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Heute wurde ich von einem Geräusch wach. Das Geräusch hörte sich ungefähr so an: “Tatata – Maax Verstaa-ppen.” Das Kind ist auf Urlaub, aber sein altes Handy nicht und aus irgendeinem Grund ist der Wecker auf eine komische Uhrzeit gestellt. Zu spät für die Schule und für die Ferien viel zu früh. Naja, egal, ich musste sowieso aufstehen, weil ich in den Prater gefahren bin.
Das kam daher, weil meine NÖ Card noch eine Woche gilt und meine Freundin K. meinte, ob ich mit ihr Riesenrad fahren will, das wäre mit der Karte gratis (statt 14 Euro, unbezahlte Werbung). An sich würde ich das gerne tun, habe aber auch latente Höhnenangst. Ich frage das Kind, ob ich das machen soll, was ich mir auch hätte sparen können, weil er sowas immer befürwortet. Na jedenfalls haben K. und ich uns heute gegen zehn Uhr am Praterstern getroffen. Es war schön sonnig und es gab blauen Himmel; windig wars leider auch, ob das Riesenrad überhaupt fährt, bei diesem Sturm? Harhar.
Wie immer kurz vor so einem Überwindungs-Ereignis denke ich mir: Wieso tue ich mir das eigentlich an, aber K. ist sehr lieb und fragt mich viele Sachen, um mich davon abzulenken, dass ich Angst habe. Als wir in die Gondel steigen meint sie: Schau mehr schaukeln als jetzt wird es oben auch nicht. Ich beschließe ihr zu glauben. Und sie hatte tatsächlich recht!
Ich war dann schon froh, als ich wieder festen Boden unter den Füßen hatte und K. war stolz auf mich; ich ehrlich gesagt auch. Danach gingen wir auf Kaffee und Mittagsfrühstück ins Nordbahnviertel und wir redeten wieder über die Dinge, die uns beschäftigen, bei mir ist es eh immer das gleiche, aber K. wird nicht müde, sich das anzuhören und mir ihre Perspektive mitzugeben. Außerdem haben wir noch über die Miniserie Kafka gesprochen (bald mehr dazu) und darüber, was wir uns das nächste Mal anschauen werden.
Israel darf jetzt, nachdem sie die Lyrics ihres Songs geändert haben, doch am ESC teilnehmen und zwar mit der Sängerin Eden Golan und Hurricane.
Wobei sie eigentlich nur eine Wetterereignis-Metapher (Rain) durch eine andere Wetterereignis-Metapher (Hurricane) ersetzt haben. Und Hurrikan ist die verheerendere, die mehr zerstört hat oder mehr zerstören kann, wenn man jetzt auf die Symbolik achtet. Aber ich denke mal, der EBU war es vor allem wichtig, dass der Monat wegkommt, October Rain ist quasi die Red Flag gewesen, die direkte Assoziationen hätte auslösen können.
Man kann aber prinzipiell in den Text immer noch alles hineinlesen was man möchte und das ist ja auch ein integraler Bestandteil von Kunstrezeption. Jamala durfte mit 1944 (für die Ukraine) außerdem ebenfalls antreten, wo immerhin folgendes gesungen wurde: “They come to your house, they kill you all and say: we’re not guilty.” Was zu den düstersten (und politischsten!) ESC-Lyrics aller Zeiten zählen dürfte, und zwar ganz methapernlos, sondern wortwörtlich, es ging um die Krimtartaren. Und es ist auch komplett gegen die humoristische Anleitung Love Love Peace Peace von Mans Zelmerlöw und Petra Mede von 2016, was man beim Schreiben eines ESC-Songs beachten sollte: “Let it be about something everyone can connect to. Love works. Peace is also a popular way to go. ABBA actually won the competition with a song about war with Waterloo, but this is not something we recommend”. Naja, und dann hat Jamala genau 2016 mit einem quasi Kriegssong gewonnen.
Gewinnen wird Israel heuer sicher nicht, dazu ist alleine schon die Teilnahme viel zu “umstritten”. Hurricane ist aber eine dramatische und auch außergewöhnliche Ballade, deren Qualität schon anerkannt werden wird, denke ich, weil dieses Jahr auch kein sehr starker Balladen-Jahrgang ist.
Yoko ist der Nachbarshund im Garten. Benannt nach Yoko Ono. Yoko hat auch einen Job, sie ist ein Therapiehund in einer kinderpsychologischen Praxis. Ihre Kernkompetenzen sind dabei kuschelig sein und sich geduldig streicheln lassen.
