almis personal blog

Neues Leben, 28

Heute erscheint offiziell der Briefwechsel von Ingeborg Bachmann und Max Frisch. Ich habe schon die ersten hundert Seiten gelesen, weil Bücher am Spitz (unbezahlte Werbung) mir das Werk bereits am Freitag aushändigen konnte – ich hatte es ein paar Tage vorher bestellt.

Bachmann und Frisch waren fünf Jahre zusammen, von 1958 bis 1962 sagt Wikipedia, ich bin jetzt im Jahr 1959, die beiden sind nach wenigen Monaten in einem Haus bei Zürich zusammengezogen, aber zu ihrem ersten Jahrestag schon temporär getrennt aus verschiedenen Gründen; es war eine doch ziemlich komplizierte Beziehung, aber wie könnte es bei den beiden wohl auch anders sein? Frisch wird ja manchmal auch für den frühen Tod von Bachmann (mit)verantwortlich gemacht, aber solche Zuschreibungen sind sehr heikel, kann überhaupt jemand schuld am Tod eines anderen Menschen sein, weil er sich von ihr (oder sie sich von ihm) getrennt hat? Es bleibt ja doch die Verantwortung jedes Einzelnen, was er daraus macht. Schwierig, aber natürlich auch interessant, faszinierend.

Ich habe sowohl ein Werk von Bachmann (Der Fall Franza) als auch Frisch (Stiller) in meiner Dissertation behandelt. Dass die beiden hervorragende Autoren sind, muss man nicht extra erwähnen.

Dass ihr über 600-seitiger verzweifelter Briefwechsel (plus 400 Seiten Anhang an bio- und bibliografischen Informationen) für mich genau das richtige ist gerade, wird ja niemand bestreiten. Harhar.

P.S. Es läuft derzeit auch eine Bachmann-Ausstellung im Literaturmuseum Wien, die ich mir sicher ansehen werde, aber erst werde ich den Briefwechsel fertiglesen.

Freie Tage

Schön ist das, so ein schulfreier Tag in der Woche. Es ist nebelig und nieselig und man muss nicht schon um 6.30 Uhr aufstehen. Man kann entspannt arbeiten, während des Kind noch schläft, sehr lange schläft, schließlich ist es ein Teenager. Teenager bleiben ewig auf, dann schlafen sie und dann wollen sie große Mengen essen und mittlerweile auch selbst kochen. Aber es ist auch nicht ganz wahr, dass Teenager nichts mehr mit ihren Müttern zu tun haben wollen.

In den Herbstferien bespielsweise, die ja auch noch nicht so lange her sind, waren das Kind und ich mit dessen Freundin (einer Freundin, nicht seiner Freundin, wie sie betont) und deren Mutter und Bruder im Made by You und haben Sachen bemalt. Auf Wunsch der Teenies, also das geht nicht nur im Volksschulalter. Es war sehr gemütlich. Lustig war, dass eine ältere Dame am Nebentisch, die offenbar noch niemals im Made by You gewesen ist, uns ausführlich gefragt hat, wie das Ganze funktionert, sie kenne sich ja nicht aus. Und dann hat sie quasi Breughels Bauernhochzeit auf eine Tasse gezeichnet. Und das ist wirklich nur leicht übertrieben. Sie konnte unglaublich schön zeichnen, während wir oder zumindest ich vor sich hin stumperten. Danach waren wir noch asiatisch Essen.

Dreckige Künstlerschürze im made by you

Für den nächsten Tag hatte die Freundin Schwimmen in Aqua Nova in Wiener Neustadt vorgeschlagen, weil da vielleicht weniger los sein würde als in der Therme Wien. Das war zutreffend, allerdings befindet sich das Aqua Nova nicht gerade unmittelbar neben Floridsdorf, die Anreise war also etwas länger. Dafür gab es dort eine riesige Rutsche. Es hätte auch einen Sprungturm gegeben, aber halt draußen. Und es gab ein Sportbecken, in dem sich ungefähr vier Personen befanden, dort konnte ich mit der Mutter der Freundin ein paar Längen ziehen. Also wir waren motiviert zu schwimmen, weil sonst war das Wasser doch etwas frisch. Aber generell hat das Aqua Nova noch nicht auf Energiespar-Notbetrieb umgestellt. Und recht günstig war der Eintritt auch (Disclaimer: not a sponsored post)

Fancy Rutsche im Aqua Nova

Den Tag darauf verbrachten Kind und Freundin damit, sechs Stunden quasi alle Thalias in Wien abzufahren, weil es war Manga Day. Und dazwischen mir zu schreiben, ob ich sagen könne, wohin der 11 a führe. Ich meinte dann, die Zeit, mich das via whatsapp zu fragen, wäre auch in einer Google Recherche gut investiert gewesen, aber ok.

