almis personal blog

Frühstück Sonnwendviertel

Heute hab ich mich mit K. getroffen, meiner ehemaligen Arbeitskollegin.

Sie, Ex-Favoritnerin hat mir, auch Ex-Favoritnerin das Sonnwendviertel gezeigt, das ich wirklich noch gar nicht kannte und wir sind ein bisschen dort herumgestreift und dann wir waren beim Mann (unbezahlte Werbung) dort frühstücken.

Ich hatte das Startup Frühstück mit Cappucino
Die Mann-Filiale, quasi mitten auf der Wiese – gegenüber vom Motorikpark

Als das Kind damals im Urlaub auf die Welt kam, musste ich ja in der Firma Bescheid geben und habe gehofft, dass K. ans Telefon gehen würde (das kann man auch in meinem Buch nachlesen). Das hat sie getan und hat wunderbar reagiert und deshalb sind wir auch immer noch befreundet, obwohl wir beide schon lange nicht mehr dort arbeiten.

Und jetzt erzähle ich ihr seit zweieinhalb Jahren quasi ein und dasselbe mit Updates und es interessiert sie immer noch und sie stellt total interessante Fragen und sagt immer so hilfreiche Sachen und dafür bin ich sehr dankbar.

Nach dem Frühstück haben wir uns noch den berüchtigen Brunnen vom Künstlerkollektiv Gelatin angesehen, der voriges Jahr eröffnet wurde und sehr “umstritten” ist:

Ich wusste nicht so wirklich, was ich dazu sagen soll, gefällt er mir, gefällt er mich nicht, gehts überhaupt darum oder wie oder was, aber mittlerweile ist mir das richtige Wort dafür eingefallen: Er ist gesprächswertig! harhar.

Favoriten

Am Dienstag war ich mit L. im Cinecenter und wir haben uns Favoriten angeschaut. Eigentlich wollten wir ins Votivkino, doch das war ausreserviert und auch unser Saal im Cine war letztendlich ausverkauft. Ich habe das Cine Kino noch nie so voll gesehen, wie an diesem Abend.

Favoriten ist die neue Dokumentation von Ruth Beckermann. Sie portraitiert darin eine Volksschulklasse in der Quellenstraße im 10. Bezirk. Über drei Jahre hat Beckermann Klasse begleitet, von 2020 bis 2023. Das war zwar teilweise in der Coronazeit, aber von Corona merkt man in dieser Doku glücklicherweise recht wenig, außer, dass immer irgendwo Masken herumkugeln.

Ich bin bei solchen “Sozialdokus” immer etwas skeptisch. Ich muss da an die Alltagsgeschichten von Elisabeth T. Spira denken, ihre Art der Befragung und des “Framings”. Für mich hat das oft etwas paternalistisches. Spira hat auch selbst einmal gesagt, sie muss quasi die Kronen Zeitung lesen, um sich auf das Niveau ihrer Darsteller zu begeben und das fand ich eine hm, schwierige Aussage. Bei den Alltagsgeschichten hatte ich auch immer ein Gefühl der Übersättigung. Wenn man selbst in Favoriten aufgewachsen ist, hat man eher die Sehnsucht nach Geschichten, die man nicht kennt, also vom Leben in Döbling zum Beispiel, harhar.

Ich muss allerdings sagen, Favoriten hat mich beeindruckt. Zunächst ist der Film extrem lustig. Man lacht eigentlich von der ersten Minute mit den Kindern, nicht über die Kinder, weil einfach so witzige und herzerwärmende Szenen entstehen. Alle paar Minuten sagten L. und ich: “Oh” und “Moiii”. Es war einfach süß und lieb. Denn, und das rechne ich Beckermann hoch an, sie mischt sich in ihre eigene Doku auch nicht ein. Es werden den Kindern keine Fragen gestellt, es werden keine Themen “abgearbeitet”, es ist wirklich fast durchgehend ein Portrait ohne irgendeinen Kommentar und darüber bin ich sehr froh.

