch so viele Filme fehlen, die ich unbedingt sehen möchte, werde ich mir den zweiten Teil Wicked (for Good) ganz sicher erst nach Bugonia, Die my Love, Eddington, Franz K., In die Sonne schauen, Stiller usw ansehen. Und wenn ich mir die gerade aufpoppenden Reviews so durchlese, Kompliment Pia Reiser von fm4 für den Titel Nix los in Oz harhar, habe ich es damit nicht so eilig.

Ich wollte ja schon ersten Teil nicht unbedingt so dringend sehen. Mir war das alles irgendwie zu drüber, vor allem das Setdesign. Und Ariana Grande und Cynthia Erivo waren auf ihrer Tour für den Film auch immer ein bisschen sonderbar. Trotzdem muss ich sagen, dass mich der Film dann mehr mitgenommen und gerührt hat, als ich das erwartet habe. Und zwar ausdrücklich trotz des Setdesigns harhar, das ich nämlich tatsächlich immer noch recht schrecklich finde.

Der Comedian Grindig von Insta, mit dem ich ab und zu schreibe, harhar, hat gestern was über Wicked, Teil 1 erzählt. Nämlich: “Wie finden wir den Film? Kommt drauf an, wie finden wir Musicals allgemein, weil viel mehr Musical geht nicht”. True. Und Weiter: “Jedes Frame ist vollgestopft mit Details, es ist wirklich a lot – nachher brauchst einen Tschick.” Außerdem: “Das Design schaut aus als würde es auf einer Playstation 4 laufen, oder sagen wir Playstation 4 pro, aber mit der Sättigung ganz runtergedreht” harhar. “Ihr merkt, ich bin kein großer Fan vom Look des Filmes, von den Performances allerdings schon.” Grindig also voll meiner Meinung.

Und am Ende meint er: “Was ist dein Lieblingsmusical? Wenn deine Antwort Moulin Rouge ist, dann hast sicher einen Tschick für mich.”

Ich würde sagen, Moulin Rouge ist wahrscheinlich mein zweitliebstes Filmmusical. Mein liebstes (natürlich):

Die Tasche habe ich immer noch und hänge sehr an ihr

ESC Winner of the Winners

Wieder fordert uns Nerds Marco Schreuder, bzw. der Merci Cherie Podcast bzw. die OEAG Austria auf, bei einem Voting mitzutun. Diesmal geht es darum, die besten 10 ESC Sieger zu küren, die Winner of the Winners sozusagen.

Jetzt ist schon klar, dass nicht immer das Siegerlied der persönliche Favorit eines Jahres ist, dennoch sprechen wir hier von 69 Songs bzw. Interpreten, die zur Auswahl stehen. Wie soll man sich da entscheiden? Nach dem, was einem selbst am besten gefällt, auch wenns guilty pleasure ist? Oder soll man etwas wählen, was richtungsweisend für den ESC war und ist, Songs, die die meiste Resonanz gefunden haben, die den ESC am besten repräsentieren? Und was ist mit dem Regency Bias? Was mit dem eigenes-Heimatland Bias? Bewerten wir die Studioversion oder den Live-Auftritt? Und ist es ok, alle drei Siegertitel von Italien in die Wertung zu nehmen? Bei meinen “Hass”-Gewinnern würde ich mir jedenfalls sehr leicht tun, harhar.

Ich hab mir gestern den sogenannten Schnelldurchlauf angesehen, der immerhin auch fast 30 Minuten dauert, und da wurden mir zumindest ein paar Dinge bewusst. Es ist absolut richtig, was in Love Love Peace Peace – dem Intervall Act von 2016, bei dem beschrieben wird, wie man den ESC gewinnen kann – gesungen wird: “Nothing says winner like a violine.” Denn auch wenn man natürlich weiß, dass Alexander Rybak 2009 bei Fairytale eine Geige dabei hatte, es kam tatsächlich auch bei Dima Bilan mit Believe (für Russland, 2008), bei Secret Garden mit Nocturne (für Norwegen 1995, fast ein Instrumentalstück) und auch bei Eimear Quinn und The Voice (Irland 1997) vor.

