almis personal blog

ESC 24 Österreich

Heute wurde der österreichische Song für den ESC 2024 vorgestellt – Kaleen singt We will rave. Naja, der Name ist Programm würde ich sagen. Oder auch: Eurodance ist zurück!

Ich war ja ein sehr großer Fan von unserem letztjährigen Song Who the hell is Edgar von Teya und Salena, weil ich ihn als witzig und sophisticated empfunden habe. Die Backstory mit Edgar Allen Poe und wie wenig man als Musiker heutzutage verdient – 0,003 Dollar für das einmal-Streamen seines Songs auf Musikplattformen, so dass man sich nur “Gasstation Champagne” leisten kann, das war interessant. Eine Botschaft mit einer Menge schwarzem Humor vorgetragen, dazu ein außergewöhnlicher musikalischem Charakter, das hat man so irgendwie noch nie gehört gehabt.

We will rave steht dazu im krassen Gegensatz, den Song hat man nämlich gefühlt die halben 1990er Jahre gehört, ich rieche da irgendwie Frittieröl vom Langos im Prater. Harhar. Und der Song hat keine Schichten, aus denen man ihn erstmal neugierig befreien muss, um zu einem verborgenen Kern zu kommen. Das ist ein Banger vom ersten Moment an, was ein Vorteil sein kann, weil er sofort in die Beine geht. Aber sehr viel Seele hat er halt dann auch nicht, also das ist kein Song, in den man sich unsterblich verliebt, das ist eher guilty pleasure.

Das Dance-Break an sich ist ein Phänomen der jüngeren ESC Geschichte, siehe Elena Foureira (Fuego) aus Zypern 2018, Chanel (SloMo) aus Spanien 2022 oder voriges Jahr Noa Kirel aus Israel (Unicorn) – die das Publikum ja gleich vorwitzig gefragt hat: “Do you wanna see me dance?” und gar keine Antwort abgewartet hat. Alle diese Songs landeten übrigens in den Top 3. Also das ist irgendwie schon “a thing” beim Songcontest gerade. Und Kaleen ist ja Tänzerin und war schon öfters als Choreografin und Stand In beim ESC im Einsatz. Und es ist ja kein Fehler, wenn man sich auf seine Kernkompetenzen konzentriert.

In den Wettquoten bewegen wir uns gerade Richtung Top 10 (jetzt, Freitag Vormittag auf Platz 11).

ESC 24 Belgien

Jedes Jahr um diese Zeit Mitte/Ende Februar, wenn ich noch nicht ganz vom ESC-Spirit gepackt bin, find ich es irgendwie mühsam, mich durch alle neu-ankommenden Songs zu hören und zu schauen, was ich mag. Ich glaube, das hat etwas mit dem einzigen physikalischen Gesetz zu tun, das mir etwas sagt, nämlich mit der Trägheit der Masse. Es gibt aber auch jedes Jahr diesen “Erweckungsmoment”, wo ich ein Lied höre, dass mir irrsinnig gefällt und dann ist das ESC-Game eröffnet. Letztes Jahr war das Vesna, vor zwei Jahren Subwoolfer aus Norwegen, vor drei Jahren Gjon’s Tears aus der Schweiz und heuer ist es, wie ich seit heute weiß – Mustii aus Belgien mit dem Song Before the Party’s Over.

Der Act Mustii, ein Sänger und Schauspieler Mitte 30, wurde schon im August als erster Künstler bekanntgegeben, warum weiß kein Mensch. Im August haben wir gerade die Post-Eurovison-Depression überwunden. Der Song selbst wurde aber eben erst heute veröffentlicht. Zuerst mal: Der Songtitel ist gut, das ist bei mir immer schon die halbe Miete, das muss mich neugierig machen und eine Geschichte versprechen, die mich interessiert. Auch die Lyrics sind spannend, obwohl es nicht allzu viel Text gibt; gleich mal eine Anspielung auf The Who “Are we sure the kids are alright or just playing it cool?” Ok, vielleicht interpretiere ich zuviel rein, aber ich glaube eigentlich nicht. “One more drink and I’ll be fine” verrät uns auf jeden Fall, da gibts wohl einen Depressionshintergrund, eventuell auch ein Alkoholproblem. Die Zeile: “I can see all the pain in the way that you move” ist ganz schön traurig.