Natürlich kann man zurecht sagen, sobald ich etwas beobachte, verändere ich die Dynamik. Das wird natürlich auch hier in gewisser Weise der Fall sein, allerdings denke ich, dass diese Gefahr bei Kindern weniger gegeben ist, weil sie wahrscheinlich die Kamera bald einmal vergessen, so wirkt es zumindest. So sehen wir die Kinder tanzen, wir sehen sie Rechenkönig spielen, Schularbeiten schreiben und auch weinen, wenn die Noten nicht wie erwartet ausfallen. Wir sehen einen Besuch der Moschee und einen im Stephansdom, wir sehen Konflikte, die die Lehrerin sehr feinfühlig moderiert, Referate, Gespräche über Streit und Krieg und über die eigene familiäre Situation. Wir sehen einen Elternsprechtag.

Natürlich sehen wir auch die Probleme, die es gibt. Oder sagen wir so, diese Klasse bräuchte eher fünf oder sechs Pädagoginnen und Pädagogen. Die Kinder bräuchten sehr viel (mehr) Förderung und Unterstützung, die meisten sind nämlich sehr interessiert und engagiert, aber es gibt Handicaps, sowie die kulturelllen Reibepunkte. Der Film bietet keine Lösung an, das wäre auch illusorisch. Aber er entlässt einem trotzdem mit einem positiven Gefühl und auch so etwas wie einer indifferenten Hoffnung und damit hatte ich ehrlicherweise gar nicht gerechnet.

Die Quellenstraße

Die Quellenstraße im 10. Bezirk ist eine der wildesten Straßen der ganzen Stadt, würde ich mal sagen. Ich habe viele Jahre lang in unmittelbarer Nähe gewohnt.

Verkehrstechnisch sind dort alle Regeln der STVO außer Kraft gesetzt, es herrscht Anarchie, sowas wie Blinken oder vorausschauendes Fahren findet keine Anwendung, und das, obwohl die Straßenbahnlinie 6 (die selbst als ziemlich abenteuerlich bezeichnet werden kann) dort fährt. Aber das ist natürlich nicht alles. Es wurrelt vor Menschen in der Quellenstraße, sodass man sich augenblicklich auf eine einsame Insel wünscht, und zimperlich darf man nicht sein, wenn man dort entlanggeht. Da wird schon mal lautstark gestritten oder gerauft und es werden einem Dinge hinterher gerufen und naja. Ich stelle es mir schwierig vor, eine irgendwie objektive Doku über die Quellenstraße zu drehen. Ed Moschitz hat das versucht und sie war gestern auf ORF zu sehen. Sie trägt den Namen Die Quellenstraße – das bunte Herz von Favoriten.

Leider muss ich sagen hat sich diese Doku wenig von Elisabeth T. Spiras Alltagsgeschichten unterschieden, die ich persönlich auch nicht sehr schätze. Ich als native Favoritnerin habe bei Spiras Dokus nie irgendeinen Erkenntnisgewinn gehabt. Wenn man 37 Jahre seines Lebens im 10. Bezirk verbracht hat, braucht man sich das nicht anzusehen, man hat das täglich so oder ähnlich erlebt. Und einen Blick nach “innen” gab es nicht. Und so ähnlch geht es mir auch bei der Moschitz Doku. Ja, da gibts die Alkoholiker und die, die auf die Ausländer schimpfen, die resignierten Arbeitslosen und die Kleinkriminellen und ja, auch ein paar MigrantInnen, die sich hier mehr oder weniger wohlfühlen. Und natürlich die allgemeine Tristesse, die die Quellenstraße zu umhüllen scheint. Aber was weiter? Was ist dahinter? Wo ist der Blick hinter die Fassade? Zeigt man eine Art von Wirklichkeit oder reporduziert man bloß Klischees? Und vor allem: was macht man, um das Zusammenleben vielleicht angenehmer zu gestalten. Wie ich schon einmal hier schrieb: Favoriten braucht mehr Aufmerksamkeit und mehr Zuwendung.

Das einzige Segment der Doku, dass mich überrascht und überzeugt hat war die Passage über die Besitzer des Erotikkinos Fortuna – das sich genaugenommen nicht auf der Quellenstraße befindet, sondern auf der Favoritenstraße, etwas oberhalb vom Reumannplatz befindet, aber ok. Eine Frau und ein (ursprünglich) Mann, der sich als beidgeschlechtlich fühlt. Was die beiden zu sagen hatten, über ihre Situation und darüber, wie Intersexualität selbst von den eigenen Kinder nicht verstanden oder respektiert wird, war sehr offen und berührend. Genau dieses Fingerspitzengefühl wäre auch an anderer Ort und Stelle nötig gewesen. Aber eines muss der/die ZuschauerIn Moschitz zumindest zugute halten: Es hat niemand gesungen.

