almis personal blog

Literatur und Herkunft, zwei

Ich habe mich übrigens nicht auf der “Where are you from” Wand verewigt, weil ich dachte, ich bin halt ein Einzelkind einer Mittelschicht Familie aus Wien, ur fad. Mir ist auf die Schnelle nichts poetisches oder skurilles in den Sinn gekommen, was mich interessanter machen hätte können. harhar.

Beim näheren Nachdenken ist mir immerhin eingefallen, dass ich väterlicherseits Vorfahren aus Osteuropa habe, wie eh die meisten Wiener. Mütterlicherseits gibt es dagegen einen Giftmörder und “generell sehr viele Wahnsinnige” – wie es mein Vater gern formuliert hat. Politisch korrekt würde man sie eher suchtkrank oder depressiv nennen. Meine Großmutter (mütterlicherseits) wurde von ihrem ersten Mann angeschossen und durfte sich deshalb in den 1930er Jahren scheiden lassen und hat dann meinen Großvater geheiratet, der damals gerade verwitwert war. Ich habe beide nicht mehr kennengelernt, sie waren über 15 Jahre älter als meine anderen Großeltern.

Ich selbst bin vorwiegend bei meinen Großeltern (väterlicherseits) aufgewachsen und das war sehr schön. Ich habe mich aber auch früh darauf vorbereitet, dass sie mich auf meinem Weg nicht allzu lange begleiten würden können. Glücklicherweise war ich aber bereits erwachsen, als ich sie loslassen musste. Das Verhältnis zu meinen Eltern würde den Rahmen hier sprengen und, um mit Thom York zu sprechen, ich will es nicht trivialisieren.

Als Mädchen war ich im Ballett – nicht unbedingt weil ich das wollte oder ein spezielles Talent dafür hatte, sondern weil meine Eltern es gut fanden, dass ich beschäftigt war. Die Ballettschule wurde von einem netten Ehepaar geleitet und wir mussten immer unsere Mitgliedskarte abstempeln lassen, wobei mich der Mann oft mit: “Oh unsere lyrische Heidi” begrüßte. Ich wusste echt sehr lange nicht, was er damit meinte. Aber wahrscheinlich bestand ein Zusammenhang damit, dass ich wirklich sehr viele Stunden am Tag in einer Art Traumwelt lebte. Das haben mir einige Leute mit anderen Worten immer wieder mal gesagt, ich sei eben eine “Künstlerin”.

Das hat sich aber nicht im Tanz, sondern im Schreiben manifestiert, mein Leben ist irgendwie untrennbar damit verbunden. Deshalb gibt es auch diesen Blog und dafür, dass mir im Museum nichts eingefallen ist, habe ich mich hier aber ganz schön ausgelassen. Harhar

Literatur und Herkunft

Gestern habe ich es noch schnell ins Literaturmuseum mit freiem Eintritt geschafft.

Obwohl diese Aktion jetzt vorbei ist, kann ich die aktuelle Ausstellung Woher wir kommen. Literatur und Herkunft nur sehr empfehlen. Wie auch schon bei der Ingeborg Bachmann-Schau vor zwei Jahren ist das Thema ungeheuer interessant und auch umfangreich aufbereitet. Ich war fast eineinhalb Stunden dort und da war ich schon recht zügig unterwegs.

Ich, wie ich Christine Nöstlinger lausche – bei uns im Bau und nemau, Tia an Tia, lem Leid wia mia.

Das Thema Herkunft wird aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Sowohl auf die “Klassenzugehörigkeit” und die ökonomischen Möglichkeiten bezogen, wie auch auf die jeweilige Familiensituation/Konstellation, oder auch in Hinblick auf den kulturellen Background, einen etwaiger Migrationshintergrund bzw. Mehrsprachigkeit. Vorgestellt werden dabei verschiedende Autoren bzw. Autorinnen und ihre dazu passenden Texte (oft handschriftlich), wie auch Alltagsgegenstände und private Fotos, die das Thema illustrieren.

