almis personal blog

Sing Sing

Sing Sing, ein Film unter der Regie des mir bisher unbekannten Greg Kwedar, behandelt das Theater-Rehablitationsprogramm im gleichnamigen Hochsicherheitsgefägnis nahe New York. Ich habe das ja sehr gerne, wenn es im Film um Kunst geht, wenn Charaktere sich wie auch immer künstlerisch betätigen.

In Sing Sing ist der Quasi-Vorstand und auch Autor der Theater AG der vermutlich zu Unrecht einsitzende John Divine G (Colman Domingo), mit einigen Mitinsassen arbeitet er an einem neuen Stück, einer vom Regisseur selbstgeschriebenen Komödie. Im Laufe der Proben und mittels der dazu erforderlichen Improvisationen lernen wir die einzelnen Teilnehmer des Programmes besser kennen und damit auch ihre problematische Vergangenheit. Vor allem der Neuzugang Clarence “Divine Eye” Maclin (als er selbst) tut sich schwer, sich in dieser für ihn komplett neuen Welt zurechtzufinden…

MÖGLICHE SPOILER

Puh, wo soll ich anfangen. Vielleicht bei meiner Befürchtung, dass der Film nicht den richtigen Ton trifft, der bei dieser Thematik zugegebenermaßen auch nicht allzu leicht zu treffen ist.

Denn natürlich kennen wir das schon, die Betrachtung einer marginalisierten – hier auch gesellschaftlich geächteten – Gruppe, die mithilfe der Kunst eine gewisse Karthasis erlebt. Erschwerend kommt bei Sing Sing noch dazu, dass die Gruppe aus (vornehmlich schwarzen) Gefägnisinsassen besteht, und somit den gängigen Gefängnisklischees Tür und Tor geöffnet sind. Und, das ist jetzt das ganz komische, diese Klischees sehen wir hier kaum und das noch merkwürdigere: Auch das finde ich irgendwie problematisch harhar. Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll, natürlich bin ich irgendwie froh, dass die übliche Gefängnisgewalt, die Brutalität, die Schreierei, der Schmutz und Grind des Gefängnislebens hier kaum abgebildet wird, aber auch das wirkt eben nicht ganz glaubwürdig.

Das Wachpersonal ist ebenfalls die meiste Zeit abwesend. Die Menschen hier, die in einem Hochsicherheitsgefängnis einsitzen, also mindestens einen Mord begangen haben, streifen so locker lässig durchs Gebäude als wären sie in einer Kuranstalt. Niemand scheint besonders auf sie zu achten. Einmal wird immerhin das Zimmer von Divine durchsucht und als er zurückkommt, soll wohl eine arge Unordnung suggeriert werden, tatsächlich schaut es auf seinem Schreibtisch aber nicht viel anders aus als auf meinem eh immer, harhar. Man könnte sagen, hier geht es nicht um diese Dinge, um das Leben im Gefägnis und die Schwierigkeiten, die dieses Leben begleiten, sondern hier geht es um den quasi Ausbruch in die Welt der Kunst. Aber dann hätte ich persönlich dem ganzen Film einen anderen Look gegeben, irgendwie viel artifizieller, um ihn von “normalen” Gefängnisfilmen abzuheben.

Auch bei den Darstellern gibt es ein gewisses Problem. Colman Domingo, ein bereits vor diesem Film Oscar-nominierter Schauspieler, spielt hier fast ausschließlich mit Laien. Das ist nämlich der Clou des Films, der kein Geheimnis ist, aber erst am Ende des Films richtig offenbart wird: Die meisten Männer hier spielen sich selbst oder ein fiktionalisiertes Selbst. Es sind Straftäter, die über die Kunst wieder in ein normales Leben integriert werden konnten. Sie sind alle keine ausgebildeten Schauspieler. Ich will damit nicht sagen, dass sie schlecht spielen, gar nicht. Nur die Vibes zwischen dem zum Overacting neigenden Domingo und diesen “real Dudes” stimmen halt irgendwie nicht wirklich. Dazu gesellt sich dann gedanklich der Subtext, ein Hollywood-Schauspieler “lernt” jetzt den Knackis wie man “richtig” schauspielt.

