Normalerweise freue ich mich ja immer, wenn ich off-season etwas ESC Content aufschnappe. Es gibt aber auch Ausnahmen.
Vorige Woche mussten Voyager, die Band, die dieses Jahr für Australien mit dem Song Promise angetreten sind und eine extrem tolle Bühnenperformance abgeliefert haben, nebenbei auch noch beim deutschen ESC Songcheck in Erscheinung getreten sind und sich selbst nicht so ernst genommen haben, einfach ein sehr sympathischer Beitrag zum ESC 2023 waren, ihre geplante Europatour absagen. Der Grund ist traurig: Der Frontman Danny Estrin, eigentlich Deutscher und als Kind mit seiner Familie nach Australien ausgewandert, hat eine Krebsdiagnose erhalten und muss sich sofort in Behandlung begeben.
Als wäre das an sich noch nicht schlimm genug, hat er nach dem letzten Konzert der Band in einem Video an seine Fans am vergangenen Wochenende erklärt: “From Top Ten Eurovison to Stage 4 Cancer in four months.” Das ist wirklich dramatisch. Und am Ende singt er dann ganz optimistisch Promise – “Promise me it’s gonne be alright.” Ich bewundere solche Menschen mit einer derartigen Kraft wirklich und ich wünsche ihm das beste. Ich hoffe, die nächsten News, die wir von Voyager bekommen, sind positive.
Seinen größten Hit hatte er mit L’Italiano, in dem er die italienischen Stereotype gleichzeitig persifliert, wie auch manifestiert. Da ist von Kanarienvögeln in den Fenstern die Rede, den Spagetthi al dente, der Musik aus den Autoradios, den melancholischen Augen und vor allem von ihm selbst, mit der Gitarre in der Hand, der darum bittet, singen zu dürfen, weil er sei eben ein “echter Italiener”.
Der Song ist zeitlos gut, und ich habe ihn in meiner ESC Playlist, obwohl Cutugno mit einem anderen Lied gewonnen hat und zwar, nachdem er 1990 in San Remo ursprünglich nur Zweiter wurde (mit dem Song Gli Amori). Die Sieger wollten aber nicht zum ESC nach Zagreb fahren und so kam Cutugno zum Zug, der dafür einen speziellen Song komponierte. Es war das historische Jahr 1990 und der ESC war quasi ein Themenabend zum vereinten Europa und Songs mit Titeln wie Somewhere in Europe (Irland), Frei zu leben (Deutschland), Keine Mauern mehr (Österreich) oder Brandenburger Tor (Norwegen). Und eben Insieme: 1992 von Cutugno.
Man soll ja keine Klischees verbreiten, schon gar nicht in der heutigen Zeit, wo alles potentiell irgendwen offended, aber Cutugno ist schon mit der typischen italienischen Lässig/Wurschtigkeit nach Zagreb gereist, hat sich dort einen Chor von Einheimischen zusammengestellt und kam dann in Turnschuhen (damals nannte man die noch so) auf die Bühne, als es noch nicht “salonfähig” war.
Als er dann gewonnen hatte und Rom im folgenden Jahr den Bewerb austrug, moderierte er praktisch unvorbereitet. Gigliola Cinquetti, die andere ESC Gewinnerin für Italien (von 1964), co-moderierte und rettete, was zu retten war. Der gesamte Abend war mehr oder weniger auf Italienisch, so auf die Art, ja wer die Sprache nicht kann, hat eben Pech gehabt, das ist schon sehr badass. Und bei der Punktevergabe schwamm Cutugno dann nur noch, er wusste weder, mit welchen Juroren er sprach, noch wie viele Länder auf französisch ausgesprochen werden.
Vor einiger Zeit wurde der ESC 1991 im Rahmen von #eurovisionagain wieder ausgestrahlt und ESC Aficionado Marco Schreuder twitterte damals:
Ich denke, er hätte genau das gesagt. Weil er ist eben ein echter Italiener! Harhar.
Hier nochmal seine Sieger-Performance in Zagreb. RIP.