Mir gefällt das sehr gut, wie das Museum es schafft, auch visuell gewisse Stimmungen zu vermitteln:

Wir lesen, dass das Überwinden der eigenen Klassengrenzen ein Hauptthema bei der Nobelpreisträgerin Annie Ernaux war. Wir lesen über die Südtiroler Autorin Anita Pichler, die über “die zwei Orte” reflektiert, zwei Sprachen, zwei Lebensweisen und wie sie diese Binärität auch in ihrem weiteren Leben immer wieder sucht. Wir erfahren natürlich über Ingeborg Bachmann und Klagenfurt, über Peter Handke und seine Rückkehr nach Griffen nach dem Suizid seiner Mutter. Die ganze Ausstellung dreht sich um die Pole: Ankommen, wegfahren, anderswo ankommen, zurückkehren. Herkunft wieder finden, von ihr fliehen.

Eine spannende Frage, die ich mir selbst tatsächlich so noch nie gestellt habe – also was den Ort betrifft

Es gibt auch sehr inkonventionelle Interpretationen von Herkunft. In einem Gedicht von Wilhelm Szabo heißt es: “Mein Vater der Regen, meine Mutter der Wind, ich bin des Nebels, des Graugewölks Kind. (…) Ich bin gebürtig aus jeglichem Land, entsprosse den Tundren, den Hainen, dem Sand.”

Lustig ist Ödon von Horvaths Kurzbeschreibung seines Lebens. Er schildert gewisse Ereignisse in Bezug zu seiner jeweiligen Körpergröße: “Mein Interesse für Kunst, insbesonders für die schöne Literatur, regte sich relativ spät, bei einer Höhe von 1,70 Meter. Mit 1,69 hatte ich mein erstes ausgesprochen sexuelles Erlebnis (…) Heute gehe ich nur mehr in die Breite, aber hierüber kann ich Ihnen noch nichts mitteilen, denn ich bin mir halt noch zu nah.”

Am Ende kann man noch über seine eigene Herkunft reflektieren:

Es gibt dann noch auf zwei Stöcken eine Dauerausstellung über die (österreichische) Literaturgeschichte, da war ich aber nur kurz, weil schon so voller Eindrücke. Ich werde sie mir mal separat ansehen.

Wochenstart

Nach einem schönen und auch nachdenklichen Wochenende wie dem letzten geht es in eine neue Woche.

Es ist ok, Dinge zu fühlen. Es ist ok, darüber zu schreiben, egal was andere darüber denken mögen. Mir ist gar nicht mehr wichtig, was andere über mich denken. Es hat eh keiner was gesagt, harhar, nur so allgemein.

Wie auch immer, diese Woche gibt es jedenfalls auch wieder ein paar Highlights aus dem niederen (siehe: mir ist egal, was andere denken harhar) und höheren Kulturbereich, die mir Freude machen werden. Heute endlich wieder mal Wer wird Millionär und einen Fm4 Filmpodcast zum Film Austroschwarz. Da habe ich den Trailer bereits mehrfach gesehen, weiß aber ehrlich gesagt nicht so recht, was ich davon halten soll. Außerdem will ich es bis Mittwoch noch ins Literaturmuseum schaffen, weil freier Eintritt und es gibt eine Ausstellung zum Thema Literatur und Herkunft, was für mich sehr interessant klingt.

Ins Kino “muss” ich auch in Kürze, Oslo Stories – Liebe. Und dann ist ja noch Germanys Next Topmodell, die “Knutschfolge” und ganz viel Arbeit habe ich im übrigen eh auch immer noch. Wobei es heute schon etwas weniger geworden ist, ich sitze seit sechs Uhr früh am Schreibtisch und es geht voran. Das ist auch ein gutes Gefühl, was zu schaffen und zu erledigen.

Außerdem hatte das Kind heute einen Kurs und schrieb mir: Gleich zwei neue Freunde gefunden. Und ein paar Minuten später: Dritten Freund gefunden. Ich freue mich, dass es so einfach für ihn ist. Zu mir hat die Billa-Kassiererin heute gesagt: “Ich hab sie schon lange nicht gesehen. Wie schön, dass Sie wieder einmal da sind.” Da habe ich mich auch gefreut. Und jetzt am Abend regnet es, ganz beruhigend.

