Gestern war wieder Germany’s next topmodell. Meine neue Rubrik hier, harhar.
Für die Kandidaten gab es eine Karl Lagerfeld Modenschau zu bewältigen. Was insofern lustig war, weil Lagerfeld wirklich gar kein Fan von Heidi Klum war. Es wurde auch explizit erwähnt, dass er gesagt hat: “Heidi Klum, wer ist das? Die habe ich in Paris noch nie gesehen.” Und Klum meinte dann so, sie wisse, was er von ihr gehalten hat, aber sie findet seine Mode trotzdem toll. Fand ich recht souverän.
Jedenfalls bekam jedes Modell den ihm – vom Designer – passenden Look und Felix durfte die Show im Rock abschließen, was schon mal nicht schlecht ist, wenn man dafür ausgesucht wird. Er hat auch die bekannte Lagerfeld-Pose (Anzugjacke “richten”) gemacht, das hat sich der Designer gewünscht.
Er ist dann auch weitergekommen. Klum so: “Du weißt aber schon, dass du gut bist?!” Es sind jetzt noch 25 Männer dabei.
Meine Cousine war in dieser Folge auch zu sehen. Es gab nämlich einen Einspieler, in dem Felix – on german television – sagte, dass er zwar schon lange ausgezogen ist, aber nicht selbst Wäsche wäscht, sondern das macht die Mama, da ist er ehrlich. Auf Insta dann einige so: Iconic! Don’t overwork yourself Queen. Harhar.
Dann bis zur nächsten Woche. Hier noch Felix’ Instagram:
Morgen läuft nun das Bob Dylan Biopic A Complete Unknow von Regisseur James Mangold an. Die Zeile “a complete unknow” kommt in den Lyrics zum Song Like a Rolling Stone vor, es reimt sich sogar darauf. Like a Rolling Stone wurde von den Rolling Stones (sic!) gecovert. Regisseur James Mangold hat 2005 auch ein gutes Johnny Cash Biopic gedreht, das Walk the Line heißt – nach einem Cash Song.
Und jetzt Achtung, es wird kompliziert. In diesem Film covern Johnny Cash (River Phoenix) und seine spätere Frau June Carter (Reese Witherspoon) den Song It ain’t me babe von, genau, Bob Dylan. Und anscheinend singt Timothee Chalament (im Film Dylan) diesen Song mit Monica Barbaro (im Film Joan Baez) in A Complete Unknown ebenfalls.
Jedenfalls ist It ain’t me babe im Prinzip ein Anti-Liebeslied. Denn der Progonist in dem Song gibt sich alle Mühe, nicht “auserwählt” zu werden und rät der Frau auch gleich: “Go away from my window, leave at your own choosen speed”. Harhar.
Er wirft ihr nämlich vor, sie wolle jemanden:
Who’s never weak but always strong, to protect you and defend you Whether you are right or wrong, someone to open each and every door But it ain’t me babe, no no no, it ain’t me babe, it ain’t me you are looking for
Das muss natürlich abgelehnt werden, zumindest in Teilen, das ist ja weniger Liebe als vielmehr Co-Abhängigkeit. Das kann und sollte so niemand leisten (müssen). Aber vielleicht kann man es auch so lesen, dass der Protagonist vieles überspitzt, was die Frau alles von ihm will; dass er sie nicht verlässt beispielsweise und immer für sie da ist und das macht ihm Angst. Es gibt ja immer verschiedene Perspektiven. Phoenix und Witherspoon jedenfalls performen den Song in Walk the Line auf sehr lustige, auch selbstironische Art und Weise.
Ich bin gespannt, wie das im neuen Film sein wird. Ich habe eine Premierenkarte für morgen.
Gestern war eine für diese Woche äußerst passende Frage bei Wer wird Millionär.
