almis personal blog

Vice versa

Das Kind knipst Max Verstappen auf dem Red Bull Ring in Spielberg, ich darf das Foto mit freundlicher Genehmigung des Fotografens herzeigen

versus

Ich schaue Ingeborg Bachmannpreis (aber natürlich auch bisschen Formel 1)

Apropos Bachmannpreis Bullshit Bingo. Eine Kandidatin hat sich nicht nur ins Jurygespräch eingeschaltet, sie hat sogar ihren eigenen Text erklärt. Das würde ich nicht machen. Einerseits weil ich nicht glaube, dass man das, was der Autor oder die Autorin sagen will, 1:1 herausfinden muss, andererseits, weil jeder Text auch mit dem Leser persönlich zutun hat, weil jeder seine ureigene Interpretation für sich selbst schaffen kann und soll. Ich nehme Möglichkeiten, wenn ich zu viel erkläre und auch ein bisschen den Zauber, den Literatur immer auch hat, im ein-bisschen-nebulosem.

Allerdings habe ich jetzt auch nicht die Befürchtung der Journalisten, die nach der Lesung dazu befragt wurden, dass das jetzt ein Dauerzustand wird, dass Autoren anfangen mit den Juroren über ihre Texte zu diskutieren. Die meisten Autoren schreiben lieber als sie reden, da bin ich ganz sicher, harhar.

Good Bye School

Heute ist schon wieder ein Schulschluss. Das Kind hat einen Notendurchschnitt von 1,6 – das hat er übrigens auch nicht von mir harhar. Nach dem Zeugnis ging es für ihn direkt nach Spielberg, wo sich die Formel 1 Verantwortlichen offenbar gedacht haben, es reicht nicht nur ein Schulschluss-Verkehrskollaps, wir machen an dem Wochenende gleich auch noch das Rennen in Österreich.

Botschaft vorm Gymnasium zum Ferienbeginn

Schulschluss, auch immer so ein Tag für Reminiszenzen; ich denke an einen besonderen Menschen und die erst kürzlich erwähnten Wochenenden, wie aber eh immer. Helle, schöne Gedanken.

Ich habe noch ein bisschen gearbeitet und dann fahre ich übers Wochenende in den Garten, wo ich schreiben will und nebenbei natürlich Formel 1 schauen, ob ich das Kind vielleicht sehe und ich werde den Bachmannpreis weiterverfolgen. Humor ist auch gut für die hellen Gedanken, gestern hat Klaus Kastberger, der neue Jury-Chef gesagt: “Ich kann Texte, in denen Gegenstände sprechen, nicht ausstehen! Ich hasse den kleinen Prinzen, ich hasse Harry Potter.” Das ist natürlich keine literarische Kategorie, aber für solche Aussagen lieben wir die Jurydiskussionen ja.

Hier das beliebte Bullshit-Bingo für das heurige Jahr:

Ein paar Dinge konnten schon angekreuzt werden

Klaus Kastberger trug noch kein Fußballtrikot, aber heute dafür ein Poor Things Shirt, das ist nicht mal ergooglen konnte, ein Unikat? Wow jedenfalls.

Tiefe Wasser

Es gibt ja diesen Spruch, wenn man einen Hammer hat, dann sieht jedes Problem wie ein Nagel aus. Ich würde das gerne abwandeln in: Wenn man Adrian Lyne als Regisseur hat, dann wird jeder Filmstoff zu einem Erotikthriller, harhar.

Lyne hat wirklich äußerst gute, wenn auch ziemlich unangenehme Filme gedreht wie 9 1/2 Wochen, Eine verhängnisvolle Affäre und Untreu. Wobei ich mich bei Untreu wirklich immer frage, wer lieber mit diesem nervigen Franzosen zusammen ist als mit Richard Gere, aber ok. Jedenfalls hat sich Adrian Lyne vor zwei Jahren dem Patricia Highsmith Roman Tiefe Wasser gewidmet; leider muss ich sagen, nachdem ich das Buch erst vor ein paar Wochen gelesen habe: für mich ist es einfach kein Erotikthriller und – jetzt kommt es – es ist vielleicht überhaupt nicht als Filmstoff geeignet, wie, unpopular opinion, die meisten Highsmith Romane.