Barfuß übrigens auch immer eine gute Idee! Das Trickkleid kann man ebenfalls mehrmals bei der Arbeit beobachten. Und bei Helena Paparizous My Number One (für Griechenland 1995) und den Lyrics “You’re my lover, undercover, you’re my secret passion, and I have no other” musste ich an den Tweet denken, in dem jemand schrieb, wenn man als Textdichter struggelt, sollte man dran denken, dass mit diesen Zeilen tatsächlich ein Wettbewerb gewonnen wurde, harhar.

Dann diese Songs, die gefühlt nur aus dem Refrain bestehen wie Making your mind up (Bucks Fizz 1981), Diggi-Loo Diggy-Ley (Herreys, Schweden 1984) oder La det swinge (Bobbysocks Norwegen 1985). Die Selbstgeiselungsballade Why me? (Linda Martin, Irland 1992) versus die Selbstermächtigungshymne Ne partez pas sans moi (Celine Dion Schweiz 1988), das “Überraschungsgenre” Rock Hard Rock Halleluja (Lordi, Finnland 2006) und Zitti e Buoni (Maneskin Italien 2021), die Wiederholungstäter Johnny Logan und Loreen…. und die ganz stillen Molitva (Marija Šerifović Serbien 2007) oder Amar pelos dois (Salvador Sobral Portugal 2017) – der kommt übrigens fix in meine Wertung, das weiß ich schon.

So, lange Rede, kurzer Sinn, das wird wieder anstrengend werden. Harhar. Wer mitvoten will, bis zum 10. Dezember hier.

Buch Wien, eins

Heute war ich also auf der Buch Wien (unbezahlte Werbung)

Mit Falter Abo kostet das 17 Euro für einen Tag. Hat es sich gelohnt? Ich würde sagen naja. Harhar. Hear me out.

Das Gelände der Buch Wien von außen

Ich habe vier teilweise sehr spannende Lesungen bzw. Gespräche verfolgt. Zuerst hörte ich eine wirklich interessante Runde zum Thema Maschinenräume – Hinter den Kulissen der Ringstraße. Es ging, wie der Name schon sagt, darum, was sich hinter den prächtigen Fassaden der Bauten an der Ringstraße verbirgt, nämlich viele technische Innovationen. Und wie sehr ein Gebäude eben nicht nur durch das geprägt ist, was von außen zu sehen ist, Stichwort Entkernung (ich musste an jemand denken, ach ihr wisst es eh). Spannend fand ich auch, dass Andreas Nierhaus meinte, das Buchprojekt habe ihm deshalb besonders gefallen, weil es quasi vom fotografischen Standpunkt ausging und nicht von technischen oder architektonischen Überlegungen.

Danach habe ich ein paar Fetzen von Oliver Nachtweys Präsentation seines Buches Zerstörungslust mitbekommen, wirklich gegen meine Absicht, ich wollte nämlich Politik in diesem Szenario vermeiden. Ich musste dann schnell weitergehen, bevor ich dem Drang, etwas zur Bühne hinauf zu schreien, nachgeben hätte müssen. Noch funktioniert die Impulskontrolle, harhar. Ich finde halt, dass man als Soziologe mit einem wissenschaftlichen Anspruch nicht Sachverhalte so stark verkürzt bringen sollte, dass man den Eindruck gewinnen könnte, hier wird eher eine Agenda verfolgt. Vor zwei Tagen erst ist btw der BBC Chef zurückgetreten.

