almis personal blog

Noch was zu Anderson

Es ist sehr interessant, wenn man selbst eine Kritik schreibt (über Asteroid City, siehe letzter Blogeintrag), die kurz vor dem offiziellen Kinostart erscheint und dann nach und nach lauter andere Reviews lesen darf (von Menschen, die mutmaßlich eh auch in der gleichen Vorstellung waren).

Um es uns allen aber beim nächsten Wes Anderson Werk schwerer zu machen, würde ich vorschlagen, folgende Begriffe dabei dann nicht verwenden zu dürfen:

  • Meta
  • Nerd
  • Symmetrie
  • Hipster
  • Subtext
  • Schrullig

Ich mein, ich hab da selber dann eh auch ein Problem. Harhar.

Interessant fand ich aber, dass nur Michael Omasta vom Falter es – so wie ich -geschafft hat The Royal Tenenbaums in seiner Kritik zu erwähnen und zwar wirklich ziemlich ähnlich wie ich (und wir haben nicht gegenseitig abgeschrieben), nämlich folgendermaßen:

Fans von Andersons überragendem Frühwerk “The Royal Tenenbaums” (2001) werden sich dieses Motivs [des Witwers, Anm.] erinnern. Auch dort gab es schon so einen sad dad, nur dass Ben Stillers Figur – und seine zwei Söhne – durch den Verlust sichtlich traumatisiert waren. Im aktuellen Film reicht es fast nur noch für den Gag vom traurigen Loser und dem dominanten Schwiegervater.

Falter Nr. 24/23 – Michael Omasta “Ein Herz für Nerds”, Seite 31

Wahrscheinlich liebt er den Film auch so wie ich und kann daher nicht über Anderson schreiben, ohne dieses Werk zu erwähnen.

Ohne Titel

Am Gründonnerstag ist das Kind für einige Tage auf Urlaub gefahren. Ich wiederum auf die Nationalblibliothek. Ich hatte vor, ein paar Tage zu schreiben. Auf dem Heimweg habe ich den Stephansdom in sehr schönem Licht gesehen und ein Foto gemacht. Ich wusste nicht, dass es der letzte Abend im Leben meines Papas sein würde. In der Nacht kam die SMS.

Das Ganze war nicht überraschend. Mein Papa war seit über 20 Jahren manchmal mehr manchmal weniger krebskrank. In den letzten Jahren war es ein ständiges Auf und Ab. Er hat mit Mitte 70 noch eine neue Therapie bekommen, die man normalerweise nur bis 65 Jahre bekommt, aufgrund seines guten körperlichen Zustands. Das hat ihm imponiert und motiviert. Sein Kampfgeist und Lebenswille ist etwas, wofür ich ihn wirklich bewundere. Kurz bevor er gestorben ist, gehörte er zu ca. fünf Prozent, die in diesem Stadium der Therapie noch am Leben waren. Er wurde 81 Jahre alt.

Stephansdom, 6. April 2023

Ich weiß, dass sich viele Menschen erwarten, dass man als Tochter sehr betroffen über den Tod des eigenen Vaters ist. Ich habe auch dementsprechende Nachrichten bekommen und das war schwierig für mich. Natürlich bin ich traurig. Aber weniger über den Tod an sich, mit dem man rechnen muss, wenn die eigenen Eltern ein gewisses Alter haben und schwerkrank sind. Trauriger bin ich über die Beziehung, die ich zu meinem Vater hatte, gerade in den letzten Jahren. Denn: Es war eben keine Beziehung mehr.

Er hat sich Schritt für Schritt aus meinem Leben zurückgezogen. Warum, das weiß ich nicht. Als das Kind noch klein war, habe ich ihn oft zum Kaffee eingeladen oder vorgeschlagen, dass wir spazieren gehen können. Er hat immer abgelehnt. Wenn wir uns sahen, dann immer kurz und im Türrahmen. Später nur noch zu Weihnachten. Seit Corona gar nicht mehr. Zu meinem Kind, seinem Enkel, gab es keine nennenswerte Verbindung. Das hat mich betroffen gemacht. Ich hätte es mir anders gewünscht. Aber ich konnte es nicht ändern. Es gab keinen Streit, er konnte mir nie den Grund für sein Verhalten nennen – obwohl ich mehrfach gefragt habe.

