almis personal blog

Seinfeld, eins

Unlängst habe ich einen Artikel über die 100 besten Episoden aus Serien gelesen und nicht, dass ich jetzt deswegen eine Serie schaue, die ich noch nicht kenne, nein, ich schaue jetzt wieder mal Seinfeld. Wobei ich Seinfeld sicher erst zweimal wirklich komplett gesehen habe. Und im Moment tut es mir einfach gut.

Jeder, der Seinfeld kennt weiß: es ist die sprichwörtliche Serie über nichts. Sie lief von 1989 bis 1998. Es geht um den Freundeskreis des Stand Up Comedians Jerry Seinfeld (als quasi er selbst) – Kramer (Michael Richards), Elaine (Julia Louis-Dreyfus) und George (Jason Alexander). Und das wars. Die vier treffen sich und reden über irgendwas. Das ist im großen und ganzen die Handlung. Es ist schrullig und oft sehr witzig, mit einer Menge an Kultepisoden, sie meistens nur an einem Ort stattfinden. Auf die werde ich sicher noch zu sprechen kommen.

Ich habe mir gedacht, ich werde immer wieder punktuell über einzelne Momente in der Serie berichten, wenn mir etwas auffällt, auch wenn es nicht weltbewegend ist. Beginnen möchte ich in diesem Sinn mit der Folge 3 aus der zweiten Staffel: The Jacket. In dieser Folge singt George dauernd “Master of the House” aus Les Miserables. Er erzählt Jerry, dass er das zwanghaft überall tut, im Lift, im Bus, sogar bei seinen Kunden.

Ich schaue die Folgen immer im Original mit Untertiteln

Jerry: You know, Schumann went mad from that.

George: Artie Schumann? From Camp Hatchapee?

Jerry: No, you idiot. (…) You don’t know Robert Schumann? The composer?

George: Oh, SchuMANN. Of course.

Das fand ich bemerkenswert. Wie bekannt ist jemand wie Robert Schumann in den USA? Seinfeld ist sicher ein Intellektueller, aber, dass George ihn dann noch ausbessert und Schumann deutsch ausspricht, während Jerry ihn englisch ausgesprochen hat, das hat mir schon sehr gut gefallen.

Und wen es interessiert, noch die längere Erklärung dazu, von Jerry: “He went crazy from one note. He couldn’t get it out of his head. I think it was an A. He kept repeating it over and over again. He had to be institutionalized.”

Elternsprechtag

Heute war Elternsprechtag.

Weil ich vor einer Woche, als man sich anmelden musste, anscheinend in sehr kommunikativer Stimmung war, habe ich mich bei 9 (in Worten: neun) Professoren angemeldet, was ziemlich viel ist, wenn man bedenkt, dass es bei 0 (in Worten: null) notwendig gewesen wäre. Ich finde es aber schon wichtig, dass man mit jedem zumindest irgendwannn einmal ein Gespräch geführt hat, man hat eine ganze andere Basis, und bei manchen sagt das Kind auch: Ich fände es schön, wenn du diese oder jenen kennenlernst. Wobei neun auf einmal war schon ein wenig übertrieben. harhar.

Jedenfalls gehe ich gerne zum Elternsprechtag, weil ich in der privilegierten Situation bin, dass das für mich immer sehr erfreulich ist. Manchmal tut es einfach gut zu hören, dass, ich zitiere, das Kind ein freundlicher und angenehmer, toller junger Mann ist. Witzig ist auch, wie schnell man mit manchen Menschen auf einer Wellenlänge ist und mit anderen weniger. Insgesamt bin ich ein paar tausend Schritte mehrmals quer durchs Schulhaus gegangen, mittlerweile kenne ich mich ja gut aus. Dazwischen habe ich dem Kind gewhatsappt. Und ein paar Nachbarn bzw. andere bekannte Eltern habe ich auch getroffen.

Am Ende war ich dann schon sehr erschöpft, aber damit endet der Tag ja nicht, wie mir klar ist, denn nach dem Nachhausekommen muss ich immer nochmal Bericht erstatten und zwar zu jedem einzelnen Detail. Aber auch das mag ich. Es ist eine kleine Tradition, die bald zu Ende sein wird.

