almis personal blog

Megalopolis, zwei

Mögliche Spoiler können folgen

Nun könnte man ja sagen ok, muss man in einem Film alles verstehen? Sind Leerstellen nicht auch manchmal spannend und inspirierend? Ich habe 2007 den Film Inland Empire von David Lynch gesehen – das ist der, in dem Menschen mit Hasenköpfen bügeln – und ich würde meinen, dass ich diesen Film über weite Strecken überhaupt nicht verstanden habe. Trotzdem hat er mich fasziniert. Das Problem bei Coppola ist hier ja auch nicht, dass sein Werk so avandgartistisch-subtil ist, dass man die Szenen deshalb nicht nachvollziehen kann, im Gegenteil: Großteils ist alles sogar sehr, wie man so schön sagt “on the nose”.

Beispiel Requisiten. Wir sind in New Rome. Also graben wir alles aus, was irgendwie “römisch” ist. Sandalen mit Riemen, die sich um den Unterschenkel schlängeln. Weintrauben, die man natürlich im Liegen isst. Überhaupt überall Obst. Die Frisur von Adam Driver. Die Namen, die man quasi im Liber Latinus nachgeschlagen hat. Togen, eine Kolloseum-artige Arena, Gladiatorenkämpfe. Shia Labeouf in Drag und so weiter. Beispiel Symbolismus. Man sieht vor dem Gerichtsgebäude eine Statue der Justizia, die eine Waage in der Hand hält, klar, sie ist dafür da, gerechte Urteile zu sprechen. Aber als Cesar mit seinem Wagen vorbeifährt, da bricht sie völlig verzweifelt in sich zusammen (CGI sei Dank). Was soll uns das natürlich sagen: in New Rome gibt es offenbar keine funktionierende Jusitz mehr.

Auch die Figurenzeichnung ist fragwürdig. Julia wird als oberflächliche Partygeherin eingeführt. Ist ja nichts dagegen zu sagen, aber später im Film, bei einem Essen mit ihren Eltern und Cesar, zitiert Julia dann längere Sentenzen von Mark Aurel flüssig und fehlerfrei (das war übrigens der Punkt, wo das Publikum zum ersten Mal gelacht hat). Vielleicht geht das zusammen: Vorliebe für das leichte Leben und gleichzeitig aber auch Schriften von alten Kaisern lesen und deklamieren. Aber wirklich stimmig wirkt es halt so übergangslos auch nicht.

Und letztendlich: Ich glaube, ich weiß, was Coppola sagen will, aber ich bin nicht sicher, ob er das wirklich auch sagt. Weil was bleibt zurück, vom genialen Cesar und seiner Utopie für die Zukunft? Eine Art 15 Minuten Stadt, die man per Laufband erschließt. Und dafür das ganze Drama?

Ich freue mich, dass Coppola diesen Film drehen konnte, obwohl der Narrativ: er hatte nur seinen Traum auch verkürzt ist. Seinen Traum und halt 120 Millionen Dollar, harhar. Ich bereue keineswegs, diesen Film gesehen zu haben. Aber mich hat Megalopolis leider überhaupt nicht erreicht.

Megalopolis, eins

Na gut, ich versuch es mal.

Worum geht es in Megalopolis? Die Stadt New Rome ist in der Krise. Der Architekt und Visionär Cesar Catilina (Adam Driver) will mit seinem neuem Werkstoff Megalon und viel Enthusiasmus die Stadt verändern, während der Bürgermeister Cicero (Giancarlo Esposito) an der alten Ordnung, die von Korruption und Gier geprägt ist, festhalten will. Als Catilina Ciceros Tochter Julia (Nathalie Emmanuel) kennenlernt und sich in sie verliebt, werden die Dinge noch komplizierter…

Mögliche Spoiler

Nun könnte man sich ja denken, ok, das Motiv jung gegen alt, modern gegen verstaubt, gut gegen böse, wenn man so will, ist ja nicht unbedingt neu. Trotzdem klingt die Konstellation in Verbindung mit einer Zukunftsvision für eine Stadt und deren Bürger ja nicht uninteressant. Das Problem ist nur: Diese Plotprämisse wird von so viel Nebenhandlung und anstrengendem Surrealismus überlagert, dass sie über weite Strecken komplett in den Hintergrund tritt.

