so, hier die anmerkung zu der von mir zitierten passage aus der vorleser.
als ich diesen text gelesen habe, fand ich mich darin ganz unmittelbar wieder, und musste sofort an meine schwangerschaft denken. in dem moment als der brixner arzt mir – nach etlichen minuten schweigender untersuchung – eröffnet hatte, dass mein kind sehr bald zur welt kommen würde, an der grenze zur lebensfähigkeit, erschienen mir die vergangenen 24 wochen mit einem schlag als unheilvoll und furcherregende vorbereitung auf diesen augenblick. natürlich nicht die tatsache selbst, dass ich ein kind erwartete. aber alles andere, was damit verbunden war. so als hätte mich jeder einzelne tag und mein schnell wachsender bauch genau an diesen schlimmsten moment meines lebens geführt.
natürlich ist das objektiv betrachtet schwachsinn. ich hatte bis zu diesem warmen septembertag eine völlig unkomplizierte schwangerschaft. mir war nie übel, ich hatte keine schmerzen, nichts verlief untypisch oder problematisch. ok, ich war oft müde und manche sommertage waren anstrengend, aber nichts deutete darauf hin, dass unser sohn 101 tage zu früh zur welt kommen würde. trotzdem wurde die schwangerschaft im rückblick zu einer art trauma, während ich die geburt in sehr schöner (und sicher auch verklärter) erinnerung habe. ich konnte lange in meinem kalender nichts über diese zeit nachlesen oder fotos ansehen. das waren gewissermaßen "trigger" für die dann aufkeimende angst.
mittlerweile versuche ich die zeit anders zu sehen. und mich an die vielen glücklichen augenblicke ohne beunruhigendes bauchgefühl zu erinnern. einerseits, weil es ein lebensabschnitt war, der nicht wiederkommt, andererseits weil ich adrian später einmal davon erzählen will, wie es war, als ich erstmals sein herz schlagen gesehen habe. wie er im bauch gestrampelt hat. oder wie er – beim letzten ultraschall vor der südtirol-reise – ganz neugierig in die kamera geschaut hat und sich von der ärztin auch nicht durch leichtes rütteln davon überzeugen ließ, sich für ein foto im profil zu zeigen.
beim kleidung aussortieren ist mir einmal das shirt in die hände gefallen, das ich an diesem warmen septembertag getragen habe. ich wollte es im ersten impuls loswerden, nur schnell weg damit, nie mehr anschauen müssen, während ich das shirt, das ich bei der geburt getragen habe an einem besonderen platz im kasten aufbewahre. aber das erschien mir dann doch ungerecht. und so habe ich es behalten und werde es adrian später einmal zeigen. wahrscheinlich interessiert es ihn nicht die bohne. aber trotzdem.