Tatsächlich hat mir aber der Aspekt, dass Ex-Gefangene im Theaterspielen einen neuen Lebensinhalt und auch einen Weg gefunden haben, mit ihrer Schuld fertig zu werden, am besten an diesem Film gefallen. Auf eben diesen Aspekt verlässt sich dieser Film aber auch (zu) sehr und bleibt so ziemlich “middle of the road”, ohne großartige Wagnisse oder Erkenntnisse. Gelernt habe ich aber trotzdem etwas, nämlich, dass sich die Insassen nicht mit N**** ansprechen dürfen und sich stattdessen “Beloved” nennen.

Karwoche

Die Osterferien sind ein bisschen ein “Struggle” zwischen: Halbwegs ausschlafen wollen, arbeiten, Unternehmungen mit Kind und me time.

Gestern sah das so aus, dass ich am Vormittag an neuen Interviews gearbeitet habe; es wird wieder einen Film geben, ein historisches, aber gleichzeitig auch sehr aktuelles Thema (mehr darf ich noch nicht verraten) und es sind englische Interviews, das ist eine schöne Herausforderung für mich, inhaltlich und auch sprachlich. Dann gab es ein spätes Mittagessen, das Kind hat gekocht und anschließend bin ich ins Kino gefahren. Am Weg dorthin, habe ich am Ostermarkt vorbeigeschaut.

Ostermarkt auf der Freyung am 14. April

Ich bin für euch zum Ostermarkt auf der Freyung (und am Hof) gefahren, damit ihr das nicht müsst. Nein, er ist eh schön, vor allem die wirklich kunstvollen so unterschiedlich gestalteten Ostereier, aber es ist auch ein irres Geschiebe und Gedränge und wenn ich Saufstandeln will, dann ist mir Punsch lieber als die Champagnerbar am Hof. harhar.

Beschriebene Eier gefallen mir sehr gut – hier handelt es sich natürlich um Gebete
Kreative verzierte Eier in allen Variationen
Noch mehr sehr farbenfrohe Eier in der Frühlingssonne

Leider hab ich keine fancy Autos für das Kind fotografieren können, wie den derzeit in Wien befindlichen Bugatti, nur normale Angeberautos, harhar. Falls wer den Bugatti findet, bitte sagt Bescheid!

Danach war ich im Votivkino und habe mir Sing Sing angesehen. Eine eher ambivalente Erfahrung – zwar schon “okay-ish”, wie auch schon vorige Woche Altweibersommer, aber irgendwie hat mir bei beiden Filmen was gefehlt. Auf letterboxd hat jemand als Review zu Sing Sing nur geschrieben “Black Poets Society”und das passt sehr gut, es gab einen Moment, wo ich dachte, dass die handelnden Personen – Gefägnisinsassen und POC – gleich auf ihre Sesseln steigen. Ich werde dazu noch mehr schreiben.

Jedenfalls wars ein angenehmer Tag, der mich etwas beruhigt hat. Seit der Sendung von Mittwoch fühle ich mich ein bisschen aufgewühlt. Hätte ich mir denken können, ist aber auch ok.

Adolescence, weitere Gedanken

Gestern habe ich die dritte Folge Adolescence gesehen. Ja, das hat jetzt lange gedauert, weil es mich irgendwie viel Überwindung kostet, diese Serie anzuschauen. Auch diese Episode – im Prinzip ein langes Gespräch zwischen dem in Untersuchungshaft befindlichen Jungen Jamie und einer forensischen Gutachterin – hat mich leider gar nicht überzeugt.

Eines der Probleme, das ich mit dieser Serie habe ist, dass ich nicht das Gefühl habe, dass mir wirklich eine Geschichte erzählt wird. Mir fehlt die Backstory, die mir erklärt, was im Leben von Jamie so dermaßen falsch gelaufen ist, dass er (mutmaßlich) eine schwere Straftat verübt. Ich habe das Gefühl, dass mit dieser Serie eher eine Agenda vertreten werden soll und zwar die Agenda von toxischer Männlichkeit, die primär durch Social Media getriggert wird.

