almis personal blog

Sommergeräusche/ Abschiedsgeräusche

Wenn ich im Sommer nicht im Garten bin, sondern in der Wohnung, wie jetzt gerade und eine Menge Urlaubswäsche wasche, dann kann ich am Balkon Sommergeräusche hören. Manche Sommergeräusche sind bei näherer Betrachtung eigentlich Abschiedsgeräusche. Wie ich das meine?

Also beispielsweise höre ich sehr oft das Geräusch von Rollwagerln, die gezogen oder geschoben werden, das ergibt ein doch auffälliges Holpern, an unserem Kopfsteinpflaster-Gehweg. Und solange ich nicht vom Schreiben aufschaue – so wie John Boy Walton damals in Unsere kleine Farm in Erwartung eines Radiogerätes – kann ich nicht wissen: ist das jemand, der auszieht und seine Möbel auf derartige Weise transportiert oder sind das Menschen, die auf Urlaub fahren und ihre Trolleys nachziehen.

Zugegebenermaßen ist es öfter letzteres, immerhin haben wir Juli, und es ist ein ständiges Abreisen und wieder heimkommen; aber es wird doch auch wieder reichlich ausgezogen, für immer, hier bei uns. Schon wieder eine Familie aus der “Stammbelegschaft”, also den Menschen, die von Beginn an hier wohnen, in diesem Fall sogar eine Eigentumswohnung besessen haben, was ja nach “gekommen, um zu bleiben”, klingt. Aber nun haben sie es sich anders überlegt, und ziehen anderswohin, um dort zu bleiben, vielleicht zumindest. Und ich muss aufpassen, dass das kein sentimentaler “the times, they are changing” Text wird.

Eine Familie mit drei Kindern zieht aus, mit denen ich anfangs doch relativ viel zu tun hatte. Denn wenn man einzieht, in so ein offenes Haus, wir übrigens im Hochsommer 2013, wo sich alle andauernd im Hof treffen und nichts von der sonstigen Anonymität der Großtsadt zu merken ist, denkt man, das sind alles potentielle neue Freunde, mit denen man viel teilen wird. Und das ist auch so, viele Nachmittage lang. Aber letztendlich werden die Kinder größer und wir alle sind nicht mehr sooft im Hof, und plötzlich lebe nicht nur ich ein völlig anderes Leben als ich das 2013 vermutet hätte, sondern die anderen offenbar auch.

Im Hochsommer ist es ist zu heiß für trübe Gedanken, das macht Abschiede vielleicht einfacher.

Auszeit

Diese Woche hab ich mich mit einer anderen Frau getroffen: genauso alt wie ich, ein Kind in meinem Alter, berufstätig und sie hat mir gesagt: “Ich war am Meer und habe mich in den Sand gesetzt und einfach aufs Wasser geschaut, zwanzig Minuten, eine halbe Stunde. Sonst hab ich nichts gemacht. Bis mein Vater gekommen ist und mich gefragt hat, ob alles in Ordnung ist. Und es war alles in Ordnung, ausgenommen die Tatsache, dass ich komplett leer war.”

Ich konnte sie so gut verstehen. Mein Kind war jetzt seit fast zwei Wochen auf Urlaub, ich hatte also “frei”, und ich kenne das Gefühl, einfach nur vor mich hinschauen zu wollen. Das ganze Schuljahr läuft irgendwie getaktet, sechs Uhr aufstehen, Frühstück machen, Kind im Zeitplan halten, Kind verlässt das Haus, Lohnarbeit, einkaufen gehen, Kind kommt wieder, Essen machen, Hausübungsbeaufsichtigung, Lernbeaufsichtigung, emotionale Befindlichkeiten des Kindes abholen, Schultasche neu packen, diversen Nachbarkindern und Freunden Türen öffnen, Türen wieder schließen, nochmal Lohnarbeit, Abendessen, Schlafengehen-Verhandlungen mit dem Kind, um 21.30 Uhr möchte man dann auch gleich schlafen. Fakultativ wird man nachts wegen Bauchweh, schlechtem Traum, Insekt im Zimmer, nicht schlafen können usw. geweckt, oder weil überall in der Wohnung das Licht brennt.

