almis personal blog

Wien Museum

In den Ferien waren wir auch noch mit der Oma im Wien Museum, das ja seit seiner Neueröffnung gratis zu besichtigen ist (exklusive Sonderausstellungen). Also zuerst waren wir am Karlsplatz asiatisch essen, denn ein Oma-Ausflug ist nur echt, wenn wir uns vorher ordentlich gestärkt haben.

Das Museum ist wirklich sehr schön neu ausgebaut worden und richtig geräumig, ein krasser Gegensatz zum Haus der Geschichte, das wir in den Herbstferien besucht haben und das extrem viel auf sehr engem Raum präsentiert. Überhaupt gestaltet sich die Abgrenzung HdG und Wien Museum m.E. relativ schwierig. Wir sind zuerst in den dritten Stock gefahren (1900 bis Gegenwart), weil uns das auch am meisten interessiert.

Da haben wir gleich mal den “Doppelgänger” von meinem Opa entdeckt.

Der Regisseur und Schauspieler Willi Forst (1903-1980)

Ja, das ist Willi Forst, ein Schauspielstar der 1930-er Jahre. Seine berühmtesten Filme habe ich mit meinen Großeltern gesehen. Forst spielte während des zweiten Weltkriegs eine relativ neutrale Rolle. Er durfte weiterdrehen, machte aber nur wenige und keine politischen Filme und lehnte die Hauptrolle in Jud Süß ab. Goebbels mochte Willi Forst nicht. Mein Opa hat öfters erzählt, dass er mit Forst verwechselt und um Autogramme gebeten wurde. Ob er welche gegeben hat weiß ich nicht, ausschließen würde ich es aber nicht, harhar.

Dann haben wir folgendes Plakat gesehen:

Das Kind so: “Das ist Propaganda”. Da kann ich jetzt nicht widersprechen. Das rote Wien ist natürlich ein großes Thema im Museum, die Errungenschaften wie Volksbildung (Büchereien, Volkshochschulen), Wohnraum (Gemeindebauten), die Frage, wie soll Wien städtebaulich gestaltet werden, die ja bis heute ein immerwährender Diskussionsprozess ist, Stichwort Eingemeindungen, Bodenversiegelung und natürlich Denkmalschutz.

Sehr gut hat mir die interaktive Ecke gefallen, in der man selbst beschreiben kann, was man an Wien liebt und was weniger, mit Fragen wie: “Wo siehst du in Wien die meisten Leute lächeln?”, “Wo fühlst du dich in Wien gar nicht wohl?” oder “Wie freundlich oder unfreundlich (grantig) fühlst du dich selber?” Auf einer Wien-Karte kann man sein Lieblingsgrätzel mittels Punkten lokalisieren, etcetera. Es ist relativ lustig, was die Leute da teilweise schreiben, beispielsweise, die Leute lächeln am meisten “bei Billa” (wahrscheinlich weil es dort was zu essen gibt). Jedenfalls ein schönes Stimmungsbild.

Blick aus dem Museum, es war 14.30, schaut aber aus wie in der Dämmerung

Der zweite Stock widmet sich der Zeit 1700-1900, das Erdgeschoss geht zurück bis in die Römerzeit, die Oma und das Kind sagten mir unabhängig voneinander “das ist nicht so meines” bzw. “das fühl ich irgendwie nicht so” Harhar. Es sind halt viele “Steine” und da musste ich an jemand besonderen denken, der als Kind gerne Ruinen besichtigt hat. Manchmal vermisst man jemand sehr und überall sind Erinnerungen, was wiederum auch schön ist.

Der Souveniershop im Museum ist noch ein bisschen verbesserungswürdig, wir haben diesmal gar nichts gefunden, nicht mal eine Ansichtskarte. Das DKT-Spiel Das klimaneutrale Talent war immerhin amüsant. Aber sonst wieder ein gelungener Ferienausflug.

