almis personal blog

Nie, Nie, Nie, zwei

Mir hat an Nie, Nie, Nie sehr vieles gefallen.

Vor allem die Haltung, dass eben alles ok ist. Der Roman ist weder ein Plädoyer fürs Kinder haben, noch für Kinderlosigkeit. Es gibt hier kein Richtig und kein Falsch und insofern darf man sich auch nicht erwarten, dass der Roman einem die Antwort gibt. Es gibt nur die indviduelle Entscheidung, die jeder für sich selbst treffen muss.

Formal fand ich schön, dass die Handlung immer wieder durch (nicht zu anstrengende) Zeitsprünge unterbrochen wird, aber auch durch Gespräche, Gedanken oder Impulse. Manchmal stehen auf einer Seite nur drei Sätze. Interessant, dass das Buch zwar ein Roman ist, aber auch eine collageartige Komponente hat – etwas, womit ich persönlich auch ein bisschen experimentiere. Und auch schön, dass der Roman stellenweise sehr verträumt-melancholisch ist, beispielsweise als Anniken der Protagonistin einmal folgendes schreibt:

All die Dummenheiten, die man mal gesagt hat, spielen irgendwann keine Rolle mehr, alles, was im Leben schiefgelaufen ist, wird unwichtig sein. Du wirst alles und jeden vergessen. Alle, die dich verletzt haben, werden sterben, aber auch alle, die du liebst.

Nie, Nie, Nie, Seite 95

Sehr poetisch schildert die Autorin auch, wie viel Chaos, Müdigkeit, Krankheiten, aber auch Mahlzeitenzubereitungen, Streitereien, Langeweile und Überforderung gleichzeitig auf einen zukommen werden; sie schafft es extrem gut, Stimmungsbilder zu entwerfen. Ich persönlich bin ja um einiges naiver an das Thema Mutterschaft herangegangen und habe viele Aspekte, die hier angesprochen und sehr lebensnah geschildert werden, überhaupt nicht bedacht. Vielleicht ist das aber auch in gewisser Weise besser so harhar.

Hier sei kurz auf den Film Kramer versus Kramer verwiesen, in dem sich Dustin Hofmann einmal eine Pro und Contra Liste zum Thema Kinderhaben macht und auf der Pro-Liste steht quasi nichts – im Gegensatz zur Kontra-Seite. In der nächsten Einstellung sieht man, wie er seinen Sohn im Arm hält. Kinderhaben kann man halt, wie auch manche andere Dinge, eben nicht einfach so “gegenrechnen”. Und auch das reflektiert die Protagonistin.

Jedenfalls eine große Empfehlung für dieses Buch. Für mich war Nie, Nie, Nie ein richtiger Pageturner. Leicht zu lesen, dennoch gleichzeitig sehr poetisch und, trotz des schwierigen Themas, ein Wohlfühlbuch.

Nie, Nie, Nie

Jetzt habe ich mir wieder mal mehrere Bücher aus der Bücherei geholt und begonnen habe ich mit einem Buch, das so weit wie möglich von meinen derzeitigen eigenen “Struggles” entfernt ist und stattdessen ein Thema hat, das ich nicht habe, auch nie hatte, nämlich den Wunsch, kein Kind zu bekommen. Dieses Buch heißt konsequenterweise Nie, Nie, Nie und wurde von Linn Strømsborg verfasst.

Strømsborg porträtiert darin eine 35-jährige Frau, die das durchlebt, was wahrscheinlich jede Mitte 20 bis Anfang 40 jährige kinderlose Frau ziemlich oft erlebt: sie wird laufend danach gefragt, wann sie denn nun endlich Kinder bekommt. Die Frage ist, denke ich, wirklich eine sexistische in dem Sinn, dass sie ähnlich alten Männern sicher erheblich seltener gestellt wird und die Frage, von Außenstehenden gestellt, ist praktisch immer heikel bis übergriffig, aus vielerlei ganz unterschiedlichen Gründen. Jedenfalls ist es so, dass die Protagonistin hier ziemlich sicher keine Kinder haben möchte. Zwar lässt sie sich die Option offen, diese Entscheidung eines Tages doch zu revidieren, aber so recht glaubt sie nicht daran, dass das tatsächlich passieren wird.

Der Entscheidungsprozess oder eher die Reflexion darüber, wie es dazu kam, steht im Zentrum des Romans:

Früher habe ich Beziehungen gescheut, weil ich Angst davor hatte, mich und wichtige Teile meines Lebens aufzugeben. Heute habe ich Angst davor, Kinder zu bekommen, weil ich dann den Rest von mir aufgeben müsste.

Nie, Nie, Nie, Seite 56

Die Protagonistin befasst sich damit, warum ihre Großmütter Kinder bekommen haben (Spoiler: nicht immer aus “hehren” Motiven) und warum ihre eigene Mutter sie bekommen hat, was zu fein beobachteten Szenen voller familiärer Dysfunktionalität führt. Demgegenüber gibt es aber auch harmonische, fast poetische Momente. Mit großer Wucht trifft die Protagonistin dann die Schwangerschaft ihrer besten Freundin Anniken. “Ach du Scheiße”, ist ihr erster Kommentar. Anniken wollte doch auch “keine von jenen” werden, die aufs Land ziehen und alle ihre Interessen aufgeben.