Es ist schon erholsam, und gleichzeitig ungewohnt, einfach mal gar nichts zu müssen, vor allem nicht dauernd dran zu denken, was alles zu bedenken ist. Mental Load nennt man das ja neudeutsch. Ja, die Gefahr ist da, sich dabei zu verlieren. Nur noch erschöpft zu sein, vom ganzen Organisieren und Funktionieren. Auch wenn es Jammern auf hohem Niveau ist.

Aber es ist wichtig, an sich zu denken, etwas für sich zu machen, sich selbst wieder zu spüren, als man selbst, einfach nur als Mensch, als Frau, mit seinen eigenen Emotionen und Befindlichkeiten, Wünschen, Sehnsüchten und Hoffnungen. Und zwar ohne ein schlechtes Gewissen deswegen zu haben, gerade nichts anderes zu machen, als sich auf sich selbst zu konzentrieren. Ich konnte das jahrelang ziemlich schlecht. In der letzten Zeit gelingt mir das viel besser als früher. Und es bringt mir neue Lebensqualität.

Und es ist gut, mit anderen Frauen zu reden, und sich darüber auszutauschen.

Was Oma noch wusste

Aus der Rubrik: Was Oma noch wusste.

Wer kann sich tatsächlich noch daran erinnern, dass Conchita Wurst 2012 im ESC Vorentscheid Österreich rockt den Song Contest Zweite hinter den Trackshittaz mit Woki mit deim Popo wurde? Ich habe das wirklich komplett vergesen! Der Song war – ähnlich wie Rise like a Phoenix – ein Selbstermächtigungssong und hieß That’s what I am und war gar nicht so schlecht.

Die Trackshittaz sind nicht ins Finale gekommen, zweifelsohne war es aber gut so, dass Wurst sich damals nicht durchsetzen konnte, denn Marco Schreuder und Konsorten (in dessen Merci Cherie Podcast mir das ganze wieder in Erinnerung gerufen wurde) waren sich einig, dass 2012 das Jahr von Loreen und Euphoria war und, dass niemand anderer in diesem Jahr gegen dieses eine Chance gehabt hätte.

Interessantes Detail am Rande: Beim Merci Cherie Podcast werden alle Gäste nach ihrem all time favorit ESC Song gefragt und erstaunlich viele Menschen antworten darauf “Euphoria”. Und oft auch, dass sie dieser Song wieder zurück zum ESC gebracht hat.

Schmidt ist back

Nach langer Zeit hört und sieht man wieder einiges von Harald Schmidt, was ich als früher eingefleischter Fan ja sehr erfreulich finde.

Er schafft es ja auch immer noch mühelos, mit einer achtlos hingeworfenen Bemerkung, übrigens bei einem Interview auf ORF3, einen Shitstorm zu generieren, dabei hatte er doch selbst am Ende des Interviews gesagt, er ist schon gespannt, was seine Aussagen diesmal für Wellen schlagen werden. Hint: Nehmt das doch alles nicht so wirklich ernst. Oder: Nehmt es ernst und amüsiert mich mit eurer aufgeregten Empörung.

In einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung exerziert er geradezu vor, was von seinen Aussagen zu halten, respektive ernst zu nehmen ist, als ihm die Frage gestellt wird: “Wie hat sich das lineare Fernsehen Ihrer Meinung nach verändert? Zum Guten, zum Schlechten – hat es sich verändert?” Und er daraufhin antwortet:

“Ich habe da jede Meinung im Reportoire, welche wollen Sie hören?

Variante 1: Das Fernsehen ist am Ende. Aus, Schluss, vorbei.

