almis personal blog

Akademikerkinder und andere

Es wird wieder mal eine Sau durchs Twitterdorf getrieben – und diese heißt: Ist es für Arbeiterkinder schwieriger zu studieren als für Kinder aus Akademikerkreisen? Wird ihnen gar das Studieren selbst aufgrund ihrer Herkunft erschwert?

Diese kühne These hat zumindest Barbara Blaha, ihres Zeichens Mitbegründerin des Monumentum Instituts – ein sogenannter Think Tank – aufgestellt, in einem Artikel erläutert sie jetzt, wie sie erstens mal kaum ins Gymnasium gekommen ist (man muss als Arbeiterkind schon super sein, um eine Empfehlung dafür zu bekommen, laut ihr), und zweitens, wie schlimm es nicht auf der Uni war, wie sie verwirrt war und sich nicht zurecht gefunden hat, sich immer falsch gefühlt hat, die Sprache nicht beherrscht hat, eben wegen ihrer nicht-akademischen Herkunft.

Also entweder ich bin mit einem wirklich enormen Selbstbewusstsein ausgestattet, was ich eher nicht glaube, oder ich habe zu Zeiten meines Studiums (ab 1995) in einer Traumwelt gelebt (was schon eher möglich ist). Denn ich komme aus keinem Akademikerhaushalt und war in der Schule nicht gut. Ich hatte bereits in der Volksschule Probleme mit Mathematik – eine beliebte Anekdode ist, dass ich gerechnet habe 1 Maroni kostet 4 Schilling, also kosten 5 Maroni 80 Groschen. Auf die Frage meines Vaters, ob mir nicht klar ist, dass 5 Maroni mehr kosten müssen als eine, war ich nicht vorbereitet. Was hatte das mit meiner Rechnung zu tun, bei der ich keinerlei Praxisbezug verortete? Also so ungefähr, als Illustration. Ich hab es aber ohne Aufnahmeprüfung ins Gymnasium geschafft, wo mein Leidensweg in Mathematik weiterging. Bis dann in der 7. Klasse vorläufig Endstation war. Ich musste die Klasse wiederholen, war auch beim Wiederholen schlecht und hatte wirklich Sorge, dass ich niemals eine Uni von innen sehen würde, niemals das studieren würde können, was mir alles bedeutet hat, nämlich Germanistik – insbesondere Literaturwissenschaft. Nur diesem Wunsch ist es zu verdanken – und vieler, vieler Stunden Erklärarbeit von lieben Menschen, bezahlt und unbezahlt – dass ich es trotzdem bis zur Matura geschafft habe und da sogar einen 3er in Mathematik bekommen habe. Um einen Punkt am 2er vorbei. Das war mein größter Erfolg der gesamten Schulzeit

Alles, was danach kam, war Peanuts für mich. Ja, ich fand mich auf der Uni auch nicht zurecht, der Studienführer war mir ein Rätsel, ich hatte keine Ahnung, wie ich (m)einen Stundenplan erstellen sollte, meine erste Uniarbeitsaufgabe verstand ich nicht etc. Aber niemals hab ich gedacht, dass ich da nicht hingehöre. Im Gegenteil, ich war vollends überzeugt davon, dass ich genau da war, wo ich sein sollte. Endlich konnte ich all das lernen, was mich am meisten interessierte! Und alles war zwar neu und verwirrend, aber auch aufregend. Ich erkannte da keinen Unterschied zu Menschen, die aus Akademikerfamilien stammten. Die waren genauso planlos und überfordert zu Beginn. Manche brachen ihr Studium ab – sowohl diese als auch jene. Und letztendlich fragt dich kein Professor jemals, ob deine Eltern studiert haben oder nicht, du musst zeigen was du kannst. So ist zumindest meine Erfahrung. Aber Barbara Blaha beschreibt ja auch nur ihre eigene und setzt sie ein bisschen (zu) absolut.

Was aber vermutlich schon eine Rolle gespielt hat und das sage ich trotz meiner nicht unproblematischen Familiensituation – meine Eltern haben mir die Aneignung von Wissen immer als etwas erstrebenswertes vermittelt und sie haben mich völlig frei entscheiden lassen, was ich nach der Matura machen will. Dass es ein quasi Orchideenfach ist, war nie ein Thema. Und dafür bin ich dankbar.