Jedenfalls waren es schöne Tage.

Notebook-Liebe

Aus der Rubrik Dialoge mit dem Kind

Ich: Schau, du kannst dir aus meiner geheimen Schachtel voller Notizblöcke einen aussuchen.

Kind: Sehr geheim, die Schachtel steht mitten am Tisch. Aber ich brauch das nicht.

Ich: Dann werde ich das später deinen Kindern anbieten, wenn sie mich besuchen kommen.

Kind: Ich wette, wenn du stirbst, hast du immer noch mindestens zehn leere Notizblöcke

Harhar. Touché!

Frühstücken, weiter gehts

Ich habe mit L. und P. beschlossen, die Frühstückslokale in Wien weiter auf den Prüfstein zu stellen Harhar.

Mit P war ich im Adlerhof in der Burggasse. Von der U6 Station geht man doch recht weit hinunter, ist aber auch ein schöner Morgenspaziergang. Das Lokal ist sehr stilvoll hipsterig eingerichtet…

… und es gibt eine ganze Menge an tollen Frühstücksvariationen. Zuerst wollte ich ja was mit Champions und Speck nehmen, aber dann hab ich mich doch für Egg benedict (mit Lachs) entschieden und wurde nicht enttäuscht.

Sieht doch traumhaft aus, oder?

Einige Wochen später ging ich die Burggasse wieder hinunter und dann durch diesen Durchgang:

…und dann kommt man direkt bei der Siebensterngasse und beim Cafe 7stern heraus. Da hab ich mich dann mit L. getroffen, zum, wie kann es anders sein, Frühstücken. Allerdings gibt es dort Frühstück erst am 10 Uhr – da gerade Herbstferien waren, hat das aber gut gepasst. Ich habe das Open Omlette bestellt mit Brot, Ofentomaten, Pink Feta und Schinken/Käse.

Bisschen anderer Style, aber auch köstlich! Und danach kann man noch etwas auf der Mariahilferstraße bummeln bzw. die Anschluss-Ubahn erwischen.

Disclaimer: not a sponsored post (wie immer)

Neues Leben, 27

Ein halbes Jahr hab ich jetzt dieses neue Leben. Eigentlich ist schon ganz schön viel Zeit vergangen.

Nach den ersten Wochen, in denen ich im Schock war, und dem Sommer, den ich so semi-depressiv verbracht habe, obwohl ich generell wenig zur Depression neige (Hallo unmotiviertes Weinen in der S-Bahn) bin ich jetzt in so einer Art taubem Zustand. Ich kann auf die Frage, wie es mir geht, nichts vernünftiges antworten: nicht wirklich gut, nicht wirklich schlecht. Ich arbeite viel, ich schreibe, ich lese, gehe oft frühstücken und spazieren. Manchmal lache ich auch wieder wie früher. Aber trotzdem ist es nicht wie früher. Vielleicht wird es das auch nicht mehr. Das soll nicht larmoyant klingen, das Leben ist eben Veränderung und man bleibt nicht exakt der, der man mal war, wenn Dinge passieren und das ist auch in Ordnung so. Nur so entwickelt man sich weiter.

Während ich das schreibe, sitze ich gerade auf meinem Bett in Atzgersdorf mit nassen Haaren, das Frühstückstablett neben mir (neuerdings frühstücke ich hier so), habe eine dicke Kuschelweste an, rund um mich die Sonntagszeitungen und der Notizblock, in den ich gerade etwas zum Jelinek Film notiert habe, den ich gestern auf der Viennale gesehen habe. Ich trinke Orangensaft und dann werd ich auf den Friedhof gehen. Ich hab gestern aus dem Bus heraus einen Imbissstand gesehen, der so bizarr ausgesehen hat, vor einem Friedhofstor, den muss ich einfach fotografieren. Danach werd ich mein Review weiterschreiben usw.

Mir war noch nie langweilig, mein Leben ist ausgefüllt. Dennoch fehlt dieser kleine (nicht-physische) Raum, in dem wir alles sagen konnten, uns alles erzählen, der einfach nur uns gehört hat, der geborgen, dennoch aufregend und manchmal auch ein bisschen gefährlich war, in dem ich mich verstanden gefühlt habe, in dem ich von meinem Leben und mir sprechen konnte wie nirgends sonst und mich dabei an jemandem festhalten, ja den Raum gibt es nicht mehr. Und das ist – trotz allem – eben einfach traurig. Und das darf auch so sein.