Wobei ich zugeben muss, dass ich nicht wusste, dass George Bernhard Shaw auch mal den Oscar gewonnen hat, ähm. Aber ich wusste von seinem Nobelpreis und ich wusste auch, dass Bob Dylan beides gewonnen hat. Der Tag, als Dylan den Literaturnobelpreis bekam, war einer dieser Tage, an denen mein Vater mal wieder den Untergang des Abendlandes ausrief. Mein Vater war zwar großer Musikfreund, hat mir aber schon im Kindergarten gesagt, ich solle warten, bis ich einmal lesen könne, dann würde ich eine ganz neue Welt kennenlernen. Insofern war ihm nicht klar, wieso “ein Sänger” den Literaturnobelpreis bekommt. harhar.
Ich gebe zu, ich bin kein Dylan Spezialist, ich kenne die meisten seiner berühmtesten Songs in den auch sehr berühmten Coverversionen. Aber ich liebe den Song Things Have Changed, den er im Jahr 2000 für den Film Wonder Boys geschrieben und selbst gesungen hat und für den er besagten Oscar erhielt. Dylan vertonte mit diesem Song die Gefühlswelt der Figur, die von Michael Douglas (in einer für ihn untypischen, sehr “uncoolen” Rolle) verkörpert worden ist. Ein unscheinbarer Mann in mittleren Jahren, ungekämmt, oft mit einem abgetragenen Bademantel bekleidet, in einer Art verspäteter Midlife Crisis, oder wie Dylan es ausdrückt: “A worried man with a worried mind.”
Dylan schafft es mit diesem Song, über den Ist-Zustand dieses Mannes ein echt faszinierndes Stimmungsbild zu schaffen, mit einem Text, der gleichzeitig bedrückend, aber auch ziemlich ironisch ist. Der Protagonist konstatiert: “People are crazy and times are strange” Aber auch: “I’m locked in tight, I’m out of range” Und, irgendwie resignativ: “I used to care but — things have changed.” Der Mann erwartet jeden Moment “all hell to break loose” und “if the bible is right, the world will explode”. Und eigentlich sollte er ganz woanders sein, nämlich in Hollywood. Und ganz nonchalant stellt er fest: “Lotta water under the bridge, lotta other stuff too. Don’t get up gentlemen, I’m only passing through”, was für diese Stadt gemeint sein wird, für das Leben in einer Gemeinschaft, aber auch als Hinweis darauf gedeutet werden kann, dass (s)ein Leben endlich ist.
Davor hat er allerdings noch ein paar doppeldeutige Lebensweisheiten wie: “Some things are too hot to touch” und “You can’t win with a losing hand.” Und er bekennt: “I hurt easy, I just don’t show it. You can hurt someone and not even know it” und mein Allerlieblingssatz: “All the truth in the world adds up to one big lie.” Der Satz löst soviel in mir aus, er regt so zum Nachdenken und interpretieren an, auch noch 25 Jahre später. Und was kann Lyrik mehr für Menschen tun?
Toulouse ist gestorben. Toulouse war einer von den beiden “lustigen Hunden”. Er gehört der Schwester einer Bekannten, die immer Videos von ihren Australian Shephards auf Instagram stellt und in den letzten Jahren sehr viel Freude und positive Energie damit verbreitet hat.
Wenn das Kind früher krank war, sind wir im Bett gelegen und haben uns die Videos von den “lustigen Hunden” angeschaut. Millow hat zum Beispiel irgendein abgestandes Wasser geschlabbert und die Besitzerin zu ihm: “Hör auf dieses Grindwasser zu trinken” harhar. Er hat sich im Schlamm gewälzt und generell oft nicht gehört. Toulouse war die ausgleichende Kraft, immer bemüht, zwischen allen zu vermitteln, ein fröhlicher, sensibler, verbindender Hund. Das kranke Kind haben die Videos immer aufgemuntert und mich auch, besonders an nicht so guten Tagen.