ESC 24 Belgien

Jedes Jahr um diese Zeit Mitte/Ende Februar, wenn ich noch nicht ganz vom ESC-Spirit gepackt bin, find ich es irgendwie mühsam, mich durch alle neu-ankommenden Songs zu hören und zu schauen, was ich mag. Ich glaube, das hat etwas mit dem einzigen physikalischen Gesetz zu tun, das mir etwas sagt, nämlich mit der Trägheit der Masse. Es gibt aber auch jedes Jahr diesen “Erweckungsmoment”, wo ich ein Lied höre, dass mir irrsinnig gefällt und dann ist das ESC-Game eröffnet. Letztes Jahr war das Vesna, vor zwei Jahren Subwoolfer aus Norwegen, vor drei Jahren Gjon’s Tears aus der Schweiz und heuer ist es, wie ich seit heute weiß – Mustii aus Belgien mit dem Song Before the Party’s Over.

Der Act Mustii, ein Sänger und Schauspieler Mitte 30, wurde schon im August als erster Künstler bekanntgegeben, warum weiß kein Mensch. Im August haben wir gerade die Post-Eurovison-Depression überwunden. Der Song selbst wurde aber eben erst heute veröffentlicht. Zuerst mal: Der Songtitel ist gut, das ist bei mir immer schon die halbe Miete, das muss mich neugierig machen und eine Geschichte versprechen, die mich interessiert. Auch die Lyrics sind spannend, obwohl es nicht allzu viel Text gibt; gleich mal eine Anspielung auf The Who “Are we sure the kids are alright or just playing it cool?” Ok, vielleicht interpretiere ich zuviel rein, aber ich glaube eigentlich nicht. “One more drink and I’ll be fine” verrät uns auf jeden Fall, da gibts wohl einen Depressionshintergrund, eventuell auch ein Alkoholproblem. Die Zeile: “I can see all the pain in the way that you move” ist ganz schön traurig.

Und dann der Song selber, das ist wohl eine Powerballade, mit einem zwei Minuten Setup, um in der dritten (und beim ESC immer letzten Minute) einfach alles zu geben, also absolut nicht wie ein Radiosong aufgebaut, was beim Songcontest meistens von Vorteil ist. Außerdem hab ich echt nichts dagegen, wenn nicht jeder Mann, er am ESC teilnimmt, lackierte Fingernägel hat. Es reicht die dreireihige Perlenkette als Erkennungszeichen allemal aus. Harhar. Natürlich, das muss man auch sagen, sollte Mustii live sehr gut singen, das ist bei dem Song ziemlich wichtig, dann könnte man einen Gänsehaut Moment schaffen – und das Staging sollte auch bombastisch sein oder ganz minimal. Der Vibe im Video ist irgendwie sehr ungewöhnlich, verletzlich-diabolisch.

And so it begins.

Die Schneegesellschaft

Der spanische Beitrag zur Oscar-Kategorie “Best Foreign Film” ist heuer Die Schneegesellschaft. Klingt ja irgendwie lieb und gemütlich, tatsächlich ist das aber ein Misery-Porn wie er im Buche steht. Das ist jetzt nicht unbedingt mein Lieblingsgenre, aber ich habe mir den Film trotzdem angeschaut, weil die wahre Begebenheit, die er porträtiert einfach so unfassbar ist, auch bekannt als das Wunder der Anden. Beim Schauen habe ich mich aber mehrmals gefragt, wieso ich mir das wirklich antue.

Was jetzt folgt ist jetzt kein Spoiler im eigentlichen Sinn, sondern die Tatsachen dieser Katastrophe. Wer darüber nichts erfahren will, liest bitte trotzdem nicht weiter.

Und zwar hat sich am 12. Oktober 1972 die Rugbymanschaft von Uruguay auf den Weg nach Santiago di Chile gemacht, um dort ein Freunschaftsspiel zu absolvieren. Mit dem Kleinflugzeug, mit dem sie unterwegs waren, kann man die Anden aber nicht so einfach überfliegen, weil sie zu hoch sind; das geht nur an einer bestimmten Stelle. Als das Flugzeug – besetzt mit Spielern, Familienmitgliedern, Freunden, insgesamt 45 Insassen – sich auf den Weg macht, herrschen sehr ungünstige Wetterbedingungen: Schlechte Sicht, Eisregen, Sturmböen. Wer genau in der Navigation versagte ist nicht ganz klar, jedenfalls biegt das Flugzeug zu früh ab, und wird von einer Bergspitze regelrecht aufgeschlitzt. Beide Flügel brechen ab, danach reißt es die Rückseite weg. Der vordere Teil des Flugzeugs schlittert einen Gletscher hinunter und kommt irgendwann zu stehen. Zwölf Menschen sind sofort tot, fünf weitere sterben in der ersten Nacht.