Coppola hat sehr viele Ideen. Eine Idee ist zum Beispiel, seinen Protagonisten mit der Fähigkeit auszustatten, die Zeit anzuhalten. Dieses Motiv habe ich zuletzt in Worst Person in the World gesehen, als die Protagonistin zu einem Date aufbricht und alles Leben rund um sie herum stoppt, sie läuft quasi durch eine komplett unbewegte Welt. Das war eine wirklich tolle Szene, weil es dieses Gefühl, das man vielleicht selbst kennt, absolut auf den Punkt bringt. Man ist verliebt und es zählt gerade sonst nichts anderes auf der Welt als gleich die andere Person zu sehen. Was auch immer rund um einen geschieht, es ist egal. Was macht aber Coppola daraus? Nun, also Cesar hält ab und zu die Zeit an und das wars. Wie als würde er einen Zaubertrick üben. Diese Fähigkeit hat absolut keine Konsequenz für ihn persönlich oder seine Ziele.

Und so ist es mit vielen Einfällen von Coppola. Der revolutionäre Werkstoff Megalon ist einmal enorm wichtig und im Zentrum der Geschichte, dann hören wir wieder eine Stunde lang nichts mehr davon. Was kann man damit erreichen, welche Innovationen sind möglich, was macht ihn so bahnbrechend? Coppola erzählt es uns nicht. Ähnliches gilt für die private Historie von Cesar. Er war schon einmal verheiratet, seine Frau ist unter mysteriösen Umständen gestorben, irgendwie hat das vielleicht auch mit Cicero zu tun, aber was steckt wirklich dahinter? Was bedeutet dieser Tod für Cesar? Wie hängt alles mit Julia zusammen? Wir erfahren es nicht.

Es kann natürlich sein, dass Coppola, der den Film ja schon seit 40 Jahren machen will, mit der Zeit immer mehr neue Ideen gesammelt hat, die er alle irgendwie unterbringen wollte, und wo er aber keine davon wirklich ausgearbeitet hat. Dieser Befund hilft einem als Zuseher aber auch nicht wirklich weiter.

to be continued

Megalopolis Premiere

Gestern war ich auf der Megalopolis Premiere im Gartenbaukino.

Megalopolis, das ist der neue Film von Francis Ford Coppola, ein Regisseur, bekannt für Werke wie Der Pate 1-3, The Conversation und Apokalpyse Now. Ein Mann auch, der 85 Jahre alt ist, und der diesen Film so sehr drehen wollte, der dafür einen (hoffentlich nicht seinen einzigen) Weinberg verkauft hat. Megalopolis ist auch der Film, den Coppola seiner Frau widmet, die die Premiere in Cannes nicht mehr erlebt hat, sie ist kurz davor gestorben. Der Film ist also so aufgeladen mit Backstory, das man ihn kaum davon isoliert rezipieren kann.

Die Kritiken aus Cannes waren dann, um es vorsichtig zu sagen, polarisierend. Die einen feierten ihn als innovatives Meisterwerk, die anderen bezeichneten ihn als komplettes Disaster. Das Vulture Magazin hat es auf folgenden Punkt gebracht: “Megalopolis Is a Work of Absolute Madness”. Die Reviews in der Filmapp letterboxd sind ganz ähnlich, entweder hat der Film einen oder fünf Sterne, sehr wenig dazwischen. Viele schreiben sogar, sie könnten dem Film im Prinzip jede Wertung geben und alles wäre irgendwie gerechtfertigt.

Nun ja, gestern im Gartenbau war der Andrang nicht allzu massiv. Der zugegeben sehr große Saal war nicht einmal zur Hälfte gefüllt. Das Publikum vornehmlich, würde ich sagen, Arthouse-Freunde, also Menschen, die Erfahrung mit verstörenden Filmen haben. Und dann sitzt man drinnen und Megalopolis beginnt und lange ist alles ganz still, weil es ist Coppola und überhaupt und dann gibt es, so ungefähr in der Mitte, eine dramatische Szene und jemand im Saal fängt an zu lachen und endlich trauen sich dann auch die anderen lachen und naja. Es war eben keine lustige Szene. Ich glaube, das erklärt ganz gut die allumfassende Ratlosigkeit, mit der man letztendlich diesem Film gegenübersteht. Das gilt auch für mich. Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll.