Das ist etwas, was mir in meinem Leben öfter begegnet ist. Dinge sind passiert, die ich mir nicht erklären konnte und die auch mir niemand erklärt hat. Sehr schmerzhafte Dinge. Im letzten Jahr habe ich viel nachgedacht. Ich kann immer noch nicht behaupten, dass ich alles verstehe, was in meinem Leben so vor sich gegangen ist, aber ich verstehe immerhin, dass ich manche Dingen einfach akzeptieren muss. Immerhin bin ich soweit, dass ich mir nicht mehr selbst für alles die Schuld gebe. Man kann niemanden zwingen, Teil des eigenen Lebens zu sein, wenn dieser das nicht möchte.

Als das Kind wieder zuhause war, haben wir uns eine Pizza bestellt. Ich esse ziemlich selten Pizza, ich bin eher Team Pasta. Jedenfalls essen wir so zusammen und ich sage zum Kind: “Wer Pizza isst, der isst auch kleine Kinder.” Das hat mein Papa immer gesagt. Er hatte sehr viele skurille Sprüche für jede Lebenslage. Und so werde ich mich erinnern, an einen Menschen mit interessanten Aussagen, der mir ansonsten aber rätselhaft geblieben ist.

Akademikerkinder und andere

Es wird wieder mal eine Sau durchs Twitterdorf getrieben – und diese heißt: Ist es für Arbeiterkinder schwieriger zu studieren als für Kinder aus Akademikerkreisen? Wird ihnen gar das Studieren selbst aufgrund ihrer Herkunft erschwert?

Diese kühne These hat zumindest Barbara Blaha, ihres Zeichens Mitbegründerin des Monumentum Instituts – ein sogenannter Think Tank – aufgestellt, in einem Artikel erläutert sie jetzt, wie sie erstens mal kaum ins Gymnasium gekommen ist (man muss als Arbeiterkind schon super sein, um eine Empfehlung dafür zu bekommen, laut ihr), und zweitens, wie schlimm es nicht auf der Uni war, wie sie verwirrt war und sich nicht zurecht gefunden hat, sich immer falsch gefühlt hat, die Sprache nicht beherrscht hat, eben wegen ihrer nicht-akademischen Herkunft.

Also entweder ich bin mit einem wirklich enormen Selbstbewusstsein ausgestattet, was ich eher nicht glaube, oder ich habe zu Zeiten meines Studiums (ab 1995) in einer Traumwelt gelebt (was schon eher möglich ist). Denn ich komme aus keinem Akademikerhaushalt und war in der Schule nicht gut. Ich hatte bereits in der Volksschule Probleme mit Mathematik – eine beliebte Anekdode ist, dass ich gerechnet habe 1 Maroni kostet 4 Schilling, also kosten 5 Maroni 80 Groschen. Auf die Frage meines Vaters, ob mir nicht klar ist, dass 5 Maroni mehr kosten müssen als eine, war ich nicht vorbereitet. Was hatte das mit meiner Rechnung zu tun, bei der ich keinerlei Praxisbezug verortete? Also so ungefähr, als Illustration. Ich hab es aber ohne Aufnahmeprüfung ins Gymnasium geschafft, wo mein Leidensweg in Mathematik weiterging. Bis dann in der 7. Klasse vorläufig Endstation war. Ich musste die Klasse wiederholen, war auch beim Wiederholen schlecht und hatte wirklich Sorge, dass ich niemals eine Uni von innen sehen würde, niemals das studieren würde können, was mir alles bedeutet hat, nämlich Germanistik – insbesondere Literaturwissenschaft. Nur diesem Wunsch ist es zu verdanken – und vieler, vieler Stunden Erklärarbeit von lieben Menschen, bezahlt und unbezahlt – dass ich es trotzdem bis zur Matura geschafft habe und da sogar einen 3er in Mathematik bekommen habe. Um einen Punkt am 2er vorbei. Das war mein größter Erfolg der gesamten Schulzeit