Anschließend habe ich mich bei der Ö1 Bühne erholt, wo Antonia Löffler ihr Buch Hydra vorstellte. Wobei “erholt” ist gut, das Buch beginnt gleich mal mit einem Flugzeugabsturz und wer mich kennt weiß, das liebe ich ganz besonders. Diesen Absturz versäumt die Protagonistin im wahrsten Sinn des Wortes allerdings und wenn man so “Final Destination”-like damit konfrontiert wird, eine zweite Chance bekommen zu haben, dann beginnt man mitunter nachzudenken, über das eigene Leben und wo man steht, sowie, in diesem Fall, über die Familiengeschichte. Das klang recht interessant, die Leseprobe hat mich nicht komplett abgeholt, aber es ist eben doch ein willkürlicher Ausschnitt.

Hier wird für das Germanistikstudium geworben – der Andrang ist riesig harhar

Und lesen Sie in Kürze: Über Florian Ilies und sein Buch über die Familie Mann, sowie Doris Knecht Ja, Nein, Vielleicht und mein generelles Fazit über die Buch Wien. Es lohnt sich! Harhar.

Woke ist over

Gestern erschien im Falter ein Artikel zum Thema “Woke ist tot”. Also wenn das jetzt schon der Falter schreibt, dann können wir vermutlich aufatmen, harhar.

In diesem recht differenziert verfassten Artikel wird darauf hingewiesen, dass “woke” an sich mal etwas gut gemeintes war, aber…Ja wir sind bedachter geworden und bis zu einem gewissen Punkt ist das auch gut, aber irgendwann ist es außer Kontrolle geraten. Jane Fonda hat mal bei einer Preisverleihung gesagt, was wäre schlecht daran woke zu sein, “It means, you care about others.” Genau das bedeutet woke aber, find ich, nicht. Denn einerseits kann man niemandem Empathie für irgendetwas oder irgendwen “verordnen”. Andererseits wird ja immer sehr genau differenziert, wofür Empathie angesagt ist und wofür nicht.

Ein kleines, wenn auch banales Beispiel. Bei mir im Stiegenhaus liegt seit Tagen das Buch Nur ein toter Mann ist ein guter Mann von Gaby Hauptmann in der Bücher-Tausch-Ecke. Jetzt stellen wir uns einmal vor, ein männlicher Autor hätte ein Buch namens Nur eine tote Frau ist eine gute Frau geschrieben. Stimmt, es geht nicht. Es ist unvorstellbar, dass irgendein Verlag in unseren Breiten heute ein Buch mit so einem Titel publizieren würde, egal wie ironisch es auch gemeint wäre, denn es würde heute immer zutiefst misogyn wahrgenommen werden und der Verlag hätte einen 1a Shitstorm am Hals.

Und das ist ein Problem an der Wokeness, dass da einerseits oft eine große Überempfindlichkeit herrscht, andererseits aber dann auch wieder eine Kaltschnäuzigkeit in der anderen Richtung. Diese Doppelstandards halt ich echt schwer aus. Die Welt ist außerdem nicht so schwarz und weiß, dass es reicht, sich einen Button für oder gegen irgendwas ans Revers zu heften. Ganz viele Dinge sind dafür viel zu komplex.

Hilfreich ist es natürlich immer, sensibel durch die Welt zu gehen, und niemand mit Absicht zu verletzen. Dennoch wird es uns hin und wieder passieren und auch wir werden von anderen verletzt werden. Aber können wir diesen Zustand der permanenten “Angerührtheit”, wie man in Wien sagt, irgendwie hinter uns lassen? Oder wie es in After the Hunt hieß, als eine Figur zur anderen sagt, das Gespräch mache sie gerade “uncomfortable” und die andere antwortet: “Not every conversation is supposed to make you feel comfortable.”

Wie die Schauspielerin Keira Knightley letztens in einem Interview meinte: “We are living in a period of time right now, where we have to figure out how we live together. And we all got very different opinions. I hope that we can all find respect.”

So ist es.

Neues vom ESC

Mir sind heute schon ein paar Tränen über die Wangen gelaufen. Ich fühl mich gerade eh nicht so stark und heute war ein bewegender Tag.