In der Mittagspause

Heute habe ich gelesen, dass Rust, der Film, in dem Alec Baldwin eine Kamerafrau erschossen hat, Premiere hat und ich hab ein bisschen in der Internet Movie Database recherchiert und festgestellt, dass der Film tatsächlich schon einen Preis gewonnen hat, was mich gewundert hat. Allerdings, aha, den Hall of Shame Preis der Alliance of Women Film Journalists.

Und so habe ich meine ganze Mittagspause damit verbracht, zu stöbern, welche teilweise sehr amüsanten teilweise auch sehr woken (das muss heuzutage wohl sein) Preiskategorien und Begründungen es bei dieser Organisation gibt.

Es gibt etwa den Actress Defying Age and Ageism Preis – jede, die den bekommt, müsste ja eigentlich drauf sagen: “Habt ihr mich gerade alt genannt?” Und gleichzeitig gibt es aber auch den Preis für Most Egregious Age Difference Between the Leading Man and the Love Interest. Ist das nicht auch Ageism, wenn man es genau nimmt?

Dann gibt es so lustige Preiskategorien wie Actress Most in Need of a New Agent und Sequel/Remake that Should Not Have Been Made oder Movie You Wanted To Love But Just Couldn’t. Es gibt auch eine Kategorie für Unforgettable Moment – den hat dann zum Beispiel einmal der Stummfilm The Artist gewonnen, und zwar für “The sound of the glass clinking on the table” und Inception war nominiert für: “Paris folds in on itself.” Der Female Icon Award ging einmal an Jennifer Lawrence für “handling her high degree of celebrity extremely well.” Ich weiß teilweise nicht, ist das Satire oder ernst gemeint?

In der Hall of Shame findet man – außer Alec Baldwin und seine Crew – natürlich auch so Menschen wie Harvey Weinstein, aber auch jemand wie Christopher Nolan “for insisting that Tenet be screened exclusively in theaters during a pandemic.” Na was für ein Orsch bitte, der jahrelang an einem Film arbeitet und ihn dann auch in Kinos aufgeführt sehen will, wie kann er nur?? Gerade, dass sie ihn nicht “Coronaleugner” nennen. Harhar.

Na jedenfalls war das eine sehr kurzweilige Mittagspause.

The Room Next Door

Nun noch etwas mehr zu The Room Next Door, von Pedro Almodovar.

Die erfolgreiche Autorin Ingrid (Julianne Moore) hat gerade ein neues Buch veröffentlicht, in dem es um ihre Angst vor dem Tod geht. Wie es der Zufall so will, trifft sie auf ihre alte Freundin Martha (Tilda Swinton), die Krebs im Endstadium hat. Martha möchte ihrem Leben mittels Pille aus dem Darknet selbstbestimmt ein Ende setzen, und sucht jemand, der im “room next door” bleibt. Nachdem sich nicht sehr viele Menschen darum reißen, diese Aufgabe zu übernehmen, fragt Martha irgendwann Ingrid, ob sie diese Person sein will, die nebenan wohnt und bei ihr bleibt, bis es soweit ist…

SPOILER MÖGLICH

Dass dies Almodovars erster englischsprachiger Film ist, merkt man tatsächlich deutlich an der Sprache. Und damit meine ich jetzt nicht, dass alle englisch sprechen statt spanisch, nein, sie sprechen englisch, als würden sie in Wahrheit spanisch sprechen. Versteht das irgendjemand? Harhar. Ingrid und vor allem Martha sprechen anfangs viel zu viel und viel zu schnell. Ich habe mir gedacht, irgendwie passt das nicht und habe mir dann überlegt, wäre es spanisch, würde es mich wahrscheinlich nicht “stören”. Generell wird aber im ersten Teil des Filmes viel zu viel geredet. Martha erzählt Ingrid Dinge, die Ingrid als so gute frühere Freundin bereits wissen sollte. Es ist schon klar, dass Almodovar will, dass auch wir diese erfahren, aber das war mir irgendwie zu platt. Die Rückblenden sind auch eher so mittel.