Variante 2: An einem stinknormalen Wochenende gucken 30 Millionen Deutsche ZDF, ARD und was auch immer. (…) Ich lebe wahnsinnig gut davon, permanent im Fernsehen zu verkünden, dass das Fernsehen am Ende ist.”

Er glaubt im übrigen nicht mehr, dass Late Night in Deutschland je wieder funktinonieren wird, niemand tut sich das täglich an und Late Night ist für ihn täglich, auch dann, wenn nichts los ist. Denn da fange ja erst der Job an. Wenn Trump was tweetet oder AKK eine unmögliche Aussage raushaut, das wäre ja dann sowieso einfach. In seiner Show – man erinnert sich – gab es ja 30 Minuten Beiträge mit Themen wie “Andrack baut ein Ikea Regal auf” oder “Helmut Zerlett zieht seinem Porsche Winterreifen auf.”

Das fand ich ja auch am besten bei der alten Harald Schmidt Show, den Dadaismus. Dinge wie eine Show komplett auf französisch zu senden (ich musste dann trotzdem abschalten, weil ich die Sprache nicht kann), eine Sendung mit dem Rücken zum Publikum zu moderieren oder mit Playmobilfiguren die Geschichte von Ödipus darzustellen. Manches strapazierte die Nerven der Zuschauer ganz gewaltig, manches ging auch total in die Hose, aber die Idee und der Anspruch dahinter, das hat mich immer interessiert.

Eine sexuelle Biografie

Auf fm4 hab ich zufällig eine Rezension zu Doris Anselm Roman Die Hautfreundin. Eine sexuelle Biografie gelesen. Und hab mir gedacht, das Buch muss ich haben.

Ich habe schon sehr lange kein Buch mehr gelesen. Weil mir die Ruhe dazu gefehlt hat. Weil meine eigenen Gedanken zu laut waren, mich abgelenkt haben, von dem, was mir ein Autor erzählen will. Frau Anselm hat es geschafft, meine Aufmerksamkeit nicht nur zu erregen, sondern auch zu halten. Ich habe Die Hautfreundin innerhalb von zwei Tagen ausgelesen.

Eine sexuelle Biografie – nun ja, das liest sich erstmal etwas verrucht. Was ist das, ein Porno zwischen zwei Buchdeckel? Nein, ganz und gar nicht. Obwohl es natürlich schon darum geht, dass die namenlose Protagonistin ihre erotische Biografie vor der*m geneigten Leser*in ausbreitet. Die Protagonistin lebt in keiner Beziehung, sondern hat wechselnde Partner, mit denen sie Sex hat. Aber es ist nicht nur anonymer, beiläufiger Sex, das wäre ja auch sehr langweilig zu lesen.

Es sind tatsächlich Begegnungen, die wenn auch nicht auf Liebe beruhen, dann zumindest auf einer gewissen – sexuellen – Verbindung, auf starker körperlicher Anziehung, auf der Lust, miteinander eine kleine Geschichte zu schreiben. Es ist sinnlich und teilweise auch explizit, manchmal aber auch voller schwer aufzulösender Umschreibungen, dass man gar nicht so genau weiß, was da nun im Detail passiert ist. Und das macht das Buch natürlich auch spannend und lässt viel Spielraum für eigene Fantasien.

Doris Anselm spricht eine betörende Sprache. Und sie findet Formulierungen, die weder harmlos-blumig sind, noch derb-explizit. Sie beobachtet ganz genau, wenn sie schreibt: “Kommen. Ich will kommen und ich will ihn kommen sehen. Ich will wissen, ob es verschiedene Orte sind, an die wir gelangen.” Oder: “Ich wand mich hilflos unter seiner Berührung, presste das Gesicht ins Kissen und stöhnte immer wieder, ein Stöhnen das mir völlig fremd war (…) unsagbar peinlich und so geil wie kein Geräusch, an das ich mich erinnere.”