Abgesehen von den guten Neuigkeiten wurde bekanntgegeben, dass die geplante Abstimmung über den Verbleib Israels als Teilnehmerland beim ESC abgesagt worden ist. Ich weiß schon, das ist nicht die allerwichtigste Meldung am Tag des (hoffentlich nachhaltigen) Friedens im Nahen Osten. Aber ich bin trotzdem froh darüber, weil ich diese Abstimmung ohnehin extrem beschissen unklug gefunden habe. Man würde jetzt im Dezember die neue Lage diskutieren, heißt es.

Ich weiß nicht, was man da diskutieren will. Es ist eh kein Geheimnis, dass ich persönlich generell gegen irgendwelche Ausschlüsse von Ländern bin. Ich war übrigens auch bei Russland dagegen, eine Einschätzung, mit der ich ziemlich sicher zu einer Minderheit gehöre, aber das ist mir erstens wurscht (harhar), zweitens bin ich immer dafür, an den Slogan United by Music zu denken, der ja mehr sein soll als nur eine abgegriffene Floskel, oder nicht?

Es soll ja genau um die Kunst gehen, die verbindet, abgekoppelt von der Politik. Bei Armenien und Aserbaidschan hat es im übrigen auch keinen interessiert, die jahrelang miteinander im Krieg waren und trotzdem Jahr für Jahre beide (!) am Songcontest teilgenommen haben. Wenn wir nun anfangen Länder auszuschließen, aus welchen Gründen auch immer, dann entsteht ein Dominofeffekt und wir diskutieren bei jeder Eskalation. Da wird es immer irgendwen geben, der ein Land aus den verschiedensten Gründen rauskicken will, andere Länder nehmen dann aus Protest dagegen nicht teil, etcetera. Und um Musik geht es überhaupt nicht mehr.

Und dann können wir (und das sage ich, obwohl mir der ESC sehr wichtig ist) den Bewerb gleich begraben. Dann sind wir gescheitert.

Lieben

“Ein Leben ist einfach zu verstehen, es wird von wenigen Faktoren bestimmt. In meinem waren es zwei. Mein Vater und dass ich nirgendwo zu Hause gewesen war.” (Seite 720)

So schildert Karl Ove Knausgård seine “Lebensthemen”, die ihm zu dem machten, der er war und vielleicht immer noch ist. Lieben, das zweite Buch seines autobiografischen Projekts, schildert vor allem die Beziehung zu seiner zweiten Frau Linda und das Leben mit den drei (bis dahin geborenen) Kindern Vanja, Heidi und John. Drei unter vier Jahren oder so. Man darf sich auf keinen Fall eine annähernd klassische Romanstruktur vorstellen, es gibt keinen Spannungsbogen und keine Conclusio. Dafür beschreibt Knausgård alles detailliert, auch die Verkäuferin in der Bäckerei.

Ich bin da zwiegespalten. Einerseits habe ich so viele Passagen herausgeschrieben, weil sie so toll und oft poetisch formuliert waren, weil Karl Ove Knausgård ein wahnsinnig aufmerksamer Beobachter ist, der alles in wirklich wunderbare Beschreibungen kleidet. Andererseits war es oft auch zu viel Information über Menschen, die in Knausgårds Leben halt kaum eine tragende Rolle spielen, wie die besagte Bäckereiverkäuferin, wie irgendwelche Passanten, mit denen er ins Gespräch kommt oder sie auch nur ansieht, wie Menschen, die mit ihm im Zug fahren etcetera. Es ist manchmal etwas anstrengend, da immer “mitzugehen”, weil alles so ungewichtet nebeneinandersteht.