Oscars 23

Wenn man den Namen (des österreichisch-amerikanischen Komponisten) Erich Wolfgang Korngold hört, dann spricht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Filmkenner Alexander Horwath. Ich weiß nicht wie er das macht, aber er lässt diesen Namen gekonnt in jeden seiner Auftritte einfließen.

Also wie man merkt: Ich habe mir die diesjährigen Oscars zum Teil angesehen. Ich habe mir gedacht, wenn ich in der Nacht aufwache und munter bin, dann schau ich ein bisschen, sonst nicht. Habe dann im Endeffekt von drei bis ca. halb fünf die Verleihung verfolgt. Warum ich diesmal nicht so besonders gehypt war, lag daran, dass ich eben mit Everything Everywhere All At Once nicht viel anfangen konnte und mir klar war, dass der Film viel gewinnen wird. Dass er aber gleich alle Königsdisziplinen (Film, Regie, Hauptdarstellerin, beide Nebendarsteller, Drehbuch) gewinnt, das war schon sehr erstaunlich. Und wie gesagt mir persönlich nicht verständlich, wenn im Gegenzug TAR und The Banshees of Inisherin ganz leer ausgehen.

Ok, die zwei Daniels – die Regisseure des Films Daniel Scheinert und Daniel Kwan – sind eh recht lustig und hipsterig, es war sehr witzig, als Kwan gesagt hat: “My imposter syndrome is at an all time hight” – sie dürften auch ein super Arbeitsklima bei dem Film gehabt haben, als Team, eh schön für sie, harhar. Aber… ich fühl es halt nicht, wie mein Kind sagen würde.

Skandal gab es diesmal keinen, es war alles eher brav, weshalb Host Jimmy Kimmel nach zwei Stunden feststellte: “At this point in the show, it kind of makes you miss the slapping a little bit, right?”

The Fabelmans

Gestern habe ich den sechsten der zehn oscarnominierten Filme in der Kategorie “Best Film” gesehen. Dabei handelt es sich um The Fabelmans von Steven Spielberg, das semi-autobiografische Porträt seiner eigenen Familie.

Wir begleiten Sammy Fabelman (Gabriel LaBelle) von seinem ungefähr achten Lebensjahr bis zum Beginn seines Studiums. Zuerst zieht die Familie von New Jersey nach Phoenix, später nach Kalifornien. Wir besuchen mit Sammy seinen ersten Kinofilm, erleben die ersten Versuche mit der Kamera und sehen sehr viel Familienleben mit seinen drei Schwestern und den Eltern Mitzi (Michelle Williams) und Burt (Paul Dano). Von Film fasziniert, hat Sammy die Unterstützung seiner hochmusikalischen Mutter, während der Vater eher der Typ “Lern was Gescheites” ist. Und da wäre noch der Freund des Vaters Bennie (Seth Rogan) und seine Rolle im Familiengefüge.

Schon wieder unpopular opinion, aber ich habe zwei große Probleme mit diesem Film. Erstens: Der Plot. Harhar. Was genau will uns Mr. Spielberg mit dieser Nabelschau sagen? Wenn man die Kindheit und Jugend eines der profiliertesten Regisseure der Gegenwart geschildert bekommt – wenn auch fiktionalisiert – dann erwartet man sich doch eine Art “Erweckungserlebnis”; man erwartet sich große Begeisterung für den Film, Weisheiten zum Thema Filmschaffen, Hoppalas und Meilensteine, aber irgendwie hält Sammy die meiste Zeit zwar eine Kamera, aber alles bleibt doch sehr an der Oberfläche, seine Intentionen werden nicht wirklich herausgearbeitet, es ist keine Seele, keine Entwicklung spürbar. Die einzige wirklich interessante Aussage zum Filmemachen erleben wir erst in der allerletzten Szene.

Aber auch das Familienthema – die Konflikte zwischen den Eltern – geht nicht in die Tiefe und es gibt auch kein besonders traumatisches Erlebnis, kein Familiendrama, das interessant wäre. Wir sehen kitschige Familienszenen, abgewechselt von Momenten der Trauer und der Exaltierheit der Mutter, aber auch hier steht alles irgendwie nebeneinander, ohne ein größeres Ganzes zu ergeben.