Und bevor mich jetzt jemand Verschwörungstheoretikerin nennt, der Schöpfer der Serie, Jack Thorne selbst fordert aufgrund seiner eigenen (fiktiven!) Serie ein generelles Social Media Verbot für Jugendliche. Das mag erklären, wieso die Hauptfigur Jamie in der Serie sehr junge 13 Jahre alt sein muss und nicht etwa 17 (was plottechnisch um einiges plausibler wäre), nämlich weil man fast-Erwachsenen nicht mehr sehr viel verbieten wird können.

Mir wurde von einem Freund die Aussage einer Psycholgin auf Insta geschickt, die ich sehr nachvollziehbar finde, sie schreibt nämlich, was sie von Jugendlichen, die in ihre Beratung kommen, nicht hört: “I was feeling great, then I saw something on social media, and out of nowhere, I wanted to hurt myself or someone else.” Stattdessen höre sie von den Problemen, die Jugendliche in ihrem Leben haben, Schwierigkeiten mit den Eltern, mit dem Umfeld, zu viel Druck von außen, zu wenig Verständnis für sie als Menschen.

Das Problem, so die Psychologin weiter, sei nicht Social Media per se, so wie es früher nicht Comicbooks (ja auch das war mal eine Bedrohung), das Fernsehen oder Videospiele gewesen seien, sondern, dass die Jugendlichen, die sich alleingelassen und die unglücklich fühlen, natürlich dann für äußere Einflüsse negativer Art empfänglicher seien. Aber ansetzen müsse man anderswo, denn die Gefahren von außen seien austauschbar und auch unvermeidbar; Verbote hin oder her. Ich persönlich denke ohnehin, dass Verbote die Dinge immer nur noch interessanter machen.

Die Art und Weise wie man diesen Gefahren und generell allen Herausforderungen des Lebens gut gegenübertreten könne, nämlich als Person, die sich an-, ernstgenommen und gehört fühlt, das sei der wirkliche Schlüssel. Unterschreib ich.

Frühstück Palmenhaus

Gestern waren L. und ich zur Feier des Osterferienbeginns im Palmenhaus frühstücken (unbezahlte Werbung). Passenderweise war es auch endlich mal wieder sonnig und warm – wenn auch sehr windig.

Palmenhaus und Burggarten in der Vormittagssonne

Ich war davor erst einmal im Palmenhaus, das liegt schon viele Jahre zurück, ich habe mich da mit der Lektorin getroffen, die mein Buch Geboren in Bozen für mich korrekturgelesen hat. (unbezahlte Werbung, harhar)

Ein normaler Morgen in der Wiener Innenstadt, wo einfach “random” die Lippizaner an einem vorbeireiten

Es ist ratsam, einen Tisch zu reservieren, weil zur Öffnung um 10 Uhr schon relativ viele Touristen in Warteposition lauern. Die Frühstücksauswahl ist jetzt nicht extrem groß – aber es gibt das übliche, Wiener Frühstück, was mit Ei, was mit Lachs, was gesundes und anscheinend einen kleinen Ziegenkäseschwerpunkt. Und Torten! Jedenfalls hat es sehr gut geschmeckt und wurde stilvoll serviert. Außerdem hat man dabei, wenn man am Fenster sitzt wie wir, einen schönen Ausblick ins Grüne.

Haferflocken mit Joghurt und Obst, Rührei mit Beinschinken

Danach sind wir noch über den Heldenplatz in die Innenstadt gegangen und von dort zu Fuß bis Wien Mitte. Also ganz viele Schritte gemacht und uns wie immer sehr gut unterhalten.

Die Wertung

Gut geschlafen und schön geträumt nach der Sendung gestern. War dann endlich motiviert für meine diesjährige Wertung für den Merci Chéri Podcast.

Leider musste ich auch gleich die goldene ESC Regel brechen, die bekanntermaßen lautet: You cannot vote for your own country. Harhar. Aber erstens darf man das bei Merci Cherie, und zweitens ist Wasted Love einfach dieses Jahr wirklich meine unangefochtene Nummer eins, also 12 Punkte.

10 Punkte gehen an Tschechien, ADONXS mit Kiss Kiss Goodbye. Ich verstehe zwar den “Plottwist” mit dem Dancebreak nicht, aber sonst finde ich den Song schön vielschichtig und er setzt sich mal wieder mit den beim ESC oft behandelten “Daddy Issues” auseinander. Lieder über den Vater gabs in den letzten Jahren so einige (Ungarn 2017 und 2018, Deutschland 2018, Italien 2019, Niederland 2024, und das sind nur die, die mir spontan einfallen) und jetzt noch eines mehr.