Alles, was danach kam, war Peanuts für mich. Ja, ich fand mich auf der Uni auch nicht zurecht, der Studienführer war mir ein Rätsel, ich hatte keine Ahnung, wie ich (m)einen Stundenplan erstellen sollte, meine erste Uniarbeitsaufgabe verstand ich nicht etc. Aber niemals hab ich gedacht, dass ich da nicht hingehöre. Im Gegenteil, ich war vollends überzeugt davon, dass ich genau da war, wo ich sein sollte. Endlich konnte ich all das lernen, was mich am meisten interessierte! Und alles war zwar neu und verwirrend, aber auch aufregend. Ich erkannte da keinen Unterschied zu Menschen, die aus Akademikerfamilien stammten. Die waren genauso planlos und überfordert zu Beginn. Manche brachen ihr Studium ab – sowohl diese als auch jene. Und letztendlich fragt dich kein Professor jemals, ob deine Eltern studiert haben oder nicht, du musst zeigen was du kannst. So ist zumindest meine Erfahrung. Aber Barbara Blaha beschreibt ja auch nur ihre eigene und setzt sie ein bisschen (zu) absolut.

Was aber vermutlich schon eine Rolle gespielt hat und das sage ich trotz meiner nicht unproblematischen Familiensituation – meine Eltern haben mir die Aneignung von Wissen immer als etwas erstrebenswertes vermittelt und sie haben mich völlig frei entscheiden lassen, was ich nach der Matura machen will. Dass es ein quasi Orchideenfach ist, war nie ein Thema. Und dafür bin ich dankbar.

Volle Kanne Leben

Buntraum alias Nadine Hilmar, die ich schon ewig von Twitter kenne und ihr auch auf dem Blog sehr gerne folge – manchmal haben wir auch ein bisschen privat geschrieben, weil es ein paar Parallelen in unseren Leben gab – hat sich, nun ja neu erfunden will ich nicht sagen, aber ihre Internetheimat heißt jetzt Volle Kanne Leben und ist nicht nur eine neue Blogadresse, sondern auch ein Podcast. Disclaimer: ich werde für diese Werbung nicht bezahlt.

Was ich an Nadine immer ganz toll finde, dass sie so ehrlich mit sich selbst ist. Auf Twitter und anderen Social Media Plattformen ist ja oft das Problem, dass sich Menschen so zeigen, wie sie gerne wären. In aufgeräumten Wohnungen, mit sauber gekleideten und wohlerzogenen Kindern, guten Beziehungen usw und jeder weiß wie es geht und hat die Weisheit mit Löfflen gefressen (was ein großes Problem von Social Media überhaupt ist). Nadine nicht. Sie stellt sich hin und sagt morgens um neun: der Tag ist gelaufen, nix funktioniert, ich mag nicht mehr. Aber auch: Hier seht euch diesen Himmel an, wie geil der gerade ist. Und: Gerade gehts mir richtig gut. Das gefällt mir.

Gestern hat sie gebloggt, dass ein Freund von mit dem Motorrad durch Afrika fährt und, dass sie das zuerst mal ein bisschen aus der Bahn geworfen hat. Man kennt das ja von sich selbst, diese Reaktion: Warum mache ich sowas nicht (auch ein großes Problem vom Social Media)? Permanent ist man damit konfroniert, was andere tun und es entstehen Begehrlichkeiten. Aber Nadine analysiert sich dann selbst und kommt drauf: sie will ja gar nicht mit dem Motorrad durch Afrika. Sie findet es zwar cool, aber es ist nicht ihr Traum. Und dann sagt sie wieder was zutreffendes: Aber man kann sich ja mit dem anderen freuen und das als Ausgangspunkt nehmen, um sich selbst zu fragen, wovon träume ich? Was sind meine Ziele?