Ich möchte gerne ein Review schreiben, aber ich weiß noch nicht wie. Für heute möchte ich die Kritik von “Josh” auf letterboxd zitieren, die im Moment meine Ansicht dazu am besten repräsentiert:

Favoriten

Am Dienstag war ich mit L. im Cinecenter und wir haben uns Favoriten angeschaut. Eigentlich wollten wir ins Votivkino, doch das war ausreserviert und auch unser Saal im Cine war letztendlich ausverkauft. Ich habe das Cine Kino noch nie so voll gesehen, wie an diesem Abend.

Favoriten ist die neue Dokumentation von Ruth Beckermann. Sie portraitiert darin eine Volksschulklasse in der Quellenstraße im 10. Bezirk. Über drei Jahre hat Beckermann Klasse begleitet, von 2020 bis 2023. Das war zwar teilweise in der Coronazeit, aber von Corona merkt man in dieser Doku glücklicherweise recht wenig, außer, dass immer irgendwo Masken herumkugeln.

Ich bin bei solchen “Sozialdokus” immer etwas skeptisch. Ich muss da an die Alltagsgeschichten von Elisabeth T. Spira denken, ihre Art der Befragung und des “Framings”. Für mich hat das oft etwas paternalistisches. Spira hat auch selbst einmal gesagt, sie muss quasi die Kronen Zeitung lesen, um sich auf das Niveau ihrer Darsteller zu begeben und das fand ich eine hm, schwierige Aussage. Bei den Alltagsgeschichten hatte ich auch immer ein Gefühl der Übersättigung. Wenn man selbst in Favoriten aufgewachsen ist, hat man eher die Sehnsucht nach Geschichten, die man nicht kennt, also vom Leben in Döbling zum Beispiel, harhar.

Ich muss allerdings sagen, Favoriten hat mich beeindruckt. Zunächst ist der Film extrem lustig. Man lacht eigentlich von der ersten Minute mit den Kindern, nicht über die Kinder, weil einfach so witzige und herzerwärmende Szenen entstehen. Alle paar Minuten sagten L. und ich: “Oh” und “Moiii”. Es war einfach süß und lieb. Denn, und das rechne ich Beckermann hoch an, sie mischt sich in ihre eigene Doku auch nicht ein. Es werden den Kindern keine Fragen gestellt, es werden keine Themen “abgearbeitet”, es ist wirklich fast durchgehend ein Portrait ohne irgendeinen Kommentar und darüber bin ich sehr froh.

Natürlich kann man zurecht sagen, sobald ich etwas beobachte, verändere ich die Dynamik. Das wird natürlich auch hier in gewisser Weise der Fall sein, allerdings denke ich, dass diese Gefahr bei Kindern weniger gegeben ist, weil sie wahrscheinlich die Kamera bald einmal vergessen, so wirkt es zumindest. So sehen wir die Kinder tanzen, wir sehen sie Rechenkönig spielen, Schularbeiten schreiben und auch weinen, wenn die Noten nicht wie erwartet ausfallen. Wir sehen einen Besuch der Moschee und einen im Stephansdom, wir sehen Konflikte, die die Lehrerin sehr feinfühlig moderiert, Referate, Gespräche über Streit und Krieg und über die eigene familiäre Situation. Wir sehen einen Elternsprechtag.

Natürlich sehen wir auch die Probleme, die es gibt. Oder sagen wir so, diese Klasse bräuchte eher fünf oder sechs Pädagoginnen und Pädagogen. Die Kinder bräuchten sehr viel (mehr) Förderung und Unterstützung, die meisten sind nämlich sehr interessiert und engagiert, aber es gibt Handicaps, sowie die kulturelllen Reibepunkte. Der Film bietet keine Lösung an, das wäre auch illusorisch. Aber er entlässt einem trotzdem mit einem positiven Gefühl und auch so etwas wie einer indifferenten Hoffnung und damit hatte ich ehrlicherweise gar nicht gerechnet.