Und ja, die Erinnerungen sind sowieso bei mir und der letzte Gedanke jeden Tag gilt immer jemandem. Auch wenn ich dann von Wendeltreppen träume ist das schön. Ich bin wieder in der Spur.

Langes Wochenende

Das mit den Skriptum zum Monatsende fertigkriegen hat im Mai gar nicht funktioniert. Das lag glücklicherweise nicht an mir, ich habe auch am Feiertag gearbeitet, aber das Modul war so umfangreich, dass die Deadline um eine Woche nach hinten verschoben werde musste. Ich brauchte aber eh eine Pause.

Am Donnerstagabend habe ich mir beim Bügeln Germanys Next Topmodell angesehen, es war die Folge, in der die noch verbliebenen Kandidaten in L.A. Besuch von ihren Lieben bekommen. Ich sah, am Bügelbrett stehend, zu und mir sind die Tränen über die Wangen gelaufen, keine Ahnung warum. Ich kenne ja keinen von den Menschen persönlich und es ist auch niemand schwerkrank oder sonst was, sie sehen sich halt nach ein paar Wochen wieder. Das ist wirklich next level cringe harhar, aber ok.

Am Freitag war ich dann wie gesagt im Kino und das Wochenende habe ich im Garten verbracht. Am Samstag gab es eine Grillerei, wo sich die Gespräche um Aquaplaning, Beschleunigungsstreifen und “verkehrsleitende Anlagen” drehten und ich so: “Das hören wir jetzt drei Monate, oder?” harhar. Außerdem war ich erstmals diese Jahr im Wasser, das angeblich 24 Grad hat, die sich aber eher wie 19 Grad anfühlten. Aber – Standardspruch – wenn man mal drinnen ist, ist es eh angenehm.

Heute gab es ein Outdoor Frühstück:

Und denn endlich wieder einmal schreiben, nachdenken, ganz viel erinnern, schreiben. Auch das war sehr emotional, aber das gehört manchmal dazu.

Ich wäre zwar gerade im Flow, trotzdem ist jetzt erstmal wieder Arbeit dran.

Oslo Stories: Sehnsucht

Apropos Träume. Nachdem ich schon den 2. Teil der Oslo Trilogie, eben Träume gesehen habe, habe ich mir gestern Sehnsucht im Votivkino angesehen.

Zwei Rauchfangkehrer sitzen im Pausenraum ihres Unternehmens. Der namenlose Teamleiter (Thorbjorn Harr) erzählt dem namenlosen Arbeiter (Jan Gonnar Roise) von einem Traum, den er in der Nacht zuvor hatte. Daraufhin erzählt ihm der Arbeiter etwas sehr intimes und daraus entwickelt sich dann die Handlung harhar sorry, man kann kaum etwas zu diesem Film sagen, ohne zu spoilern. Wobei es bei diesem Film irgendwie egal ist, weil es nicht darum geht, was großartig verraten wird, sondern um die Gespräche, die sich daraus ergeben.

TROTZDEM AB HIER SPOILER

Im Traum des Teamleiters geht es darum, dass ihm David Bowie begegnet und ihn so ansieht, als wäre er, der Teamleiter, eine Frau. Im Erlebnis des Arbeiters geht es darum, dass ihn ein Kunde (männlich) gefragt hatte, ob er Sex mit ihm haben will und der Arbeiter hat dann eingewilligt. Beide Protagonisten sind heterosexuelle Männer in ihren 40-ern, schon lange verheiratet, mit Kindern im Teenageralter.

Das Schöne an diesem Film ist, obwohl er natürlich, wenn man so will, sehr queere Themen hat, von möglicher Bisexualität bis zu Geschlechtsdysphorie: er hat überhaupt keine Agenda. Das hat mich an Jaques Audiards Emilia Perez erinnert, auch wenn die Filme sonst gar nichts gemeinsam haben. Aber in beiden wird eine Geschichte erzählt, ohne irgendeine gesamtgesellschaftliche Diskussion anstoßen oder irgendjemand von irgendwas überzeugen zu wollen. Im Gegenteil, hier geht es ganz viel darum, selbst auzuloten, was eigentlich genau passiert ist, welche Gefühle man deswegen empfindet, ob sich diese Gefühle mit der bisherigen Lebensweise vereinbaren lassen und was eigentlich die eigenen Frauen so dazu sagen.