Dann gibt es auch hier wieder einen ur nervigen Nebencharaker (it’s a thing derzeit), nämlich Damian (John Turturro) mit dem beide Frauen vor langer Zeit einmal (nacheinander) zusammen waren. Und ich hoffe sehr, dass er damals nicht so mühsam war, weil sonst ist die Faszination schwer nachvollziehbar. Jedenfalls trifft er sich einmal mit Ingrid, spricht er davon, dass er schon wieder Großvater wird und das sei ja so unverantwortlich in der heutigen Zeit wegen Klima bla bla. Ingrid weist ihn dann daraufhin, dass er sehr selbstgerecht sei und es ihm außerdem nicht zustehe, quasi allen anderen die Laune zu verderben, nur weil er irgendwelche Horrorszenarien in seinem Kopf durchspielt. So super, die Antwort! Jedenfalls erläutert sie dann, dass man sich auch Gedanken über etwas machen kann, und trotzdem den Augenblick genießen, so wie Martha das täte, die genau wisse, dass ihre Tage gezählt seien.

Generell wird The Room Next Door immer besser, je länger der Film dauert, je mehr Momente Ingrid und Martha alleine haben, und am besten ist er da, wenn sie im Ferienhaus sind und reden, sich alte Filme ansehen, in Büchern blättern, in den Wald gehen. Das fühlt es sich richtig geborgen, fast gemütlich an, obwohl das Thema ja alles andere als das ist. Ich verzeihe diesem Film möglicherweise auch ein paar Schwächen, weil er so gut diese gewisse Stimmung vermitteln kann, in Frieden mit der Welt zu sein. Trotz allem. Wie schon gesagt: Der Film ist sehr berührend, aber er ist nicht wirklich traurig, zumindest empfand ich es nicht so. Ein paar Almodovar’sche Trademarks wie die starken Frauenfiguren, die schrillen Farben, ein paar Skurilitäten gibt es – aber so ein theatralisches spanisches Musikstück hätte hier natürlich auch gut gepasst, nur gibt es das nicht, weil wir sind ja in den USA.

Ich habe jetzt nachgezählt: ich habe 16 von den 23 “großen” Almodovar Filmen gesehen. Da geht noch was!

Der blaue Himmel

Der eher selbstgerechte Rückzug von so called “Austro Twitter” (tatsächlich ein paar Medienleute, die sich aber für die Essenz der Plattform hielten) zu Blue Sky hat ja meiner Ansicht nach etwas über Gebühr Staub aufgewirbelt.

Es kann und soll ja jeder machen was er möchte, es ist ein freies Land, aber ich kann gut auf endlose Diskussionen darüber verzichten und auch auf Artikel mit dem Titel “Helden des Rückzugs”(oder soll das Satire sein?) und ich will auch nicht hören, dass die Auswahl eines Social Media Dienstes mit Moral und der Liebe zur Meinungsfreiheit zu tun hat. Vor allem, wenn viele, die gehen eh jeden geblockt haben, der andere Ansichten hatte. Oder auch nur etwas von jemandem gelikt hat, das ihnen nicht gepasst hat; ist mir selbst passiert. Wie jemand heute schrieb: Mir ist egal, in welchem sozialen Medium diese Journalisten nicht mit mir kommunzieren. Harhar.

Und nein, lieber Falter, ich brauche dazu auch kein Pro und Contra und wir müssen jetzt nicht wieder alle verunglimpfen, die auf X bleiben. Bitte. Danke.

Interessant

Gestern hatte meine Mutter Geburtstag und hat zwei Freundinnen, das Kind und mich zum Ganslessen in ein Lokal beim Garten eingeladen.

Gleich am Anfang wurde festgestellt, dass meine Mutter fast ein halbes Jahr jünger als Trump wäre und somit noch alles mögliche werden könnte. Danach wurde ich von den Freundinnen bezüglich der neuesten Filme befragt. Ich hatte am Vorabend The Room Next Door gesehen. Beide sagten unabhängig voneinander, dass das wohl schwere Kost wäre, und ich meinte dann ja schon, aber es sei eben auch Almodovar, da ist alles nicht ganz so tragisch wie es sein könnte. The Room Next Door ist ein sehr berührender Film, dabei aber nicht deprimierend. Diese Balance schafft Almodovar gut.