Oder, etwas aus dem praktischen Leben, was wir, sind wir uns ehrlich in der einen oder anderen Form alle kennen, den Kopf verlieren und dabei doch noch irgendwie an mögliche Konsequenzen denken; und überlegen, wie weit man jetzt tatsächlich gehen will, wenn man sich zwingt, noch schnell einen klaren Gedanken zu fassen. Im Buch ist das Sex auf einem Parkplatz, auf den die Protagonistin nicht vorbereitet war (ergo keine Verhütungsmittel zur Hand sind): “Gut, vielleicht hätte man bei uns damit rechnen können. Rechnen müssen. Also rechne ich jetzt, ich verrechne alles Mögliche miteinaner, Zyklusphase, Risiko, Pauls mutmaßliche sexuelle Vorgeschichte und die Minuten, die uns bleiben, bevor das zu spät kommen auffällig wird.”

Anselm gibt ihrer Protagonistin eine selbstbestimmte, feministische Stimme, sie lässt sie ein erfülltes, üppiges Leben führen, ein Leben, dass Frauen vor einiger Zeit in der Art und Weise noch nicht hätten führen können, ohne zumindest schief angeschaut zu werden. Ihre Protagonistin darf nicht nur glücklich sein, sie darf geil sein und sie darf alles darüber erzählen, was sie möchte, wie sie es möchte – und wir LeserInnen sollen sehen und spüren, das es vollkommen in Ordnung so ist. Und, dass wir das selbst auch dürfen. Auch wenn es uns vielleicht nicht gelingt, so schöne Worte dafür zu finden.

Mamma Maria

Es gibt ja dieses Märchen oder die Legende, dass eine Katze drei Vornamen hat, und wenn sie irgendwo liegt und versonnen in die Gegend schaut, dann denkt sie darüber nach, welche es waren.

Mir geht es immer so mit Liedern, die irgendwo zu mir her wehen und dann denke ich daran, dass sie vor 30, 35 Jahren aus dem Küchenradio bei meinen Eltern kamen und ich grüble nach ihren Namen. So ging es mir vorige Woche in Bibione, mit dem Song (wie ich mittlerweile weiß) Mamma Maria von Ricchi e Poveri.

Ein unwiderstehlicher italienischer Ohrwurm aus dem Jahr 1982, da war ich sechs Jahre alt. Lyrcis-mäßig ist er quasi die etwas klamauike Version von Que sara, sara von Doris Day, in dem es ja darum geht, was wird die Zukunft bringen. Bei Mamma Maria geht es auch darum, allerdings geht man dafür in Italien zur (windigen) Wahrsagerin. Die soll einem schöne Dinge prophezeien, zum Beispiel: “Sarebbe bello se fosse un re”: “Es wäre doch schön, wenn ich ein König sein könnte”. Aber es soll auch wahr sein, nicht nur gefällige Worte.

Ja, ja, die Italiener…

Architekturwochenende, Teil 2

Der zweite Tag des Wochenendes startete mit einem gemütlichen Frühstück und einem Frühstücksgespräch mit einem Bürgermeister der Gegend. Anschließend machten wir einen Spaziergang zum Stift Geras, bevor es zum ersten Programmpukt ging, eine Weinverkostung in der Kellergasse von Platt. Ich mache mir nicht viel aus Wein/kenn mich nicht aus, aber es war dennoch stimmungsvoll, in diesem besonderen Ambiente:

Endlich lernte ich auch jemanden aus der Gruppe kennen, der genauso ahnungslos von Achitektur war wie ich. Es waren ja fast nur Architekten, Kunsthistoriker, Denkmalschützer und Aficionados ähnlicher Prägung dabei. Eigentlich war nach der Weinverkostung die Wildmühle in Retz geplant, wurde dann aber kurzfristig gecancelled. Und wer war darüber am meisten enttäuscht? Die Achitektur-Nackerpatzerl natürlich, also wir beide. Für alle anderen war das wahrscheinlich eh zu banal. Harhar.

