Netflix hat es sich offenbar zur Aufgabe gemacht, jedes Jahr rund um Weihnachten die fröhliche Apokalypse zu feiern.
2021 gab es Don’t look up, 2022 White Noise und 2023 jetzt Leave the World behind. Ich weiß nicht genau, wie ich den Film als Film finden soll, der CGI-Einsatz ist nicht unbedingt virtuos, und man kann sich auch an diversen Klischees stoßen (zb. dass Leute sich teilweise auf die dümmstmöglichste Art und Weise verhalten), als Angsteinflößer hat er bei mir aber hervorragend funktioniert. Ich habe mich die ganze Zeit soo unwohl und latent bedroht gefühlt. Wollte schon das Kind rufen. Harhar.
Worum geht es? Eine Familie aus der gehobenen Mittelklasse, bestehend aus Amanda (Julia Roberts) und Clay (Ethan Hawke), sowie ihren beiden jugendlichen Kindern Rose und Archie, ansässig in New York, mietet sich spontan ein Air BnB auf (mutmaßlich) Long Island, um “ein bisschen raus zu kommen”. Aber schon der erste Tag des Getaways verläuft eigenartig, die Internetverbindung bricht zusammen und als sie am Strand sind, passiert auch einiges unvorhergesehenes (keine Spoiler hier, aber es ist ARG). Am späten Abend, als die Kinder schon schlafen, klopfen plötzlich G.H. (Mahersala Ali) und seine 20-something Tochter Ruth (My’hala) an die Tür und geben sich als die Besitzer des Luxushauses aus. Sie seien eigentlich in New York in der Oper gewesen, aber es gäbe einen Blackout und nun wären sie also hier. Amanda ist sehr skeptisch, da sie keine Ausweise bei sich haben, aber sie lassen die beiden dann doch hineinkommen…
Geschildert wird danach eine beginnende Ausnahmesituation plus eben der Tatsache, dass nun zwei Familien quasi aufeinander zurückgeworfen sind, die wahrscheinlich sonst keine Berührungspunkte gehabt hätten. Natürlich wird suggeriert, dass Amanda aus (latent) rassistischen Motiven – denn eigentlich ist sie Demokratin – derart skeptisch ist, allerdings darf man nicht vergessen, dass sie in einem Anwesen fernab von allem sind (der nächste Nachbar ist zehn Minuten entfernt) und es keine Beweise gibt, dass die Menschen tatsächlich das sind, was sie vorgeben. Nachdem Amanda schon in der Anfangsszene sagt: “Ich hasse Menschen” denke ich nicht, dass es nur daran liegt, dass die beiden schwarz sind. Bzw. wäre es echt mal originell, die umgekehrte Situation zu sehen – eine schwarze Familie, die von einer weißen überrascht wird. Ich jedenfalls hätte Mahersala Ali tendenziell alles geglaubt, weil er halt wirklich so nett und vertrauenserweckend wirkt, nur wenn man sich ehrlich ist, ist Clay in seiner jovial-verständnisvollen Art doch auch ziemlich naiv.
Leave the World behind ist kein Horrorfilm, wo man dauernd irgendwelche Splatterattacken oder sonstigen Brutalitäten ausgesetzt wird. Alles ist viel subtiler und deshalb – zumindest für mich – um einiges bedrohlicher. Friedliche Waldtiere spielen dabei eine erstaunlich beklemmende Rolle, wie auch weiße Teslas und Flugzeuge (die mir sowieso immer suspekt sind), ebenso die Serie Friends, die als eine Art dramaturgische Klammer wirkt. Rose wollte nämlich gerade die letzte Folge sehen als das Internet ausfiel. Und während alle rundherum die Nerven wegschmeißen, geht es ihr nur darum, irgendwie herauszufinden, ob Rachel und Ross im Finale zusammenkommen. Interessant ist außerdem, dass die eher links-liberalen Protagonisten angesichts der immer prekäreren Lage an ihre Grenzen kommen und der Einzige, der der Situation Herr zu sein scheint, der Verschwörungstheorie-Prepper von nebenan ist, der eh schon immer mit dem Schlimmsten gerechnet hat.
Viel mehr kann ich nicht verraten, ich würde mir auch den Trailer nicht anschauen, weil der viel zu viel spoilert; interessant ist vielleicht noch, dass Barack Obama Mitproduzent dieses Films war – weiß er irgendwas, was wir nicht wissen, frage ich mich? Nun, ich hoffe nicht.