Während das Kind zur Feier des Tages Cola Rum bestellte, wurden dann diverse “Familienthemen” angeschnitten, sodass ich mir am liebsten auch gleich ein Cola Rum bestellt hätte. Zum Beispiel erwähnte meine Mutter, dass ich für sie so fremd und anders sei, während sie und das (=mein) Kind viel mehr gemeinsam hätten. Ich würde alles so schwer nehmen und hinterfragen, vor allem mich selbst und bla bla. Ich mein, es ist eh nicht falsch. Harhar. Ich sagte nichts weiter dazu, weil es ja ihr Geburtstag war und außerdem hatte ich zuvor eine Podcast Folge gehört, in der gesagt wurde, man solle Dinge einfach mal so nehmen, wie sie kämen, ohne sie zu bewerten. Und nur so etwas denken wie: “Hm, interessant.”

Dann meinte die eine Freundin meiner Mutter, dass mein Vater früher immer so kluge und amüsante Dinge erzählt hätte und sie ihn dafür sehr geschätzt hatte, aber, dass sie es nicht verstehen könne, wieso er mich speziell am Ende seines Lebens so “verlassen” hätte. Ich antwortete dann wahrheitsgemäß, dass ich das auch nicht wisse. Und die Freundin dann, ich könne nächstes Jahr gerne mit meiner Mutter ins Burgenland zu ihr auf Besuch kommen, sie hätte noch ein Zimmer frei; es gäbe zwar dort nichts besonderes, aber wir können ja über Filme und Bücher und Theater reden. Das fand ich sehr nett.

Danach waren wir noch im Haus, das eine gemütliche Wärme ausstrahlte, das Kind legte sich hin und schlief zwei Stunden und wir tranken Kaffee und plauderten noch ein bisschen. Ich dachte mir, irgendwann schreibe ich einen Roman über Familie. Aber zuerst schreibe ich mein derzeitiges Buch fertig, an dem ich irgendwie auch so gern festhalte, weil es eine Verbindung zu jemanden ist, an den ich immer denke. Aber wahrscheinlich wird auch alles weitere, was ich jemals schreibe, diese Verbindung beinhalten.

Dann dachte ich, irgendwann in der Zukunft werde ich alles verstehen und alles wird Sinn ergeben. Oder auch nicht und ich denke mir einfach weiterhin: “Hm, interessant.” Harhar.

Memes

Sowas schickt mir das Kind übrigens auch:

Das stimmt leider wirklich, weil ich entweder nichts erkenne (ich brauche mittlerweile zum Lesen eine Brille) und/oder den Witz einfach nicht checke.

Ich habe dann aber heute mit einem Gen X Meme gekontert, das garantiert kein Jugendlicher mehr versteht. Man hat vermutlich vom Habeckschen ich will Kanzler werden Propaganda Video gehört, aber es können oder wollen sich wahrscheinlich nur noch gewisse ältere Menschen an das Eminem Video zu Stan erinnern, auf das hier angespielt wird.

Zum Vergleich ein Screenshot zu Stan:

Denn das Video bzw. der Text zu Stan ist so bitter und dunkel, dass man eigentlich wünscht, man hätte es nie gesehen bzw. angehört, also bitte nicht nachholen, wenn man bisher davon nichts gewusst hat, es ist zu eurem Besten.

Aber das Meme fand ich trotzdem sehr witzig.

Anora

Auf vielfachen Wunsch einer Person (harhar) schreibe ich jetzt noch ein bisschen mehr zu Anora. Anora hat dieses Jahr die goldene Palme bekommen, noch dazu unter dem Juryvorsitz von Greta Gerwig, und ich kann diese Entscheidung immer noch nicht wirklich nachvollziehen.