Veni Vidi Vici

Jetzt noch ein bisschen etwas zum Film Veni Vidi Vici.

In diesem Film geht es um die superreiche Familie Maynard. Viktoria, Amon und ihre drei – teils adoptierte und deshalb äh kulturell-diverse – Kinder, die auf einem Anwesen man muss schon sagen residieren – inklusive Infinity Pool im Wohnzimmer (!). Um seinen Reichtum noch weiter zu vermehren, geht Amon Bündnisse mit der Politik ein und in seiner Freizeit geht er zur Jagd. Doch er jagt keine Tiere…

Ich weiß bei dem Film eigentlich gar nicht, wo ich anfangen soll. Zunächst einmal: Er sieht nicht aus wie ein österreichischer Film und das ist positiv gemeint, er hat intensive Bilder und vermittelt interessante Stimmungen, eine Szene ziemlich am Ende hat mich sehr überrascht und den Film noch ein wenig gerettet. Auch die Schauspieler spielen gut. Aber ansonsten ist es ziemlich zum Haare raufen, was sich Regisseur und Drehbuchautor Daniel Hoesl hier einfallen hat lassen. Nach eigener Aussage beschäftigt er sich in einer gewissen Bessensheit mit reichen Menschen und das ist ja ok. Jeder hat irgendwelche Lebensthemen, an denen er sich abarbeitet. Aber wenn ich mich schon so eingehend mit einem Themenkreis auseinandersetze, wieso füge ich dem Narrativ nichts neues hinzu? Wieso bin ich maximal in die zweite Schicht unter der Oberfläche vorgedrungen?

Einen Erkenntnisgewinn gibt es bei Veni Vidi Vici nämlich nicht. Dass “böse” reiche Menschen zwar äußerlich nett auftreten und es aber fausdick hinter den Ohren haben, dass sie sich alles erlauben können, dass Reichtum oft mit Politik und Korruption verbunden ist, ja eh. Dass sie oft “davonkommen”, siehe das Ayn Rand Zitat, auch. Aber was weiter? Hoesl hat in einem Interview gesagt, er will die Menschen aufrütteln, dass sie sich wehren, so wie Michelle Obama in einer Rede gesagt hatte: “Do something!”. Ok, also wenn ein progressiver Regisseur eine Person, die die absoluten Elite der USA Gesellschaft repräsentiert zitiert, die mit einem ehemaligen US-Präsidenten verheiratet ist, und die ihrem Volk ausrichtet, dass es doch bitte irgendwas machen soll gegen Missstände in der Gesellschaft, dann weiß ich nicht, soll ich lachen oder weinen? Oder war das satirisch gemeint?

Wobei wir beim nächsten Problem sind. Satire. Sie hält einen auf Distanz, eigentlich zwangsläufig. Aber sie sollte zumindest irgendwie funktionieren. Die Figuren können sich schon komplett over the top verhalten, trotzdem sollte es in sich stimmig sein. Und das ist es in diesem Film, meines Erachtens, nicht. So komme ich den Protagonisten nicht nur nicht nahe, ich kann viele und gerade die folgenschwersten ihrer Handlungen nicht nachvollziehen. Und das nimmt dem Film irgendwie dann auch wieder die Schärfe, wenn ich mir denke, das ist eh alles mehr oder weniger Fantasy-Satire.

Außerdem ist Veni Vidi Vici voll von Zitaten und Anspielungen auf andere Filme. Die drei Kapitelstruktur Veni-Vidi-Vici erinnert stark an Triangle of Sadness, ein Film, der auch nicht gerade subtil war, aber dann doch etwas mehr um die Ecke gedacht hat. Ich habe hier auch etwas von A Clockwork Orange gesehen, von American Psycho, Parasite und Joker und der ORF Serie Tohuwabohu (nach eigener Aussage eine Lieblingsserie von Hoesl). Ehrlich gesagt musste ich auch an die Batman Verfilmungen von Christopher Nolan denken – der Butler heißt dort interessanterweise auch Alfred. Ich finde Zitate schon ganz reizvoll, wenn sie dosiert eingesetzt werden, aber wenn der Film überhaupt keinen eigenen Ton findet, dann sind sie eher kontraproduktiv.