Heute wurde die Gastgeberstadt des Songcontest 2024 enthüllt.
Ja, das ist unfassbar früh. Italien hat sich 2021 sogar bis Oktober Zeit gelassen, den Austragungssort des Events zu nennen, was besonders amüsant war, da Italien 2015 als Favorit galt und Insider damals schon erfahren hatten, dass die Hostcity – im Falle eines Erfolgs – Turin werden würde. 2021 haben sie dann wirklich gewonnen und benötigten ganze fünf Monate um zu verkünden, dass die Hostcity, richtig, Turin sein würde.
Schweden hat heute Malmö bekannt gegeben, aber Schweden ist einfach so sterberhaft, dass sie das quasi gleich mit Abklingen der post-Eurovision-Depression tun und auch, weil für die Schweden das ESC Austragen sowas ist wie für andere Länder das Christkindlmarkt-Standl aufbauen: Routine, weil es einfach sooft passiert.
Malmö ist damit zum dritten Mal Austragsungsort eines Songcontest nach 1992 und nach 2013. 2012 hatte ja, man erinnert sich, Loreen schon mal gewonnen. Dazwischen 2016 – war es dann auch mal Stockholm, ich mein, soviele große Städte haben sie jetzt auch nicht. Harhar.
Vielleicht zum (vorerst!) Abschluss des ESC Content, eine versöhnliche Aussage von Marco Schreuder im Merci, Cherie Podcast, nachdem die Stimmung diesmal ja extrem aufgeheizt ist:
Wenn du einen Song gefunden hast, der deine persönliche Nummer 1 ist, in diesem Songcontest, das bleibt dir auch! Da kann die Loreen gewinnen, aber wenn du Joker Out oder Marco Mengoni oder La Zarra oder wen auch immer auf Nummer 1 hast, das bleibt dir. Du nimmst diesen Song in deine Playlist, du sagst, das ist meine Siegerin und das ist in Ordnung so. Das nimmt dir auch niemand weg.
Marco Schreuder in der Episode You’ll Never Sing Alone, Liverpool!
Dem kann ich mich nur anschließen und in meiner ESC Playlist sind sowieso immer genügend ESC Songs und jedes Jahr kommen mehrere hinzu.
Ja, ich bin dann bald fertig mit dem ESC, aber noch ist es nicht soweit.
Nach dem ESC kommt oft der große Katzenjammer bei manchen Nationen und dann wird überlegt, was man am Regelwerk ändern könnte, damit man beim nächsten Mal besser abschneidet. Was ich heuer schon gehört habe war zum Beispiel: Ein ESC-Sieger soll nicht nochmal am Bewerb teilnehmen dürfen. Obwohl es einen Vorteil haben kann, wenn einen das ESC Publikum kennt, ist das noch lange kein Erfolgsgarant. Carola, die Siegerin von 1991 (Fångad av en stormvind) beispielsweise, ist 2006 nocheinmal angetreten, und wurde mit Invincible “nur” Fünfte. Alexander Rybak, der Sieger von 2009 mit Fairytale, versuchte es 2018 mit How to write a Song nochmal und hat damit den eher mittelmäßigen 15. Platz erreicht. Und Dana International, die Gewinnerin von 1998 mit Diva, versucht es 2011 mit Ding Dong nochmals und kam nicht einmal ins Finale. Es ist also keine g’mahnte Wies’n.
Auch die Forderung, die Jurys abzuschaffen und nur noch ein Pubikumsvoting durchzuführen, halte ich für etwas kurzsichtig. Ja, diesmal hat die Jurysiegerin dann insgesamt gewonnen, aber das war in den vergangenen Jahren kaum der Fall. Das Kalush Orechestra voriges Jahr hat nur die Publikumswertung gewonnen, ebenso Maneskin 2021. Duncan Laurence 2019 hat sogar weder die Publikums- noch die Jurywertung gewonnen, aber gesamt halt doch. Netta 2018 hat das Publikumsvoting gewonnen, Portugal hat es 2017 geschafft, beide Votings zu dominieren. Jamala 2016 gewann wiederum keines. Scheint doch relativ ausgeglichen zu sein. Und wenn man nur das Publikum wählen lässt, läuft man halt auch immer Gefahr, dass es zu einer Kommerzialisierung kommt und es wieder mehr Beiträge gibt, die auf die niedrigen Instinkte abzielen, wie heuer…ach ich nenn keine Namen.