Was zu Problem Nummer 2 dieses Filmes führt – und dieses Problem ist noch weitaus größer als das erste: Die Schauspieler bzw. die Art Darstellung. Wie lauteten hier bitte die Regieanweisungen? Das alles ist so over the top und outriert, als würde an einer Volksbühne gespielt werden, was dazu führt, dass man sich mit wirklich absolut niemanden identifizieren kann, und nicht in die Handlung hineingezogen wird, sondern sich permanent so fühlt, also würde man einen Film sehen, der die 50-ziger und 60-ziger Jahre persifliert.

Michelle Williams, die ich schon in einigen Rollen wirklich sehr überzeugend erlebt habe – beispielsweise in Blue Valentine und Manchester by the Sea (auch wenn ich von diesem Film an sich nur dringend abraten kann, aber sie war gut) wirkt hier absolut künstlich, aufgedreht, übertrieben – und ich weiß, sie kann es bedeutend besser, darf aber möglicherweise nicht? Ich weiß nicht genau, was Spielberg sich von dieser Schauspielerführung erhofft hat, aber für mich funktioniert das überhaupt nicht.

Einzig Judd Hirsch bringt einen etwas anderen Geist herein, leider nur in zwei, drei Szenen zu sehen; obwohl er der verrückte Onkel ist, bei dem es wirklich in Ordung wäre, wenn er ein bisschen etwas karikaturistisches an sich hätte, wirkt er viel authentischer und lebensechter als alle anderen. Hirsch hat es geschafft, dafür für den Nebenrollen-Oscar nominiert zu werden, gefühlt (und wahrscheinlich auch tatsächlich in nicht viel mehr als) in fünf Minuten Screentime. Aber er hebt sich hier wirklich deutlich ab. War er schon zu alt, um noch Regieansweisungen von Spielberg anzunehmen? Williams ist übrigens als Hauptdarstellerin ebenfalls nominiert und ich weiß nicht warum.

Fazit: So wie schon Everything Everywhere All At Once lief auch The Fabelmans komplett an mir vorbei ohne mich irgendwie zu berühren. Es tut mir eh leid, aber ich kanns nicht ändern.

Briefwechsel Bachmann/Frisch

Am Mittwoch war ich bei einer Veranstaltung des Literaturmuseums. Es wurde von zwei Schauspielern aus dem Briefwechsel zwischen Ingeborg Bachmann und Max Frisch vorgelesen und dann haben zwei der Herausgeber darüber gesprochen.

Zunächst mal: Ich war on time dort, es gab keine Anmeldung und als Germanistin bin ich es doch eher gewöhnt, dass Veranstaltungen selten überlaufen sind. Nicht so diesmal. Der Saal war voll, es gab keine Sitzplätze mehr, es mussten Stockerl geholt werden, der Vorraum war dann auch ziemlich gut gefüllt, also schon sehr erstaunlich, dass dieses Thema ein solcher Banger ist. Die Stellen, die vorgelesen wurden, waren relativ “bezeichnend” für die Entwicklung der Beziehung, die von 1958 bis 1963 dauerte, daheim angekommen, hab ich gesehen, dass ich einige Stellen davon selber in meinem Buch markiert hatte.

Spannend wurde es aber danach, als die Herausgeber diskutierten und es lässt sich zusammenfassen, dass die österreichischen Herausgeber eher auf Bachmanns Seite stehen, die aus der Schweiz (von denen niemand anwesend war, aber sie wurden von den Österreichern öfter mal erwähnt) auf der Seite von Frisch. Man muss halt sagen, dass das Narrativ, dass der “Technokrat” Frisch Bachmann zerstört hat, eher in unseren Zeitgeist passt, wo der alte weiße Mann per se an allem schuld ist; nur, wenn man die 600 Seiten gelesen hat, muss man halt auch feststellen: So war es nicht. Der Titel “Wir haben es nicht gut gemacht” – diesen Satz schreibt Frisch am Ende der Beziehung – ist zutreffend. Beide sind gleichermaßen für diese Beziehung und ihr Ende verantwortlich, m.E. nach.

