In den letzten Tagen hab ich viel gearbeitet und gelesen.
Einerseits Vladimir von Julia May Jonas. Die Arme konnte auch nicht erahnen, was für einen “umstrittenen” Titel sie da gewählt hat und dann ist auch noch einer der Protagonisten Russe. Wobei dessen Herkunft eher eine Projektionsfläche ist, für alles das, was man selbst mit Russland so verbindet. Ich hab übrigens auch russische Vorfahren, justsaying. Jedenfalls ist Vladimir ganz hervorragend. Es geht um eine Literaturprofessorin 50 plus, die sich in einen “jungen” Kollegen – aus ihrer Perspektive, also er ist eh auch schon über 40 harhar – verliebt, beide gebunden, beide kämpfen mit ihrem nächsten Roman, mit ihren Gefühlen und der Sprache quasi, ich mein was kann es besseres geben, das ist genau mein Thema. Na ja, der Plot entwickelt sich dann komplett anders als man sich das erwarten würde und ist nicht unbedingt das stärkste Element in Vladimir, aber das macht nichts, weil es einfach so wahnsinnig gut geschrieben ist.
Andererseits hab ich Flüchtig von Hubert Achleitner (alias Hubert von Goisern) gelesen und das war jetzt nicht wirklich meines. Obwohl die Kritiken großteils ziemlich davon angetan waren und ich das Thema – wie immer eine Beziehungsgeschichte – konkret die Flucht aus einer Ehe – was anderes lese ich ja kaum – sehr ansprechend finde, ist es m.E. nicht besonders gut geschrieben und hat eine enorme Schlagseite in Richtung Kitsch. Ich finde gerade wenn man über Liebe und Sex schreibt, muss man am Puls der Zeit sein – es ist 2022! – und die Dinge beim Namen nennen ohne dabei derb zu sein (ja, das ist schwierig, ich weiß). Sexuelle Begegnungen sollten nicht verschämt- verbrämt beschrieben werden, so nach dem Motto: Ich will, aber ich kann nicht, weil das kann tatsächlich überhaupt nichts. Außerdem Ist es nicht notwendig, den Werdegang jeder random vorkommenden Person bis zur Erschöpfung zu erörtern und auch nicht, den Leser auf drei aufeinanderfolgenden Seiten mit jeweils anderen Worten daran zu erinnern, wie alt seine Protagonisten gerade sind. Da frag ich mich dann auch: Wo war das Lektorat?
Morgen habe ich wieder einen Schreibtag in Atzgersdorf.