8 Punkte gehen an Italien, Lucio Corsi mit Volevo essere un duro ein süßer, kleiner, bescheidener Italo Popsong.

7 Punkte an Luxemburg, Laura Thorn und La poupée monte le son zwar musikalisch unfassbar outdated, ich höre es aber trotzdem gerne.

6 Punkte an Deutschland, Arbor und Tynna mit Baller. Der Song ist so catchy und wer denkt dabei noch an Melancholia von Lars von Trier? Nur ich? Nämlich wegen der Zeile “Ich krieg wieder diesen Drang, ich will den Weltuntergang”. Außerdem merkt man an zwei Wörtern in dem Text, dass hier Wiener singen und zwar wegen “Gewand” für Kleidung – für Deutsche ist Gewand so was, was der Priester trägt; und wegen “Trottoir”, das habe ich erst im Laufe der letzten Wochen erfahren, dass Deutsche diesen Begriff nicht verwenden. Der Song selbst wird vermutlich leider besser sein als die Live Performance, die Sängerin hatte bisher dasselbe Problem wie “unsere” Pia Maria 2022.

5 Punkte gehen an Aserbaidschan, Mamagama und Run With You. Der für mich beste generische Song dieses ESC.

4 Punkte an Portugal, Napa und Deslocado wegen bodenloser Sperrigkeit in who cares Mentalität.

3 Punkte an Estland, weil der Blödelsong Latte Machiatto von Tommy Cash einer der diesjährigen Blödelsongs ist, die noch einen Mehrwert bieten.

2 Punkte für San Marino, Gabry Ponte mit Tutto l’Italia. Wegen: Tutta l’Italia, hey!

1 Punkt gehen an Malta, Serving von Miriana Conte, schon ganz gut, leider nicht mehr Punkte, weil diese Boss Bitch Attitüde auch schnell nervt.

Fertig.

The dances I’ve had

Heute habe ich jemand sprechen hören, er hat mehr oder weniger dieselben Worte verwendet, die jeder Mensch benützt. Worte, die er in einer anderen Reihenfolge, in einem anderem Zusammenhang auch manchmal nur zu mir gesagt hat, nicht zu allen, in einem gemütlichen Zimmer.

Ich hatte ein bisschen Angst davor, ihn zu hören und auch zu sehen, weil ich weiß, dass mein Herz dann ganz schnell klopft und ich kaum atmen kann, weil alles irgendwie ein bisschen fremd und doch so vertraut ist, weil es gleichzeitig vergangen ist, aber doch immer auch so nah bei mir. Jeden Tag aufs neue, so ist es eben.

Es war aber gut, auch wenn es den einen sensiblen Punkt berührt, aber direkt daneben ist dieser Ort mit den Erinnerungen und den guten Gefühlen, der mich überallhin begleitet.

No matter what, nobody can take away the dances you’ve already had. (Gabriel García Márquez)

The Last Showgirl, zwei

WEITERHIN SPOILER MÖGLICH!

Ich knüpfe gleich da an, wo ich gestern aufgehört habe.

Shelly bedauert also, keine größere Rolle im Leben ihrer Tochter zu spielen, aber es scheint klar, dass sie diese Entscheidung wieder genauso treffen würde, denn es ist auch ihr Leben und ihr Traum. Und das mag ich auch sehr gerne an diesem Film: Es wird nicht ge-“sugarcoated”, dass jederzeit alles möglich ist, und man sich einfach nur richtig anstrengen muss, nein: Manche Entscheidungen werden andere Optionen, die einem vielleicht ebenso wichtig sind, (nahezu) ausschließen, zumindest temporär. Und mit den Konsequenzen muss man dann leben (können). Und darüber gibts nicht zu verhandeln, so ist das nun mal. Diese realistische Abgeklärheit fand ich so wohltuend ehrlich.

