Als Kind war mein Opa wahrscheinlich die wichtigste Person in menem Leben.
Ich habe ja viel Zeit bei meinen Großeltern verbracht und mein Opa war immer mein Vorbild. Sein Vater war im ersten Weltkrieg gefallen, bevor er ihn kennenlernen konnte. Er selbst wurde im zweiten Weltkriegt dreimal schwer verwundet und hat mir erzählt, dass manches Mal nur der Zufall verantwortlich dafür war, dass er nicht getötet wurde. Die frühe Kindheit seines Sohnes, meines Vaters, hatte er aufgrund des Krieges versäumt. Als er schließlich mit Vollbart und natürlich furchtbar aussehend heimkam, lief mein Vater aus Angst vor ihm davon. Das war sicher auch keine einfache Zeit. Trotz dieser Erfahrungen war er ein bewundernswert heiterer und positiver Mensch, der immer versucht hat, das Beste aus dem, was war, zu machen. Er konnte zwar furchtbar über Kleinigkeiten granteln, aber wenn es ernst wurde, war er ein Fels in der Brandung.
Letztens waren wir bei meinem Vater essen und ich habe etwas von meinem Opa erfahren, dass ich noch nicht wusste. Ich wusste zwar, dass er Sozialist war und in der Gewerkschaft tätig, ich wusste auch, dass er mit höheren SPÖ-Politikern bekannt war. Allerdings war mir nicht bewusst, wie eng er mit zb. Anton Benya befreundet war, der ihn auf einer Firmenveranstaltung einmal herzlich mit Du-Wort begrüßte. Die umstehenden Kollegen und nicht zuletzt meine Oma wunderten sich, dass mein Opa – mit diesen Kontakten zu Parteispitze – seine kleine Gemeindewohnung auf dem üblichen, damals recht beschwerlichen Weg beantragt hatte. O-Ton: Warum hast du Benya nie darauf angesprochen?
Aber das war eben auch mein Großvater: er hätte niemals Freundschaft mit Parteifreundschaft verwechselt und er hätte einen wie Benya, der ihm etwas bedeutet hat, nie mit einer solchen Bitte in Verlegenheit gebracht. Ich glaube, er hat die Idee nicht verworfen, sie ist ihm wohl gar nicht erst gekommen. Das hat mich auch noch nachträglich sehr stolz auf ihn gemacht.