Weitere Kernkompetenzen von Yoko: Fremdes Katzenfutter fressen, in keiner Weise auf den Ruf des eigenen Namens zu reagieren und so lange vor dem Nachbarsgartentürl stehenzubleiben, bis sie hineingelassen wird.
Von meiner Freundin L. habe ich einen Jahresvorrat an wunderschönen Notizbüchern (in einer tollen Schachtel) bekommen.
Nachdem das Kind morgen auf Urlaub fährt, werde ich wohl gleich mit dem ersten beginnen.
Hemingway hat mal gesagt, Schreiben sei einfach: “All you do is sit down at a typewriter and bleed.”
Vor dem Typewriter kommt das Notizbuch. Ich könnte keine Poetikvorlesung halten, ich kann nur sagen, dass die Suche nach dem richtigen Wort oder Satz ein Erlebnis ist, das mich fasziniert, manchmal auch ein Abenteuer, oft eine Herausforderung. Ich möchte Eindrücke festhalten, Momente und auch Menschen. Solange ich schreiben kann, sind diese Menschen bei mir und das ist so ein warmes und beruhigendes Gefühl. Daran denke ich diese Woche oft.
Hilfe, Marco und Alkis vom Merci, Cherie Podcast erinnern uns Hörer schon daran, unsere Top 10 Song-Liste für dieses Jahr einzureichen und ich hänge immer noch bei Mustii aus Belgien fest.
Der Jahrgang insgesamt ist ziemlich rockig und Estland ist sehr nerdig. In ihrem ebenso skurillen Video holen sie alles raus, was man aus einem zwielichtigen und abgefuckten Hinterhof rausholen kann, ich schätze das durchaus, auch dieser komische Tanz in Zeitlupe, ich finde das hat irgendwie was.
Aber: Hat sich Estland – ich weiß, sie werden wahrscheinlich nicht in die Verlegenheit kommen, aber trotzdem – kurz mal überlegt, was passieren würde, wenn sie siegen? Dann sagen wir in ein paar Jahren: Ach ja, 2024, kannst du dich noch erinnern, als 5MIINUST x Puuluup mit “(nendest) narkootikumidest ei tea me (küll) midagi” gewonnen haben? Harhar.
Ich mein, ein etwas griffigerer Songtitel, mit etwas weniger Wörtern in Klammern oder überhaupt etwas weniger Wörtern wäre ein bisschen “kundenfreundlicher” gewesen, aber das ist ihnen wahrscheinlich wurscht und das ist dann auch wieder sehr sympathisch.
Man sagt ja, jeder herausragende Film hat drei gute Szenen, die einem sofort einfallen, wenn man an ihn denkt.
Natural Born Killers hat schon in den ersten Minuten zwei ganz erstaulich starke Szenen. In der allerersten Szene besuchen Mickey und Mallory ein Diner und erschießen dort gleich mal grundlos drei Menschen. Danach versichern sie sich, wie sehr sie sich lieben – diese Liebe ist auch glaubwürdig – und tanzen zu Edith Piafs La vie en Rose eine Art Walzer und im Hintergrund sieht man Paris projiziert und ein Feuerwerk und das ist irgendwie so ein romantischer Moment, bei dem man sich als Zuschauer fragt, wieso man diesen als solchen empfinden kann, direkt nach drei Morden?
Nur ein paar Augenblicke später erfahren wir etwas über Mallorys Kindheit und Jugend. Ihr Vater war verbal und physisch äußerst gewalttätig und hat Mallory wiederholt missbraucht. Aber das Ganze wird nicht konventionell mit einer Rückblende, einem Voice over oder einer Montage geschildert, sondern wir sehen Mallorys Mutter, ihren kleinen Bruder und den Vater am Tisch sitzen und miteinander sprechen, gefilmt im Stil einer amerikanischen Sitcom, wo das Publikum im Hintergrund mechanisch lacht. Die Aussagen des Vaters sind so respektlos und grausam, dazu dieses vollkommen deplatzierte Lachen aus dem Off, das ist auf eine ganz besonders arge Weise gruselig. Ich bewundere das, wenn ein Regisseur sich traut, etwas so ganz anders zu erzählen als man das normalerweise macht und dabei ein Genre bewusst zu pervertieren.