Deutschland wurde heuer wieder mal Letzter und da ist der Schmerz besonders groß. Ich verstehe das komplett, verorte aber auch hier nicht das “System” als den Schuldigen. Es gab ja neben Lord of the Lost noch Voyager aus Australien, die ein ähnliches Publikum ansprachen, aber wesentlich besser (Platz 9) abschnitten. Warum war das so? Weil Deutschland niemand mag, wie manche vermuteten? Nein weil Australien m.E. a) den besseren Song hatte, b) den wesentlich besseren Sänger und c) die weitaus bessere Bühnenshow. Australien war selbstironisch und hat ihren Beitrag mit Augenzwinkern performt, das war sehr amüsant und hat zb. mich dann auch voll abgeholt, obwohl ich nicht der riesen Fan von dem Song an sich war. LOTL konnten sich nicht entscheiden, wo sie eigentlich hinwollten. Der Beitrag war zu brav, um als wirklich unkonventionell und oarg durchzugehen, wohingegen die Kostüme sehr speziell waren. Außerdem haben sie den Song so komplett ironiefrei mit quasi heiligem Ernst performt, der für mich für dieses Lied einfach nicht angemessen war. Obwohl ich Deutschland wirklich wünsche, dass sie wieder besser abschneiden, aber einfach ist das nun mal nicht, wie “wir” das ja auch aus eigener Erfahrung sagen können.
So weit – so gut. Warum Österreich nur 16 Punkte vom Publkum bekommen hat – also da steh ich auch vor einem Rätsel. Wenn jemand eine Idee hat, bitte gern. Harhar.
So – wie erwartet und erhofft – ist der Einzug ins Finale gelungen.
Das Staging fand sogar das Kind fresh, in Rot, Schwarz und Weiß gehalten und der kritische Ansatz kam mit der Visualisierung der Summe 0,003 (nämlich Dollar, die man als Künstler pro Stream bekommt, sofern mindestens 30 Sekunden zugehört wird, ich mein, kein Wunder, dass man davon nicht leben kann) gut rüber. Das Publikum hat – wie schon beim Finnen und Cha Cha Cha – mitgesungen, was ja nie ein schlechtes Zeichen ist.
Ansonsten bin ich froh, dass Slowenien weitergekommen ist, da wurden ja als 10. bekanntgegeben und das war schon ein bisschen fies. Bei Slowenien ist es ja so, dass alle Bandmitglieder irgendwie lieb und sympathisch erscheinen – im krassen Gegensatz zu Lettland voriges Jahr, wo alle unsympathisch waren. Harhar, sorry, aber ich bin nicht alleine mit der Meinung.
Und richtig amüsiert hab ich mich gestern bei Australien, was wieder einmal besagt, dass eine gute Bühnenshow wirklich noch einiges bei einem “middle of the road” Song herausholen kann (und vice versa). Ich mein, da leben einfach die 1980er Jahre wieder auf und wer liebt die nicht? Und das Auto auf der Bühne hat Voyager buchstäblich um zwei Ränge bei den Wettquoten nach oben befördert. Ich hab mich wirklich gut amüsiert.
Überraschend hat es Albanien doch auch ins Finale geschafft und das wirklich verdient. Weil die alte Johnny Cash Weisheit berücksichtigt wurde: Singe jeden Song so als würdet du sterbend auf der Straße liegen und kannst nur noch diesen einen Song quasi als Vermächtnis an die Nachwelt hinterlassen. Das wird nicht jedermans Genre sein, aber Albina gibt wirklich alles. Das war auf seine Weise auch sehr unterhaltsam. Ich glaub, im Finale weint sie dann. Außerdem muss ich sagen, dass ich es faszinierend finde, das sie mit ihrer Familie auftritt und da wirklich alle, Eltern und drei Geschwister, super singen können. Aus einer Familie kommend, in der überhaupt niemand singen kann, inklusive mir selbst, finde ich das erstaunlich. Harhar.