Und dann der Song selber, das ist wohl eine Powerballade, mit einem zwei Minuten Setup, um in der dritten (und beim ESC immer letzten Minute) einfach alles zu geben, also absolut nicht wie ein Radiosong aufgebaut, was beim Songcontest meistens von Vorteil ist. Außerdem hab ich echt nichts dagegen, wenn nicht jeder Mann, er am ESC teilnimmt, lackierte Fingernägel hat. Es reicht die dreireihige Perlenkette als Erkennungszeichen allemal aus. Harhar. Natürlich, das muss man auch sagen, sollte Mustii live sehr gut singen, das ist bei dem Song ziemlich wichtig, dann könnte man einen Gänsehaut Moment schaffen – und das Staging sollte auch bombastisch sein oder ganz minimal. Der Vibe im Video ist irgendwie sehr ungewöhnlich, verletzlich-diabolisch.

And so it begins.

San Remo

Die San Remo Woche ist zuende.

Auf Facebook schrieb jemand: “Hey, da werden heute 30 Songs präsentiert, ich schaue seit 25 Minuten zu und es lief erst ein Song.” Ja, harhar, so ging es mir beim ersten Mal zuschauen auch, das ist ganz normal. Denn San Remo ist weniger ein Musikwettbewerb als ein Volksfest und Stress hat da kein Mensch, es dauert jeden Abend so bis zwei oder drei Uhr früh. Es treten ja nicht nur die Teilnehmenden selbst auf, sondern auch Haudegen aus der Vorzeit, die dann mit den aktuellen KandidatInnen Duette singen (zum Beispiel Giannia Nannini, Umberto Tozzi etc), wie auch eine Menge anderer Promis quer durch den Gemüsegarten – heuer zum Beispiel John Travolta oder Russell Crowe. Es gibt den gespielten Witz, es wird gelabert und politisiert, fast alles nur auf Italienisch, obwohl auch viel internationales Publikum zusieht.

Jemand anderer schrieb: “Oh il Volo haben jetzt einen Stylisten!” Und das heißt meiner Meinung nach soviel wie: Sie tragen Kleidungsstücke, die sie sich selbst nie ausgesucht hätten. Mahmood trägt Sachen, die er sich ganz sicher selbst ausgesucht hat und hat mit Tuta gold schon wieder einen potentiellen Siegertitel, ein wirklich toller Song, andere Länder nähmen ihn mit Handkuss, aber Italien denkt sich wurscht, haben wir nicht notwendig; Mahmood verfehlt das Finale der Top 5 knapp. Auch Diodato – der in der Pause draußen vor der Halle einfach mal Singing in the rain vorträgt – hat einen schönen Song, Ti muovi. Auch wenn er sowas von gar kein Wettbewerbssong ist. Diodato kommt raus, fängt an zu singen und setzt sich erstmal auf die Stiege. Einen Song mit einer derartigen Energie kann man kaum zum ESC schicken, weil ESC-Songs eine gewisse Urgenz haben müssen, um irgendwie zwischen den vielen Konkurrenten zu bestehen, aber schön ist er. Disclaimer: Ich weiß natürlich, dass San Remo in erster Linie San Remo ist und kein Auswahlverfahren für den Songcontest.