Der ganze Film ist wie ein Fiebertraum, wie ein zweistündiges Musikvideo, mit unheimlich vielen Schnitten und der typischen Videoclip-Erzählweise, wo eben nicht alles ausformuliert und durchdekliniert wird, sondern es ganz viel um die Vermittlung von Stimmungen durch Einsatz von Bildern, Licht und eben Musik geht. Damit ist Natural Born Killers natürlich wieder komplett ein Phänomen seiner Zeit, denn die 1990er Jahren waren auch die goldene Jahre für MTV und andere Musiksender. Eine Szene, in der Mickey und Mallory mit dem Auto vor einer Rückprojektionsleinwand fahren, hat mich total an das Guns n’ Roses Video zum Song Since I don’t have you erinnert, wo Axl Rose mit Gary Oldman auch in einem Auto vor so einer Leinwand “fährt”. Ich weiß gar nicht, was zuerst da war, der Film oder das Musikvideo. Ich hab dazu auch weiter nichts ergooglen können, was bedeutet, dass meine Assoziation entweder so genial ist, dass noch niemand vorher draufgekommen ist, oder aber, dass es komplett an den Haaren herbeigezogen ist.
Was will dieser Film aber nun wirklich? Laut Aussage von Stone und Co. ist er eine Satire, die beleuchten soll, was in den USA schiefläuft, aber vielleicht auch, was generell gesamtgesellschaftlich nicht funktioniert. Mickey und Mallory sind zu Mördern geworden, weil niemand die Gewaltspirale gestoppt hat, in die sie quasi hineingeboren werden, die alte Theorie: “Hurt people hurt people” ist auch hier zutreffend. Weder die Justiz, noch der Polizeiapparat und natürlich schon gar nicht die Medien sind irgendeine Art von moralischer Instanz, die irgendwie hilfreich oder gar vorbildhaft wären, im Leben von Menschen. Der reißerische TV Moderator berichtet ja sogar, wie die beiden quasi aus “perfekten liebenden Familien” heraus zu Monstern geworden sind, also eine komplette Verdrehung der Tatsachen, aus reiner Sensationsgier und um sich nicht mit Ambivalenzen herumschlagen zu müssen. Mickey und Mallory holen sich die Aufmerksamkeit, die sie nie bekommen haben, nun mit brutaler Gewalt, weil ihnen niemand einen Weg zur Aufarbeitung ihrer Traumata angeboten hat. Was aber gleichzeitig nicht die Taten rechtfertigt.
Natural Born Killers ist natürlich ein arger und auch brutaler Film, aber die Gewalt wird weniger gezeigt als man meinen könnte. Es ist kein Splattermovie oder Horrofilm und es ist auch kein Film mit einfachen Antworten oder Lösungen. Es ist – trotz allem Pop-Look, sowie visueller und musikalischer Überladung – ein Werk, das sehr eindringlich nachwirkt
Das Jahr 1994 war ein herausragendes Filmjahr mit Filmen wie Pulp Fiction, Forrest Gump, Die Verurteilten, Vier Hochzeiten und ein Todesfall etc.
Es war das Jahr, in dem ich 18 Jahre alt geworden bin und ich kann mich noch genau daran erinnern, als wir im Kino standen und überlegten, uns Natural Born Killers anzusehen, was wir ja mit 18 durften. Der Film kam nämlich ebenfalls damals heraus und war von einer großen Kontroverse bezüglich der Darstellung von Gewalt und der angeblichen Verherrlichung dieser begleitet. Aber irgendwie traute ich mich nicht und wollte diesen Film nicht sehen. Dann vergingen kurz mal 30 Jahre und dann hörte ich eine Folge des FM4 Filmcast zum Thema Filmjahr 1994, in der der Film besprochen wurde. Und die Folge war so interessant, dass ich am Wochenende also erstmals Natural Born Killers gesehen habe. Er war komplett anders als ich ihn mir vorgestellt habe und ich bin irgendwie fasziniert von diesem Film.