Anora handelt von der gleichnamigen Frau (Mikey Madison), die sich “Ani” nennt, von Berufswegen ist sie “erotic dancer” in einem Nachtclub. Ani hat eine russische Oma, die sich immer geweigert hat, Englisch zu lernen, weswegen Ani die Sprache spricht und eines Abends gerufen wird, um einen jungen, stinkreichen russischen Kunden namens Ivan (Mark Eydelshteyn), zu bespaßen. Er lädt sie daraufhin zu sich nach Hause ein (mit Bezahlung, siehe Pretty Woman) und die beiden verbringen ein paar Tage miteinander. Ivan möchte nicht zurück nach Russland und schlägt Ani daraufhin vor, ihn zu heiraten. Sehr zum Missfallen seiner Eltern…

ACHTUNG MÖGLICHE SPOILER

Puh wo soll ich anfangen? Also erstmal: Ist das jetzt die Phase der unsympathischen Nebencharaktere in Filmen? Weil dieser Ivan war mir fast so unsympathisch wie Benji aus A Real Pain und das heißt was. Ein kleiner verwöhnter Fratz mit dem gewissen “Nichts”. Warum haben Oligarchen keine andere Interessen als Drogen, Alkohol und Gewaltspiele und so geschmacklose Häuser samt Inneneinrichtung? Pia Reise sagte im fm4 Filmpodcast: “Es ist so schiach, da will man nicht mal tot über dem Zaun hängen.” harhar. Vielleicht ist das ein Klischee, Regisseur Sean Baker badet jedenfalls drinnen. Er badet überhaupt in sehr vielen Stereotypen.

Die “Aufpasser”, die Ivans Eltern für ihn beschäftigt, hat man auch schon öfters gesehen. Sie sind unorganisiert, dilettantisch und tollpatschig. Die Idee ist halbwegs amüsant, die Ausführung ist es nicht. Es gibt eine circa halbstündige Sequenz in Echtzeit, in der diese quasi-“Aufpasser” Ani festhalten und ich hasse echt alles daran. Harhar. Sean Baker arbeitet hier auch als Cutter oder eben nicht, er hat anscheinend vergessen, dass man Szenen auch schneiden kann.

Ich verstehe außerdem einfach nicht, was dieser Film von mir will. “Romantic Dramedy”, wie er manchmal bezeichnet wird, ist grundfalsch. Ich mein, abgesehen davon, dass Mark Eydelshteyn nicht Richard Gere ist, leider! Hier ist absolut nichts romantisch und es hat auch nichts mit Liebe zu tun, wenn man zwei Wochen nach dem Kennenlernen heiratet. Lets face it: Ivan hat nicht viel im Kopf, das wird schnell klar, und die meiste Zeit ist er zusätzlich zugedröhnt. Aber Ani ist eine Frau, die mitten im Leben steht. Ich traue ihr absolut zu, dass ihr von Anfang an klar ist, wie Ivan tickt. Und, dass sie viel höhere Ansprüche hat (oder hätte). Also stellen wir das nicht als Romeo und Julia Geschichte in der Bronx dar, sondern sagen wir, was es ist: Ani sucht einen Finanzier. Warum sie mit ihrem Charme, ihrer Patentheit und ihren vielen Talenten keine anderen Alternativen im Leben hat als a) Stripclub oder b) reich heiraten verstehe ich einfach nicht. Und der Film ist auch keine Milieu- oder Charakterstudie, in der ich erfahren würde, wieso Ani so agiert. Und es ist auch kein feministisches Manifest.

Vielleicht kann man sagen, dass Anora genrefluid ist, und sich Einordnungen entzieht, was ich prinzipiell ja mag. Aber ich finde den Film halt weder besonders witzig, noch tiefgehend, ich habe keinen wirklichen Erkenntnisgewinn und ich mochte auch die transportierten Stimmungen – Stichwort tristes New York im grauen Jänner – nicht. Gut gefallen hat mir die Darstellung der Anora durch Madison und auch die Figur des Igor (Yura Borisov), einer der” Bodyguards”, zu dem ich hier extra nicht mehr schreibe, empfand ich als eine gewisse Rettung im dritten Akt, wenn man so will. Dennoch: Unterm Strich zu wenig.

Sollte Anora nächstes Jahr den Oscar in der Sparte “Best Film” gewinnen, kann ich aber immerhin feststellen, dass ich ihn doch noch mehr mochte als Everything Everywhere All At Once. Harhar.

Better

Heute war ich immer noch ziemlich niedergeschlagen.

Eine Freundin hat mir einen Link zu einer Literaturagentur geschickt, denen man eine kurze Leseprobe schicken kann und sie geben Feedback. Ich habe also meinen Mut zusammengenommen und ein Kapitel aus meinem “Langtext” hingeschickt, das ich als ziemlich fertig erachte. Bin neugierig, ob wirklich jemand zurückschreibt, aber das hat meine Laune ein bisschen gehoben.