Die ersten beiden Folgen ihres Podcast hab ich mir gestern beim Abendspaziergang angehört. Mag ich!

Gute Songanfänge, zwei

Auf die Frage nach guten Opening Lyrics wurde auch öfter mal folgendes geantwortet: “It’s nine o’clock on a Saturday. The regular crowd shuffles in. There’s an old man sittin’ next to me, makin’ love to his tonic and gin”. Wobei man sagen muss: Billy Joel ist auch abseits dieser Zeilen einer der besten Songwriter überhaupt, jeder seiner Songs ist eine kleine poetische Geschichte mit ganz viel Atmosphäre, man hat das Gefühl, man wäre direkt dabei gewesen. Oben zitierte Zeilen stammen natürlich von Piano Man.

Die vielleicht beste Single, die überhaupt jemals veröffentlicht wurde, wenn auch eine der skurillsten, weil so lang und soviele Stimmungswechsel, ist wahrscheinlich Bohemian Rhapsody von Queen und beginnt so: “Is this the real life, is this just fantasy?” Die Lyrics zu diesem Song sind ganz schön dramatisch und auch tragisch – siehe auch: “Mama, just killed a man.” Und weiter: Falls ich nicht mehr zurückkomme, macht einfach mit eurem Leben weiter, es ist nichts weiter passiert. Schluck.

Ich persönlich liebe den Anfang von Bjorks in jeder Beziehung eindrucksvollem Song Bachelorette: “I am a fountain of blood in the shape of a girl.” Das erinnert mich an eine Kurzgeschichte, die ich mal geschrieben habe, in der die die Protagonistin sich verliebt und der Mann nur über seine Organe, Blutbahnen und Nervenverbindungen vorgestellt wurde. Irgendwie ist mir das nicht ganz so gut gelungen wie Bjork das in ihrem Song schafft. Harhar.

Sehr gut finde ich auch den Beginn von Common People, der Band Pulp (bezeichnenderweise auf ihrem Album Different Class enthalten), die ich in meinen späten Teenagerjahren wirklich sehr geliebt habe – zu einem großen Teil auch wegen ihrer skurillen Lyrics. Der Anfang hier lautet: “She came from Greece, she had a thirst for knowlegde.” In dem Song geht es übrigens – angeblich, aber falls nicht, ist es gut erfunden – um die Frau des ehemaligen griechischen Finanzsministers Gianis Varoufakis, die damals am St. Martins College studiert hat und stinkreich war und endlich mal sehen wollte, wie “gewöhnliche Leute” so leben. Und – so singt es zumindest Jarvis Cocker – zu ihm sagte: “I want to sleep with common people. I want to sleep with common people like you.”

Die gute Nachricht

Das Wetter ist wirklich übel für August und auch sonst ist es wieder recht unruhig, so in der Außenwelt. Daher eine kleine Geschichte aus der Rubrik: “Die gute Nachricht ist die bessere”.

Ich bin bei Facebook in einer geschlossenen Frauengruppe, wo man sich austauscht, Tipps gibt, Jobs vermittelt – ich habe schon drei Auftraggeber darüber kennengelernt, für zwei arbeite ich immer noch – und noch andere Dinge bespricht. Vorgestern ist was echt Kurioses passiert. Da schreibt eine Dame, sie habe im Donaupark das Geldbörsel einer Frau xy gefunden und ob die hier in der Gruppe vielleicht jemand kennt, dann würde sie ihr die Börse (mitsamt allen möglichen Karten) gern persönlich geben. Die Gruppe hat 10.000 Mitglieder, nicht wenig, aber das ist doch sehr unwahrscheinlich, da jemanden zu finden, oder??? Aber: Frau xy wohnt tatsächlich in meinem Haus! Ich kenne ja die meisten Leute hier beim Namen, weil ich ja für alle Pakete übernehme. Harhar.