Ein gewisser Geolier singt I p’me, tu p’te. Ich verstehe weder den Titel noch viel vom Text und mache mir um meine Italienischkenntnisse Sorgen, komme aber dann dahinter, dass er im sizilianischen Dialekt singt. Sowas hat Italien schon mal gebracht, als sie 1991 vermeiden wollten, den ESC zwei Jahre in Folge zu gewinnnen und extra etwas mega Sperriges auf die Bühne gestellt haben (Peppino di Capri, Comme è ddoce ‘o mare) . Und selbst mit so etwas wurden sie dann Siebenter. Der Song von Geolier wirkt extrem frisch und modern. Annalisa wiederum trägt sehr schöne Strapse (oder wie man das nennen soll) und wird mit dem ziemlich eingängigen Sinceramente als Favoritin gehandelt. Es herrscht nämlich eine gewisse Erwartungshaltung, dass eine Frau diesmal San Remo gewinnt, weil das seit 2014 nicht mehr der Fall war.

Jemand schreibt: “San Remo sending a woman, also sending a fruit”. Denn ja, gewonnen hat dann eine andere Frau, nämlich Angelina Mango mit dem mutigen Titel La noia, zu deutsch: Die Langeweile, was ja zu Kalauern geradezu einlädt. So richtig warm bin ich mit dem Song bisher allerdings noch nicht geworden, was nicht jetzt nix heißen muss, ich mochte Maneskin am Anfang auch gar nicht und die haben dann immerhin 2021 gesiegt. Mal sehen.

Das EBU Dilemma

Jetzt wird ein Ausschluss von Israel beim Songcontest gefordert, aus bekannten Gründen.

Naja und ich würde sagen, langsam hat die EBU den Scherben auf, nachdem sie 2022 Russland von der Teilnahme ausgeschlossen hat. Eine Entscheidung, die ich nicht gutheißen konnte, weil ich der Meinung bin, dass Künstlerinnen und Künstler nicht für die Politik in ihrem Land bestraft werden sollten (gleiches gilt IMO auch für Sportler, usw.).

Politische Messages an sich dürfen in den ESC Songs ja per Reglement sowieso nicht verbreitet werden und werden auch schon mal zurückgewiesen (in jüngerer Vergangenheit zb. Weißrussland). Sidestep: Kommt halt im Zweifelsfall dann auch darauf an, wie die jeweiligen Botschaften den Verantwortlichen passen. Die Ukraine hat mit einem sogar nach eigener Aussage hochpolitischem Song, 1944, im Jahr 2016 gewonnen. Aber das widerspricht dem Regelwerk. Und wenn man bedenkt, dass Russland in den Jahren 2020 (wurde leider abgesagt) und 2021 mit Little Big und Manischa Acts gehabt haben, die durchaus ein “anderes” Russland repräsentiert hätten bzw. haben, ist es doppelt schade, wenn man diese dann mundtot macht.

Übrigens hat es die EBU null gejuckt, als Aserbaidschan und Armenien gegeneinander Krieg geführt haben, die beiden Länder haben immer teilgenommen und das ist ja auch das Ziel, das der Songcontest hat, wir alle miteinander, über Grenzen hinweg, treffen uns bei einer friedlichen, einenden Veranstaltung, die der ESC ja per Gründungsidee ist. Es ist ja ein Musikbewerb und kein Politik-Contest.

Außerdem fand ich es ganz furchtbar, als Kalush aus der Ukraine, die 2022 gewonnen haben, ihre Trophäe versteigert und das Geld dann der Armee gespendet haben. Ich hätte es viel besser gefunden, wenn damit zum Beispiel Krankenhäuser oder Kinder in Not unterstützt worden wären. Ich empfinde es als verheerende Symbolik, wenn hier finanzielle Mittel, die bei einem völkerverbindenden Musikwettbewerb lukriert wurden, in kriegerische Handlungen fließen, sorry, aber das ist meine Meinung.

Ich wünsche der EBU gutes Gelingen bei der Entscheidungsfindung und vor allem der anschließenden Rechtfertigung. Der derzeitige Chef Martin Österdahl wirkt ohnehin tendenziell schon etwas überfordert und ist keine solche Integrationsfigur wie Jan Ola Sand das war. Wir werden sehen.