Es können Spoiler folgen, weil ich mein, der Film ist 30 Jahre alt. Wer ihn sehen wollte hat ihn vermutlich gesehen. Harhar. Es geht jedenfalls um Mickey (Woody Harrelson) und Mallory (Juliette Lewis) Knox, einem Ehepaar beide aus sehr schlimmen Verhältnissen, mit “terrible childhoods”, die mit Drogen vollgepumpt einen Roadtrip durch die USA machen und nach drei Wochen bereits 50 Menschen getötet haben, begleitet quasi von einer Liveberichterstattung in den Medien, die sie zu zweifelhaften Stars macht. Nach dem einzigen Mord, der ein Unfall war – und dessen Opfer ein Navaro Indianer eigentlich die einzig integere Person in dem ganzen Film ist – und den sie eigentlich bereuen, werden sie festgenommen und in ein Hochsicherheitsgefängnis gesteckt, wo aus dem Roadmovie quasi ein Gefägnismeutereifilm bzw. eine Mediensatire wird…
So, wo fange ich an. Vielleicht bei den Personen und hier mit Woody Harrelson. Harrelson ist durchaus ein Teil der Hollywood-Industrie, allerdings ist er auch einer ihrer großen Außenseiter. Zwar dreimal Oscar nominiert und auch respektiert, vertritt er wohl eher keine Mainstreammeinung zu egal welchem Thema und ist auch sehr Amerika-kritisch. Bei der Präsentation seines Films Triangle of Sadness in Cannes 2022, in dem er einen zynischen amerikanischen Schiffskapitän mit Hang zum Kommunismus darstellt, hat er gemeint, er findet es miserabel, wenn ein Land ohne provoziert zu werden, mit der ganzen militärischen Macht ein Land attaktiert wie “Irak äh sorry, Afganisthan, äh sorry, Viet- sorry, Korea. Ach so, wir reden ja über die Ukraine.” Mich wundert es, dass Harrelson in den USA noch Rollen bekommt, harhar, aber gewisse Freigeister gibt es ja dann doch. Jedenfalls kann man kaum glauben, dass Harrelson 1993 Ein unmoralisches Angebot gedreht hat, wo er den sanften, etwas unbeholfenden, zutiefst verzweifelten und verletzten Mann von Demi Moore gespielt hat und dann ein Jahr darauf diese Figur des Serienmörders in Natural Born Killers und in beiden Rollen war er extrem glaubwürdig.
Harrelson passt aber sehr gut zu Regisseur Oliver Stone, der ja auch eine gewisse Außenseiter-Position in Hollywood hat, auch immer große amerikanische Geschichten und ihre Brüche genauer unter die Lupe genommen hat (JFK, Platoon, Geboren am 4. Juli, Wall Street, Nixon, Snowden). Im Filmpodcast wurde erzählt, dass Stone zu Natural Born Killers Interviews gegeben hat, in denen er wie ein französischer Intellektueller aufgetreten ist, der nur in Referenzen und Anspielungen spricht. Stone ist ja kein Splatter Regisseur oder jemand, der auf den billiger Schock aus ist, er war damals bereits 47 Jahre alt und wollte vor allem davon erzählen, wie kaputt das System in Amerika ist und vor allem die Medien (es war gerade die Zeit des O.J.Simpsons Falles).
Robert Downey Junior spielt einen komplett durchgeknallten TV-Journalisten, der Mickey und Mallory im Gefägnis interviewt und seine Bewunderung für die beiden kaum verhehlen kann. Tom Sizemoore einen charakterlich komplett verdorbenen Polizeibeamten und Tommy Lee Jones den Gefängnisdirektor, den er – nach eigener Aussage – nach einer Figur Molieres, in der Tradition der französischen Komödie angelegt hat, auch alles andere als mit leisen Tönen.
Wenn man das jetzt alles im Hinterkopf behält, in seiner ganzen Skurillität, und sich dazu noch vorstellt, dass praktisch das gesamte Team phasenweise auf Drogen war, dann kann man sich vielleicht vorstellen, was für ein wahnsinniger Film dabei herauskommt, und wie sehr dieser permanent auf Anschlag ist- mehr dazu dann morgen.
Vorigen Sonntag habe ich beim Frühstücken gelesen, dass Tag der offenen Tür in den Wiener Bezirksmuseen ist. Das war zwar super, allerdings wäre ich froh gewesen, wenn man das schon einen Tag früher publik gemacht hätte. Nachdem das Kind aber auswärts essen gegangen ist, habe ich mir schnell einen Überblick verschafft, was wo zu sehen ist und wo ich nicht ewig hin brauche, und habe mich so für das Bezirksmuseum Leopoldstadt entschieden.
Das Thema war dort “Als homosexuell verfolgt. Leopoldstädter Schicksale während der NS-Zeit“, und obwohl diese aktuelle Ausstellung alleine schon sehr interessant gewesen wäre (es wird über verschiedene Schicksale berichtet, was ziemlich erschütternd zum Nachlesen ist), ist das ganze Museum noch so viel mehr, nämlich total vielfältig an Exponaten und randvoll mit Informationen.
Man hat irgendwie das Gefühl, in Wien hat sich früher alles im 2. Bezirk abgespielt. Einerseits gibt es natürlich den Prater (mit Riesenrad) und auch den Augarten als große Grüngebiete, den Donaukanal als Flanierort, aber auch bekannte Kaffeehäuser, Bäder, Märkte und Theater. Die Straussdynastie hat im 2. Bezirk gewirkt, die Sängerknaben und auch sehr viele Literaten wie Arthur Schnitzler, Felix Salten, Joseph Roth, Peter Altenberg, Elias Canetti, sowie dessen Frau Veza Canetti, die Juden waren.