Ich schreibe also der Finderin das und sie gibt mir ihre Telefonnummer und bittet mich, sie an Frau xy weiterzugeben, damit sich die zwei kurzschließen können. Da ist es allerdings schon 22 Uhr. Ich überlege. Frau xy wohnt einen Stock über mir und hat zwei Kleinkinder. Sie wird sich irre freuen, dass ihr Geldbörsel aufgetaucht ist, sie wird sich aber auch irre ärgern, wenn ich bei ihr anläute und die Kinder aufwecke. Trotzdem wird sie sicher besser schlafen, wenn sie die Nachricht bekommt. Hm. Ich entwerfe einen Text mit Erläuterungen und der Telefonnummer und dann verlasse ich meine Wohnung, schließe die Tür und versuche, den Zettel durch den Spalt unten durchzuschieben, so Mac Gyver-mäßig quasi probeweise. Geht nicht. Also versuche ich, den Zettel seitlich beim Türspalt durchzudrücken. Geht zuerst auch nicht, aber dann klappt es doch. Gottseidank kommt keiner vorbei und sieht mein eigenartiges Tun.

Ich gehe also hinauf, zufrieden mit meiner Idee und zuversichtlich, dass die Durchführung klappt, aber als ich vor der Türe von Frau xy stehe, denk ich mir, ich probiere es mal old school mit Klopfen. Wird sie wahrscheinlich nicht hören, weil sie mutmasslich beim Zubettgehen der Kinder eingeschlafen ist, aber ein Versuch schadet nicht. Und tatsächlich – mein dezentes, aber doch halbwegs lautes Klopfen scheint gehört zu werden, ihr Mann öffnet die Tür. Er schaut eventuell auch etwas verschlafen aus, aber als ich ihm die Sachlage erkläre, wieso ich hier um diese Uhrzeit an seine Tür klopfe, erscheint ein breites Grinsen. Hurra, alles geklärt, alle happy.

P.S – Das habe ich bekommen:

Es ist kompliziert

Facebook Beziehungsinformationen – oder ein modernes Märchen.

Ich bin auf Facebook mit einer Frau vernetzt, die ich noch aus Kindertagen, vom Urlaub am Bauernhof, kenne. Richtig befreundet sind wir nicht, das wäre zuviel gesagt, aber als wir beide dann kleine Kinder hatten, haben wir uns ein paarmal getroffen. Es war immer angenehm, sie hatte sowas offenes an sich, und ich habe sie dafür bewundert, wie sie mit den Widrigkeiten, die das Leben ihr auferlegt hat, zurechtgekommen ist, ja wie sie sich dagegen gestemmt hat, ein “Schicksal” zu werden.

Danach haben sich einige Dinge in meinem eigenen Leben geändert und ich habe sie nun schon einige Zeit nicht mehr gesehen. Vor einem guten Jahr hab ich dann auf Facebook mitbekommen, dass sie sich getrennt hat und quasi unmittelbar bei ihrem neuen Freund eingezogen ist. Die nun schon jugendlichen Kinder sind beim Exmann geblieben, sie sind nun Besucher in ihrem neuen Leben. Sie hat sich ein neues Haustier zugelegt und hat eine Art Mutterrolle für die Kinder des neuen Mannes angekommen. Was ich damals beim Lesen spürte, kann ich gar nicht so richtig beschreiben. Einerseits war ich beeindruckt von ihrer Klarheit, wie sicher alles scheint, wie unkompliziert, ein neues Leben, von einem Tag auf den anderen. Der nächste Gedanke galt ihrem Ex, ein ausgesprochen warmherziger Mensch, ich kann es nicht anders beschreiben, der offenbar “zurückbleibt” – über die tatsächlichen Hintergründe wusste ich ja nichts – und jetzt ebenso alles auf Facebook mitlesen konnte, wohl oder übel.