Und jetzt ist Toulose gestorben, es ging ihm schon länger nicht gut. Die Besitzerin hat so ein schönes, trauriges Video davon gemacht, dass mir jedesmal, wenn ich es angeschaut habe, die Tränen heruntergeronnen sind, ich kann es nicht ändern. Ich hab es trotzdem fünf oder sechsmal gesehen. Dann haben wir miteinander geschrieben. Sie geht stark damit um, hat überhaupt immer einen sehr positiven Blick auf die Welt, in der aber auch Schmerz “erlaubt” ist, Schmerz gezeigt, zugegeben werden kann.
Danke für die viele positive Energie von Touluse und auch dafür, uns daran zu erinnern, dass neben Trauer auch immer auch noch Schönes existieren kann, in unserem Leben, gleichzeitig, und, dass immer etwas zurückbleibt, wenn jemand geht, das uns nie ganz verlässt.
Früher habe ich sehr gerne die Doris Knecht Kolumnen im Falter gelesen.
Knecht ist zehn Jahre älter als ich, ihre Zwillinge fünf Jahre älter als mein Kind und es war sehr inspirierend und auch ziemlich lustig, was sie jahrelang über das Aufwachsen ihrer Kinder, die Mutterrolle, aber auch ihren Beruf, das Schreiben berichtet hat. Sie hat dann begonnen, Romane zu veröffentlichen. Ich mochte auch da ihre Sprache sehr, aber mir blieben ihre Figuren immer ein bisschen fremd und auch der Verlauf der Handlung hat mich meistens irritiert und oft nicht wirklich überzeugt. Später fand ich leider auch ihre Kolumnen nicht mehr so lesenswert für mich persönlich, weil von den Kindern kaum mehr die Rede war, dafür viel von “Haltung”. Unsere Ansichten waren nicht mehr ähnlich wie früher und ich fand sie auch ein bisschen zu sehr “mein Standpunkt ist der richtige”- mäßig. Das mag ich nicht so gerne.
Knechts letzter Roman heißt Eine vollständige Liste aller Dingen, die ich vergessen habe. Klingt sehr nach Popliteratur, hat mich aber auch sofort neugierig gemacht. Allerdings war das Buch auf Monate in allen Büchereien verliehen, also habe ich wieder ein bisschen drauf vergessen. Letztens war ich aber wieder in der Bücherei, um mir etwas anderes auszuborgen und da fiel mir das Buch zufällig ins Auge. Ich habe es ausgeborgt, gelesen und muss sagen: Es ist, meiner Meinung nach, mit riesen Abstand das beste Buch, das Doris Knecht je geschrieben hat.
Meine Büchereiausgabe, mit den unvermeidlichen Zitat-Lesezeichen
Doris Knecht beschreibt nämlich sich oder eine leicht (aber ich denke wirklich nur leicht) fiktionale Version von sich selbst. Also eine Frau Ende 50, deren Kinder dabei sind, auszuziehen, die vor dem “Empty Nest Syndrom” steht und sich mit allem auseinandersetzen muss, was da dazugehört und sich auch fragen muss, ob sie weiterhin alleine in der großen und ziemlich teuren Familienwohnung bleiben kann. Und dann geht es los. Die Protagonistin reflektiert über ihr eigenes Aufwachsen am Land, ihre Kernfamilie, ihre Flucht nach Wien, ihr Grätzel dort, ihre Jugend, Beziehungen (inklusive der Trennung vom Vater der Kinder), auch ihre Drogenerfahrungen (da gibt es eine Überraschung!) und Abtreibungen, die Frühgeburt ihrer Kinder. Und das ist alles sehr authentisch, sehr ehrlich und endlich so, wie man sich eine Protagonistin wirklich vorstellt, zum richtig Reindenken und Anfassen.
Schön finde ich auch, wie sie (die Protagonistin) damit umgeht, dass eine ihrer Töchter nicht als sie selbst in dem Buch vorkommen will. Daraufhin beschließt die Protagonistin, aus einer Tochter einen Sohn zu machen, nämlich “Max”. Gefällt mir nicht, sagt die Tochter und darauf die Protagonistin: “Na ja sorry, aber dich gibts gar nicht mehr.” Harhar. Im nächsten Kapitel kommt dann einfach statt Luzi der Max vor. Als die Protagonistin über ihre Mutter schreibt, korrigiert sie sich gleich selbst, weil sie findet, dass die Mutter zu karikaturesk geraten ist, zu wenig Zwischentöne hat, für ihre eigene Mutter. Und dann berichtet sie eben über die Zwischentöne. Diese Art zu schreiben, nämlich den eigenen “Struggle” mit aufzunehmen finde ich immer sehr interessant und inspierend.