Es geht um Vic Van Allen (Ben Affleck) und seine Frau Melinda (Ana de Armas), ein recht wohlhabendes Ehepaar, das mit seiner kleinen Tochter Trixie ein großes Haus bewohnt und einen bunten Freundeskreis hat, also sozusagen ein “perfektes” Leben führt. Nur freundet sich Melinda regelmäßig mit Männern an, die neu in der Gegend sind und verbringt ihre Zeit lieber mit ihnen als zuhause. Vic, der “gute Kerl” scheint das – zum Erstaunen seiner Freunde – einfach so hinzunehmen. Bis er Melindas neuem “Bekannten” erzählt, dass er den letzten “guten Bekannten” seiner Frau, der spurlos verschwunden ist, umgebracht hat….

Im Buch geht es vor allem um die Psyche von Vic, unter dessen fürsorglicher Fassade es brodelt, um seine Gedankenwelt, auch um seine möglicherweise latente Asexualität. Vic hat nämlich nicht unbedingt ein Problem mit einem Betrug an sich, weil für ihn das Thema Sexualität ohnehin weniger wichtig ist, sondern eher damit, dass Melinda sich emotional immer mehr von ihm entfernt, dass die Familie in Gefahr ist. Vic ist nämlich ein absoluter Familienmensch und kümmert sich auch vorrangig um die Tochter. Um diese Zwischentöne abzubilden, muss der Film dem Publikum etwas “zeigen”, und Lyne hat sich da eben für den ganz plakativen Weg entschieden und macht aus Ana de Armas eine Art überwutzelte Femme Fatale und Ben Affleck agiert energiemäßig genau gegensätzlich, nämlich auf kompletter Sparflamme. Oder wie ich in einem Review gelesen habe: die glaubwürdigste Figur ist die kleine Tochter und das stimmt tatsächlich.

Auch die Übertragung des Stoffes insgesamt, von den 1960er Jahren auf die Gegenwart funktioniert nicht so richtig. Der Film wirkt merkwürdig altbacken, als müsste er sich selbst die Modernität mit Gewalt aufgezwingen. Er übernimmt einen eher klassichen Kleidungs- und Kommunikationsstil aus dem Roman, ergänzt ihn aber mit bemühter Diversität und Gesprächen über Drohnen, was dann ungewollt anachronistisch erscheint.

Außerdem ist der Song Let Go von Frou Frou der quasi Signature-Song von Garden State und ich weigere mich entschieden, ihn in einem anderen Film zu akzeptieren, harhar.

Slingshot

Das Kind verbringt die letzten Schultage unter anderem mit seiner Klasse im Prater, wo er ein Video davon schickt, wie er mit einem Teufelsgerät namens Slingshot fährt.

Praktisch jeder, dem ich das Video zeige, kommentiert es mit: “Na das hat er aber nicht von dir.”

Sehr freundich, wie ihr den Begriff “Angsthase” umschrieben habt. Harhar. Aber mein Trost ist, dass er selbst unter Gleichaltrigen nur einen gefunden hat, der da mit ihm fahren wollte.

Das Wochenende

Die Bedeutung des Wochenendes ist im eigenen Leben einem gewissen Wandel unterworfen.

Als Schulkind habe ich die Wochenenden geliebt, aus den naheliegenden Gründen – ich gehörte wirklich nicht zu denen, die nach der Matura geweint haben (ja, solche gab es auch).

Als ich dann selbst ein kleines Kind hatte, waren die Wochenende ein Elend. Ich habe mir gerade einen Blogeintrag von früher wieder durchgelesen, der sehr lustig war, ich muss mich selbst loben; da schildere ich, wie ich mit dem Kind bei jedem Wetter rausgegangen bin, auch bei strömendem Regen, einfach um ihn auszupowern und dann wollte er auf der Straße “alleine gehen”, trotz Mörderverkehr und Unwetter, und ich vermerkte: “Da musste sein Willen leider gebrochen werden.” Boah, wie böse. Harhar. Also die Kleinkind-Wochenenden waren echt nicht mein Ding. Aber danach wurde es toll, als ich mit ihm essen gehen und dabei länger als fünf Minuten sitzen bleiben und richtige Gespräche führen konnte. Und dann ins Kino oder in eine Ausstellung oder ins Museum oder in den Motorikpark.

Wieder etwas später in meinem Leben gab es wunderschönen Wochenenden mit jemand besonderem, über die ich geschrieben habe, dass da “dieser kleine Raum war, in dem wir alles sagen konnten, uns alles erzählen, der einfach nur uns gehört hat”. An diese Wochenenden werde ich mich sentimental erinnern bis- ach einfach für immer. Irgendwie sind meine Blogeinträge nicht mehr so witzig-böse, dafür immer rührseliger, kommt mir vor, das ist sicher das Alter, harhar.