Auch ansonsten funktioniert The Last Showgirl für mich hervorragend. Die Darsteller hier sind alle so passend besetzt. Anderson sowieso, auch mit ihrer ganzen Backstory, die man irgendwie mitdenkt. Aber auch Jamie Lee Curtis, die sehr uneitel die immer etwas vulgäre, immer etwas betrunkene Freundin von Shelly spielt, wäre eher in dieser Nebenrolle oscar-worthy gewesen als in Everything Everywhere all at Once. Wie sie eines Tages in dem Casino, in dem sie als Kellnerin arbeitet, einfach auf einen Roulettetisch steigt und selbstvergessen Scheiß-drauf zu Total Eclipse of the Heart von Bonnie Tyler tanzt, einem Song, der ohnehin so aufgeladen ist mit 1980er Pathos und aber auch diesen Working Class Charme hat, das ist ganz eindrucksvoll, weil es so viel zwischen den Zeilen transportiert.

Überhaupt mag ich die Bilder, die uns Gia Coppola von Vegas liefert, das wir hier erstaunlich oft bei Tageslicht sehen, wenn man so will ganz “ungeschminkt”. Sie lässt ihre Charaktere zwischen den ewigen Baustellen am Strip spazierengehen, sie zeigt uns das kleine etwas heruntergekommene Haus von Shelly samt verwildertem Garten, quasi im Schatten der riesigen Casinos, zum Beispiel The Stratosphere (da bin ich selbst mal abgestiegen. Das klingt so, als wäre ich dauernd dort, also das eine mal, wo ich in Vegas war, war ich im “Strat” harhar). Auch das alles ist Vegas. Hier ist halt gar nichts glamurös, hier ist nichts ästhetisch, aber dafür ist es echt in seiner ganzen Desolatheit. Andererseits vermittelt der Film in Momenten auch eine etwas “wildromantische” Sicht auf die Stadt, wenn Shelly in vollem Federboa-Strass Kostüm am Dach “ihres” Casinos steht und auf ihre künstliche Welt blickt, die sie in all ihrer Neon-Extravaganza aber auch so ehrlich und mit ganzem Herzen liebt.

Abgesehen davon, dass ich Jason Schwartzman (auch einer aus dem Coppola-Clan) den ich gern mag, hier, wie erst unlängst in Queer, schon wieder nicht erkannt habe harhar, möchte ich noch sagen, dass mich The Last Showgirl in seiner unsentimentalen Verletzlichkeit total abgeholt hat, mit der Botschaft: Finde etwas im Leben, dass dich wirklich begeistert und von dem du überzeugt bist, dann wirst du leichter mit allem fertig werden, auch, wenn dir dein Herz gebrochen wird oder du es dir selbst brichst. Und dieser Film braucht auch genau das verträumte-offene Ende, das er hat. Seufz.

The Last Showgirl

Wie gesagt, The Last Showgirl habe ich im Votivkino gesehen, es ist Gia Coppolas vierter Spielfilm, ich kenne aber noch keinen ihrer Vorgängerfilme.

In diesem Film geht es um Shelly (Pamela Anderson), die seit über 30 Jahren in der Las Vegas Revue “Razzle Dazzle” tanzt. Für die jüngeren Tänzerinnen Mary Ann und Jodie ist sie ein Mutterersatz, gemeinsam mit der Kellnerin Annett (Jamie Lee Curtis) bilden sie eine Art Wahlfamilie. Da offenbart ihnen der Bühnenmanager Eddie (Dave Bautista), dass die Show in Kürze abgesetzt wird, was alle, besonders aber Shelly, in eine tiefe Lebenskrise stürzt…

ACHTUNG GROSSE SPOILER!!!

Nun dachte ich mir ok, der Film ist quasi die persönliche via dolorosa der 57-jährigen Shelly, die durch den Verlust ihrer Arbeitsstelle quasi neu beginnen muss. Aber auch wenn die Situation manchmal mit der Demi Moores in The Substance verglichen wird, so ist die Ausgangslage doch genauer betrachtet eine ganz andere. Die Figur der Demi Moore wurde tatsächlich aus Altersgründen und für eine jüngere Frau gekündigt, während es hier das ganzes Ensemble betrifft. Natürlich ist es für 20-jährige Tänzerinnen einfacher, etwas neues zu finden, aber hier ist das Thema “Alter” tatsächlich nur ein untergeordnetes. Und Shelly geht auch ganz anders, nämlich selbstbewusst und recht offensiv, mit ihrer Situation um.