Nun wäre das ja alles schon schrecklich genug, aber für diejenigen, die das alles überstanden haben, stellt sich die Frage: Wie können wir hier am Leben bleiben? Alles ist alles voller Schnee und Eis (niemand hat Winterkleidung mit), es gibt weder Tiere noch Vegetation auf dieser Höhe. In der Nacht sinken die Temperatur auf bis zu 40 Grad minus ab. Um eine gewisse Chance zu haben, wird bald darüber diskutiert, ob man die verstorbenen Freunde nun ja, essen wird oder nicht. Kannibalismus ist ja generell schon ein extremes Tabu, vor allem bei diesen sehr katholischen jungen Leuten; zum anderen handelt es sich ja nicht um fremde Personen, die man da potentiell essen wird.

Regisseur J.A. Bayona ist sehr gut darin, verzweifelte Stimmungen zu vermitteln. Beim “Making of” sieht man ihn viel weinen und auch seine Vorgängerfilme The Orphanage und The Impossible haben sich mit menschlichen Katastrophen beschäftigt, das scheint also irgendwie sein Ding zu sein. Handwerklich ist der Film außerordentlich beeindruckend. Die Stimmung, die er liefert, als ein paar der Männer einen Berg hinaufsteigen und von dort das weiße Flugzeug im Schnee sehen (bzw. nicht sehen) und ihnen dabei klar wird, dass die Rettungshubschrauber, die sie manchmal wahrnehmen, sie so nicht finden werden können, da bekommt man Gänsehaut. Die Fischauge-Kameratechnik, die er einsetzt, als die jungen Männer durch ein Transistorradio dann tatsächlich erfahren, dass die Suche nach ihnen aufgegeben wurde, und dabei fast den Verstand verlieren vor Verzweiflung; das Fischauge eben lässt alles so unwirklich erscheinen, dass man sich selbst als Zuschauer fühlt als hätte man gerade eine Panikattacke. Auch die Erzählfigur Numa ist hervorragend gewählt, weil sie eine besondere Perspektive auf die Geschehnisse hat.

Trotzdem ist es aber auch ein anstrengender und zäher Film, was ja auch intendiert ist, “form follows function”, man soll ja auch irgendwie (wenn auch natürlich in extrem abgeschwächter Weise) erahnen können, wie unfassbar anstrengend und eigentlich hoffnungslos das Unterfangen ist, dieses Ereignis zu überstehen und wieviel mentale und auch körperliche Stärke es erfordert, hier seine Hoffnung zu erhalten. Wahrscheinlich war es kein Nachteil, dass der Großteil der Insassen Spitzensportler waren.

Am 23. Dezember 1972 werden – nach einem Erkundungsmarsch zweier Männer, bei dem sie endlich auf einen anderen Menschen stoßen, der ihnen helfen kann – immerhin noch 16 verbliebene Menschen aus dem Tal der Tränen, wie es danach benannt wurde gerettet. Die meisten leben heute noch in enger Nachbar- und Freundschaft zusammen in Montevideo.

Roald Dahl

Vor kurzem habe ich Roald Dahl wiederentdeckt.

Ich kenne Dahl von früher, als Kind hatte ich das Buch Charlie und die Schokoladenfabrik – Dahl hat ja auch viele Kinderbücher verfasst. Ich habe das Buch jetzt wieder gesucht, aber (noch?) nicht gefunden. Ich kann mich erinnern, dass es voller Schokoladeflecken war, weil ich immer so eine Appetit auf Süßes bekommen habe, beim Lesen. Im Gymnasium hat sich unser Professor im Englischunterricht mitten in die Klasse gesetzt und uns die Geschichte Lammkeule vorgelesen, eine der, so denke ich, berühmtesten Dahl Geschichten. Wie fast immer bei Dahl ist sie detailreich und anfangs auch sehr lieblich erzählt, heimelig, eigentlich zuerst eine ganz normale Szenerie und dann kippt es in etwas ganz anderes, oft unfassbares. Gut, bei Lammkeule ist ziemlich klar, was vorfällt ist, am besten selbst lesen, es ist irrsinnig makaber, aber auch erstaunlich witzig.

