Es gibt ja diesen Spruch, wenn man einen Hammer hat, dann sieht jedes Problem wie ein Nagel aus. Ich würde das gerne abwandeln in: Wenn man Adrian Lyne als Regisseur hat, dann wird jeder Filmstoff zu einem Erotikthriller, harhar.
Lyne hat wirklich äußerst gute, wenn auch ziemlich unangenehme Filme gedreht wie 9 1/2 Wochen, Eine verhängnisvolle Affäre und Untreu. Wobei ich mich bei Untreu wirklich immer frage, wer lieber mit diesem nervigen Franzosen zusammen ist als mit Richard Gere, aber ok. Jedenfalls hat sich Adrian Lyne vor zwei Jahren dem Patricia Highsmith Roman Tiefe Wasser gewidmet; leider muss ich sagen, nachdem ich das Buch erst vor ein paar Wochen gelesen habe: für mich ist es einfach kein Erotikthriller und – jetzt kommt es – es ist vielleicht überhaupt nicht als Filmstoff geeignet, wie, unpopular opinion, die meisten Highsmith Romane.
Es geht um Vic Van Allen (Ben Affleck) und seine Frau Melinda (Ana de Armas), ein recht wohlhabendes Ehepaar, das mit seiner kleinen Tochter Trixie ein großes Haus bewohnt und einen bunten Freundeskreis hat, also sozusagen ein “perfektes” Leben führt. Nur freundet sich Melinda regelmäßig mit Männern an, die neu in der Gegend sind und verbringt ihre Zeit lieber mit ihnen als zuhause. Vic, der “gute Kerl” scheint das – zum Erstaunen seiner Freunde – einfach so hinzunehmen. Bis er Melindas neuem “Bekannten” erzählt, dass er den letzten “guten Bekannten” seiner Frau, der spurlos verschwunden ist, umgebracht hat….
Im Buch geht es vor allem um die Psyche von Vic, unter dessen fürsorglicher Fassade es brodelt, um seine Gedankenwelt, auch um seine möglicherweise latente Asexualität. Vic hat nämlich nicht unbedingt ein Problem mit einem Betrug an sich, weil für ihn das Thema Sexualität ohnehin weniger wichtig ist, sondern eher damit, dass Melinda sich emotional immer mehr von ihm entfernt, dass die Familie in Gefahr ist. Vic ist nämlich ein absoluter Familienmensch und kümmert sich auch vorrangig um die Tochter. Um diese Zwischentöne abzubilden, muss der Film dem Publikum etwas “zeigen”, und Lyne hat sich da eben für den ganz plakativen Weg entschieden und macht aus Ana de Armas eine Art überwutzelte Femme Fatale und Ben Affleck agiert energiemäßig genau gegensätzlich, nämlich auf kompletter Sparflamme. Oder wie ich in einem Review gelesen habe: die glaubwürdigste Figur ist die kleine Tochter und das stimmt tatsächlich.
Auch die Übertragung des Stoffes insgesamt, von den 1960er Jahren auf die Gegenwart funktioniert nicht so richtig. Der Film wirkt merkwürdig altbacken, als müsste er sich selbst die Modernität mit Gewalt aufgezwingen. Er übernimmt einen eher klassichen Kleidungs- und Kommunikationsstil aus dem Roman, ergänzt ihn aber mit bemühter Diversität und Gesprächen über Drohnen, was dann ungewollt anachronistisch erscheint.
Außerdem ist der Song Let Go von Frou Frou der quasi Signature-Song von Garden State und ich weigere mich entschieden, ihn in einem anderen Film zu akzeptieren, harhar.