Damit könnte die Geschichte enden, aber das Leben geht ja weiter. Der Ex hat dann irgendwann, noch nicht so lange her, auch wieder eine Beziehung und ich spüre, dass mich das sehr freut, als ich das lese. Irgendwie atme ich auf, alles hat sich weiterentwickelt und das ist gut so. Und dann, wieder ein paar Wochen später, lese ich bei ihr “Suche kleine Wohnung in xy” und stutze. Ich checke ihren Bezieungsstatus, der ist noch unverändert, aber als ich am nächsten Tag nochmal nachsehe, da sind plötzlich “keine Beziehungsinformationen vorhanden”. Damit dürfte wohl klar sein, was passiert ist. Und obwohl etwas in mir sagt: Ich wusste, dass war alles zu schnell und zu perfekt, mit zuwenig Zeit zwischendurch, um sich selbst neu kennenzulernen, um sich zu sortieren, sagt auch etwas in mir: Schade. Schade, dass es nicht geklappt hat, schade, dass es jetzt wohl diesen unendlichen Schmerz gibt, bei möglicherweise vielen Beteiligten. Schade, dass die Liebe nicht mal ein Jahr gehalten hat. Schade.

Ich möchte das nicht als Gossip Beitrag missverstanden wissen, wo ohnehin niemand weiß, von wem die Rede ist. Es ist mehr ein Staunen über menschliche Beziehungen und wie sie verlaufen und meine zunehmende Ratlosigkeit darüber.

Ferien, sechs

Diese Woche ist irgendwie so halbgares Sommerwetter, nicht wirklich warm, aber auch nicht kalt, ideales Wetter zum Abarbeiten von einigen Projekten, die sich teilweise schon etwas länger Hinziehen, zum Lesen und Schreiben.

Schon lange bin ich nicht zum Schreiben gekommen, obwohl da ein Text auf mich wartet, mit bis dato 30.000 Wörtern. Dieser Text ist höchst brisant, enthält er doch alles, was mich die letzten Jahre über beschäftigt hat, was mich glücklich und was mir Angst macht. Oft habe ich unterm Jahr soviel zu tun, dass ich wochenlang nicht daran weiterschreibe, aber das ist nur die eine Komponente. Die andere ist, dass ich auch einfach manchmal eine Pause brauche, für diesen in jeder Beziehung ziemlich aufwühlenden Text. Diese Woche fühle ich mich danach daran weiterzuarbeiten und ich habe mir auch vorgenommen, den Freiräume im restlichen August dafür zu nutzen, diesen Text weiter wachsen zu lassen. Auch wenns schmerzhaft ist.

Apropos weiter wachsen – aufmerksame Lesern meines Blogs werden vielleicht bemerkt haben, dass Irene in Irland ein Häuschen weiterzieht (neuer Blogname!). Wer bisher die Erlebnisse in Dublin mitverfolgt hat, wird sich vielleicht auch dafür interessieren, dass sie nun nach Bratislava geht. Spannend. Und was ich persönlich sehr toll finde: Bratislava ist wesentlich näher bei Wien.

LIZVC 69

Es ist fix, mein 3 Milimeter großer Nierenstein ist den Weg alles Irdischen gegangen.

Was sage ich dazu, dass Nierenkoliken zu den schlimmsten Schmerzen überhaupt zählen? Was mich und mein Schmerzempfinden betrifft, kann ich das eindeutig bejahen. Wenn man zwei sehr starke Schmerzmittel genommen hat und trotzdem vor Schmerzen weint, dann ist das schon ziemlich beeindruckend.