Wir wurden aber durch den Besuch von zwei weiteren Schüttkästchen – in Drosendorf und Primmersdorf entschädigt. Die Besitzer hätten nicht unterschiedlicher sein können. Der Schüttkasten Drosendorf ist um ein vielfaches größer als der andere, und der Besitzer ist ein ehemaliger IT-Manager, der dort einfach alles aufbewahrt, an Materiellem, was ihm wichtig ist. Und das ist ganz schön viel. Hier der echt eindrucksvolle Schüttkasten, dramatisch in Szene gesetzt von einer Gewitterwolke, die Gott sei Dank nicht ernst machte:

Die Besitzerin der Miniaturausgabe dieses Schüttkastens, eine ehemalige Textildesignerin, war ganz anders drauf, der Schüttkasten Primmersdorf deshalb so gut wie leer, nur spärlich und geschmackvoll mit Bildern eingerichtet. Anschließend ging es zum Mittagessen nach Drosendorf. Wie immer bei der ganzen Reise waren wir etwas zu spät dran. Es war dennoch gemütlich und lustig.

Nach dem Essen kam die Sonne wieder zum Vorschein und wir fuhren nach Gars am Kamp, wo wir uns die Villa Gretel ansahen, die nach Skizzen des beürhmten Architekten Josef Hoffmann gebaut wurde. Es war wunderschön, bei angenehmen Wetter durch den weitläufigen Garten zu schlendern.

Dann kam für einige – auch für mich – das Highlight der ganzen Exkursion, die Besichtung von Schloss Buchberg, in Buchberg an der Kamp. Der Besitzer, Kunsthistoriker und Museumsentwickler Dieter Bogner, führte uns eine Stunde durch das malerische Gemäuer, dass er für Installationen von namhaften Künstlern nutzt. Faszinierend und magisch. Erfreulicherweise hat jemand, als wir uns eine Toninstallation im Innenhof anhörten, gesagt: “Schau, den Schwalben gefällt es auch.” Weil deswegen habe ich nach oben geschaut und dieses Foto gemacht:

Ich finde das Blau des Himmels, dass sich von dem alten Gemäuer abhebt, einfach atemberaubend.

Hier noch ein weiterer Innenhof des Schlosses:

Dann der vorletzte Programmpunkt: Baden im Flußbad Plank an der Kamp. Ok, gebadet haben nicht alle, auch ich nicht, wir haben Aperol Spritz getrunken, nach einem Glas war ich ziemlich betrunken (bei mir geht das recht schnell) und weiter gings zum Heurigen. Harhar. Erst bei der Anfahrt zu diesem begann es zu regnen, obwohl es ja den ganzen Tag schon angesagt war – so ein Glück!

Bei ziemlich interessanten Gesprächen und diversen Heurigenspezialitäten klang das Wochenende aus. Facebookseiten und Telefonummern wurden dann am Weg zurück nach Heilgenstadt auch noch ausgetauscht – schön, sehr schön wars!

Architekturwochenende, Teil 1

Jetzt war ich einige Tage am Meer und habe ein Architekturwochenende mit ORTE – Architekturnetzwerk NÖ hinter mir. Auch wenn ich eine der wenigen (ich glaube, wir waren zu zweit harhar) bei dieser Gruppen-Wochenendreise war, die eigentlich keine Ahnung von Architektur haben, war es ein eindrucksvolles und wunderbares Wochenende. Thema war Historisches NÖ – Wald und Weinviertel. Es war bereits die dritte Veranstaltung in dieser Reihe. Fachlich kann ich, wie erwähnt, wenig sagen, aber ich kann ein paar Fotos zeigen, von meinen persönlichen Highlights.