Rundgang Oberlaa

Mit der Initiative Denkmalschutz war ich gestern auf Rundgang in Ober/Unterlaa.

Der letzte österreichische Kutschenbauer Florian Staudner hat uns viel über die Geschichte der Gegend erzählt, und wir haben auch gesehen, wie Neubauten – die im Zuge des Ubahn Baus dort errrichtet werden – den dörflichen Charakter der Gegend gefährden.

Sehr gut hier zu sehen, hinter dem Feld, die neuen Bauten, die nicht wirklich ins Ortsbild passen – und man fragt sich wieder, ob das wirklich so sein muss.

Anschließend an den Rundgang dann der (versöhnliche) Ausklang beim sehr netten und lauschigen Heurigen Schurli, an einem perfekten Spätsommerabend.

Favoriten my love

Ein ungarischer Minister war in Wien und hat sich über die dreckige Stadt, die hohe Kriminalität und die niedrige Lebensqualität durch die hohe Zuwanderung ausgelassen. Und das auf der Favoritenstraße, quasi dem Fanal dieser Phänomene.

Also Moment. Ich habe 37 Jahre in Favoriten gelebt, das fordert mich natürlich heraus, dazu etwas zu sagen. Ja, ich hab zu Favoriten nicht gerade eine leidenschaftliche Liebesbeziehung gepflegt. Ich bin im Urlaub nicht wach gelegen und habe es schmerzlich vermisst. Und ich hab mich irgendwann von Favoriten ohne die Spur des Anfluges von Sentimentalität getrennt, weil ich das Gefühl hatte, ich brauche jetzt etwas anderes in meinem Leben. Das heißt aber nicht, dass Favoriten nicht seine Qualitäten hat.

An Favoriten mochte ich zum Beispiel, dass man sein konnte wie man wollte. In Favoriten ist es jedem wurscht, was du machst und wie du ausschaust. Auf der Favoritenstraße prominierst du nicht, um gesehen zu werden, es würde auch keinen interessieren. Um in der Straßenbahnlinie 6 aufzufallen, musst du schon sehr skurill sein und selbst dann -… kurzum: Favoriten ist nicht elitär und will es nicht sein, Favoriten ist ziemlich rauh und direkt, eine ganz gute Lebensschule, und wenn du Streit anfangen willst, gelingt das wahrscheinlich besser als anderswo. Es kann sein, dass du mit deinem Kind auf dem Spielplatz bist und plötzlich beginnen sich zwei, drei, vier Väter zu prügeln und bald darauf kommt die Polizei, dafür brauchst du kein Hermestuch und Stöckelschuhe anziehen, wie das auf Spielplätzen in anderen Bezirken der Fall ist.

Nicht alles ist super in Favoriten. Es ist sicher kein Bezirk, den man auf den ersten Blick als extrem einnehmend bezeichnen würde. Aber Favoriten wandelt sich und muss sich verändern, es tut es auch, mein Favoriten von damals ist nicht mehr das von heute. Favoriten ist groß und vielfältig und ambivalent. Jede Ecke ist anders und es gibt auch pittoreske Flecken (ja wirklich). Favoriten braucht einiges, Zuwendung und Aufmerksamkeit wahrscheinlich, aber sicher kein unqualifiziertes Bashing und keine mitleidigen Blicke. Obwohl das eh an ihm abprallt. In seiner Sperrigkeit kann es nämlich sehr selbstbewusst sein.

Und wie ich mal gelesen habe: Du kriegst vielleicht dich aus Favoriten aber Favoriten nie aus dir raus. Und das ist irgendwie auch schön.

Alte Hood

Im Zuge des Ausgehens am Wochenende war ich auch wieder mal in meiner alten Hood, Favoriten. Zwar haben wir im 10. Bezirk noch unsere Familie, aber abgesehen von Besuchen in den Wohnungen dort, bin ich nur noch selten im dem Bezirk, in dem ich zwar 37 Jahre gelebt habe, seit mittlerweile drei Jahren aber nicht mehr ansässig bin. Denn nun lebe ich in Floridsdorf, ganz im Norden anstatt sehr im Süden Wiens.