Obwohl der Falter geschrieben hat, das wäre der sperrigste Film der Trilogie, fand ich ihn, trotz der nicht ganz unproblematischen Thematik – die Frau des Arbeiters stürzt in eine schwere Krise – sowohl sehr poetisch, wie phasenweise auch extrem witzig. Speziell im Mittelteil gibt es einige Szenen, wo das ganze Publikum laut gelacht hat. Zum Beispiel die, als über Tattoos geredet wird und das Kind vom Abteilungsleiter seiner Ärztin erzählt, dass sich sein Lehrer “I love my familiy” auf den Arm tätowiert hätte. Diese daraufhin: “Oh, grausamer Phantomschmerz getarnt als Empathie” harhar. Schön fand ich, wie der Arbeiter dem Abteilungsleiter erzählt, dass seine Frau sich mit einer Freundin trifft, um mit ihr “die Situation” zu besprechen und, dass er Angst davor hat. Der Abteilungsleiter daraufhin: Was ist diese Freundin für ein Typ? Ist sie jemand, bei der die Welt größer wird, wenn man mit ihr redet oder bei der die Welt kleiner wird?” Finde ich einen total interessanten Gedanken. Der Arbeiter darauf: Bei ihr wird die Welt weder größer noch kleiner harhar.

Ich hätte es nicht erwartet, aber dieser Film ist ein kleines Highlight in diesem bisherigen Kinojahr, das für mich aus durchwegs eher so okayen Filmen bestanden hat. Mich haben sowohl die Gespräche, die so persönlich und voller tiefer Reflexionen sind, komplett abgeholt, wie auch die unspektakulären Alltagsbilder mit kleinen Details. Einmal schwenkt die Kamera etwa über den Herd der einen Familie, daneben steht ein Pfefferstreuer und ich denke mir so, wenn bei mir ein Pfefferstreuer neben dem Herd steht, dann ist meistens auch Pfeffer auf dem Herd verstreut (harhar), auch wenn das Kochen schon lange beendet worden ist. Und genau das sehen wir hier. Das gibt uns das Gefühl, dass wir wirklich einen Alltagsschauplatz beobachten und nicht nur ein Filmset.

Große Empfehlung jedenfalls. Zumindest wenn man “Laberfilme” mag. Jetzt muss ich mir Teil 3 (bzw. eigentlich Teil 1, Liebe) wohl auch noch ansehen.

Die Wendeltreppe

Wieder und wieder habe ich diesen Traum. Ich gehe eine Wendeltreppe hinauf. Das Haus sieht immer etwas anders aus, auch die Lichtverhältnisse sind unterschiedlich, aber es ist jedes Mal eine Wendeltreppe, und ich bin nach wenigen Schritten schon atemlos vor Freude. Noch ist alles möglich.

Mit jedem Schritt komme ich ihm näher. Dann sehe ich ihn endlich, aber nur aus der Ferne, durch ein Fenster. Er ist beschäftigt und bemerkt mich nicht. Ich kann ihn auch nicht rufen, mir bleibt die Stimme weg vor Aufregung, vielleicht habe ich aber auch gar keine Sprache für diese Situation.

Es ist so schön, ihn zu sehen, aber gleichzeitig so schmerzhaft, ihm nicht näher kommen zu können. Manchmal irre ich noch eine Weile durch das Haus, nur um seine Energie weiterhin zu spüren. Mit diesem Gefühl wache ich dann auf. Nachdem ich mich beruhigt habe, kann mich entscheiden, was ich aus diesem Traum mitnehme.

Und immer entscheide ich mich für das warme, weiche, geborgene Gefühl, das ich empfunden habe. Und behalte es bei mir, so lange wie möglich.

In other news

Die letzte Schularbeit (Mathe!) ist gut vorbeigegangen. Das Kind wollte schon 20 Minuten vor dem Ende als Erster dabgeben. Ok ja, das habe ich auch manchmal gemacht, aber aus anderen Gründen harhar. Der Professor meinte dann aber so: Nein, das liest du dir jetzt nochmal durch, auch wenn du dir schon eine Pizzaschnitte kaufen gehen willst. Harhar, das finde ich sehr amüsant.