Herausgeber Hans Höller sagte beispielweise über Frisch, na ja, die Beziehung hat ja in Wahrheit gar nicht diese vollen fünf Jahre gedauert, weil Frisch ja im Herbst 1962 schon mit seiner späteren Ehefrau Marianne zusammen war; dabei blendet er wohl aus, dass Ingeborg Bachmann bereits 1959 eine Affäre mit Hans Magnus Enzensberger und später eine mit dem italienischen Germanisten Paolo Chiarini hatte, von dem sie Frisch schrieb, dass sie diesen “sehr gerne habe”. Das hat Frisch einen großen Schmerz zugefügt, auch wenn sie eine mehr oder weniger offene Beziehung hatten. Auch bekrittelt Höller, dass Frisch mit Marianne ein Haus bezogen hat, mit Bachmann “nur” eine Wohnung. Ich weiß zwar nicht genau, wieso eine gemeinsame Wohnung ein kleinerer Liebesbeweis als ein Haus sein soll, aber dazu muss man grundsätzlich sagen, dass Frisch Bachmann ja heiraten wollte, sie sich aber absolut nicht als Ehefrau sah und ihm das auch in einem der Briefe geschrieben hat. Man kann Frisch da also nicht mangelndes Commitment vorhalten, wenn dieses von Bachmann gar nicht gewünscht war.

Höller wirft Frisch auch vor, dass er Bachmann beobachtet hatte, und dann Dinge in seinen Bücher, v.a. in Mein Name sei Gantenbein verarbeitet hatte; Bachmann wiederum hat das Verhalten von Frisch angeblich in Der Fall Franza und auch Malina einfließen lassen. Na ja, dann sind sie eh wieder quitt. Und im übrigen denke ich, dass jeder Schriftsteller, jede Schriftstellerin die Dinge, die sie erlebt, auch in ihren Werken verarbeitet, die einen mehr und offensichtlicher, die anderen weniger. Dann betonen die Herausgeber, dass Bachmann soviel Arbeit mit dem Überarbeiten des Gantenbein hatte – was sicherlich stimmt, andererseits überließ Frisch ihr das Manuskript vor der Veröffentlichung und ließ sie zu persönlichen Stellen auch durchaus streichen bzw ändern.

Beide hatten Probleme mit dem Zusammenleben an sich, sie konnte nicht arbeiten, wenn er anwesend war, auch er flüchtete immer wieder und zog sich von ihr zurück, zeitweise lebte sie in der Schweiz und er in Rom, dann sehnten sie sich nacheinander, nur um dann wieder aneinander zu verzweifeln. Ja, das ist tragisch und traurig, aber ich sehe keine einseitige “Schuld” bei Frisch. Beide hatten ihre Baustellen und Unzulänglichkeiten. Es ist eine wechselseitige Verwundung, wenn man diese Briefe liest, manchmal ist das auch für einen als Leser hart und schmerzvoll. Die Verarbeitung einer Trennung ist für viele Menschen eine enorme Herausforderung, es liegt auch an jedem selbst, wie er oder sie damit umgeht, diese Verantwortung sollte jede(r) für sich selbst übernehmen und auch den eigenen Anteil berücksichtigen.

ESC: Österreich

Gestern wurde der österreichische Beitrag für den diesjährigen Songcontest präsentiert. Ich muss zugeben, ich hatte im Vorfeld leichte Bedenken oder sogar Vorurteile – zwei ziemlich junge Casting Show Teilnehmerinnen Teya und Salena schreiben selbst einen Song. Es ist ja schon für “alte Hasen” schwierig, beim ESC zu reüssieren…

Dann wurde am Montag der Titel des Liedes präsentiert: “Who the hell is Edgar?” und da habe ich dann schon etwas Hoffnung geschöpft, weil es kein generischer Titel ist und etwas weird, was ich immer gut finde. Und gestern kam dann eben der Song heraus – und was soll ich sagen? Ich mag das!

Es klingt nicht wie schon hundertmal gehört und es ist – obwohl witzig – kein typischer Spaßbeitrag – mit dem man beim ESC schon lange keinen Blumentopf mehr gewinnen kann. Also außergewöhnliche Songs sind schon immer gefragt, aber die musikalische Qualität muss auch passen. Dazu die Anspielung auf Edgar Allen Poe, wo jetzt jeder grübeln kann, was sie genau damit sagen wollen, auch immer gute Idee, man denke an Konstrakta (Serbien 2022).