Es ist schon witzig, wieder mal die Wohnung zu besuchen, in der ich aufgewachsen bin und dann mit dem Bus zum Reumannplatz und später wieder zurück zu fahren. Der Bus ist übrigens um 21.30 komplett voll, alle Sitzplätze belegt. Es ist zu dieser Zeit mehr los als im Bus in Floridsdorf während der rushhour. Der Flodo-Bus, der übrigens nur alle zwanzig Minuten fährt, führe zu dieser nachtschlafenen Zeit halb zehn Uhr abends auch gar nicht mehr. Wie auch den ganzen  Sonntag nicht! Dafür wird man von Busfahrer gegrüßt.

Anhand dieser Eckdaten kann man sich vorstellen, dass das Leben in Favoriten ein vollkommen anderes ist als in Floridsdorf. Das Kind sagt zum Beispiel immer, “Hier bei uns am Land…” also da weiß man schon Bescheid. Zu Transdanubien hat wohl jeder so seine Meinung (gehört nicht mehr so richtig zu Wien), zu Favoriten aber definitiv auch, und die ist nicht immer so positiv.

Ich habe lange mein Leben in Favoriten gar nicht hinterfragt. Ich mochte an Favoriten, dass man das auch nicht musste. Man kann sehr ungestört von Trends und Klassen-Etüden, von Sehen und Gesehen werden, einfach sein. Es interessiert im Prinzip keinen, außer man will Streit anfangen. Das geht in Favoriten schon sehr gut. Aber sonst kann man sehr unbehelligt leben. Eigentlich hab ich erst nachzudenken begonnen, als ich drei Monate in Südtirol gelebt habe und nichts vermisst habe. Nach Favoriten verzehrt man sich nicht gerade vor Sehnsucht. Und mit Kind kommt man dann ins Nachdenken, darüber wie und wo man weiterleben will. Am Ende war ich nicht mehr sehr glücklich in Favoriten, was vielleicht auch am Bezirk, definitiv aber mehr an mir und den Lebensumständen lag.

Trotzdem war der Ausflug in den alten Lebensraum schön, auch wenn es erstaunlich ist, wie schnell man sich entwöhnt und eigentlich fast fremd fühlt. Denn auch Favoriten hat sich weiterentwickelt.

Streifzüge durch die Bezirke

Gestern waren wir mit Freunden im 2. Bezirk essen und danach im Augarten. Es war erst mein zweiter Besuch insgesamt im Augarten (der erste erfolgte im Sommer anlässlich eines Kindertheaterstücks) und ich kenne die Gegend – die als “bobo” gilt und den Beinamen Mazzesinsel trägt, ganz ganz schlecht.

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Das ist schon interessant. Am besten aller Bezirke kenne ich natürlich Favoriten (erst kürzlich geschildert). Dann, glaube ich, den dritten Bezirk, zu dem ich immer viel Bezug hatte, da ich viele Jahre lang dort gearbeitet habe und meine Hauptauftraggeber nach wie vor dort ansässig sind. Früher wollte ich auch gerne mal in den 3. ziehen. Auch den 23. Bezirk kenne ich halbwegs gut, zumindest die Ecke, in der unser Garten liegt. Und natürlich kenn ich die Gegend um “meine Uni” und den ersten Bezirk, plus angrenzende Umgebung (4. Bezirk, 8. und 9. Bezirk).

Kaum Bezug hab ich zu den Bezirken 11 bis 19 gesamt, abgesehen vielleicht von Döbling, weil meine Mama ihr Leben lang dort gearbeitet hat, (aber es ist basically upper class). Im 20. waren wir zumindest immer im Kino, und Transdanubien hab ich früher nicht mal ignoriert – hat sich natürlich geändert, seit ich hier lebe. Harhar.