Nun bin ich wieder auf Dahl aufmerksam geworden, vorrangig weil Wes Anderson vier Kurzfilme über Dahl Geschichten gedreht hat, die dann im FM4 Podcast vorgestellt wurden. Wer sich fragt, wieso ich dauernd diesen Podcast höre: seit meinem Bandscheibenvorfall versuche ich, jeden Tag ca. eineinhalb bis zwei Stunden spazieren zu gehen und dabei höre ich ihn mit Vorliebe, sonst wäre das Spazierengehen sicher langweiliger. Jedenfalls hat Pia Reiser von dem Buch Küsschen Küsschen geschwärmt – Forsetzung: Noch ein Küsschen. Warum die Bücher so heißen weiß ich nicht, es ist passend und unpassend zugleich, jedenfalls habe ich mittlerweile beide gelesen.

Praktisch alle Geschichten von Dahl enthalten Twists, entwickeln sich anders als man denkt. Manchmal versteht man die Wendung gleich, manchmal muss man einige Stellen des Textes schon mehrfach nachlesen, um zu begreifen, was eigentlich passiert ist, weil Dahl es uns nicht auf dem Silbertablett präsentiert. Oft, wenn man sich als Leser denkt, man hat Dahl durchschaut und man ahnt, worauf er hinauswill, macht er dann doch wieder etwas ganz anderes. Und das ist auch sein Geheimnis. Es gibt keine “Moral von der Geschichte”. Manchmal werden Grausamkeiten mit Grausamkeiten beantwortet, manchmal siegt der Humanismus oder auch die Frechheit, manchmal klingen Geschichten einfach aus und lassen einen grübelnd zurück, ab und zu gibt es fantastische Elemente, die aber nicht in eine fantastische Welt eingebunden sind. Es gibt Erstaunliches, Unglaubliches, Erschreckendes.

Und: Dahl hat die KI vorhergesagt. In seiner Geschichte Der große automatische Grammatisator erfindet der Portagonist eine Maschine, die – gefüttert mit Worten und Sätzen – selbstständig anfängt Geschichten zu schreiben. Der Erfinder der Maschine zahlt dann den tatsächlichen Schriftsteller in seinem Umfeld eine gewisse Abfindung aus, wenn sie versprechen, nie wieder etwas zu schreiben bzw zu publizieren, er möchte das Monopol besitzen. Fortan schreibt die Geschichten nur noch der “Grammatisator”; eine dystopische Horrorvision für die Nutzung künstlerischer Intelligenz eigentlich.

Autogramme

Am Donnerstag war ich bei der Dirk Stermann Lesung von Mir gehts gut, wenn nicht heute, dann morgen in der Buchhandlung Seeseiten in der Seestadt – die übrigens so heißt, weil sie direkt am See dort ist. Dankt mir später, dann braucht ihr sie nicht suchen so wie ich, die ich trotz Google Maps mit der Orientierung regelmäßig überfordert bin.

Ich habe A. dort getroffen und ich habe ihr erzählt, dass ich mir nachher ein Autogramm holen möchte, in der Hoffnung, dass mich das etwas unter Druck setzt, es wirklich zu machen, weil normalerweise trau ich mich das eh nicht. Und sie meinte: “Das schaffst du”. Nachdem nach der Lesung die meisten Leute das Buch erst kaufen mussten, bevor sie es unterschreiben lassen können und ich meines ja schon hatte (plus ein dutzend Lesezeichen drinnen) war ich ganz vorne in der Schlange. Und voila:

Mein Buch (siehe die Lesezeichen auf der Seite)

Danach sind A. und ich noch durch die Seestadt gebummelt, ich weiß irgendwie nie, ob es mir dort gefällt oder nicht, es hat ein ganz eigenes Flair und es ist sehr dunkel am Abend, also ziemlich wenig beleuchtet. Wir waren dann in der sehr netten Pizzeria Portobello (die mich für diese Erwähnung nicht bezahlt) und haben fancy Getränke getrunken – Grapfruit Basilkum Limo bzw. Honey Ginger Brew – und geplaudert. Am Heimweg ist mir dann eingefallen, dass das doch nicht mein erstes Autogramm war; zwar war es das erste, dass ich mir selber geholt habe, aber ich habe schon ein Buch mit einem Autogramm für mich und zwar dieses:

Als Kind/Jugendliche war ich ein irrsinniger Fan von Hugo Wiener, hatte alle seine Bücher, mochte seinen sanften satirischen Ton sehr gerne und finde sie heute noch so witzig und liebenswert und ja. Wir kannten irgendwen, der wen kannte, der Hugo Wiener kannte (oder so ähnlich) und so wurde mir irgendwann das Buch mit dieser Widmung gebracht. Bis heute sehr wichtig für mich.

Drei Werke

Nachdem ich so begeistert von dem Film Saltburn war und im fm4 Prodcast gehört habe, dass die Drehbuchautorin (und Regisseurin) Emerald Fernell die zwei Romane Die geheime Geschichte von Donna Tartt und Der talentierte Mr. Ripley von Patricia Highsmith quasi als Inspiration für ihren Film herangezogen hat, habe ich mir beide Bücher bei medimops (unbezahlte Werbung) gebraucht bestellt und mittlerweile gelesen.

Der talentierte Mr. Ripley hab ich damals in Kino gesehen, konnte mich aber ehrlich gesagt kaum daran erinnern, die Filmversion ist auch etwas anders, verändert ein paar Handlungsstränge. Beide Werke (und Saltburn) verbindet tatsächlich einiges, zum Beispiel das Personal, das bedeutet, die Protagonisten sind alle aus gehobenem Haus, ziemlich “wealthy”, studieren und/oder betätigen sich künstlerisch, es sind alles Intellektulle, die das das Leben genießen und es damit übertreiben. Es gibt in allen Werken aber auch einen jungen Mann, der nicht dazu passt, der aus der eher unteren Mittelschicht kommt, aber immer die Sehnsucht verspürt, “dazuzugehören”. Das bedeutet zwangsläufig, es muss immer Lügen geben, Lügen nicht nur aus einer Not heraus, um sich aus einer prekären Lage zu befreien, aus einer gefährlichen Situation, sondern Lügen, die nur dazu da sind, etwas darzustellen, was man nicht ist.

Es werden viele Drogen genommen, in diesen Büchern. Bei Donna Tartt vor allem Alkohol, die Menschen sind fast dauer-betrunken, aber sonst auch Tabletten oder Koks oder was halt sonst verfügbar ist. Wenn gegessen wird, dann erstaunlich oft Lammkotellets und “süße Brötchen” (was soll das sein, sowas wie eine Topfengolatsche? Harhar. Oder ein Striezel?). Europa ist ziemlich präsent, also ja Ripley spielt eh zum Großteil in Italien, obwohl die Protagonisten Amerikaner sind, Saltburn in Großbritannien, aber auch die Donna Tartt-Menschen leben an der Ostküste, in Neuengland quasi schon einen ziemlich europäischen Lifestyle, wo zum Beispiel Los Angeles als Ort quasi so wie “bei den Wilden” verstanden wird. Außerdem werden Reisen nach Europa unternommen. Die Charaktere verbindet außerdem der Hang zu obsessiven Beziehungen, viele sind homosexuell/queer bzw. man weiß nicht so genau, wer mit wem (selbst Inzest steht im Raum). Und natürlich passieren echt arge und illegale Dinge, mehr will ich nicht sagen, wegen Spoiler.

Ich habe gelesen, dass Die geheime Geschichte schon zweimal verfilmt hätte werden sollen, aber das nicht geklappt hat, was mich sehr überrascht. Oft liest man ja einen guten Roman und weiß sofort, der wäre aber kaum verfilmbar. Bei Die geheime Geschichte ist das gar nicht so, das Buch wäre m.E. sogar absolut ideal zu verfilmen und hätte mit Neuengland im Herbst/Winter auch ein tolles Setting, also wäre ich Drehbuchautorin, ich würde das sofort adaptieren, ich stell mir das echt pittoresk vor und die meisten Szenen könnte man in einem Film super verwenden, ich hab da Bilder im Kopf… Naja, vielleicht macht das irgendwann doch noch jemand. Ansonsten muss man derweil Saltburn schauen, was auch keine schlechte Idee ist.