Rant over.

San Remo

Vor kurzem wurden die Teilnehmer an San Remo 2024 bekannt gegeben. Das italienische Musikfesival wird von 6. bis 10. Februar stattfinden.

Und wir sehen eine ganze Menge alter ESC-Bekannter.

Da wäre einmal Diodato. Falls der euch nichts im ESC-Zusammenhang sagt, ist das verständlich. Er wäre der Kandidat 2020 gewesen… stattdessen hat er sein trauriges Liebeslied Fai Rumore (“Mach Lärm”) dann in der leeren Arena di Verona gesungen, was schon auch sehr beeindruckend anzusehen war.

Weiters tritt Emma (Marrone) an. Die kennen wir aus dem Jahr 2014. Das Kind hat ihren Song La Mia Citta (“Meine Stadt”) geliebt. Live hat er aber dann nicht so gezündet, was relativ oft bei Italien passiert, dass sich der Charme ihrer Songs nicht so gut auf die ESC-Bühne transferieren lassen. Jedenfalls wurde Emma nur 21., ein außergewöhnlich schlechtes Ergebnis für Italien. La Mia Citta war übrigens nicht durch San Remo wie üblich zum ESC gekommen, sondern durch eine interne RAI-Entscheidung.

Auch bei San Remo heuer dabei Mahmood! Dieser ist schon zweimal beim Songcontest angetreten. 2019 mit dem Song Soldi (“Geld”) der – sind wir uns ehrlich – nur durch einen Michi Tschugnall Moment damals Zweiter geworden ist, weil Duncan Laurence mit Arcade an unsere niedersten Instinkte appelliert hat. Ja, Arcade ist auch nicht schlecht, aber Soldi ist bis heute einer meiner liebsten ESC Songs überhaupt, weil er einfach so außergewöhnlich und innovativ ist. Und Mahmood singt über eine Vater/Sohn Beziehung (gone bad), was beim Songcontest relativ oft vorkommt. 2022 hat er dann gemeinsam mit Blanco erneut San Remo gewonnen, mit Brividi (“Schaudern”). Ein Song, der absolut nichts mit Soldi zu tun hat, aber mir irrsinnig unter die Haut gegangen ist: sie besingen eine Liebe, die einfach nicht funktioniert (“Ich will dich lieben, aber ich scheitere jedesmal). Speziell Mahmood hat dabei in Höhenlagen gesungen, die für ihn etwas fragil sind, aber das passt so gut zu dem Inhalt des Songs, wo man auch nicht weiß, klappt es oder geht es schief. Die beiden belegten Platz 6. Bin wirklich neugierig, was er heuer bringt.

Na und dann haben wir noch Il Volo, die 2015 in Wien ihren Schmachtfetzen Grande Amore (Ja das weiß man wohl, was das heißt, und man kann den ganzen Text erfühlen, auch wenn man nicht Italienisch spricht) geschmettert haben. Ich bin ja echt kein großer “Popera” Fan, aber ich fand Grande Amore schon irgendwie super (siehe niedere Instinkte) und das Publikum in der Stadthalle (ich war ja live dabei yeah) hat getobt. Ich verfolge ihre Karriere in letzter Zeit aber nicht mehr wirklich und die Frage ist, wie viel Opernpop der ESC im Zweifel verträgt, ich glaube eher nicht so viel, obwohl sie in Wien den 3. Platz belegten und das Publikumsvoting damals sogar gewonnen haben.

Sveriges Bästa

In der neuen Folge des Merci Cherie Podcasts geht es um die besten Songs, die Schweden zum Songcontest geschickt hat und Marco Schreuder hat auch mich gebeten, meinen Platz 1 einzusprechen.