Der zweite Schwerpunkt des Museums liegt dann natürlich auch auf dem jüdischen Charakter der Leopoldstadt, die auch “Mazzesinsel” genannt wird. Der Großteil der jüdischen Bevölkerung lebt(e) in diesem Bezirk, weshalb sich das Museum besonders den jüdischem Glauben, den Gebräuchen und Symbolen, aber natürlich auch der tragischen Geschichte während der NS-Zeit widmet. Damals wurde fast die gesamte jüdische Bevölkerung vertrieben, was einen großen Bevölkerungsverlust in diesem Bezirk zur Folge hatte. Nach dem Krieg kamen allerdings viele emigrierte Juden wieder zurück in die Josefstadt, sodass der zweite Bezirk seinen früheren Flair zurückerhielt, wenn auch in geringerem Ausmaß als früher.
Insgesamt ist das Museum also so voller sehr vielfältiger Informationen, dass eine Stunde nicht wirklich reicht, um es zu “bewältigen”; allerdings ist man da schon relativ erschlagen von den vielen Texten und Ausstellungsstücken und nicht mehr so aufnahmefähig.
Ich werde also sicher nochmal wiederkommen und mir vielleicht auch noch andere Bezirksmuseen anschauen, ich kenne noch sehr wenige.
Der Film Das Lehrerzimmer wurde heuer in der Sparte “Best International Feature” für den Oscar nominiert und ist jetzt auf Amazon Prime zu sehen (unbezahlte Werbung).
Die junge Lehrerin Carla Nowak (Leonie Benesch) ist neu im Kollegium eines Gymnasiums in Hamburg, dass sich eine “Null Toleranz” Politik auf die Fahnen schreibt, nachdem immer öfter Geld gestohlen wird. Eines Tages wird einer ihrer 12-jährigen Schüler, der türkische Junge Ali, des Diebstahls verdächtigt und mit fragwürdigen Methoden bloßgestellt. Der Verdacht kann nicht verifiziert, aber auch nicht eindeutig widerlegt werden. Carla ist entsetzt über die Art und Weise wie Ali behandelt wird, der vermeintliche Rassismus hinter der Anschuldigung stößt ihr sauer auf; sie macht sich nun auf eigene Faust daran, den Täter zu überführen…
Dieser Film, der ausschließlich in diesem Schulgebäude spielt und wo man selbst die Protagonistin niemals privat erlebt und auch nichts über ihr Leben abseits ihres Berufs erfährt, zeigt auch genau das: Den Mikrokosmos oder hier auch das Kriegsgebiet Schule. Eine Zwangsgemeinschaft, in der die Direktorin den Fokus nicht auf Zusammenhalt, sondern auf Misstrauen und Argwohn legt, um Probleme zu lösen und dadurch selbst ein noch viel größeres Problem generiert. Langsam entsteht nämlich eine äußerst toxische Energie, eine Gruppenbildung in Lehrer und Schüler, Jäger und Gejagte, bald gibt es aber auch Friktionen innerhalb dieser Gruppen. Diese Dynamik kann ab einem bestimmten Punkt kaum mehr eingefangen werden. Die positiven Kräfte, die es gibt, wirken schwach.
Nowak wird als übermotivierte Ideologin gezeichnet, die natürlich durchgehend gendert, die “woke” Rituale in ihrer Klasse etabliert, die konsequent ist, dabei auch bewusst transparent und fair auftreten will, die aber für mich vor allem eines ist: wahnsinnig unauthentisch. Sie scheint ein Bild in sich zu haben, wie sich eine Lehrerin zu verhalten hat und dieses Bild lässt sie sich nicht von der tatsächlichen Schulrealität nehmen. Was ihr oft fehlt sind Intuition und Gespür für Menschen und Situationen. Die Behandlung von Ali erscheint ihr zwar zurecht fragwürdig und übergriffig, aber weil ihrer Weltanschauung zufolge ein migrantischer Junge auf keinen Fall der Täter sein kann, was genauso ein Bias ist, sucht sie den wahren Schuldigen auf eigene Faust. Sie meint es gut, verzichtet dabei aber auf alles, das ihr gerade noch so wichtig war: Weitblick, Verhältnismäßigkeit und Rationalität.
Das ist meine Interpretation. Man könnte alle Ereignisse aber auch ganz anders bewerten. Ich glaube, damit hat der Regisseur auch gespielt, mit dieser Ambivalenz. Jedenfalls wünscht man sich bei Das Lehrerzimmer Robin Williams aus Club der toten Dichter herbei, der der ganzen Schulgemeinschaft eine Rede über Liebe, Freiheit und Poesie hält. Diese Schule hätte es bitter nötig.