Heute steht als das – für Österreich spannendere, insgesam aber deutlich schwächere Semi 2 des ESC auf dem Programm. Aber who cares: Poe Poe Poe Poe Poe!
Ok, Österreich steht bei den Wettquoten dieses Semifinales seit Anbeginn auf Platz 1. Sollte nichts unvorhergesehenes passieren, werden wir wohl endlich wieder an einem Finale teilnehmen können. Mein zweitliebster Song des heutigen Abends stammt aus Slowenien. Die Boyband Joker Out hab ich hier am Blog schon näher vorgestellt. Ansonsten wird es eher recht unspektakulär werden. Australien – mein Lieblingsland in Europa – wird auch weiterkommen; der Vertrag mit der EBU läuft allerdings heuer aus, und ich hoffe, er wird erneuert. Australien ist ja nicht nur eine Nation von glühenden ESC-Fans, sondern auch Garant für (meist) sehr gute Beiträge. 2016 haben sie mit Dami Im und Sound of Silence beinahe gewonnen, 2019 für eines der ikonischten Stagings des ESC gesorgt und zwar als Kate Miller-Heidke und Konsorten an irgendwelchen Stecken herumgebounct sind, bei Zero Gravity– ich mein, so geht WTF-Staging, da bleibt einem doch der Mund offen. Heuer treten Voyager mit Promise an. Eine okaye Daddy-Rock Hymne, extrem ungefährlich harhar, der Sänger ist Anwalt und kommt ursprünglich aus Buchholz an der Nordheide. Damit werden sie weiterkommen.
Ansonsten wird da sehr viel plätschern, im zweiten Semi. Manches wird vielleicht auch ein bisschen wehtun. Polen tritt zum Beispiel mit Blanka und Solo an, bei der Vorentscheidung gab es Korruptionsvorwürfe und die Nation steht nicht so wirklich hinter ihr. Unter ihrem Video hat jemand geschrieben: “We understand your pain, Polish people” und das haben 30.000 Menschen gelikt. Aber wenn man Interpretinnen gerne mit Stringtanga anschaut, ist man mit dem Video zumindest ganz gut bedient. San Marino tritt mit Piqued Jacks und Like an animal an, und man fragt sich, wieso San Marino einen fünftägigen Vorentscheid mit ich-weiß-nicht-wieviel-Teilnehmern veranstaltet und dann so ein Kinderverzahrer-Beitrag (ich kann dich wie ein Tier riechen, Baby) herauskommt. Und die Zeilen: “You have, you have a snake eyes. And I get, I get butterflies”. Okaaay.
Beim albanischen big-drama Video frag ich mich jedesmal, wieso die Protagonistin so fertig ist, wenn sie nachhause kommt, und alle Möbel mit weißen Tüchern abgedeckt sind – ok, hier wird also offenbar ausgemalt, was ist die Tragödie dahinter? Albanien mit Duje ist aber dieses Jahr einer der wenigen sehr folkloristischen Beiträge, wird es damit aber wohl auch nicht ins Finale schaffen.
Wie auch immer: Happy second semi! Es wird spannend.