Außerdem bekommt der Film sehr bald eine zusätzliche und, wie ich finde, entscheidende Facette. Wir erfahren nämlich, dass es da noch Hannah (Billie Lourd) gibt, über deren Beziehung zu Shelly wir als Zuseher zunächst im Unklaren gelassen werden. Logischerweise müsste Hannah ihre Tochter sein, doch Hannah nennt Shelly immer beim Vornamen und sie geht recht kühl mit ihr um. Im Laufe der Zeit wird klar, dass Shelly als alleinerziehende Mutter Hannah zu einer Pflegefamilie gegeben hat. Das hat mich persönlich total berührt hat und damit habe ich mich auch ein stückweit identifizieren können.

Hannah besucht dann eine Show ihrer Mutter, kommt anschließend in ihre Garderobe und sagt wirklich sehr verletzende Dinge zu ihr, nämlich sinngemäß: Für diesen Dreck hast du mich aufgegeben und warst als Mutter nicht für mich da? War es das wert? Ist das besser als ich? Etwas ähnliches sagt ihr auch Eddie, der sich als Hannahs Vater herausstellt. Er fragt Shelly nämlich, warum sie nicht einfach im Supermarkt gearbeitet hat, um Hannah bei sich behalten zu können. Eddie, der überhaupt kein unguter Typ ist, im Gegenteil (auch eine sehr gute Drehbuchentscheidung), sondern sehr feinfühlig und fürsorglich, konnte sein Leben weiterleben – wir erfahren nicht, ob er das Kind wollte oder nicht etcetera – und doch urteilt er über Shelly. Wobei das auch als Kompensation eigener Unzulänglichkeiten interpretierbar wäre.

Ein anderer (uninteressanterer) Film hätte nun Shelly voller Reue gezeigt, die ihr ganzes Leben in Frage stellt, und sich eingesteht, alles falsch gemacht zu haben. Doch hier ist alles viel, viel ambivalenter, viel differenzierter. Zum einen sagt Shelly sowohl Hannah als auch Eddie die Meinung, a la: “Es ist mein Leben, ich muss mich nicht rechtfertigen”. Und wir sehen das auch. Sie tanzt manchmal wie ein kleines Kind vor dem Fernseher, als sie sich Die roten Schuhe ansieht. Und wirkt dabei fragil, dass man sie fast beschützen will, so auf der Suche nach Bestätigung, die sie einmal auch bei Eddie einfordert, bei einem gemeinsamen fast-Date fragt sie ihn: “Sehe ich gut aus?”. Sie will und muss gesehen werden, um ein erfülltes Leben führen zu können. Sie kümmert sich aber selbst darum, diese Anerkennung auch zu bekommen.

Gleichzeitig erkennen wir aber auch, wie sehr sie natürlich damit hadert, dass sie eine Entscheidung gegen ihre Tochter getroffen hat, die nicht mehr reversibel ist. Wir sehen, wie verzweifelt sie auf unbeholfene Weise an ihr hängt, wie sie ihr aber auch ihre eigene Philosophie mitgibt und sie bestärkt, im Leben ihrem Herzen zu folgen. Denn Hannah will nach dem Studium ebenfalls einen künstlerischen Weg einschlagen, Fotografin werden, während ihre Pflegemutter ihr zu einem solideren Job rät. Diese Vielschichtigkeit macht aus Shelly, die Pamela Anderson wirklich extrem glaubwürdig verkörpert, einen total faszinierenden und zutiefst menschlichen Charakter. Letztendlich ist Shelly jemand, der nie mutlos ist, auch wenn ihr sehr viele traurige Dinge passieren.

Ich kanns gar nicht glauben, dass ich schon soviel geschrieben habe und immer noch nicht fertig bin, harhar…

Zurück

Das Kind ist zurück.

Ein süßes Barcelona Souvenier musste erstanden werden. Es ist mega-weich und kuschelig.