Der Song kommt in der ESC Bubble ziemlich gut an, hat eine positive Besprechung von William Lee Adams (wiwibloggs) bekommen und ist bei den Wettquoten heute bereits in den Top 10, aktuell Platz 9. Also Zuversicht ist jetzt auf alle Fälle angebracht.

Sehr nett auch folgender Tweet:

Toto Wolff

Ich schaue mit dem Sohn gerade die 5. Staffel von Drive to survive, der Formel 1 Doku-Serie auf Netflix. Der Blick hinter die Kulissen ist durchaus spannend – wundere mich selbst, dass ich das mal sage harhar.

Toto Wolff, Teamchef von Mercedes, find ich immer gleichzeitig merkwürdig, aber auch sehr lustig und er hat beim Englischsprechen einen extremen Wiener Akzent.

Ich so zum Kind: “Der redet so Englisch wie ich.”

Kind: “Der redet schlimmer als du!”

Ich werte das mal als Kompliment.

Everything Everywhere All At Once

Gestern habe ich mir Everything Everywhere All At Once angesehen. Ehrlich gesagt, hätt ich mir den Film normalerweise nicht ausgesucht, aber nachdem er für unglaubliche elf Oscars nominiert ist und einige davon wahrscheinlich auch bekommen wird – eventuell sogar “Best Film”, wollte ich mir darüber selbst ein Bild machen.

Im Mittelpunkt steht Evelyn Wang (Michelle Yeoh), die gemeinsam mit ihrem Mann Waymond (Ke Huy Quan) einen Waschsalon in den USA führt. Aufgrund von Unregelmäßigkeiten bei der Steuer werden sie bei der Finanzbehörde zu einer Beamtin namens Deirde (Jamie Lee Curtis) vorgeladen, und das gerade als Evelyns Vater aus China zu Besuch ist und sich Evelyns Konflikt mit ihrer Tochter Joy (Stephanie Hsu) zuspitzt, die dem Großvater ihre Lebenspartnerin vorstellen möchte. Beim Betreten der Behörde wird Evelyn von einer Entität, die von ihrem Mann Besitz ergreift, darüber informiert, dass es diverse Universen neben dem tatsächlichen gibt und sie dort andere Leben führen kann – sie soll dort gegen eine gewisse Jobu Tupaki kämpfen, die das Multiversum bedroht…

Unpopular opinion: Ich konnte mit dem Film absolut gar nichts anfangen. Die Grundidee, dass es verschiedene andere Welten gibt, in denen man leben kann, wenn man an gewissen Weggabelungen des Lebens anders abgebogen wäre, ist ja ausgesprochen interessant. Nur wird diese absolut nicht auserzählt. Einerseits gibt es (viel zu) viele Erklärungen zum “Multiversum” – Waymonds Entität erzählt recht umständlich, was man in einem Film immer zeigen sollte – andererseits ergeben seine Erläuterungen nicht wirklich Sinn und der Zuseher (oder zumindest ich) hat keine Ahnung, worauf das alles hinauslaufen soll.

Stattdessen folgen minutenlange Martial Arts Kampfszenen, schnelle Schnitte zwischen den verschiedenen Universen, eine Parade von unzähligen Kostümen und Schauplätzen (die Kostümdesign-Oscarnominierung ist wirklich gerechtfertigt), dazwischen ein paar dünne Dialoge und humoristische Versuche mit mehr oder weniger Erfolg, dann aber auch wieder eher unbeholfene Animationen, wie aus einem B-Movie (wobei: vielleicht beabsichtigt) und dabei bewegt sich die Handlung keinen Zentimeter vorwärts. Ehrlich gesagt sehe ich auch die schauspielerische Brillianz nicht – es wurden immerhin alle vier oben genannten Darsteller für den Oscar nominiert; aber viel mehr als dass sie über weite Strecken recht begabt wie überzeichnete Comicfiguren agieren erschließt sich da für mich nicht.