Damit ist das Schuljahr so gut wie vorbei und ich bin froh, auch das hat mich jetzt schon zunehmend geschlaucht. Nicht, dass man in der Oberstufe noch soo viel damit zu tun hat, aber es ist halt trotzdem dauernd was. Man versucht, das Kind vor Mitternacht ins Bett zu stampern, in der Früh wieder aus selbigem heraus zu bekommen und an dieses und jenes zu erinnern.

Nun steht aber etwas ganz neues an, nämlich der Führerschein. Die Motivation ist enorm, im Juli ist der Intensivkurs, da hat er auch schon etliche Fahrstunden, bevor er auf Urlaub fliegt. Wenn er erstmal den Führerschein hat, wird er mich dann überall hinbringen, sagt er. Ich so: Ur lieb, ich habe aber eh eine Jahreskarte. Und wer weiß, ob dir das Autofahren überhaupt liegt? Er: Ich werde super fahren.

So kenne ich ihn, harhar.

Die Geschichten in uns, zwei

Diesen Sommer möchte ich ja endlich meinen Langtext fertigschreiben/redigieren; derzeit hat er 274 Seiten und 75.000 Wörter. Auch deshalb habe ich mir das, hier bereits kurz vorgestellte, Buch Die Geschichten in uns von Benedict Wells gekauft. Ich möchte hier immer wieder, quasi auch als Vorbereitung für mich, ein bisschen davon erzählen, wozu Wells Autoren rät und welche Tipps er für sie hat.

Ich bin ja schon auf Wells’ schwierige Familienverhältnisse eingegangen und die Art, wie er damit umgeht. Er erzählt davon, was ihm immer ein Trost ist: Telefonate bis tief in die Nacht (gut, das verstehe ich nicht harhar), Seinfeld (!) und Musik. Er zitiert Judith Holofernes von Wir sind Helden und den Song Kaputt – so fühlt Wells sich und so fühlt sich auch sein Leben an: “So viel kaputt, aber so vieles nicht, jede der Scherben spiegelt das Licht”. Erinnert auch ein bisschen an Leonard Cohen, der sang: “There’s a crack in everything, that’s how the light gets in.” Da ist dieses bewusste Wahrnehmen des Schönen (auch in Zerbrochenem), das es nun mal auch gibt; und deshalb hört Wells auch nicht auf zu schreiben.

Im Kapitel Werkzeuge bringt er uns alle mögliche Hilfsmittel näher, zunächst einmal die richtige Sprache zu wählen. Da musste ich irgendwie sofort an die Serie Braunschlag denken, die ich, als eine der wenigen Zuseherinnen, gar nicht mochte. Auch und vielleicht vor allem wegen ihrer Sprache. Weil in dieser Serie spricht jede Person, unabhängig von Background, Charakter und Bildungsniveau, absolut gleich in diesem strizzihaftem Pseudo-Niederösterreichisch. Ich habe ja die Vermutung, dass Schalko das so geschrieben hat, um der Serie einen hippen Sound zu geben, mich hat es aber komplett abgestoßen.

Wells bemerkt da etwas wichtiges, nämlich “(…) dass die Wahl der Sprache nicht uns und unserer Eitelkeit dienen soll, sondern der Geschichte und den Charakteren.” (S. 153) Er selbst schreibt mit Hard Land einen Roman über einen 17-jährigen, der auch so sprechen muss. Natürlich macht es Wells da ab und zu selbst Probleme, dass er sehr eloquente Gedanken streichen muss, weil ein Jugendlicher sich eben anders artikuliert. Das gelte auch für Situationsbeschreibungen – wenn etwas trauriges passiert, sollte man es sprachlich anders beschreiben, als wenn etwa eine Feier geschildert wird. Wells: “Im Idealfall klingen jede Figur und jede Geschichte verschieden – und nach sich selbst.” (S.153)

Noch schnell ein zweites Werkzeug, das “Schneiden” eines Textes. Wells lässt sich da vom Medium Film inspiriereny was mir ja sehr sympathisch ist. Er nennt es “nach vorne erzählen, nicht in die Breite.” (S.163) Das heißt, man sollte sich überlegen, ob jede Szene tatsächlich die Geschichte irgendwie voranbringt, oder ob man auch mal raffen kann, um Tempo hineinzubringen. Er hat selbst auch schon mal ganze 200 Seiten gestrichen und quasi in einem Satz zusammengefasst harhar, wobei mich das nicht so wundert, weil seine Romane sind generell ziemlich umfangreich.