Ich bin also mit sehr gemischten Gefühlen aus dem Kino gegangen, aber nachgedacht habe ich doch darüber. Das ist ja auch was.

EPU

Wenn man selbstständig ist, antwortet man auf die Frage: Haben Sie gerade Kapazitäten frei? Eigentlich immer mit: Aber selbstverständlich. Deshalb arbeite ich jetzt gerade quasi an drei Projekten gleichzeitig.

Schön war, dass sich ein Auftraggeber, bei dem ich mich vor 20 Jahren mal beworben habe und seitdem sporadisch immer wieder Projekte bekomme, vorige Woche wieder angerufen hat. Eine Dame dort hat mich in der Datenbank gefunden. Wir haben dann gesprochen und sie hat sich anschließend per Mail dann für das “sehr nette Telefonat” bedankt und da dachte ich mir, dabei ist gerade Telefonieren wirklich nicht meine Kernkompetenz.

Naja und deshalb schreibe ich jetzt über Kräuter und Gewürze, über Erbstreitigkeiten und über österreichische Autorinnen, was mich natürlich besonders interessiert. Oft bin ich komischerweise viel mehr im Flow, wenn ich ein bisschen zu viel zu tun habe.

Also Fazit: Ja, ich habe gerade Kapazitäten frei! Harhar.

A Few Good Men

Nachdem wir Demi Moore ja bald in ihrem neuen Film The Sustance sehen werden, habe ich mir einen sehr frühen Film von ihr angeschaut, den ich noch nicht kannte, nämlich A Few Good Men aus dem Jahr 1992. Ein Film, in dem Moore an der Seite von Tom Cruise und Jack Nicholson spielt, selbst kleinere Rollen sind mit Kalibern wie Kiefer Sutherland und Kevin Bacon besetzt.

Nach den ersten paar Szenen dachte ich mir, hier wird so viel und so schnell geredet, das ist als wäre es ein Drehbuch von Aaron Sorkin. Als ich nachschaue, komme ich drauf, dass es ein Drehbuch von Sorkin ist, huch. Es war quasi sein Durchbruch in Hollywood, davor war er Theaterautor.

Kleinere Spoiler möglich!

Worum geht es also. Zwei US Marines sollen den Tod eines Kollegen verursacht haben und werden daraufhin angeklagt. Das Militär will vertuschen, dass die Tat möglicherweise als Code Red von deren Vorgesetzten Jossep (Jack Nicholson) angeordnet wurde. “Code Red” bedeutet, dass eine interne Strafmaßnahme gesetzt wurde, was offiziell natürlich nicht erlaubt ist, schon gar nicht, wenn er zu einem Todesfall führt. JoAnne Galloway (Moore) will der Sache auf den Grund gehen, der ehrgeizigen und hartnäckigen Militäranwältin wird aber der Frischling Daniel Kaffee (Cruise) vor die Nase gesetzt; nicht, weil er ein Mann ist, sondern anscheinend in der Hoffnung, dass er mit seiner mangelnder Erfahrung und der offen zur Schau gestellten blasierten Laizzez-Faire Attitüde den Fall in den Sand setzen wird…

Erstaunlich an einem Film der 1990er, der Blütezeit der RomCom, in dem praktisch nur Männer mitspielen, aber jemand wie Demi Moore gecastet wurde, ist, dass es hier keine Liebesgeschichte gibt. Tatsächlich war so etwas in der Art geplant, wurde aber von Sorkin mit einer durchaus feministischen Argumentationslinie abgeschmettert. Jemand vom Produktionsteam fragte ihn, warum Moore dann überhaupt besetzt worden sei, worauf Sorkin sagte: “Women have purposes other than to sleep with Tom Cruise.” Natürlich hätte eine Liebesgeschichte in einem so dialoglastigen Courtroom Drama, wo über die Ethik in der Insitution des Militärs geradezu philosophisch reflektiert wird, absolut nicht gepasst, aber das ist ja für Hollywood sonst auch kein Grund harhar.