Besonders interessiert war ich an seiner Paarbeziehung und dem Elternsein, das natürlich auch viel Raum einnimmt. Und hier verstehe ich Knausgårds Entscheidungen teilweise gar nicht (was aber natürlich auch interessant ist). Denn natürlich liebt er Linda, aber schon sehr bald wird klar, dass es nicht so richtig funktioniert und zwar aus ganz vielen verschiedenen Gründen; unter anderem, weil Linda gerade einen Suizidversuch hinter sich hat und das viele Herausforderungen birgt (verständlicherweise). Während andere Menschen die Partnerschaft dann vielleicht überdacht hätten, beschließen die beiden, ach bekommen wir doch mal ein Kind. Und als es mit dem Kind anstrengend ist und das die Beziehung zusätzlich belastet, denken sie nicht etwa ok, lass uns das Leben erstmal irgendwie mal auf die Reihe kriegen, sondern sie beschließen, na dann bekommen wir halt noch ein Kind. Und dann noch eines. Ich muss sagen, eine für mich doch eher unorthodoxe Vorgangsweise, harhar.

Er beschreibt Linda – die es übrigens tatsächlich mit diesem Namen gibt und die dieses Buch abgesegnet hat einmal so: “Linda war am ersten Tag und ein paar Stunden des zweiten freundlich, wandte sich dann jedoch ab, strahlte diese Feindseligkeit aus, die mich in den Wahnsinn treiben konnte, nicht, wenn sie ausschließlich mich traf, ich war es gewohnt (…) sondern wenn sie andere traf.” (S. 367) Und über die Zeit mit seiner erstgeborenen Tochter: “Der Herbst ging in den Winter über, das Leben mit Kinderbrei und Kinderkleidung, Kindertränen und Kindererbrochem, zwischen sinnlos vorüberziehenden Vormittagen und leeren Nachmittagen belastet mich auf die Dauer, aber ich konnte nicht klagen, konnte nichts sagen.” (S. 469)

Und: “Es gab die Erwartung von etwas anderem, als würde noch etwas kommen” (S, 265), aber es kommt halt nicht anderes. Das ist der Ton, auf den man sich bei Lieben dauernhaft einstellen muss. Es ist interessant, aber nicht die leichteste Lektüre in mehrfacher Hinsicht.

Fran & die Ubahn

Letztens war in der U6 ein sehr unangenehmer Geruch.

Da musste ich an Pretent It’s a City denken und habe mir zuhause gleich eine Folge angesehen. Erstmals hab ich die Serie vor drei Jahren gesehen. Ich empfehle ungern Dinge, weil ich mir immer denke, nur weil mir etwas gefällt, heißt das ja noch nicht, dass es universell so empfunden wird. Aber tatsächlich ist die Doku-Serie von Martin Scorsese über Fran Lebowitz etwas, wo ich mir nicht vorstellen kann, dass es jemand nicht witzig oder zumindest interessant oder irgendwie bereichernd findet.

Ich bin (Sakrileg) kein großer Scorsese Fan, also was ihn als Regisseur betrifft. Ich kippe immer total schnell aus seinen Filmen raus, ich weiß auch nicht warum. Ich kann wirklich sehr wenig mit der Art, wie er erzählt, anfangen. Aber so als Mensch – soweit man das halt über Medien sagen kann – finde ich ihn sympathisch. Und die Doku, seine Gespräche mit Lebowitz sind super. Fran Lebowitz kannte ich davor gar nicht und auch jetzt kann ich schwer sagen, was sie eigentlich so ist. Sie hat zwei Bücher geschrieben, aber das war in den 1970/80er Jahren. Sie schreibt, glaub ich, nicht so wahnsinnig gern und nachdem ich beide Bücher gelesen habe muss ich sagen, sie spricht auch viel besser, nein, sie spricht sogar unheimlich gut. Also ist ihr Beruf wahrscheinlich das, Speaker. Sie sagt selbst über sich, sie wäre “filled with opinions”, das wäre aber harmlos, weil sie überhaupt nichts an irgendelchen Zuständen ändern kann. “I have no power” harhar.