Time Busters

In den Ferien hatten wir natürlich auch wieder unser obligatorisches Treffen mit der Volksschulfreundin vom Kind. Erstaunlicherweise genieren sich 16jährige nicht, gemeinsam mit ihren Müttern etwas zu unternehmen und diesmal haben die Kids einen Escape Room vorgeschlagen.

Diese Escape Room Sache war ja schon vor ein paar Jahren mal recht gehypt, ich hab damit nicht wirklich was anfangen können; irgendwo eingesperrt sein und sich mittels logischem Denken befreien müssen, klingt nicht nach etwas, was mir besonders liegt und so ist dieser Trend mehr oder weniger an mir vorbeigezogen. Aber nun gut, jetzt wars dann doch soweit, wir haben das Abenteuer “Tresor” gebucht. Stufe 4 von 6 Schwierigsgraden erschien uns – aus welchen Gründen auch immer – nicht zu ambitioniert.

Die Spielleiterin hat am Anfang gefragt, wer von uns fünf schon Erfahrung bei Escape hat und war etwas überraschte, dass es tatsächlich niemand war. Aber gut, wir haben so ein kleines Walki Talki bekommen, mittels dessen wir uns an sie wenden konnten, wenn wir wirklich gar nicht mehr weiterwussten, sie gibt einem auch da und dort einen Hinweis. Jedenfalls kommt man in einen Raum, in dem Dinge wie ein verschlossener Koffer, eine Handtasche, ein Computer, ein paar Kästchen usw. stehen und jeder betätigt sich halt und sucht irgendwas, von dem er selbst nicht weiß was eigentlich, und versucht irgendwie ein Rätsel zu lösen. Wahrscheinlich ist das in Wahrheit eher eine sehr interessante Charakter- und Persönlichkeitsstudie, wem welche Dinge auffallen und wer welche Schlüsse zieht. Man hat 60 Minuten Zeit, das Rätsel zu lösen und sich aus dem Raum wieder zu befreien, während immer wieder der Polizeifunk zugespielt wird, weil nach einer Stunde wird man dann quasi verhaftet, wenn man es nicht schafft, aus dem Raum zu flüchen. Anmerkung der Spielleiterin: Weil wir in Wien sind, braucht die Polizei eine Stunde, um herzukommen.

Der ominöse Tresorraum von Time Buster-Escape Room

Wir haben die Aufgabe dann nach 52 Minuten gelöst, ich weiß also nicht was passiert wäre, wäre das nicht der Fall gewesen (ich vermute mal, die Polizei wär nicht gekommen) Und es ist schon ein tolles Gefühl, wenn sich dann eine Tür öffnet und man einfach rausspazieren kann. Die Spielleiterin meinte, wir wären wirklich gut gewesen (ok, wahrscheinlich sagt sie das zu jeder Gruppe) und ich so zum Kind: Zu zweit hätten wir das nie geschafft und er: Nein, garantiert nicht. Harhar. Jedenfalls hat es uns allen soviel Spaß gemacht, dass wir beschlossen haben in den Osterferien einen anderen Room versuchen werden. Ich denke, das wird etwa einfacher werden, weil wir jetzt schon ein bisschen wissen, worauf man achten soll.

San Remo

Die San Remo Woche ist zuende.

Auf Facebook schrieb jemand: “Hey, da werden heute 30 Songs präsentiert, ich schaue seit 25 Minuten zu und es lief erst ein Song.” Ja, harhar, so ging es mir beim ersten Mal zuschauen auch, das ist ganz normal. Denn San Remo ist weniger ein Musikwettbewerb als ein Volksfest und Stress hat da kein Mensch, es dauert jeden Abend so bis zwei oder drei Uhr früh. Es treten ja nicht nur die Teilnehmenden selbst auf, sondern auch Haudegen aus der Vorzeit, die dann mit den aktuellen KandidatInnen Duette singen (zum Beispiel Giannia Nannini, Umberto Tozzi etc), wie auch eine Menge anderer Promis quer durch den Gemüsegarten – heuer zum Beispiel John Travolta oder Russell Crowe. Es gibt den gespielten Witz, es wird gelabert und politisiert, fast alles nur auf Italienisch, obwohl auch viel internationales Publikum zusieht.