Meinen jämmerlichsten Moment diese Woche erlebte ich, als ich den Verschluss der Schmerztropfen herunterschrauben wollte. Achtung Kindersicherung. Ein weißer Verschluss mit einem weißen Pfeil zeigt einem, in welche Richtung man drehen soll. Wem fällt sowas bitte ein? Ich stand – gebückt vor Schmerzen, mit einem Tuch um meine Hüfte gebunden, darunter ein Wärmepflaster – in der Küche und hielt die Flasche weit von mir weg um (Alterssichtigkeit), direkt unter die Lampe, um die richtige Richtung herauszufinden. Drücken und drehen, drücken und drehen. Es klappte nicht! Nach ca 30 Minuten Versuch wurde der Verschluss mit einer Zange gewaltsam geöffnet. Ja, ist schon klar, dass man das vor Kindern schützen muss, aber wenn ich als Mitte 40-jährige mit doch noch einiger Kraft und motorischen Fähigkeiten es nicht schaffe, wie soll das jemand etwa 80 plus hinkriegen, der vielleicht auch noch körperlich gehandicapped ist?

Die Ärztin gestern meinte dann zu mir, ich wäre fleißig gewesen, das wäre ja schnell gegangen mit dem Stein-Abgang. Am liebsten hätte ich darauf geantwortet: “Schnell ist relativ, gute Frau, schnell ist relativ”.

LIZVC 68

Im ersten Lockdown bekam ich eine neue Zahnkrone. Im zweiten Lockdown bekam ich Nierensteine. So gesehen hab ich Angst vor einem möglichen dritten.

Aber nun die Erlebniserzählung zu den Nierensteinen. Vor gut einer Woche begannen bei mir unklare Bauchschmerzen. Zuerst dachte ich mir nicht viel dabei, aber nachdem ich dann eine Nacht nicht schlafen konnte, machte ich mich zur urologischen Ambulanz auf. Um niemanden zu diskreditieren, sage ich nicht, welche Ambulanz es war. Denn der Arzt dort wusste nicht, was ich habe, nur, dass es keine Blasenentzündung ist. Wahrscheinlich ein “Frauenproblem.” Ich bin 44, ich habe ein Kind bekommen: ich weiß, wann etwas ein Frauenproblem ist. Das hier war keines.

Nachdem ich einigen Menschen meine Symptome erzählt habe, erhärtete sich der Verdacht, dass es ein Nierenstein sein könnte. Eine Nierenkolik am drauffolgenden Tag gab den begabten medizinischen Laien recht. Nach einigen weiteren Koliken – unterbrochen von stundenlanger vollständiger Symptomfreiheit – machte ich einen Termin bei einer niedergelassenen Urologin aus.

Ein UrolgInnenbesuch während der Coronazeit hat etwas sehr skurilles. Weil: Man soll mit voller Blase hinkommen. Ich selbst hatte auf der Fahrt hin eine volle Blase und eine leichte Nierenkolik. Bei der Ärztin angekommen, warteten die PatientInnen im Stiegenhaus, weil nur Einzeleintritt möglich. Lauter Menschen, die dringend auf die Toilette mussten. Nun ja sagen wir so, es ging nicht bei allen gut aus.

Als ich endlich in der Ordination war, ging es mir so schlecht, das ich weinen musste. Das ist mir nicht mal bei der Geburt meines Kindes passiert. Die Ärztin erkannte nach ca. zwei Sekunden Ultraschall einen “massiven Stau in der linken Niere vermutlich aufgrund eines Steines.” Therapie: Sehr starke Schmerzmittel (Yeah!) und Medikamente, die den Harnleiter weiten und den Stein nach unten (and out) befördern sollen. Als ich die Gebrauchsanweisung las, war ich überrascht über die mögliche Nebenwirkung “schmerzhafte Dauererektion”. Das Medikament ist normalerweise nur für Männer.

Nachdem ich die ganzen Medikamente genommen habe, hatte ich eine Kolik, die schlimmer war als jede zuvor, trotzdem ich vollgepumpt mit stärksten Schmerzmitteln war. Am Nachmittag fuhr ich zum CT (Computertomografie). Anscheinend war die Kolik erfolgreich, denn der Stein hatte zu diesem Zeitpunkt bereits die Niere verlassen und befindet sich am Weg zum Ausgang. Die Schmerzen sind seither weg.

To be continued…