Obwohl ich mich persönlich, denke ich, beim Schreiben eher “kurz fasse”, ist mir auch schon aufgefallen, dass manche Szenen einfach nicht funktionieren. Sie enthalten zwar Informationen, die wichtig sind, aber die Form stimmt nicht. Manchmal muss man dann wirklich gnadenlos streichen, zusammenfassen, einen zeitlichen Sprung einbauen etcetera. Aber das ist ja auch das, was das Schreiben für einen selbst so spannend und herausfordernd macht.

Im Wechsel

Heute mal etwas zu den Wechseljahren harhar, meine Leserinnen und Leser warten bestimmt gespannt darauf.

Also mir ist natürlich klar, dass viele Frauen in dieser Zeit unter allem möglichen leiden, vor allem an Hitzezuständen, doch das habe ich persönlich überhaupt nicht. Im Gegenteil. Ich friere mehr als je zuvor. Am Wochenende habe ich in der Nacht zwei Pullover angehabt und habe immer noch gefröstelt. Daraufhin hab ich gegoogelt, ob das vielleicht irgendein Anzeichen für eine schwere Krankheit ist, aber es sind nur irgendwelche diffusen psychischen Ursachen genannt worden.

Was ich aber schon habe, und was eventuell mit den Wechseljahren zusammenhängt, obwohl man es natürlich nie wirklich sagen kann und es im Grunde auch wurscht ist, ich schlafe unheimlich schlecht. Seit ein paar Monaten habe ich eine Fitnessuhr (ausgeborgt) und messe dort meine Schlafqualität. Der Topwert wäre 100, was ich natürlich noch nie erreicht habe. Allerdings kann ich auch an einer Hand abzählen, wie oft ich einen Wert über 50 hatte. *hust* Die allermeiste Zeit liege ich so zwischen 20 und 40. Jemand hat zu mir gesagt: “Ist ja egal, was der Wert ist, Hauptsache du fühlst dich ausgeruht!” Ja, nur ist das ja eben nicht der Fall.

Ich bin schon sehr oft geschlaucht, beim Arbeiten (Korrekturlesen) fallen mir manchmal fast die Augen zu und wenn ich so durch die Welt schlendere fühle ich mich auch mitunter sehr “tramhapert.” Den Ausdruck habe ich für das Kind in Jugendsprache übersetzt und da heißt es dann “off”. Ich schlafe schlecht ein, ich wache nachts auf und liege wach und wenn ich schlafe, habe ich das Gefühl, ich würde mir selbst beim Schlafen zuschauen und feststellen, dass ich nicht gut schlafe. Aber ist halt eben so, es wird schon wieder vergehen, vielleicht von meiner Ärztin ein paar Kräuter verschreiben lassen, das nächste Mal.

Anyway. Samstagnacht wälze ich mich wieder mal hin und her, gegen vier Uhr früh, schaue eher zufällig aufs Handy, sehe eine Nachricht und fühle mich sofort besser. Ich lese sie nicht gleich, der Absender reicht mir und es ist einfach nur gut und schön, dass sie da ist und quasi neben mir liegt. Ich bin zwar trotzdem noch müde, fühle mich aber augenblicklich auch geborgen und zufrieden. Alles ist gut.

Pointe hat dieser Text jetzt leider keine, außer, dass das persönliche Wohlbefinden durch solche feinen Dingen extrem gesteigert werden kann. Gerade, doch noch eine dramaturgische Klammer, in den Wechseljahren, wo man, so gesamt gesehen, vielleicht ab und zu ein bisschen fragil ist.