Was, heute erstes ESC Semi und Almi hat noch nichts dazu gebloggt!?? Ich hab einen neuen Auftraggeber und grad echt viel zu arbeiten, aber das lass ich mir selbstverständlich last minute dann doch nicht entgehen, zumal bei orfon wieder mal Kalaueralarm herrscht (Nagelprobe für Schweden)
Also gut, heute sind die großen Favoriten dran. Das erste Semi ist das um Welten stärkere als das am Donnerstag sein wird. Schweden, Finnland, Norwegen und Israel kommen problemlos weiter, die sind auch bei den Wettquoten in den Top 10. Zu Schweden und Finnland hab ich eh schon was gesagt, Norwegen hat die typische ESC-Powernummer, die mich persönlich aber nicht sehr begeistert. Alessandra wird gern mit Keiino (Norwegen 2019) verglichen, nur fehlt ihrem Song Queen of Kings dieses typische Zwinkern, die Portion Selbstironie, die Spirit in the Sky damals so liebenswert gemacht hat. Queen of Kings ist gut gesungen, aber irgendwie seelenlos. Und Noa Kirel mit Unicorn für Israel hält sich ans Motto: Mehr ist mehr. Muss man mögen, aber ich glaub dafür bin ich zu alt.
Ich wünsche mir, dass Vesna mit My Sister’s Crown (Tschechische Republik) weiterkommen, schon wieder ein royales Thema, und dieses Jahr mein Lieblingssong. Ich habe aber ein bisschen Angst vor der Umsetzung auf der Bühne, die eventuell diesen starken artsy Vibe, den das Video verbreitet, nicht transportieren wird können. Ich mag auch auch Lettland, Aija mit Sudden Lights, aber let’s face it, diese Nummer ist vermutlich um mehrere Schichten zu sophisticated für den Bewerb. Der Song Samo mi se spava von Luke Black aus Serbien wäre super, wenn er nicht singen würde. Böse Zungen behaupten, dass er das auch nicht tut oder wie Jane Comerford im Songcheck gesagt hat: “Für den European Songcontest ist da erstaunlich wenig Gesang in dem Song.” Hat aber aufgrund der strangen Performance gute Chancen für den Finaleinzug.
Was gibt es sonst noch zu sagen: Ich wär für Niederlande statt Kroatien und Aserbaidschan find ich auch sehr süß, aber das wird leider nichts werden. Aufregend wirds aber bestimmt so oder so:
Vor zwei Jahren haben Maneskin das San Remo Festival gewonnen und haben entschieden, dass sie auch zum Songcontest fahren. Ich mag ja die italienischen Beiträge für den ESC praktisch immer sehr, war aber zunächst ehrlich gesagt nicht sonderlich begeistert vom Song Zitti e buoni. Außerdem war ich überzeugt, dass eine so relativ wenig eingängige Rocknummer keine Chance auf den Sieg haben würde.
Das alles kann man retrospektiv als ziemlichen Blödsinn betrachten, denn wie wir alle wissen, haben Maneskin den Songcontest nicht nur gewonnen, sondern auch gleich eine Weltkarriere gestartet und letztlich hab ich Zitti e buoni irgendwann auch in Dauerschleife gehört. K. hat mich nach dem Sieg gefragt, ob wir mal zu einem Konzert gehen, wenn sie nach Wien kommen. Aber dann war ja immer noch Corona und ich weiß nicht was, jedenfalls haben wir die Karten vor eineinhalb Jahren für 28. April 2023 gekauft und waren uns nicht mal sicher, ob die Band bis dahin noch zusammen sein würde.
In diesen eineinhalb Jahren ist soviel in meinem Leben passiert, nicht alles davon war gut, tatsächlich war am 28. dann zu allem Überfluss auch noch das Begräbnis meines Vaters, aber um 19 Uhr standen K. und ich tatsächlich vor der Stadthalle. Oder wir standen vor dem Park vor der Stadthalle, wo eine Menschenschlange angestellt war und es heftig regnete. Wir sahen uns an und stellten fest, dass wir nicht mehr genug Lebenszeit zur Verfügung hatten, um uns ans Ende der Schlange zu stellen und gingen einfach gleich direkt zum Eingang, unbehelligt. Dort wurde man selbst und die Tasche, die man mithatte, genauestens inspiziert. Die ganzen jungen Menschen vor uns mussten ihre Regenschirme draußen vor der Halle liegen lassen, ich habe schon von meinem Schirm Abschied genommen. Aber wenn man Ende 40 ist, wird zwar auch in die Tasche geschaut, aber der Regenschirm drinnen nicht beanstandet. Na gut, dann waren wir in der Halle und haben uns erstmal einen weißen Spritzer gekauft und uns ganz hinten in die Halle gestellt, neben die Leute vom Ton.
