Von der Musik meines Vaters zur Musik meiner Jugend. Weil auf Facebook anscheinend alle in den 70er Geborenen nächstes Jahr aufs Bon Jovi Konzert gehen und letztens auf Twitter Diskussionen zu Song und Video zu Always stattfanden.
Wenn man 1994 MTV geschaut hat, ist man um dieses Video nicht herumgekomen, es wurde eine zeitlang fast stündlich gespielt und hat das Lebensgefühl von Teenagern damals wirklich exakt getroffen. Wenn man sich das Video 2018 anschaut, kommt man irgendwie aus dem Kopfschütteln nicht raus, der Plot ist doch, nüchtern betrachtet, ziemlich absurd.
Also: Da wird zuerst ein Paar gezeigt (sie, Carla Gugino war später in Chaos City zu sehen), das offenbar ziemlich scharf aufeinander ist. Sie schmusen ununterbrochen und filmen sich dabei und bei ähnlichen Gelegenheiten. Es war übrigens die große Ära des Push-Up Bhs.
Plötzlich wohnt da noch eine junge Frau bei ihnen (Keri Russell, im Rückblick betrachtet wohl diejenige, die die größte Karriere gemacht hat). Warum und weshalb und ob sie die Freundin oder gar Schwester der Protagonistin ist, keine Ahnung. Jedenfalls ist die eines Tages mit dem Protagonisten alleine und anstatt sich zu unterhalten wie normale Erwachsene, sitzt er schweigend mit Jacke am Sofa und dann werfen sie sich vielsagende Blicke zu. Gerade als die Protagonistin mit dem Einkauf nachhause kommt (absolut unpassend zum Einkaufen gekleidet, in einem Mini-Kleidchen und Stöckelschuhen), fängt er an, Mitbewohnerins Bauch zu küssen, was die Protagonistin über den TV sieht (er lässt offenbar nonstop die Kamera laufen) und auszuckt. Sie wirft die Einkaufssackerl auf die beiden und verschwindet, wutentbrannt und verzweifelt. Warum der Protagonist in der Wohnung, wo jederzeit seine Freundin hereinplatzen kann, mit der anderen herummacht: niemand weiß es.
Daraufhin folgt ein ziellose Umherstreifen in der Stadt, die Protagonistin zieht irgendwann ihre Schuhe aus, man will sich nicht vorstellen, wie ihre Fußsohlen anschließend aussehen müssen – und sitzt gegen Abend dann in einem Hauseingang. Traurig, aber immer noch super gestylt. Ihr Halstuch hat sie jetzt um die Schultern drappiert. Auftritt: der Künstler. Der Künstler wohnt zufällig in diesem Haus und nimmt die sehr hübsche Verzweifelte mit in seinen irrwitzig riesigen Loft. Nicht, ohne ihr vorher seine Jacke umgelegt zu haben, für die ca. zwei Minuten Weg zu seiner Wohnung. Und macht, was man so macht, wenn man jemanden gerade vor der Haustür aufgelesen hat: er versorgt sie mit Champagner (ein heißer Tee wäre wohl besser gewesen) und malt ein Bild von ihr. Damit das Bild besser wird, zieht er sich seinen Pulli aus und sein sensibler Blick sagt, ich zwing dich nicht, aber wäre schon schön, wenn du das jetzt auch machen würdest. Und sie macht das dann auch.
Schnitt, nächster Tag (?) die Protagonistin wacht alleine, eingewickelt in Satin-Bettwäsche, (was sonst???) auf. Der Künstler ist weg. Sie ruft ihren Ex an, der sofort kommt. Zuerst scheint es so, als wollten sie sich versöhnen, doch als ihm klar wird, was passiert ist, zerstört er das Bild des Künstlers. Daraufhin verabschiedet sich die Protagonistin – wie es aussieht – endgültig von ihm. Was dann passiert, ist auf MTV öfters zensiert worden, nämlich: Protagonist zündet den Loft des Künstlers an. Auf MTV (wie auch auf oben eingebettetem youtube Video) sah man meistens nur, wie die Fenster aufgrund der Flammen zu Bruch gehen und konnte nur drüber spekulieren, wer da wohl seine Finger im Spiel hatte. Letzte Szene: Protagonist verlässt das Haus und trifft auf Künstler, die beiden sehen sich vielsagend an (wobei sie sich ja nicht kennen); Schnitt: Protagonist sitzt irgendwo in Mexiko und halluziniert seine Freundin herbei.
Das ist schon alles sehr heartbroken und arg, andererseits wirkt der Protagonist eigentlich sehr unsympathisch und egozentrisch und prinzipiell wirken alle in diesem Video wie ziemliche “Poser”, sehr oberflächlich und abgehoben. Aber dennoch, oder gerade deshalb, ist das Video Kult.