Schlussendlich muss sie sich aber auch vor allem damit auseinandersetzen, dass ihr Freund Philipp (“Er ist mein Mensch”) einen sehr starken Kinderwunsch hat. Und hierbei gibt es nun einmal keinen Kompromiss. Wirft man die Liebe weg oder seinen Lebensplan?

to be continued…

(Miss)Erfolg

Heute hatte ich sowohl ein Erfolgs- wie auch ein Misserfolgserlebnis.

Das Erfolgserlebnis war, dass ich im Jänner ein Vorstellungsgespräch haben werde. Ja ich weiß, ich bin selbstständig, aber ich suche immer wieder nach neuen Auftraggebern, als Backup sozusagen, man weiß ja nie. Normalerweise gibt es dazu aber nur Mails oder Telefonate und vielleicht mal eine Probearbeit. Diesmal ein richtiges Gespräch, ich weiß gar nicht, wann ich das zuletzt hatte. Jedenfalls freue ich mich irgendwie darauf und weil noch ein Monat Zeit bis dahin ist, brauche ich noch nicht nervös zu sein.

Das Misserfolgserlebnis war, dass das Kind wollte, dass ich ihn Physik abprüfe. Ich so: “Physik? Echt jetzt? Ich kann dir aber nichts erklären.” Kind so jaja und schickt mir seine online Kärtchen mit den Prüfungsfragen. Also man klickt auf das Kärtchen und auf der einen Seite steht die Frage, auf der anderen die Antwort, aber halt nur so in Stichworten und ohne Fragezeichen. Ich schaue ein Kärtchen an und drehe es um, drehe es wieder um. Das Kind so: “Du weißt nicht, was die Frage ist und was die Antwort, stimmts?” Harhar, wie peinlich!

Chimäre

Das Kind war immer schon kritisch, eigentlich allem gegenüber, so auch dem religiösen kindgerechten Brauchtum in der Adventszeit.

Er war vier, als ich ihm sagte: “Heute kommt der Nikolo zu euch in den Kindergarten” und er darauf: “Der Echte?” Na was soll man da spontan drauf antworten, ich glaube, ich habe mich in einen semi-philosphischen Monolog gerettet.

Jedenfalls stelle ich jedes Jahr ein Krampussackerl vor die Türe, läute dann “heimlich” an und bitte dann das Kind, aufzumachen. Er hat, glaube ich, niemals gedacht, dass jemand anderer als ich das Sackerl dorthin stellt, und mittlerweile ist er fast erwachsen und es ein Running Gag geworden.

Dieses Jahr hab ich es vor die Türe gestellt, bevor er aus der Schule nach Hause gekommen ist. Er kommt mit dem Sackerl rein und sagt “Danke Mama!” Ich schaue mir das Sackerl und die Karte an und sage: “Das ist nicht von mir, da steht vom Krampus drauf.” Das Kind: “Ja, in deiner Handschrift.

Na dann, bis zum nächsten Jahr.

Elternsprechtag

Heute war Elternsprechtag.

Weil ich vor einer Woche, als man sich anmelden musste, anscheinend in sehr kommunikativer Stimmung war, habe ich mich bei 9 (in Worten: neun) Professoren angemeldet, was ziemlich viel ist, wenn man bedenkt, dass es bei 0 (in Worten: null) notwendig gewesen wäre. Ich finde es aber schon wichtig, dass man mit jedem zumindest irgendwannn einmal ein Gespräch geführt hat, man hat eine ganze andere Basis, und bei manchen sagt das Kind auch: Ich fände es schön, wenn du diese oder jenen kennenlernst. Wobei neun auf einmal war schon ein wenig übertrieben. harhar.

Jedenfalls gehe ich gerne zum Elternsprechtag, weil ich in der privilegierten Situation bin, dass das für mich immer sehr erfreulich ist. Manchmal tut es einfach gut zu hören, dass, ich zitiere, das Kind ein freundlicher und angenehmer, toller junger Mann ist. Witzig ist auch, wie schnell man mit manchen Menschen auf einer Wellenlänge ist und mit anderen weniger. Insgesamt bin ich ein paar tausend Schritte mehrmals quer durchs Schulhaus gegangen, mittlerweile kenne ich mich ja gut aus. Dazwischen habe ich dem Kind gewhatsappt. Und ein paar Nachbarn bzw. andere bekannte Eltern habe ich auch getroffen.

Am Ende war ich dann schon sehr erschöpft, aber damit endet der Tag ja nicht, wie mir klar ist, denn nach dem Nachhausekommen muss ich immer nochmal Bericht erstatten und zwar zu jedem einzelnen Detail. Aber auch das mag ich. Es ist eine kleine Tradition, die bald zu Ende sein wird.

Memes

Sowas schickt mir das Kind übrigens auch:

Das stimmt leider wirklich, weil ich entweder nichts erkenne (ich brauche mittlerweile zum Lesen eine Brille) und/oder den Witz einfach nicht checke.