Ich finde normalerweise Filme, die “out of the box” denken, und etwas neues versuchen, dass man noch nicht gesehen hat gut und spannend. Ich mag auch Filme, die verwirrend sind, etwas schräg, deren Handlung man vielleicht nicht sofort oder auch gar nicht durchblickt. Ich brauche auch nicht unbedingt viel an Handlung an sich, wenn der Film in der Lage ist, sehr gut Stimmungen zu transportieren. Aber hier hab ich leider gar nichts gefunden, was mich irgenwie gefesselt, inspiriert oder auch nur kurzweilig unterhalten hätte.

Auf Rediff.com hab ich folgende Einschätzung gelesen, der ich mich vollinhaltlich anschließen kann: “The lack of anything substantial, whether it is characterisation or plot, makes EEAAO crumble under its lofty ambitions. And so, instead of saying a lot with very little, this film says very little with a lot.” Aber das ist eines der wenigen Reviews, die sich kritisch äußern, die meisten sind überschwänglich positiv. In meiner Vorstellung waren ein paar 10, 11 jährige, die sich fabelhaft unterhalten haben. Also am besten – wie immer – selbst eine Meinung bilden.

Verpuppt

Diese Woche hab ich mir online eine Lesung von der Bachmannpreisträgerin 2022 Ana Marwan zu ihrem neuen Roman Verpuppt angesehen. Der Roman wurde aus dem Slowenischen übertragen, sie hat aber die Übersetzung nicht selbst gemacht. Nun hat der Moderator Manfred Müller sie gefragt wie das so ist, wenn sie ihren Text einen Tag auf Slowenisch, am anderen auf Deutsch liest. Ana Marwan sagte, sie habe lange darüber nachgedacht, wie sie das Gefühl beschreiben solle:

Es ist so wie wenn man klein ist und einen Kanarienvogel hat und dieser stirbt und die Eltern ersetzen ihn durch einen neuen und niemand merkt wirklich den Unterschied, aber du selbst weißt es ganz genau.

Und im Nachsatz:

Als ich das bei meiner letzten Lesung auf einer Bühne das erste Mal erzählt habe, hab ich fast geweint. Ich weiß nicht warum. Ich hatte nie einen Kanarienvogel.

Jedenfalls eine sehr schöne Metapher.

Women Talking

Ich habe vorgestern Women Talking gesehen und bin ehrlich gesagt recht froh, dass ich kein offizielles Review zu diesem Film schreiben muss. Denn er hat sich als genauso sperrig und verkopft, ja fast akademisch präsentiert, wie ich ihn erwartet habe. Ich möchte fast sagen, ich habe schon Uni-Seminare mit einer solchen Art von Diskussion erlebt, nur mit dem Unterschied, dass die Uni der passende Ort dafür ist.

Der Plot: Eine Runde von Frauen einer mennonitischen Gemeinde trifft sich in einem Stadel, um über die sexuelle Übergriffe zu sprechen, denen sie durch die Gemeindemänner ausgesetzt sind. Alle wurden betäubt und sexuell missbraucht, Ona (Rooney Mara) ist gerade durch einen solchen Übergriff schwanger, andere wie Mariche (Jessie Buckley) und Salome (Claire Foy) haben bereits Kinder, für die sie eine andere Zukunft wollen. So sprechen sie darüber, welche Möglichkeiten sie haben – nichts tun, bleiben und kämpfen oder gehen – und lassen alles vom quasi einzigem “guten” Mann – dem Lehrer August (Ben Whisaw) protokollieren, da sie weder lesen noch schreiben können.

Und da fangen die Probleme dann schon an. Diese Frauen sprechen so artifziell und über-reflektiert, als würden sie vorgefertige Texte rezitieren, nicht als würde sie sich einfach nur unterhalten, wie das der Titel und das Setting suggeriert. Schon Menschen mit herkömmlicher Schullaufbahn traut man diese Wortgewandtheit kaum zu, aber Frauen, die niemals irgendeine Art von Bildung erfahren haben, weil das in der Gemeinde den Buben bzw. jungen Männer vorbehalten bleibt, wirken insgesamt doch sehr unglaubwürdig und wie ausgewiesene Kunstfiguren.