Tom Cruise ist hier in einer für ihn “typischen” Rolle zu sehen, mit dem Spleen seiner Figur, praktisch immer zu essen, sobald er eine Schauplatz betritt, was wohl seine Wurschtigkeit gegenüber seinen Aufgaben unterstreichen soll. Später läuft er aber zu großer Form auf, inklusive kleiner Sinnkrise. Was mir noch aufgfallen ist: Wenn man Jack Nicholson im Gerichtssaal erlebt, denkt man zwangsläufig: Vor Cruise, so cool er auch ist und auch wenn er in diesem Film einen kleinen Tobsuchtsanfall hat, wird sich nie jemand ernsthaft fürchten. Nicholson braucht nur schauen, und schon hat man Angst vor ihm. Das ist schon irgendwie faszinierend.

A Few Good Men ist jedenfalls intelligentes Unterhaltungskino und dabei sehr spannend.

Der Raum

Manchmal muss nur eine Kleinigkeit passieren, man bekommt eine Nachricht und schon fühlt man sich zurück versetzt, an einen Samstagabend.

In ein kleines Zimmer, in diesen heimeligen, physisch und zugleich nicht-physischen Raum, wo wir uns alles erzählt haben, der geborgen und gleichzeitig aufregend war, wo ich auf eine gewisse Art ganz zuhause war. In dem ich von mir und meinem Leben sprechen konnte, mich verstanden gefühlt und wo ich so gerne zugehört, ganz neue Eindrücke bekommen habe. Das waren die besten Gespräche, die da im Dunkeln geführt wurden und die meiste Nähe, die man erleben konnte und das waren Stunden, die ich nicht vergessen werde.

Gerade an so einem kalt-grauen Tag immer wieder so schön, daran zu denken.

Der Kinoherbst

Apropos Bücherherbst, im fm4 Filmpodcast wurden die kommenden Filme der nächsten Monate besprochen und es wurde aber auch festgestellt, dass es dieses Jahr keinen eindeutigen Frontrunner für die Oscars gibt. Letztes Jahr war ja Oppenheimer quasi schon der universelle Gewinner. Aber so gut ich Oppenheimer auch fand, es ist auch mal spannend, wenn alles etwas unklarer ist.

Pia Reiser meinte dann, weil das Oscarrennen noch so offen ist, könnte es sein, dass sogar der Film Conclave von Edward Berger mitmischen könnte. Ein Film über eine Papstwahl, laut Reiser “ungefähr das uninteressanteste, was es überhaupt gibt”, weil nur Kardinäle, fast keine Frauen, Schauplatz Vatikan. Die Hauptrolle spielt hier Ralph Fiennes und Pia Reiser weiter: “Der schöne Ralph Fiennes. Eine Verschwendung von diesem wunderschönen Mann, in einem ur schiachen Kardinalkutten-Dings.” Harhar.

Einige Filme, die mich interessieren, habe ich eh schon anlässlich Venedig erwähnt. Aber es kommt noch so viel mehr. Unter anderem wird die Besessenheit von Essen nun durch die Besessenheit von Architektur abgelöst. Nicht nur in The Brutalist ein Thema, sondern auch in Megalopolis von Francis Ford Coppola, der sehr polarisierende Kritiken hatte, was ja auch interessant ist. The Substance ist der Comeback-Film von Demi Moore, der zwar horrorlastig ist, aber generell auch sehr innovativ sein soll. Anora, der Film von Sean Baker über eine Sexarbeiterin hat dieses Jahr die goldene Palme erhalten. Emilia Perez ist ein Musical über einen mexikanischen transsexuellen Drogenbaron (sic!!). Und auch The Outrun, mit der tollen Saoirse Ronan als trockene Alkohlikerin werde ich mir ansehen.

Natürlich muss man auch Gladiator 2 erwähnen. Nur: Ich mochte Gladiator nicht, ich bin auch kein großer Ridley Scott Fan und Denzel Washington spricht in diesem Film angeblich einen auffälligen New Yorker Akzent. Das erinnert mich daran, wie über Mel Gibsons The Passion of the Christ vor 20 Jahren im Stadtmagazin City geschrieben wurde: “Alle sprechen Latein, eine tote Sprache, die leider von lebenden Akzenten entstellt wird.” Das war so super formuliert, dass ich es mir bis heute gemerkt habe.