Ich war schon ewig nicht mehr auf einem Konzert, noch länger war ich nicht mehr auf einem Stehplatz, aber ich muss sagen: es hat sich gelohnt. Maneskin haben eine echt kurzweilige und energiegeladene Show geboten. Auch wenn ich nicht der Hardcore Fan bin, kannte ich die meisten Songs wie Beggin’ (von dem Maneskin sagten, dass es uns und ihnen bereits zum Hals raushängt, oder vielleicht doch nicht?), I wanna be your slave, Coraline, The Loneliest usw. und auch die Songs, die ich nicht kannte, waren mitreißend. Zur Interpretation meines Lieblingssongs Vent’ Anni (ironischerweise ein ruhiges, melancholisches Lied, ich mein dafür geht man auf ein Rockkonzert harhar) kamen Sänger und Gitarrist nach hinten zu uns auf die “billige Plätzen” und performten akustisch, dort auf dem Podest neben den Tontechnikern.
Das war schon sehr super. Dann wurde der Bassistin vom Sänger noch ein Teller mit Schlagobers über den Kopf geleert, weil sie Geburtstag hatte – was sie so semi gut fand. Aber mehr Action kann man sich doch echt nicht erwarten? Es war ein sehr schöner Abend und K. und ich fühlten uns von der Konzertbeschreibung im Kurier: “Leuchtende Augen haben dabei nicht nur die Mädchen, die nach vorn drängeln, um David anzuhimmeln, sondern auch die vielen älteren Semester, die hinten in ihren Metallica und Deep Purple Shirts vor Freude grinsten ” nicht angesprochen. Schließlich trug keine von uns dieses oder jenes Shirt. Harhar.
Nur eine Anregung haben wir, falls Manskin das hier lesen sollten: Bitte wieder mehr italienische Songs schreiben, danke.
Wäre Loreen nicht, wäre Finnland heuer wohl Favorit für den Sieg.
Cha Cha Cha ist ein richtiger Fanliebling und wird von den Nerds gefeiert. Ich weiß einerseits nicht genau warum, kann mich dem andererseits aber auch nicht ganz entziehen, um ehrlich zu sein. Cha Cha Cha ist irgendwie Genre-fluid, am Anfang Techno-Metal, am Ende wandelt es sich zu Eurodance, ich mag eigentlich beide Genres nicht unbedingt, trotzdem kriegt es mich irgendwie. Ich schwanke außerdem sehr, das entweder als etwas für die Dorfdisco zu halten oder aber als intellektullen Geniestreich anzusehen. Vielleicht ist das auch das Erfolgsgeheimnis.
Cesar Sampson sagt in den Songchecks darüber: “Der Songcontest braucht Informationen, die schnell ins Hirn reingehen, Dinge, die man sich schnell merkt. Nicht so langsame Grower, die nach einer Woche zum Lieblingssong reifen, sondern welche die gleich mal einen Eindruck hinterlassen. Ich glaube, das Mission Statement ist gelungen.”
Zur Bühnenshow ist zu sagen, dass ich da schon wieder Parallelen zu einem anderen (fast) ESC Beitrag gefunden habe, nämlich zu Maruv, die mit Siren Song 2019 beinahe für die Ukraine angetreten wären, dann aber von den eigenen Verantwortlichen zurückgezogen wurde, weil sie irgendwann in Russland aufgetreten ist ok, wie auch immer. Maruv war damals bei den ESC Hardlinern sehr gehypt, und hätte vermutlich ziemlich gut abgeschnitten. Jedenfalls erinnert mich Käärijäs Bühnenshow sehr an die Performance von Maruv, vor allem die Interaktion mit seinen Bühnenpartnerinnen (die Bühnenraupe etwa). Ende der Nerd-Durchsage.
Wird das gewinnen? Weiß ich nicht. Wird das in die Top 3 kommen? Ganz sicher.