Seit La dolce vita weiß ich, dass der Ausdruck “Paparazzo” eigentlich der Name eines Fellini-Protagonisten ist. Eines Fotografen, der Prominenten auflauert und Fotos macht. Und seit ich gestern zum ersten Mal La strada gesehen haben, weiß ich nun, dass auch der Ausdruck “Zampano” eigentlich auf eine Filmfigur von Fellini zurückgeht.
Der große Zampano (eigentlich eine jämmerliche, kaputte Gestalt, dargestellt von Anthony Quinn) ist es nämlich, der die junge Gelsomina (Giulietta Masina) ihrer mittellosen Mutter abkauft, weil er eine Assistentin für seine Zirkusdarbietung braucht, er arbeitet als fahrender Künstler. Überall stellt er sie fortan auch als seine Ehefrau vor, eine Rolle, die sie gerne erfüllen möchte, sehnt sie sich doch nach Zuneignung und Geborgenheit. Doch daran hat Zampano kein Interesse, Frauen von der Straße erfüllen seine körperlichen Bedürfnisse und im Alltag demütigt er die naive und leicht zurückgebliebe Gelsomina, bis sie einen Emanzipationsversuch wagt…
In den 1950er und frühen 1960er wurde in zahlreichen Filmen die Welt bevorzugt so dargestellt, wie sie niemals war und auch niemals sein wird. Das gilt nicht für Fellinis Werke. Obwohl sie zuweilen recht surrealistisch sind, schimmert das Italien dieser Zeit durch, die menschlichen Ängste und Nöte, die Hoffnungslosigkeit. So hätte es zumindest gewesen sein können, das spürt man. Einige von Fellinis späteren Trademarks kommen in seinem ersten “fellini-esken” Film vor: das Zirkusleben, Schweben zwischen Erde und Himmel, Künstlerdasein, Überforderung mit dem Dasein.
La strada ist ein bitterer Film, mit einem hellen kleinen Punkt: seiner Hauptfigur, die allen Widrigkeiten zum Trotz versucht, ihre Lebensfreude zu bewahren und diese in den kleinen Dingen zu suchen. Es geht Fellini andererseits wohl auch nicht darum, seinen “großen Zampano” zu verurteilen, sondern vielleicht sogar zu zeigen, dass dieser – obwohl scheinbar arrogant, bestimmend und mächtig – auf seine Art und Weise viel verlorener und hilfloser ist als die dann doch sehr patente und lebenskluge Gelsomina.
Die prägnante Filmmusik stammt übrigens von Nino Rota, der nicht nur zahlreiche andere Fellini-Werke vertont hat, sondern auch die Musik zu Der Pate geschrieben hat.