Ich mag sehr an ihr, dass sie zwar starke Meinungen hat, aber überhaupt nicht dogmatisch ist. Dass sie es sehr gut aushält, dass andere Menschen andere Ansichten haben. Dass sie zwar selbst zum Beispiel mit dem Internet nichts anfangen kann, aber total versteht, dass es anderen damit ganz anders geht und das überhaupt nicht bewertet. Je älter ich werde, umso angenehmer finde ich, wenn Leute mir nicht sagen, was ich tun oder denken oder wie ich leben soll. Und bei Lebowitz hat man diesen Eindruck, gerade weil sie es sich auch nie sagen lassen würde. Außerdem stimme ich ihr in vielen Dingen total zu, etwa wenn sie meint: “I don’t need extra challenges. I find normal life challenging enough”, harhar.

Die Serie ist in sieben Kapital aufgeteilt. Natürlich geht es um New York, aber auch um Kultur, Musik, Leben, Sport, Literatur. Sie sagt, New York wäre nicht unbedingt eine schöne Stadt, aber es wäre nie langweilig. Es wäre auch nichts “permanent”, alles würde sich alles dauernd verändern. Es werden auch laufend Gebäude abgerissen, die man liebt. Sie erzählt, als sie einmal mit einem älteren Freund in einem Lokal gesessen wäre, hätte jemand um eine Unterschrift gebeten, das Lever House nicht abzureißen. Beide hätten unterschrieben und dann hätte der Freund zu ihr gesagt, er ist sich ziemlich sicher, dass er vor Jahren unterschrieben hätte, dass das Lever House nicht gebaut werden sollte. Das wäre New York, meint Lebowitz.

Und wie kam ich also von schlechtem Geruch auf die Serie? Lebowitz erzählt, dass die Ubahn Linie L in New York einmal geschlossen war, wegen üblen Geruchs. Und sie so, wie kann das überhaupt sein, weil es ohnehin immer ur stinkt. “Did someone say the train smells even worse than usual?” Jedenfalls wurde die Linie für fünf Stunden gesperrt und danach hieß es, es stinke nicht mehr so schlimm. Lebowitz daraufhin. “Of course not. It’s been empty for five hours. Let me tell you what smells horrible on the train, it’s the passengers!” harhar.

Wenn man mal traurig ist, schaut euch das an, es heitert einen so sehr auf.

Redford

Gestern ist Robert Redford gestorben. Ich habe erst vorige Woche einen seiner berühmtesten Filme gesehen und auch hier besprochen.

Meine Mama hat mir geschrieben: Das ist traurig, aber er hatte ein gutes Alter, ein schönes Leben. Es ist uns immer ein Trost, wenn wir das über jemanden sagen können, zumindest wenn wir diesen Eindruck haben. Hat Redford das selbst auch so gesehen? Zumindest als Künstler schon, wenn er meint: “As an artist, I just can’t think of a better life than the one that I’ve been blessed with” Privat war es etwas anders. Er verlor seine Mutter früh, lese ich, hatte dadurch Probleme mit Alkohol. Später starben zwei seiner Kinder, eines schon als Baby, ein anderer Sohn vor einigen Jahren an Krebs.

Was auffällt, wenn man gestern und auch heute noch auf diversen Social Media Plattformen unterwegs war: es gab zwar irrsinnig viele Postings zu Redford, aber ich habe kein einziges gesehen, dass irgendwie auch nur den Hauch einer Ambivalenz vermittelte. Das kommt selten vor. Menschen quer durch alle Milieus, Kulturkreise und Überzeugungen scheinen sich auf Redfords besondere “legacy” einigen zu können. Bei Cinephilen kommt natürlich oft der Verweis auf das Sundance Filmfestival, das Redford 1981 gegründet hat, weil er Filme unterstützen wollte, die für das große Studio-System nicht attraktiv erschienen. Menschen wie Quentin Tarantino, die Coen Brüder, Richard Linklater oder Jim Jarmusch starteten ihre Karriere dort.