Dann habe ich beschlossen, ins Kino zu gehen, weil ich mich dort immer wohl und geborgen fühle. Ich habe mir den österreichischen Film Mond von Kurtwin Ayub angesehen, der mir recht gut gefallen hat. Und wie immer, wenn es im Saal dunkel wird, fühle ich mich tatsächlich besser, da muss der Film noch gar nicht angefangen haben.

Zum Heimfahren hatte ich zwei Nachrichten. Das Kind hat mir ein Reel geschickt, das mir sagte, dass er keinen Lottogewinn braucht, weil er hat die beste Mama. Und dann habe ich von jemanden, der mir sehr wichtig ist, wieder etwas interessantes geschickt bekommen. Beides hat mir sehr gut getan. Vielleicht ist mir die eine oder andere Träne in der U6 über die Wangen gelaufen, aber näheres weiß man nicht.

American Psycho, zwei

Spoiler! Wenn jemand den Roman gar nicht kennt und/oder von ihm überrascht werden will, nicht weiterlesen, man kann kaum etwas dazu sagen, ohne Dinge zum Inhalt zu schreiben

Als ich American Psycho jetzt noch einmal gelesen habe, habe ich mir gedacht, dass das wirklich ein typischer 90er Jahre Roman ist, wo es ja auch bei anderen Autoren wie Frederic Beigbeder, Benjamin von Stuckrad-Barre oder Michel Houellebecq sehr viel um Kritik an der Konsumgesellschaft ging, das aber auf sehr hippe und fast affirmative Art und Weise (siehe Popliteratur). Ich fand das damals sehr ansprechend, heute fehlt mir irgendwie ein bisschen der Tiefgang. Denn tatsächlich ist American Psycho eine Abfolge der Schilderung von Restaurant- und Clubbesuch, Drogengebrauch, Sex, Fitness, Mode und dazwischen immer wieder sehr drastisch geschilderte Morde. Über den Beruf erfahren wir nichts. Dem Protagonisten kommt man dabei nur in einem gewissen Ausmaß nahe, nie aber vollständig.

Was mir schon damals am besten an dem Roman gefiel und auch jetzt wieder, waren die Passagen, in denen Patrick Bateman über Musik schreibt. Ich kaufe mir selbst ja auch hin und wieder überteuerte Musikmagazine, nicht, weil ich mich so gut mit Musik auskenne, sondern weil ich diese Albumerläuterungsprosa so gerne mag. Und so etwas liest man bei Bateman ebenfalls, etwa über Huey Lewis, Whitney Houston und über Genesis/Phil Collins. Es ist halt auch sehr überraschend, wenn man gerade noch verfolgt hat, wie Bateman einen Obdachlosen richtiggehend schlachtet und im nächsten Kapitel geht es um das Euvre eines massentauglichen Popstars.

Über Collins etwa schreibt er: “Phil Collins’ solo efforts seem to be more commercial and therefore more satisfying in a narrower way (…) His remake of You Can’t Hurry Love which I’m not alone in thinking is better than the Supremes’ original. But I also think that Phil Collins works better within the confines of the group than as a solo artist – and I stress the word artist.”

Letztendlich, und das ist quasi auch das große Geheimnis von American Psycho, weiß man ja nie, hat Bateman wirklich gemordet? Oder bildet er sich das alles nur ein? Ist American Psycho eine Satire? Im Roman und auch in der ersten Verfilmung gibt es Hinweise auf beide Lesarten. Dazu kann sich jeder selbst eine Meinung bilden.

Jedenfalls weiß ich nicht, wieso gerade der eher lyrische Regisseur Guadagnino dieses Werk adaptieren möchte, was ja wieder auch ganz spannend ist. Als ich den ersten Film jetzt nochmal gesehen habe, habe ich mir gedacht, man hat durch die ganzen Nolan Batman-Verfilmungen, in denen Christian Bale die Hauptfigur spielte, ganz vergessen wie durch und durch böse Bale auch sein kann. Guadganinos Casting seiner Hauptfigur, die den Film auch fast alleine trägt, wird also auf jedenfall maßgeblich sein.