Jemand anderer schrieb: “Oh il Volo haben jetzt einen Stylisten!” Und das heißt meiner Meinung nach soviel wie: Sie tragen Kleidungsstücke, die sie sich selbst nie ausgesucht hätten. Mahmood trägt Sachen, die er sich ganz sicher selbst ausgesucht hat und hat mit Tuta gold schon wieder einen potentiellen Siegertitel, ein wirklich toller Song, andere Länder nähmen ihn mit Handkuss, aber Italien denkt sich wurscht, haben wir nicht notwendig; Mahmood verfehlt das Finale der Top 5 knapp. Auch Diodato – der in der Pause draußen vor der Halle einfach mal Singing in the rain vorträgt – hat einen schönen Song, Ti muovi. Auch wenn er sowas von gar kein Wettbewerbssong ist. Diodato kommt raus, fängt an zu singen und setzt sich erstmal auf die Stiege. Einen Song mit einer derartigen Energie kann man kaum zum ESC schicken, weil ESC-Songs eine gewisse Urgenz haben müssen, um irgendwie zwischen den vielen Konkurrenten zu bestehen, aber schön ist er. Disclaimer: Ich weiß natürlich, dass San Remo in erster Linie San Remo ist und kein Auswahlverfahren für den Songcontest.

Ein gewisser Geolier singt I p’me, tu p’te. Ich verstehe weder den Titel noch viel vom Text und mache mir um meine Italienischkenntnisse Sorgen, komme aber dann dahinter, dass er im sizilianischen Dialekt singt. Sowas hat Italien schon mal gebracht, als sie 1991 vermeiden wollten, den ESC zwei Jahre in Folge zu gewinnnen und extra etwas mega Sperriges auf die Bühne gestellt haben (Peppino di Capri, Comme è ddoce ‘o mare) . Und selbst mit so etwas wurden sie dann Siebenter. Der Song von Geolier wirkt extrem frisch und modern. Annalisa wiederum trägt sehr schöne Strapse (oder wie man das nennen soll) und wird mit dem ziemlich eingängigen Sinceramente als Favoritin gehandelt. Es herrscht nämlich eine gewisse Erwartungshaltung, dass eine Frau diesmal San Remo gewinnt, weil das seit 2014 nicht mehr der Fall war.

Jemand schreibt: “San Remo sending a woman, also sending a fruit”. Denn ja, gewonnen hat dann eine andere Frau, nämlich Angelina Mango mit dem mutigen Titel La noia, zu deutsch: Die Langeweile, was ja zu Kalauern geradezu einlädt. So richtig warm bin ich mit dem Song bisher allerdings noch nicht geworden, was nicht jetzt nix heißen muss, ich mochte Maneskin am Anfang auch gar nicht und die haben dann immerhin 2021 gesiegt. Mal sehen.

All of Us Strangers

Auf den Film All of Us Strangers freue ich mich schon seit Monaten. Zwar ist die Prämisse etwas eigen, ein Mann in seinen 40-er trifft seine toten Eltern, aber der Hauptdarsteller ist Andrew Scott, bekannt als Priester aus der zweiten Staffel von Fleabag und ihm zur Seite steht Paul Mescal, der in der Serie Normal People (nach dem Buch von Sally Rooney) spielte und voriges Jahr für Aftersun (wunderbarster Film 2022) für den Oscar nominiert wurde. Dazu laufend 1980er Jahre Musik – das Hauptthema ist The Power of Love von Frankie goes to Hollywood – ich meine, was soll da noch schiefgehen? Und wie sich rausstellt: So gut wie nichts.

Der Drehbuchautor Adam (Scott) lebt in einem seelenlosen, praktisch leerstehenden Hochhaus in London, das ehrlich gesagt ein bisschen so aussieht wie der zu trauriger Berühmtheit gelangte Grenfell Tower. Das Haus bewohnt anscheinend niemand außer ihm und ein gewisser Harry (Mescal). Eines Abends, als Adam gerade The Power of love hört, klopft Harry aus fadenscheinigen Gründen bei ihm an und möchte sich selbst einladen, mit dem scherzhaft dahingesagten, es wären “vampires at my door”, eine Anspielung an den FGTH-Song. Schon alleine diese Szene ist perfekt. An diesem Abend passiert aber nichts weiter. Am nächsten Tag fährt Adam zum Haus seiner Kindheit in einem Vorort und trifft dort ziemlich unvermittelt seine Eltern wieder, die bei einem Autounfall gestorben sind, als er 12 Jahre alt war. Bald darauf lädt er Harry zu sich ein….