Nachdem ich fünf Tage den Herd nicht mal eingeschalten habe und auch nur einmal kurz beim Billa war, weil ich auf cool dauernd auswärts gegessen habe, habe ich am Samstag einen Großeinkauf gemacht und gleich drei verschiedenen Sachen gekocht, so wie Wäsche gewaschen. So beeilen hätte ich mich aber gar nicht müssen, weil das Kind erst um 17 Uhr aufgestanden ist. Harhar. Dann hat er drei Teller unterschiedliche Speisen gegessen, ich habe alle Fotos und Videos der Reise gezeigt bekommen und alle (naja…) Stories gehört. Die Begeisterung ist groß, das finde ich schön.

Heute sind wir dann vor sieben wegen des Formel 1 Rennens aufgestanden, das allerdings so fad war, dass das Kind gleich wieder eingeschlafen ist. Moderator Ernst Hausleitner: Um 13 Uhr haben wir noch eine Sendung, wo wir das Rennen analysieren. Sofern uns irgendwas zu analysieren einfällt. Harhar. Es ist halt wirklich absolut gar nichts passiert. Dann habe ich gebügelt und schon für morgen etwas vorgearbeitet.

Spazieren war ich auch, aber es war so schiach und kalt, dass ich kaum glauben konnte, dass ich am Freitag den ganzen Nachmittag mit meinem Laptop in der Sonne gesessen bin. Frühling in Wien…. Beim Heimkommen habe ich den Nachbarn getroffen, den ich oft im Kino sehe, und eine Weile über The Brutalist geredet. Ich angebermäßig: Ich hab den schon auf der Viennale gesehen harhar. Er war eh zurecht begeistert davon.

Und so klingt das unspektakuläre, aber cosy Wochenende aus, wie es meist ausklingt, mit noch etwas Lesen, einen Podcast hören und an jemand denken.

Die Vorgeschichte

Bevor ich was zu The Last Showgirl schreibe, muss ich etwas zur Regisseurin Gia Coppola sagen.

Gia (eigentlich Gian-Carla) ist die Enkelin von Francis Ford Coppola und die Nichte von Sofia Coppola. Ich war ja bisher der Meinung, dass Gia die Tochter von F.F. Coppolas Sohn Roman ist, bin aber dann im Zuge der Recherche draufgekommen, dass es noch einen zweiten Sohn gibt bzw. gab, nämlich Gian-Carlo. Und, jetzt wirds arg: Dieser ist 1986 mit 22 Jahren gestorben, noch bevor Gia geboren wurde.

Aber es wird noch schlimmer: Er ist bei einem Unfall gestorben, den Ryan O’Neals Sohn Griffin verursacht hat, der von Coppola für seinen damals aktuellen Film gecastet worden war. Beide machten eine Bootstour in Maryland, Griffin wollte zwischen zwei Booten durchfahren und übersah aber, dass die beiden durch ein Schleppseil verbunden waren. Er selbst konnte noch ausweichen, Gian Carlo gelang das nicht. Anlässlich von Ryan O’Neals Tod hat Francis Ford Coppola gesagt, sie seien “united in tragedy” gewesen.

Die Familiengeschichte der O’Neals ist dramatisch, die Kinder von Ryan waren/sind wie er selbst schwer suchtkrank, wenn man sich das so durchliest, kann man sich das gar nicht vorstellen, wie schrecklich das alles gelaufen ist, so viel weitergegebener Schmerz. Hier passt der Begriff “transgenerationale Traumata” vielleicht. Und die Zerbrochenheit der einen Familie, hat die andere Familie quasi mitgezogen, wenn man so will.

Aber die Coppolas sind ja ein ziemlicher Clan, der offenbar sehr zusammenhält. Auch in The Last Showgirl arbeiten recht viele aus der Familie mit. Gias Stil ist, finde ich, dem von Sofia Coppola nicht unähnlich, vor allem audiovisuell. Sie arbeitet mit starken, eindrucksvollen, sehr ästhetischen Bildern. Auch bei Gia Coppola spielt Musik eine große Rolle, und diese unterstreicht perfekt die Stimmung.

Ich würde sagen, The Last Showgirl ist der Film, den ich von Sofia Coppola in den letzten Jahren auch gerne gesehen hätte. Aber schön, dass es noch eine andere vielversprechende Regisseurin in der Familie gibt. Francis Ford Coppola hat The Last Showgirl fünf Sterne auf letterboxd gegeben, harhar.