Robert Redford war auch “easy on the eyes”, wie man so schön sagt. Es ist natürlich wahnsinnig oberflächlich das zu schreiben, aber es stimmt halt auch, harhar. Ich finde, er war auch einer der wenigen Männer, die ohne Bart besser aussahen als mit. Und er war einer der auch recht wenigen großen männlichen Filmstars, die blond waren.

Das Gartenbaukino wird aus Anlass seines Todes eine In Memoriam Reihe starten, was ich gehofft habe und sehr begrüße. Ich habe zwar schon relativ viele Filme mit ihm gesehen, aber mir fehlt peinlicherweise zum Beispiel immer noch Out of Africa, ein Film, den sowohl meine Mutter als auch mein Vater mochten, was selten war, diese Übereinstimmung. Und vieles würde ich auch gerne einfach nochmal auf der großen Leinwand anschauen.

Noch ein Zitat habe ich gestern von ihm gelesen, das ich sehr inspirierend finde: “If you believe in something strongly enough, you just keep at it until it happens.” Bei Redford glaubt man daran, dass es mehr ist als eine hoffnungsvolle Utopie.

Über Recherche

Noch etwas zu Charlie Kirk, weil es so bezeichnend für die Berichterstattung von (zu vielen) Medien in der heutigen Zeit ist.

Bei Markus Lanz gestern hat der ZDF Washington Korrespondent Elmar Theveßen behauptet, Charlie Kirk hätte gesagt, dass Homosexuelle gesteinigt werden müssten. Eine unfassbare, absolut menschenverachtende Aussage, die betroffen macht, die einen direkt emotionalisiert. Doch im Grunde sollte man als erstes fragen: Hat Kirk das tatsächlich so gesagt?

Wenn man sich die Mühe macht zu recherchieren, was dieser Korrespondent eines immerhin öffentlichen rechtlichen Fernsehsenders (Bildungsauftrag!), der dafür bezahlt wird, genau das zu tun, aber auch andere Journalisten, sowie der bekannte Autor Stephen King, offensichtlich nicht gemacht haben, wenn man sich also das Video zu dieser Aussage ansieht, dann stellt sich heraus: Kirk hat das keineswegs gefordert. Er hat vielmehr im Gespräch mit einer LGBTQ Aktivistin, die Levitikus aus der Bibel zitiert hat, um diesem eine gewisse Queeraffinität zu attestieren, etwas ironisch ein anderes Zitat von diesem genannt, in dem Levitikus (!) davon spricht, dass Homosexuelle gesteinigt werden sollen. Er wollte auf eine Widersprüchlichkeit hinweisen und dieser Zusammenhang sollte erwähnt werden.

Interessanterweise hat zumindest Stephen King seinen Fehler eingesehen und sich heute auf X dafür entschuldigt, die Fakten nicht gecheckt zu haben, wie er selbst schrieb, was ich anständig fand.

Ich bin gespannt, ob große öffentlich-rechtliche Medien (looking at you, ZDF) diesem Beispiel folgen werden und eingestehen, dass sie ebenfalls schlampig und oberflächlich recherchiert haben. Wir wollen ihnen ja nicht unterstellen, dass sie Kirk mit Absicht missverstanden haben.

Ich habe schon vor einigen Jahren in äußert interessanten Gesprächen mit jemand für mich mitgenommen, dass ich bei Aussagen wie diesen, wo Dinge einfach mal behauptet werden, immer versuche, an das Originalmaterial zu kommen, mir Originalquellen zu lesen. Und nicht gutgläubig das zu übernehmen, was Journalisten (ganz egal welcher Medienhäuser und Coleur), Wikipedia oder auch “Faktenchecker” behaupten oder für mich “einordnen”.

Ich kann das sehr empfehlen. Es hat meinen Medienrezeption, die, glaub ich, nie unkritisch war, da oder dort aber vielleicht doch zu naiv, nachhaltig verändert.