Gestartet haben wir in Ziersdof beim Konzerthaus, von dort ging es nach Fahndorf, wo wir das Haus eines Architektenehepaares (propeller z) auch innen besichtigen durften. So beeindruckend das Haus auch anzusehen war, abgesehen davon, dass ich eine gewisse Scheu verspürte, die Privaträume eines mir unbekannten Ehepaares zu betreten, war mir das alles auch etwas zu sehr Hipster; mir wäre es etwas zu gestylt zum Wohnen, es wird nichts dem Zufall überlassen, sowohl architektonisch wie auch athmosphärisch, und aber ich bin ja eben auch keine Architektin.

Der Blick ins Land ist jedenfalls sehr idyllisch:

Nach dem Besuch einer Getreidemühle, die von einem Ton-Raumkünstler als Atelier genutzt wird und dem Mittagessen im Sonnentor Restaurant in Sprögnitz, haben wir uns die Eisenbergerfabrik in Gmünd angesehen. Eigentümer Richard Pils ist ein origineller und engagierter Verleger, dem man eigentlich stundenlang zuhören könnte.

Während der Busfahrt haben wir – ausschnittsweise – einen echt deprimierenden Film von Nikolaus Geyrhalter gesehen Über die Jahre. Er erzählt über die Schließung der Anderlfabrik in Schrems, und begleitet einige der nunmehr Arbeitslosen auf der Sinnsuche nach dem Wegfall ihrer oft jahrzehntelangen Tätigkeit dort. Ja, das Thema ist nicht lustig, aber die Herangehensweise von Regisseur Geyrhalter an die Thematik macht die Sache nicht besser, im Gegenteil: Im Stil von Ulrich Seidl und Elisabeth T. Spira breitet sich eine allumfassende und schwer zu ertragende Tristesse beim Zuseher aus. Der tatsächlich Besuch bei dem mittlerweile sehr heruntergekommenen Fabriksbauten war dagegen fast heimelig und behaglich. Die (halb)verfallenden Bauten haben einen ganz eigenen Charme.

Zum Abschluss des Tages haben wir ein Baumhotel besucht, das sich Baumhaus Lodge Schrems nennt. Für eine Auszeit (ab 18 Jahren) kann man sich eines der Baumhäuser mieten und fernab der Zivilisation (naja more or less) in den Baumkronen longieren. Ganz billig ist es nicht, richtet sich aber auch an das Zielpublikum gestresste Urbanists-DINKs.

Das Abendessen wurde dann im Schüttkasten Geras eingenommen, wo wir auch übernachtet haben. Mir ist der Begriff Schüttkasten an diesem Wochenende das erste mal begegnet, es bedeutet Getreidespeicher. Davon gibt es einige in Niederösterreich (und am 2. Tag der Exkursion haben wir noch zwei besichtigt); oft ist die Frage “Erhalten ja, aber was macht man daraus?” Ein Hotel ist eben eine der möglichen Antworten darauf, ob die schlüssigste, ist jetzt nicht ganz zweifelsfrei zu sagen, denn den tatsächlichen Charakter riesiger Räume empfindet man bei einer Nutzung als Hotel natürlich nicht mehr, dazu kommen ziemlich winzige Fenster und somit wenig Licht/Ausblick, was für einen Getreidespeicher ja egal ist, für einen Hotelgast unter Umständen nicht.

Aber geschlafen hab ich nach diesem ereignisreichen Tag auf alle Fälle super, dort.

Bachmannpreis

Heute startet der Bachmannpreis. Ja eh. Super timing.

Ist ja nicht so, dass letzte Schulwoche wäre – Kind(er) – also Kind plus diverse Schulfreunde, denen allein fad ist – also viel früher zuhause, dass man alles mögliche noch erledigen will, vorm Kurzurlaub und dann vorm auch länger weg sein, eine Arbeitsdeadline einhalten zum Beispiel und, dass man Berge an Wäsche wascht und to do listen schreibt und abarbeitet. Ich freu mich schon auf meine Pension, wenn ich tagelang am Sofa herumliegen werde und Bachmannpreis schauen kann.