Eine Sache ist es, Woman Talking als quasi semi-dokumentarischen Film über ein tatsächliches Ereignis, das so in Bolivien stattgefunden hat, zu sehen. Ich finde es aber eher bedenklich, den Film in einen größeren #metoo Kontext zu stellen. Denn die Geschichte dieser abgeschlossenen Gemeinde mit ihren rigiden Strukuren und den starren, schon per se misogynen Regeln ist nichts, was sich besonders gut auf die wesetliche Gesellschaft umlegen lässt – anders als das etwa bei der Problematik um Harvey Weinstein im Film She said der Fall war. Dass diese Männer grausame Verbrecher sind, ist unbestritten und sie müssten für ihre Taten verurteilt werden, aber auf diesen Konsens kommt man ja im Nu. Ich sehe aber nicht, was Regisseurin Sarah Polley uns da quasi als “Think Piece” mitgeben möchte, was nicht eh klar und deutlich auf der Hand läge. Dass alle Männer im Grunde so sind, wie diese in der mennonitischen Gemeinde – mit einigen, wenigen Ausnahmen? Das hoffe ich wohl doch nicht.

Der Film ist ästhetisch, wenn die Bilder auch blutleer sind und die schauspielerischen Leistungen sind gut bis sehr gut, speziell von Rooney Mara, die die warmherzige, sehr differenziert denkende Ona spielt. Trotzdem funktioniert der Film gesamt für mich kaum, man müsste ihn schon bis auf eine sehr artifizielle Ebene abstrahieren, quasi als ein Theaterstück im Film (a la Dogville), aber selbst dann — sorry, es hat mich nicht wirklich erreicht.

The One with the Lottery

Manchmal, wenn es mir nicht so gut geht, mache ich mir abends ein “Frühstück”. Also ich esse und trinke das, was ich am Wochenende morgens zu mir nehme. Toast mit Marmelade, weiches Ei und heißen Kaffee. Klingt aburd am Abend, ist aber so, weil es so ein Wohlfühl-Essen ist.

Dazu hab ich mir gestern die Friends Folge The One with the Lottery angesehen, aus der 9. Staffel. Die 9. Staffel ist nicht so gelungen wie die 8. (die ich überhaupt für die beste halte), aber diese Folge ist tatsächlich super lustig und eine sogenannte Bottle-Episode (ich habe mal eine Kolumne darüber geschrieben, was das ist), also eine (nahezu) Echtzeit Folge, fast nur in einem Raum stattfindend, mit allen Hauptdarstellern an diesem Ort.

In The One with the Lottery geht es darum, dass Joey beschließt – Nomen est Omen – sich Lotterielose zu kaufen, weil es einen Jackpot gibt und die Gewinnsumme 300 Millionen Dollar beträgt. Monica ist gleich dabei, denn, wie sie betont, Chandler würde ja gerade das unbezahlte Internship machen und deshalb könnten sie einen Gewinn gut gebrauchen, was Chandler folgendermaßen kommentiert: “Yes, because if I was at my old job, we’d say, “300 million? No, thank you.” Die Freunde beschließen, zusammenzulegen und viele Lose zu kaufen und den Gewinn dann zu teilen. Nur Ross will nicht mitmachen, auf die Frage, ob er nicht auch Millionen gewinnen möchte sagt er: “Oh sure I do. I also want to be king of my own country and find out what happenend to Amelia Earhart” (1)

Dennoch versuchen die Freunde, Ross weiter zu überreden, sich doch auch zu beteilgen.

Chandler: “I can see the headline now: Lottery winners’ friend filled with regret, eats own arm.”

Ross: “Why would I eat my own arm?”

Chandler: “Well, you wouldn’t, but we own the paper. We can print whatever we want”

Schließlich lässt sich Ross doch noch breitschlagen und als Joey und Chandler ihn fragen, was er mit dem Geld machen würde

Ross: “I don’t know, i’ll probably just invest it.

Chandler: “Oooh calm down”

Es passiert dann noch einiges sehr amüsantes in der Folge, am besten selbst anschauen. Gewonnen haben sie nicht, was Ross am Ende enttäuscht kommentiert: “So much for my dinosaur/Amelia Earhart theme park.

Ich habe mich dabei ertappt, tatsächlich ein paarmal laut zu lachen. Und dann ging es mir auch wieder besser.


(1) Amelia Earhart – Wikipedia