Vorab: Ich fand es jetzt nicht allzuleicht, eine Rangliste zu erstellen, weil Schweden ehrlich gesagt nicht zu meinen Lieblingsländern beim ESC gehört, obwohl das Land so erfolgreich ist und alle paar Jahre gewinnt. Und ja, die meisten Songs sind eh okay, aber vieles ist halt auch sehr generisch und glattgebügelt und ein bisschen – wie es im Songcheck mal hieß – Plastikware. Mein absoluter Horror war 2019 John Lundvik und sein Gospelchor, ich mein, was zuviel ist, ist zuviel!

Beim Podcast Voting war ja primär die Frage, gewinnt Abba oder Loreen oder gab es etwa doch eine Überraschung? Naja, das müsst ihr euch anhören. Ich habe letztendlich Loreen auf Platz 1 gewählt, weil Euphoria doch irgendwie Groundbreaking war und die Bühnenshow sehr speziell, zudem gehört Loreen zu den Künstlern, die live auch wirklich gut sind. Außerdem ist es ihr Verdienst, dass der Songcontest nach ihrem Sieg 2012 dann doch wieder relevant wurde und auch heute junge Menschen sich dafür interessieren. Ihr könnt mich ca. bei Minute 49 irgendwas hören.

Ich spiele es dem Kind vor und frage ihn wie cringe es ist.

Kind: “Gar nicht so cringe.”

Wow, das ist praktisch ein Kompliment.

Kind: “Wie hast du das aufgenommen?”

Ich: “Sprachnachricht WhatsApp.”

Kind: “Pfff.”

Ich: “Na glaubst, ich miet mir ein Tonstudio für drei Sätze?”

Kind: “Das kann man auch am PC aufnehmen.”

Ich: “Keine Ahnung wie das geht.”

Kind: “Pfff.”

Also bin ich doch wieder cringe. Harhar.

Spotify, Rückblick

Aus der Rubrik der gläserne Musikgeschmack, wieder mal die Spotify Jahrescharts, die ich dann zugegebenermaßen doch immer recht neugierig erwarte:

Da soll noch einmal jemand sagen, dass ich nur ESC Songs höre, nein, da ist auch San Remo dabei, sogar zwei Lieder in den Top fünf.

Prinzipiell muss ich aber zugeben, dass man meine Songs aus den Top 100, die nicht aus diesem Mikrokosmos (ESC, San Remo) stammen, fast an einer Hand abzählen kann…

Promise

Normalerweise freue ich mich ja immer, wenn ich off-season etwas ESC Content aufschnappe. Es gibt aber auch Ausnahmen.

Vorige Woche mussten Voyager, die Band, die dieses Jahr für Australien mit dem Song Promise angetreten sind und eine extrem tolle Bühnenperformance abgeliefert haben, nebenbei auch noch beim deutschen ESC Songcheck in Erscheinung getreten sind und sich selbst nicht so ernst genommen haben, einfach ein sehr sympathischer Beitrag zum ESC 2023 waren, ihre geplante Europatour absagen. Der Grund ist traurig: Der Frontman Danny Estrin, eigentlich Deutscher und als Kind mit seiner Familie nach Australien ausgewandert, hat eine Krebsdiagnose erhalten und muss sich sofort in Behandlung begeben.

Als wäre das an sich noch nicht schlimm genug, hat er nach dem letzten Konzert der Band in einem Video an seine Fans am vergangenen Wochenende erklärt: “From Top Ten Eurovison to Stage 4 Cancer in four months.” Das ist wirklich dramatisch. Und am Ende singt er dann ganz optimistisch Promise – “Promise me it’s gonne be alright.” Ich bewundere solche Menschen mit einer derartigen Kraft wirklich und ich wünsche ihm das beste. Ich hoffe, die nächsten News, die wir von Voyager bekommen, sind positive.

RIP Toto

Toto Cutugno ist gestorben.