Generell kann man sagen, wenn man in verschiedenen Bezirken auf Spielplätze geht, dann erfährt man einiges über die jeweilige Gegend. Man braucht sich nur die Kleidung ansehen (Jeans versus Hermes Tücher), die Sprache anhören (“Hearst Oida” ja oder nein) und auf vorbeikommende Polizeiwägen (ja/nein) achten

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Na ja, jedenfalls den 2. kenne ich eben sehr oberflächlich (Dianabad eigentlich nur) und es ist eine komplett andere Welt, die wir da gestern betreten haben, ganz andere Leute, ganz andere “Attitude”. Und Lokale haben beispielsweise den Namen “Pizza Mari” (sic!!) und beschreiben sich “als einzigen Sitz seit 2008”. Tja, irgendwann muss Tradtion ja schließlich beginnen.

Wie es wirklich ist in Favoriten zu leben

Heute machte ein Text über meinen Heimatbezirk Favoriten die Runde in den sozialen Medien, erschienen im Biber und nennt sich Wie es wirklich ist in Favoriten zu leben.

Ich muss sagen, der Text hat was. Als in Favoriten Sozialisierte kann ich da vieles unterschreiben. Gut, Dönerstände gabs in meiner Jugend noch nicht soviele… Man bekommt aber wirklich immer eindeutige Rückmeldung, wenn man sagt, dass man im zehnten Bezirk wohnt, und diese Rückmeldung schwankt zwischen Mitleid und großem Mitleid. Einmal sagte jemand zu mir, als ich ihn gegenfragte, wo er denn wohne: “Ich wohne in einem schönen Bezirk.” Ziemlich vielsagend, oder?

Finden wir (Ex-)Favoritner unseren Bezirk schön? Nun ja, es kommt darauf an. Im Text heißt es, es sei ein Unterschied, ob man in Oberlaa (Naherholungsgebiet) wohne oder in der Herzgasse, dann muss ich sagen, ich hab fast in der Herzgasse gewohnt, und ich weiß, was die Autorin meint. Ich habe auch mal fast am Reumannplatz gelebt, und zwar acht Jahre lang und ich fand das damals gar nicht schlimm. Denn vom Reumannplatz aus bist du zb. in acht Minuten am Stephansplatz. Interessant aber, dass ich es gut fand, wie schnell ich von dort woanders hinkomme. Ein krasser Unterschied zu zb. Floridsdorf. Hier dauert es gefühlt ewig, bis man aus dem Grätzel draußen ist, man (oder ich) hat aber auch nicht den Drang danach. Schön, im Sinne von pittoresk, ist der zehnte Bezirk an manchen Orten vielleicht, sicherlich weniger an seinen Hotspots, aber er dennoch hat er seine Qualitäten.

Zu diesen zählen, dass man sehr man selbst sein kann. In Favoriten ist man ziemlich anonym und es gibt sehr viele skurille Menschen (einfach weil es soviele Bewohner dort gibt), da fällt die eigene Skurillität nicht auf. Außerdem leben viele Kulturen zusammen, und das geht nicht ohne Clashes ab, die – wie im Text dargestellt – auch von einer bemerkenswerten Direktheit sein können. Von elitärem Verhalten ist so und so keine Spur, es gibt keine wie immer geartete Upper Class in Favoriten, auf der Favoritenstraße prominiert man nicht, und es gibt kein Sehen und Gesehen werden, keine Dresscode, insofern ist man im Zehnten schon auch sehr relaxt unterwegs.

Was ich mit den Jahren immer weniger mochte waren die vielen Menschen überall, der ganze Trubel auf den Straßen. Mit einem Kind, das den Drang zu laufen hat, den Drang die Welt zu erobern, ist es mitunter mühsam in Favoriten zu leben, weil es einfach  anstrengend ist, weil man – zumindest subjektiv – dem Kind nicht das bieten kann, was man eigentlich möchte an Freiflächen, Selbstständigkeit, an Natur und ja, auch ein bisschen an Feingefühl. Wobei das Kind heute noch sagt, dass es ihm auch dort gefallen hat und, dass er auch gerne in Favoriten gelebt hat.

Es ist schon interessant, was Wahrnehmung ausmacht und wie sich die Wahrnehmung mit der Zeit auch ändern kann. Und natürlich ändert sich der Bezirk auch als solches in einem Zeitraum von 30 Jahren. Aber es mag schon stimmen, was die Autor in Biber am Ende ihres Artikels schreibt:

Du kriegst vielleicht dich aus Favoriten aber Favoriten nie aus dir.