Einmal erzählt die Protagonistin einem Freund von ihrem Ex, die Trennung ist zwei Jahre her und die Protagonistin erinnert sich an vieles kaum noch und es wäre auch nicht mehr wichtig. “Ich bin selber überrascht, früher dauerte so etwas länger.” Diese Erfahrung teile ich persönlich gar nicht, im Gegenteil. An anderer Stelle schildert Knecht Dinge, die sie in einer Art metapsychischem Raum unterbringt, den sie dann länger nicht betritt. Sie beschreibt, was alles in diesem Raum ist und das ist sehr poetisch, auch schmerzlich.
Tja und so bin ich begeistert von diesem Buch, sehr begeistert, wie die Protagonistin mit dem neuen Leben umgeht, und auch über die Differenziertheit, die ich in den Knecht’schen Kolumnen der letzten Jahre leider etwas vermisst habe. Ich kann diesen Roman nur sehr empfehlen.
Heute Nacht hab ich was geträumt, von dem ich schon im Traum wusste, dass es leider nicht “wahr” ist. Es war trotzdem ur schön. Und dann bin ich aufgewacht und wollte nur zurück in den Traum, und dem Mann im Traum noch was sagen, ach ja. Dementsprechend zerknittert sah ich in der Früh aus, hab mich dann extra mehr geschminkt als sonst.
Es stand nämlich Frühstücken auf dem Programm. Diesmal haben L. und ich uns für das Cafe Diglas (unbezahlte Werbung) auf der Wollzeile entschieden, an dem wir bei unserem letzten Frühstücksausflug schon vorbeigegangen waren. Es sieht schon von außen aus wie ein typisches altes Wiener Cafe:
Innen auch, es gibt sogar ein Klavier:
Die Frühstücksauswahl besteht aus Klassikern wie Wiener Frühstück (in verschiedenen Größen) und Müslis, bisschen extravaganter ist Avocado auf Schwarzbrot, Porrigde und Shashuka. Wir haben uns für Eierspeisbrot und Chiapudding, sowie Ham and Eggs entschieden. Und es war ausgesprochen gut und auch sehr gemütlich zum Sitzen.
Eierspeisbrot, Ham and Eggs mit Kornspitz, sowie Cappucchino
Es gibt dort auch “Oma’s Ingwer Infusion”. Das hat mich an den Film Pfau erinnert, den ich gestern bei der Premiere im Votivkino gesehen habe. Wo jemand in das Dienstleistungsvermittlungsbüro kommt und die Empfangsdame fragt: “Kann ich Ihnen was bringen, Kaffee? Einen Gurken-Ingwer Shot?” Genauso skurill ist der ganze Film, ich werde noch darüber schreiben.
Direkt gegenüber dem Cafe Diglas ist übrigens der Morawa, wo wir länger gestöbert haben. Schön ist das, nach dem Frühstück in eine Buchhandlung zu gehen und zu schauen, was es neues gibt und den Freitagvormittag gemütlich ausklingen zu lassen. Und vielleicht eine Spur weniger zerknittert.
Und dann gibt es wieder andere, die brennen fürs Modeln.
Nein, es hat anders angefangen. Vor ziemlich genau 30 Jahren hat meine Cousine zuhause bei uns am Festnetztelefon angerufen. Ich kann mich noch erinnern, ich war in der Maturaklasse, es war in den Semesterferien und ich habe abgehoben. Sie hat mir daraufhin erzählt, dass ihr Baby auf die Welt gekommen ist. Und schwupps – 30 Jahre später ist das “Baby” Kandidat bei Germany’s Next Topmodell!