Dieser Film ist ein emotionales und geheimnisvolles Kunstwerk. Warum Adams Eltern plötzlich wieder da sind – sie sind in dem Alter geblieben, in dem sie verstorben sind, also mittlerweile jünger als Adam – wird nicht thematisiert, als er mit ihnen seine Kindheit aufarbeitet. Das alles ist sehr berührend und ehrlich und mehrdimensional, denn das Verhältnis von Adam zu ihnen war nicht friktionsfrei. Noch stärker fand ich persönlich allerdings die Szenen mit Adam und Harry, die beiden sind “queer” wie es der um einiges jüngere Harry ausdrückt, während Adam es “gay” nennt und sie führen in dem Film keinen einzigen überflüssigen Dialog. Die beiden sprechen nur über die wichtigsten Dinge im Leben und das auf eine so aufmerksame und sensible Art und Weise, dass man eigentlich als Zuseher selbst am liebsten in ihrer Nähe sein würde. Harry wirkt dabei wie der humorvolle Fels in der Brandung, während Adam oft komplett von seinen Gefühlen überwältigt wird.

Viel mehr kann man von diesem Film nicht verraten. Die Dialoge sind teilweise sehr witzig, teilweise gehen sie einem durch und durch. Im Kinosaal wird viel geschluchzt. Alle vier Protagonisten spielen stark und glaubwürdig. Ja, vielleicht kann man sagen, dass manche Dinge nicht ausreichend erklärt werden, manches wenig plausibel ist – aber wie plausibel kann schon erklärt werden, dass jemand plötzlich seine toten Eltern wiedertrifft? Ich würde den Film trotzdem auf keinen Fall als Fantasy bezeichnen, auch wenn er diese “übersinnliche” Komponente hat (wobei ich das hier auch nicht so nennen würde). Vieles funktioniert auch über spezielle Bilder und Kameraperspektiven. Wenn man im Kino nach Filmen sucht, die keine Fragen offen lassen und am Ende alles abgeschlossen ist, dann ist man hier komplett falsch. Dieser Film wirkt so sehr nach, eigentlich fängt er nochmals an, als er zuende ist, weil man über so vieles nachdenken muss, das rätselhaft geblieben ist. Vielleicht auch über sein eigenes Leben.

Das ist außerdem der zweite Film in zwei Monaten (nach Saltburn) in denen die Protagonisten einen Pet Shop Boys Song singen.

Der Trailer:

Nochmal Milch

Apropos umstrittene Kuhmilch: Dagegen hatte ja Joaquin Phoenix eine Rede gehalten, als er seinen Oscar für The Joker erhalten hat. The Joker habe ich vor kurzem nach 20 Minuten abgebrochen, weil wenn ich ihn weiter angeschaut hätte, hätte ich vermutlich meinen Lebenswillen verloren. Na ja, jedenfalls hat Phoenix damals im Zuge einer eher schwer nachvollziehbaren Assoziationskette moniert, dass wir Menschen den Kälbern die Milch wegtrinken. Das fanden damals viele ganz toll. Mich hat es eher ratlos zurückgelassen.

Es gab da ja diesen Eröffnungsmonolog von Ricky Gervais bei den Golden Globes, in dem der sehr freche Gervais – nachdem er alle die Anwesenden quasi auf ihre Freundschaft mit Jeffrey Epstein angesprochen hatte, was nur wenige lustig fanden – die nun folgenden Preisträger ersuchte: “Do not use this as a platform to make a political speech. You know nothing about the real word”. Denn: “Most of you did spent less time in school than Greta Thunberg and are in no position to lecture the public about anything.” Zusammenfassend: “So if you win, come up, accept your little award, thank your agent and your god and f*** off. Okay?” Das fand ich herrlich.