Blutbuch

Der Autorin oder ähm, die Autorenperson Kim d’Horizont hat für sein Blutbuch den deutschen Buchpreis bekommen.

Nun prasselte eine Menge Meinung auf d’Horizont ein. Ich bin da sehr zwiegespalten. Einerseits bin ich nicht der größte Fan von “zeitgeistiger” Preisvergabe und v.a. von der umsichgreifenden “Wokeness” Bewegung, wobei mir schon klar ist, dass es natürlich Themen gibt, die den Diskurs bestimmen und es auch durchaus wichtig ist, sich damit zu beschäftigen. Aber nur weil jetzt Thema xy en vogue ist, bedeutet das ja nicht, dass Buch xy, das sich mit diesem Thema beschäftigt, auch gut sein muss. Da kommen wir dann direkt zum zweiten Punkt: Es heißt aber auch nicht automatisch, dass das Buch deshalb schlecht sein muss oder zu Unrecht ausgezeichnet wurde.

Ich muss da immer an Thomas Bernhard und Heldenplatz denken. Das Theaterstück war schon ein Skandal, bevor es überhaupt aufgeführt wurde, der Skandal hat komplett ohne Gesam(kon)text funktioniert, weil viele Menschen manche Textpassagen wie “Österreich besteht aus acht Millionen Debilen” usw. als Nestbeschmutzung auffassten, so als hätten sie noch niemals etwas von Rollenprosa gehört; also den Text als Meinung des Autors auffassen, anstatt als Aussage einer literarischen Figur IM Text. Wohl kaum jemand würde einem Krimiautor vorwerfen, in Wahrheit ein Mörder zu sein, nur weil seine Figur in einem Werk Menschen umbringt, warum also diese Vermengung in anderen Genres.

Und so ähnlich ist es jetzt bei d’Horizont. Anscheinend steckt sich sein Protagonist*In gewisse Dinge in gewisse Körperöffnungen und das finden alle ganz schlimm und literarisch wertlos. Aber die Tatsache alleine sagt noch nichts über die Qualität des Textes aus. Das Buch Hautfreundin. Eine sexuelle Biografie war eines der besten Bücher, die in den letzten Jahren gelesen habe und das Hauptthema ist da auch Sex. Das bedeutet nicht, dass das Buch plump oder derb oder geschmacklos whatever ist – im Gegenteil. Es ist sehr poetisch.

Ich als Germanistin fühle mich dazu berufen (harhar) zu sagen: In Wahrheit sollte jeder Blutbuch lesen, bevor er eine Meinung zum Buch abgibt. Man sollte seine Kritik am Text festmachen, und nicht an der “Begleitmusik”. Wobei ich zugeben muss, dass ich den Auftritt von d’Horizont auf der Preisverleihung jetzt auch nicht als besonders gelungen empfunden habe, insbesondere das Rasieren seines Kopfes fand ich auf mehreren Ebenen problematisch. Aber auch hier muss man sagen: Das muss ja nicht gegen Blutbuch sprechen, wenn sich sein Autor*in etwas sonderbar benimmt.

Die Viennale

Im Oktober bricht in Wien wieder die Zeit an, in der sich die unaussprechlichen und mysteriös anmutenden Filmtitel in den Kinobeilagen mehren. Der Falter bringt zu diesem Anlass immer ein Sonderheft heraus, in dem eben diese Werke so beschrieben werden, dass man als Normalsterblicher keine Ahnung hat, worum es in diesen Filmen tatsächlich geht. Ich weiß, das soll artsy sein, aber ein bisschen weniger Kunst und etwas mehr Informationsgehalt wäre auch leiwand. Jedenfalls hab ich mich trotzdem durchgequält, weil ich dieses Jahr drei Filme für Uncut schauen werde, und ich durfte Wunschfilme nennen.

Das wären:

Les Amandiers

The United States of America

Jelinek – die Sprache von der Leine lassen.

Im Künstlerhaus hab ich mich gestern mit dem Uncut-Chef auf einen Kaffee getroffen, was sehr nett war, weil wir uns schon lange nicht gesehen hatten. Danach ging es in Film Nr. 1:

Er hat mir sehr gut gefallen. Das Review gibts dann bald auf Uncut zu lesen. Bis dahin kann man sich schon mal die bereits online gegangenen Kritiken durchlesen.

Stay tuned!