Weshalb ich mir jetzt nach circa 15 Jahren die Sendung wieder mal angesehen habe.
Felix S. aus W., damals noch 29 Jahre alt
Gestern waren es zuerst noch 100 Männer, die in die Endauswahl für die Sendung gekommen ist. Naomi Campbell war als Gastjurorin dabei. Ich fand erstaunlich, wie normal sie aussieht, also so un-schönheitsbehandelt oder sehr gut, dezent zumindest. Jedenfalls hat sie zu Felix. S gesagt: “Amazing walk!” Ich glaub, wenn man so ein Lob von Naomi Campbell bekommt, ist es schon mal nicht schlecht. Er ist jetzt auch in der nächsten Runde.
Lustig war, wie Heidi Klum der Campbell erzählt, dass ihre (also Heidis) Mutter auch da sei und Campbell so, ja, sie habe sie eh gesehen. Aber sie, Campbell, sei nicht sicher, ob sich die Mutter noch an sie (Campbell!) erinnern könne. Harhar, na genau, das wirds sein. Aber eh sympathisch, dass sie so reagiert als wäre sie nicht weltberühmt.
Warum die Mutter das mit den Flugdaten wissen will ist, weil sie plant, in dieser Zeit eine Schreibwoche einzulegen. Harhar.
Praktisch wird es wahrscheinlich eh schwierig, weil garantiert dringende Aufträge in diesen Tagen kommen werden, aber man kann es sich ja trotzdem mal vornehmen. Vor kurzem hat mir eine Freundin geschrieben, dass ein Blogeintrag hier so sei “als würde ich in einem Kapitel in einem Buch lesen…” – das fand ich sehr lieb und sehr motivierend, weiterzumachen, an meinem Buch, danke.
Ich finde es immer interessant, welche Dinge Menschen brauchen, um glücklich zu sein. Im Song The Dark of The Matinee von Franz Ferdinand, gibt es ein Paar, wo der Mann sich über den Grant auf alles definiert und sie hört sich das an und er schildert das, was sie ihm entgegensetzt dann folgendermaßen: “You smile, mention something that you like. And how you’d have a happy life, if you did the things you like.” Da fühle ich mich immer sehr angesprochen, wenn ich das höre.
Ich schau mir gern an, was andere mögen. Für ganz viele ist es das Reisen oder der Urlaub, sie sind glücklich, wenn sie regelmäßig irgendwohin fahren oder fliegen können. Andere haben das Pole Dancing für sich entdeckt, das Feuerschlucken oder das Fotografieren. Da gibt es Menschen, die Autos lieben, ihre Pferde oder Hunde, Wanderungen, Gaming-Welten, Konzert- und Kinosäle oder alte Häuser. Ich kenne einen wunderbaren Menschen, der von letzterem begeistert ist, so etwas finde ich faszinierend.
Und weil ich das und anderes festhalten will, ist es bei mir ein Notizbuch und ein Kugelschreiber, was mich immer schon irgendwie gerettet hat. Wenn ich darüber nachdenken kann, wie ich das Leben beschreiben soll, wie ich anderen schildern soll, was in mir vorgeht oder welche Gedanken ich habe, und zwar so, dass sie das im besten Fall auch fühlen können, dann macht mich das wirklich zufrieden und ist eine Herausforderung, die nie endet.
Es war wieder mal Zeit für Kino und diesmal war mir wirklich nach einem Film, der mir ganz viel “fuzzy feeling” mitgibt. Also habe ich mich für Un Mondo a Parte entschieden. Das heißt eigentlich übersetzt “Eine Welt für sich”, aber die Kommission, die die deutschen Verleihtitel festlegt, hat sich für das generische “Willkommen in den Bergen” entschieden. Na ja, von mir aus. Ich habe ihn trotzdem auf Italienisch (mit Untertiteln) gesehen und das ist auch wichtig fürs Lokalkolorit.