Und jetzt gerade lasse ich mich oft treiben; das Kind hat natürlich schon lang seinen eigenen Rhythmus und in der Zeit, wo sich unsere Wachphasen überschneiden, treffen wir uns zu Mahlzeiten oder zu Formel 1 Rennen, und dann geht er Scooter fahren und ich gehe ins Kino oder in den Garten. Manchmal sitze ich auch am Wasser, wie gestern, und trinke Holundersaft aus solchen Hipstergläsern und beim Anblick dieses Glases mit Minze und Zitrone und Eiswürfeln, was mir immer gute Laune macht, ist mir die Inspiration zu diesem Blogeintrag gekommen.

Holundersaft an der unteren alten Donau

Meryls Quiz

Gestern hatte Meryl Streep Geburtstag, was ich dadurch erfuhr, dass ich ungefähr zehnmal das gleiche Video in meiner Twitter Timeline hatte, in dem sie vor einigen Jahren in der Talkshow von Jimmy Kimmel zu Gast war und in einer Minute sämtliche ihrer Oscarnominierungen (damals 20, mittlerweile 21) aufzählen sollte.

Nun wirkt es wahrscheinlich überheblich, wenn man dann die Filme problemlos runterrattert, aber es hat wirklich so gewirkt als müsse sie nachdenken. Eingefallen sind ihr folgende Filme, in dieser Reihenfolge: The French Lieutenant’s Woman, Kramer versus Kramer, Silkwood, Sophie’s Choice, Out of Africa, A Cry in The Dark – wo Kimmel fälschlicherweise verneinte und sie dann: “What, why not?” Und er: “You were robbed!” Harhar. Also nach 1989 war ihr nichts in schneller Erinnerung, aber sie meinte, sie wisse eher Sachen, die vor 30 Jahren passiert sind, als was sie vergangenen Mittwoch gemacht hat. Also hat sie auch The Iron Lady nicht genannt, für den sie ja den Oscar tatsächlich auch bekommen hat, in jüngerer Vergangenheit. Dass es bereits ihr dritter Gewinn war, hat sie in ihrer Rede damals recht selbstironisch kommentiert:

“Oh my god, oh come on! Alright, thank you so much. When they called my name, I had this feeling I could hear half of America going: Oh nooo. Oh come on. Her? Again? You know…..but – whatever. (laughs)”

Meryl Streep bei den Oscars 2012

Es gibt übrigens eine Acceptance Speech Database, genial; aber das nur am Rande.

Schreibmaschinen

Schreibmaschinen haben mich immer schon fasziniert, ich wollte auf ihnen dicke Bücher schreiben.

Ich kann mich daran erinnern, als mir mein Papa damals, als ich so 11 oder 12 Jahre alt war, eine aus seiner Firma mitgebracht hat, die dort nicht mehr gebraucht wurde. Sie stand bei meinen Großeltern, wo ich große Teile meiner Kindheit verbrachte, irgendeines Morgens am Frühstückstisch. Ich habe dann selbst probiert, mir das Maschinenschreiben beizubringen. Habe es allerdings erst viel später gut geschafft, als meine Freundin mit der HAK anfing und mir ihr Lehrbuch geborgt hat

Das neue Poster in meinem Gartenbüro, so hab ich quasi als Mädchen meine 1. Schreibmaschine begrüßt harhar

Heute haben wir etwas effizientieres als Schreibmaschinen, nämlich Computer, aber ich habe dafür auf meinem Computer einen Schreibmaschinen-Snoopy, der mich beim Browsen begleitet.

Übrigens wusste ich bis vor kurzem gar nicht, dass Snoopy ein leidenschaftlicher Schriftsteller ist und immer, auf seiner Hundehütte sitzend, über irgendwelchen Texten brütet.

Und jetzt eine Welt-Überleitung: Das Kind wurde im Krankenhaus in Bozen von einer Ärztin “il nostro Snoopy” (unser Snoopy) genannt. Warum weiß ich nicht oder es war lost in translation bzw. ich hab es einfach nicht verstanden harhar, jedenfalls hier noch ein Foto vom Kind mit einer Schreibmaschine aus dem Jahr 2015 bei der Christine Nöstlinger Ausstellung.

Kinds of Kindness

Nachdem die Hauptkritik zu Kinds of Kindness bei Uncut schon vorhanden war, habe ich eine Kurzkritik verfasst.