Seinen größten Hit hatte er mit L’Italiano, in dem er die italienischen Stereotype gleichzeitig persifliert, wie auch manifestiert. Da ist von Kanarienvögeln in den Fenstern die Rede, den Spagetthi al dente, der Musik aus den Autoradios, den melancholischen Augen und vor allem von ihm selbst, mit der Gitarre in der Hand, der darum bittet, singen zu dürfen, weil er sei eben ein “echter Italiener”.

Der Song ist zeitlos gut, und ich habe ihn in meiner ESC Playlist, obwohl Cutugno mit einem anderen Lied gewonnen hat und zwar, nachdem er 1990 in San Remo ursprünglich nur Zweiter wurde (mit dem Song Gli Amori). Die Sieger wollten aber nicht zum ESC nach Zagreb fahren und so kam Cutugno zum Zug, der dafür einen speziellen Song komponierte. Es war das historische Jahr 1990 und der ESC war quasi ein Themenabend zum vereinten Europa und Songs mit Titeln wie Somewhere in Europe (Irland), Frei zu leben (Deutschland), Keine Mauern mehr (Österreich) oder Brandenburger Tor (Norwegen). Und eben Insieme: 1992 von Cutugno.

Man soll ja keine Klischees verbreiten, schon gar nicht in der heutigen Zeit, wo alles potentiell irgendwen offended, aber Cutugno ist schon mit der typischen italienischen Lässig/Wurschtigkeit nach Zagreb gereist, hat sich dort einen Chor von Einheimischen zusammengestellt und kam dann in Turnschuhen (damals nannte man die noch so) auf die Bühne, als es noch nicht “salonfähig” war.

Als er dann gewonnen hatte und Rom im folgenden Jahr den Bewerb austrug, moderierte er praktisch unvorbereitet. Gigliola Cinquetti, die andere ESC Gewinnerin für Italien (von 1964), co-moderierte und rettete, was zu retten war. Der gesamte Abend war mehr oder weniger auf Italienisch, so auf die Art, ja wer die Sprache nicht kann, hat eben Pech gehabt, das ist schon sehr badass. Und bei der Punktevergabe schwamm Cutugno dann nur noch, er wusste weder, mit welchen Juroren er sprach, noch wie viele Länder auf französisch ausgesprochen werden.

Vor einiger Zeit wurde der ESC 1991 im Rahmen von #eurovisionagain wieder ausgestrahlt und ESC Aficionado Marco Schreuder twitterte damals:

Ich denke, er hätte genau das gesagt. Weil er ist eben ein echter Italiener! Harhar.

Hier nochmal seine Sieger-Performance in Zagreb. RIP.

Malmö 2024

Heute wurde die Gastgeberstadt des Songcontest 2024 enthüllt.

Ja, das ist unfassbar früh. Italien hat sich 2021 sogar bis Oktober Zeit gelassen, den Austragungssort des Events zu nennen, was besonders amüsant war, da Italien 2015 als Favorit galt und Insider damals schon erfahren hatten, dass die Hostcity – im Falle eines Erfolgs – Turin werden würde. 2021 haben sie dann wirklich gewonnen und benötigten ganze fünf Monate um zu verkünden, dass die Hostcity, richtig, Turin sein würde.

Schweden hat heute Malmö bekannt gegeben, aber Schweden ist einfach so sterberhaft, dass sie das quasi gleich mit Abklingen der post-Eurovision-Depression tun und auch, weil für die Schweden das ESC Austragen sowas ist wie für andere Länder das Christkindlmarkt-Standl aufbauen: Routine, weil es einfach sooft passiert.

Malmö ist damit zum dritten Mal Austragsungsort eines Songcontest nach 1992 und nach 2013. 2012 hatte ja, man erinnert sich, Loreen schon mal gewonnen. Dazwischen 2016 – war es dann auch mal Stockholm, ich mein, soviele große Städte haben sie jetzt auch nicht. Harhar.