Der Film, bei dem Riccardo Milani Regie führte und der der erfolgsreichste in Italien 2024 war, handelt vom Lehrer Michele (Antonio Albanese), der seit 35 Jahren in Rom unterrichtet und die Nase voll von den Schnöseln dort hat. Er will ein einfaches Leben, er will in die Natur und endlich ist es soweit: Er wird in die Abbruzzen versetzt, in ein Volksschule am Ende der Welt, mit sieben Schülern, immer von der Schließung bedroht. Seine Kollegin und Vize-Direktorin Agnese (Virginia Raffaele) macht ihn mit den Gepflogen- und auch den Schwierigkeiten vertraut, die im Bergdorf Rupe auf ihn warten…
SPOILER MÖGLICH !!!
Das ist jetzt natürlich nichts, was man noch nie gesehen hat. Wir kennen sowohl Culture-Clash Plots zuhauf und auch Geschichten von ambitionierten Lehrern, die zu Helden werden. Wenn man sich die Handlung durchliest und das Plakat sieht, kann man sich schon ungefähr vorstellen, was alles passieren wird. Insofern war dieser Film auch ein Risiko, weil mit ein bisschen “Erkenntnisgewinn” will man ja dann doch nach Hause gehen. Und die erfreuliche Nachricht ist, den bietet der Film absolut, denn trotzdem er diese Momente hat, in denen er auf die Knöpfe drückt, die in dieser Konstellation eben gedrückt werden, ist er wirklich sehr witzig, ideologiefrei und erstaunlich differenziert erzählt.
Sehr schön ist beispielsweise mit welcher naiven Euphorie Michele sich auf den Weg macht – und wie sehr er in seinem Auto, im Schnee steckengeblieben, vor den umherstreifenden heulenden Wölfen zittert. Er kann weder einen Ofen anheizen noch hat er das entsprechende Schuhwerk für ein Leben in den Bergen. Nachdem er den Kindern erzählt, sie müssten schon vor dem Frühstück die Welt retten, bekommt er den entsprechenden Gegenwind der Eltern, Marke: “Ach ein Wissenschaftler!” In Rupe hat man nämlich ganz andere Sorgen, vor allem die Perspektivlosigkeit der Jugend und demzufolge Dorfflucht, was die Bevölkerung ständig schrumpfen lässt, ein ewiger Teufelskreis. Aber die Dichotomie wird ohne Gesinnungskampf aufgelöst und zwar so, dass tatsächlich beide Seiten einen Schritt aufeinanderzumachen.
Wenn sich Menschen in Rupe begegnen, stoßen sie einen undefinierbaren Laut aus. Michele fragt einmal, was das für ein Geräusch sei und ihm wird erklärt, das wäre ein Gruß. Bald darauf geht er auch so Dorf, ein “Bo” hier, ein “Bo” dort; er ist angekommen. Meine Lieblingsszene ist aber die, wo die Kinder Michele erklären, wie die “Cesidio” Schule zu ihrem Namen gekommen ist. Den trug nämlich ein (natürlich sonstwo komplett unbekannter) Hirtenpoet, aber die Kinder wissen alles von ihm und wechseln sich problemlos mit der Weitergabe von Informationen über ihn ab. Michele meint dann in der Pause zu Agnese: “In Rom war ich an der Alberto Moravio Schule und kein einziges Kind und niemand von den Eltern wusste wer Alberto Moravia war.” Harhar. Regisseur Milani ist selbst Römer.
Was ich nicht auf meiner Bingokarte hatte: Es kommt der ESC Song Not the same – der Beitrag aus Australien (!) 2022 in einer Coverversion vor. Warum gerade dieser, keine Ahnung. Vielleicht ist Milani ein Songcontest Fan? Jedenfalls ist Un Mondo a Parte ein sehr gut gespielter, amüsanter, feelgood Film, der einem das Gefühl gibt, dass die Welt trotz widriger Umstände, hin und wieder, da und dort, doch auch in Ordnung ist. Und das kommt einem manchmal gerade recht.