Ich habe dann aber heute mit einem Gen X Meme gekontert, das garantiert kein Jugendlicher mehr versteht. Man hat vermutlich vom Habeckschen ich will Kanzler werden Propaganda Video gehört, aber es können oder wollen sich wahrscheinlich nur noch gewisse ältere Menschen an das Eminem Video zu Stan erinnern, auf das hier angespielt wird.

Zum Vergleich ein Screenshot zu Stan:

Denn das Video bzw. der Text zu Stan ist so bitter und dunkel, dass man eigentlich wünscht, man hätte es nie gesehen bzw. angehört, also bitte nicht nachholen, wenn man bisher davon nichts gewusst hat, es ist zu eurem Besten.

Aber das Meme fand ich trotzdem sehr witzig.

Better

Heute war ich immer noch ziemlich niedergeschlagen.

Eine Freundin hat mir einen Link zu einer Literaturagentur geschickt, denen man eine kurze Leseprobe schicken kann und sie geben Feedback. Ich habe also meinen Mut zusammengenommen und ein Kapitel aus meinem “Langtext” hingeschickt, das ich als ziemlich fertig erachte. Bin neugierig, ob wirklich jemand zurückschreibt, aber das hat meine Laune ein bisschen gehoben.

Dann habe ich beschlossen, ins Kino zu gehen, weil ich mich dort immer wohl und geborgen fühle. Ich habe mir den österreichischen Film Mond von Kurtwin Ayub angesehen, der mir recht gut gefallen hat. Und wie immer, wenn es im Saal dunkel wird, fühle ich mich tatsächlich besser, da muss der Film noch gar nicht angefangen haben.

Zum Heimfahren hatte ich zwei Nachrichten. Das Kind hat mir ein Reel geschickt, das mir sagte, dass er keinen Lottogewinn braucht, weil er hat die beste Mama. Und dann habe ich von jemanden, der mir sehr wichtig ist, wieder etwas interessantes geschickt bekommen. Beides hat mir sehr gut getan. Vielleicht ist mir die eine oder andere Träne in der U6 über die Wangen gelaufen, aber näheres weiß man nicht.

Fields of Gold

Um Mitternacht habe ich mit dem Kind diskutiert, ob er jetzt schon 17 Jahre alt ist oder es erst um kurz nach 15 Uhr wird.

Ich musste daran denken, dass damals um ungefähr 14 Uhr – es war zu diesem Zeitpunkt, wie soll ich sagen, schon recht unangenehm und es waren unglaublich viele Leute da, Hebammen, Ärzte, Schwestern – gegen 14 Uhr jedenfalls säuselte Sting Fields of Gold aus dem CD-Player-Lautsprecher im Kreißsaal. Ich konnte mir nicht verkneifen zu bemerken: “Wie gut, dass ich Sting ohnehin schon hasse.” Irgendwer von den Anwesenden hat dann dankenswerterweise den CD-Player ausgeschaltet. Harhar.

Jetzt ist das Kind jedenfalls 17 und freut sich des Lebens.

Vertrauen

Am Mittwoch hat das Kind Geburtstag. Sein letzter Geburtstag als Kind, nächstes Jahr ist er erwachsen.

Das ging jetzt irgendwie schnell und außerdem frage ich mich: War es das schon mit der Pubertät? Kommt da noch was? Bisher war das erstaunlich unspektakulär. Mir ist klar, das ist nicht überall so und ich weiß das auch sehr zu schätzen.

Natürlich ist er gern unterwegs. Er fährt am Wochenende um Mitternacht mit seinem Freund per Scooter auf den Kahlenberg und schickt Fotos davon. Eine Freundin hat mich daraufhin gefragt, ob ich mir da nicht Sorgen mache. Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht so genau, wie ich das beantworten soll. Ich weiß, dass er geschickt und vorsichtig ist, das war er schon als kleines Kind mit seinem ersten Tretroller, obwohl er sonst in dieser Zeit ein Berserker war, harhar. Und ich weiß auch, dass trotzdem immer etwas passieren kann.

Ich habe Vertrauen. Das habe ich vielleicht auch ein bisschen auf der Intensivstation gelernt, vor 17 Jahren, da ging es gar nicht anders.

Schirmlos glücklich

Heute Starkregen in Wien.

Ich zum Kind: “Willst du keinen Regenschirm nehmen?”

Kind: “Nein.”

Ich: “Du bist waschelnass, bist du in der Schule bist”

Kind: “Manche Dinge kann man nicht ändern.”

Ich: “Dieses aber schon. Indem man einen Schirm nimmt.”

Circa 97,5 Prozent der Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und mir drehen sich um das Thema “Anziehen”, hier im weitesten Sinn. Kurze Hose, lange Hose, Weste, Jacke, Mütze, Handschuhe. Schirm hab ich tatsächlich eh schon weitgehend aufgegeben. Sonst feilschen wir aber um jedes Grad und vergleichen unsere Wetterapps.

Manchmal denke ich mir, es ist so unnötig, wegen so einem Schwachsinn zu diskutieren, andererseits finde ich dann wieder, besser über sowas als über wirklich wichtige Dinge. Harhar.