Some of them want to use you/ Some of them want to get used by you/ Some of them want to abuse you/ Some of them want to be abused

Mit den Worten von Eurythmics, die den Film auch eröffnen, erzählt Giorgos Lanthimos in drei Kapiteln alles andere als konventionelle Geschichten, vielmehr handelt es sich um eine Art freie Assoziationskette voll bizarrer, surrealer und grotesker Elemente. Dennoch können wir uns jeweils an einem vagen Handlungsstrang festhalten.

Emma Stone, Jesse Plemons, William Dafoe und Konsorten verkörpern unterschiedliche Menschen auf der Suche nach Liebe – oder dem, was sie dafür halten. Dabei spielt hässliche Freizeitkleidung ebenso eine Rolle wie zertrümmerte Tennisschläger, schlecht gezogene Lidstriche, Amateurvideos, riskante Fahrmanöver und eine Prosektur.

Lanthimos interessiert sich dabei aber nicht für die Psyche seiner Figuren, sondern liefert lieber avantgardistische Detailbeobachtungen, popkulturelle Zitate und eine Menge an verquerter Symbolik, der man erst eine Bedeutung wird abringen müssen – sofern das überhaupt gelingen kann.

Poor Things erscheint im Vergleich dazu wie eine mild-nostalgische Erinnerung wenn Kinds of Kindness seine entschlossene und kompromisslose Radikalität auspackt, die allerdings nicht die Schwere von Lanthimos’ früheren Werke vermittelt, sondern im Gegenteil über weite Strecken herrlich böse-unterhaltsam ist.

Ein neuer Level von “Bonkers”.

Wie immer auch auf Uncut nachtzulesen.

P.S. Die Pressevorstellung war in OV, ich habe mir schon Sorgen gemacht, weil ich Untertitel gewöhnt bin. Man versteht aber tatsächlich praktisch alles.

P.P.S Der Teaser, der einiges an Stimmung vermittelt.

Europapa

Ich war heute wieder mal in einer Pressevorstellung und der Film war so (für mich eigentlich unerwartet) gut – Kinds of Kindness, das neue Werk von Yorgos Lanthimos. Mehr dazu bald, ich muss mich erst noch sammeln.

Als ich dann jedenfalls heimgekommen bin, entspann sich folgender Dialog.

Ich: Rat mal, welches Lied es heute im Kino gespielt hat, nachdem ich aus dem Saal gegangen bin?

Kind: Kroatien?

Ich: Wieso denkst du immer, dass es ein Songcontest Lied sein muss?

Kind: Weil du du bist.

Ich: Pfff.

Kind: Also was wars?

Ich: Niederlande.

Harhar.

Ham kummst

Letztens habe ich mal wieder den Song Non succederà più von Claudia Mori (feat. Adriano Celentano) aus dem Jahr 1982 gehört und mir gedacht, das ist eigentlich die geheime Vorlage zu Ham kummst von Seiler und Speer.

Claudia Mori singt immer wieder monoton das gleiche, eine Anklage an ihren Ehemann, der nie da ist wenn sie schlafen geht und dann erst um drei Uhr nachts heimkommt, aber das wird nicht mehr passieren, wenn es nach ihr geht. Sie kündigt zwar keine so konkreten Maßnahmen an wie die Protagonistin bei Seiler und Speer, die ja direkt von Scheidung spricht, aber verklausuliert will Claudia Mori sicher dasselbe sagen, nur etwas poetischer. Am Ende singt dann noch Adriano Celentano, der tatsächliche Ehemann von Mori, sehr gelangweilt und auch ein bisschen genervt (wenn man mich fragt), dass er sie so liebt und sie eh die Einzige ist, während Mori im Vordergrund weiter jammert. Das Ganze könnte auch als Parodie empfunden werden, so wie ja auch Ham kummst ziemlich (schwarz)humorig ist.

Ich habe dann im sehr guten Buch Azurro von Eric Pfeil nachgelesen, in dem er sich 100 italienische Songs mit Backstory und Analyse widmet. Pfeil schreibt über Non succederà più als “unverwüstlichen Musica-leggera Hit” und “biografische Verarbeitung einer Ehekrise”; dass Mori und Celentano tatsächlich einmal getrennt waren, angeblich wegen Ornella Muti, die dann mit 70 oder so, als diese Gerüchte wieder aufkamen meinte, aber Mori hätte ja zuerst selbst einen anderen gehabt, echt italienischer Gossip.

Und auch wenn es vielleicht nach meiner Beschreibung nicht so klang, Non succederà più ist tatsächlich ein sehr schöner Song. Und Mori und Celentano sind noch oder wieder zusammen.