Davon wollt ich aber gar nicht schreiben, sondern über Daniel Heitzler. Oder lasst mich anders beginnen. Vor kurzem ging es auf twitter darum, was man arbeiten würde, wenn Geld keine Rolle spielt. Ich habe daraufhin Schriftstellerin geschreiben, wie auch noch eine twitter-Bekannte von mir. Und dann, einige Tage später wies sie mich darauf hin, dass wir super Chancen haben, denn Daniel Heitzler, der diese Jahr beim Bachmannpreis liest, hat bislang nichts veröffentlich, und keine Stipendien oder Preise bekommen. Er ist, zugegebenermaßen, auf twitter und sein bislang einziger Tweet lautet:

Ich finde das ehrlich gesagt großartig. Das befreit uns alle vom Leistungs- und Anerkennungsfetisch.

The sky is the limit

Schuljahresende ist immer eine besondere Zeit. Aufregend, erleichternd, aber auch irgendwie melancholisch zwischendurch.

Als ich ein Kind war, ging ich immer direkt nach der Zeugnisverteilung zu meinen Großeltern – wo ich ohnehin die meiste Zeit meiner Kindheit verbrachte – und es gab immer Eiernockerl und Cola und Schokolade, und dann hab ich mich auf ihren Balkon gesetzt und gelesen. Einmal, als ich schon eine Jugendliche war, wollte mich eine Freundin am Zeugnistag zu einem Ausflug mitnehmen, ich habe aber abgelehnt, weil ich meinen Zeugnistag so begehen wollte wie immer. Ja, ich war ein fades Kind. Aber für mich war es wichtig. Und als sie mir nachher sagte, ich hätte was verpasst, weil Fiakerfahrt und pipapo, dachte ich: nein, hab ich nicht. Manchmal hab ich das Gefühl, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, auch wenn gar nichts großartiges passiert und wenn ein Schuljahr zuende ging, dann war der richtige Ort einfach immer bei meinen Großeltern.

Wenn man selbst ein Kind hat, wechselt die Perspektive, nicht unbedingt die Gefühle. 2014, beim Kindergartenabschied, haben die Kinder gesungen und getanzt und Absolventenhüte bekommen; wir haben der Pädagogin ein Fotobuch geschenkt und sie hat geweint, wie die meisten Mütter auch, sogar die, von denen ich es nicht gedacht hätte, nur ich nicht. Obwohl es schon sehr emotional war. Es war eine Zeit in meinem Leben, wo ich einfach nicht hätte weinen können und wollen. Und ich hab mir gedacht, wow bin ich stark, und vielleicht war ich das, vielleicht aber auch nicht.

2018, beim Volksschulabschied, war das ganz anders. Das letzte Volksschuljahr des Kindes war aus diversen Gründen eine große Herausforderung für mich, und in der Nacht vorm Zeugnis hab ich fast nicht geschlafen; ich hatte das Gefühl, ein riesiger Elefant sitzt auf meiner Brust und wartet nur darauf, endlich hinunter gestoßen zu werden. In der Schule war ich dann immer knapp vorm Tränenausbruch, weil ich auch viel Zeit mit der Klasse verbracht hatte, bei diversen Ausflügen und Veranstaltungen, aber das war nur ein Teil der Geschichte. In meinem Kopf herrschte ein derartiges Chaos, wie in einer Lade, in die man, in Erwartung eines Besuches, alles hineingeworfen hatte, was so draußen herumlag. Das anschließende Hinausgehen aus der Schule war wie der Beginn eines neuen Lebens, auch für mich. Es war ungewiss, aber auch befreiend.

Irgendwann, wenn das Kind maturiert, vielleicht in 7 Jahren, da wird alles wohl noch krasser, dann lässt man die Schule nochmal hinter sich und noch mehr, die Kindheit das Kindes, auf gewisse Weise, und selbst auch einen Lebensabschnitt, ohne zu wissen, was als nächstes auf eine zukommt. Vielleicht werde ich mich und mein Leben dann schon besser verstehen. Vielleicht aber auch nicht.