almis personal blog

Oscar Review, zwei

Im Jahr 2004 wurde Million Dollar Baby von Clint Eastwood mit dem Oscar für den besten Film ausgezeichnet und ich habe meine Probleme damit. Der erste Teil des Films ist in Ordung, wenn er mich auch nicht unbedingt zu Begeistertungsstürmen hinreißt, den zweiten Teil würde ich aber getrost als Pain-Porn bezeichnen. Ich möchte nicht zu sehr spoilern, falls ihn jemand nicht kennt, aber die halbdokumentarische Aufarbeitung einer Pathogenese ist nicht gerade das, was ich mir im fiktionalen Kino erwarte.

Einen wirklichen Skandal unter Filmnerds hat die Verleihung 2005 ausgelöst. Man erinnert sich, damals war Brokeback Mountain in aller Munde, die Liebesgeschichte zweier Cowboys von Ang Lee. Hochfavorisiert, sehr viel gewonnen bis zur Oscarnacht, gelobt für den mutigen Umgang mit dem Thema, noch dazu als Neo-Western, einem traditionell heteronormativ-virilen Genre and so on. Jedenfalls war dann nicht nur Jack Nicholson überrascht, als er das Kuvert öffnete und den Gewinner bekannt gab, der Crash hieß – ein Episodendrama, angesiedelt im Los Angeles der Gegenwart, das Rassismus und Vorurteile anhand von einigen miteinander verwobenen Geschichten beleuchtet. Hätte es damals schon Social Media im heutigen Ausmaß gegeben, dieser Gewinn hätte den Mega-Shitstrom ausgelöst. Ich muss ehrlich sagen, ich bin da echt zwiegespalten. Ich schätze die Message von Brokeback Mountain, ich finde das Thema wichtig und ich mag es, wenn Tabus gebrochen werden, aber ich fand den Film an sich, sorry, extrem öde. Jedenfalls wohl eine der Entscheidungen der Academy, die am kontroversiellsten diskutiert wurden, bis heute.

2006 hat Martin Scorsese dann endlich seinen ersten Oscar gewonnen, für einen Film, der eigentlich ein Remake war, The Departed. Für eingefleischte Scorsese-Fans wahrscheinlich der falsche Film, ich bin kein eingefleischter Fan und ich fand den Film gut, auch wenn er wohl nicht sein relevantester ist; die Konkurrenz war in diesem Jahr mit der sperrigen Eastwood Produktion Letters form Iwo Jima, der Feelgood Indie-Komödie Little Miss Sunshine, sowie der Innaritu Parabel Babel zwar interessant, aber da lag kein anderer Gewinner auf der Hand.

No Country for Old Man von den Coen-Brüdern gewann 2007 den Oscar und das geht für mich voll in Ordnung. Obwohl (oder weil?) er kein typisches Coen-Werk ist, der schräge Humor fehlt dieser Produktion großteils, es ist ein rauher, nüchterner Film, der von Gewalt erzählt, ohne dabei irgendeine Art von Karthasis im Blick zu haben. Und, was ich an diesem Film am erstaunlichsten finde: sein Höhepunkt findet ohne die Zuschauer statt. Das bedeutet, die Szene, die für den Film eigentlich die wichtigste ist, passiert quasi offline. Das ist sehr skurill, so als würde man im Finalspiel der Fußball-WM das entscheidende Tor verpassen, weil man sich gerade ein Bier holt. Das muss man sich als Regisseur erstmal trauen, seinen Zusehern zuzumuten, weil es komplett den Sehererwartungen zuwiderläuft. Und sowas mag ich ja sehr.

2008 war dann wieder ernüchternd für mich. Die Danny Boyle Produktion Slumdog Millionaire dominierte die Verleihung und ich weiß bis heute nicht wieso. Ich kann aber mit Danny Boyles Regiearbeiten grundsätzlich wenig anfangen. 2009 war mit The Hurt Locker dann wieder interessanter. Kathryn Bigelow war die erste Frau, die mit einem Regie-Oscar ausgezeichnet wurde, was ihr Ex-Mann James Cameron noch huldvoll beklatschte; als sie seiner Produktion Avatar dann allerdings noch den Preis wegschnappte, war er nicht mehr so begeistert.

Oscar Review, eins

Die Oscars stehen vor der Tür, daher eine kleine Rückschau auf die besten Filme der letzten zwanzig Jahre, in denen ich die Oscars intensiv verfolgt habe, um ein bisschen in Stimmung zu kommen.

1998 war ich ein großer Fan von Roberto Benigini und seinem Film Das Leben ist schön. Mit Shakespeare in Love, der dann zum besten Film des Jahres ausgezeichnet wurde, konnte ich weniger anfangen. Wenn man bedenkt wie selten es vorkommt, dass Komödien/Musicals dem Dramafach bevorzugt werden, fragt man sich schon, was diese harmlose und etwas orientierungslos erscheinende Liebeskomödie an sich hatte, um zu diesem Kreis der auserwählten aufgenommen zu werden. Mr Weinstein erhielt übrigens damals als Produzent den Oscar und dominierte von da an als Marketingmann die Academy Awards für nun ja, ziemlich lange Zeit bis #metoo.

1999 und schon wieder #metoo. Damals gewann American Beauty und wenn wir mal außer acht lassen, was Kevin Spacey heute vorgeworfen wird, muss ich ehrlich sagen, dass ich dieser Film bei meinem 23-jährigen Ich total den Nerv getroffen hat. Weil er eigentlich ein so untypischer Gewinnerfilm ist, eher eine Indie-Produktion, sehr Amerika/konsum/gesellschaftskritisch, wie er hinter die Fassaden von angepassten Familien blickt und Tabuthemen quasi im Vorbeigehen aufgreift und abarbeitet, ohne dabei irgeneinen moralischen Zeigefinger zu heben. Dazu ist dieser Film sehr ästhetisch in Bild und Musik, man glaubt kaum, wieviel Poesie ein herumflatterndes Einkaufssackerl haben kann, wenn man es richtig in Szene setzt.

2000 hat Gladiator gewonnen und sorry, der Film ist mir einfach zu langsam und zu lang und das Thema ist auch nicht wirklich meines. Das absolute Kontrastprogramm zum vorigen Jahr, eine monumentale Ridley Scott Produktion, die vor Pathos nur so trieft, aber wenn man auf römische Feldherren steht, die sinnierend durch ein Weizenfeld gehen, ist man hier richtig. Im Jahr darauf war übrigens schon wieder Russel Crowe, der an sich ja schon recht cool ist, in einem Gewinner-Film zu sehen, nämlich A Beautiful Mind. Crowe spielt darin das schizophrene Mathematik-Genie John Nash (den es tatsächlich gab) und man warf dieser Ron Horward Produktion vor, aus Kalkül die tatsächliche Persönlichkeit des John Nash von möglicherweise allzu problematischen Wesenszügen befreit zu haben. Der Film ist aber an sich nicht uninteressant, auch wenn ich 2001 total verknallt in Moulin Rouge war.

2002 hat dann tatsächlich ein Musicalfilm gewonnen, aus meiner Sicht aber der falsche. Chicago ist eine sehr angepasste Musical-Verfilmung, die mit Catherine Zeta-Jones eine tolle Nebendarstellerin hat, aber gegen die Baz Luhrmann’sche Innovationskraft sehr brav und bieder wirkt. Ich halte diesem Film nur zu gute, dass er Gangs of New York verhindert hat, den ich wirklich leidenschaftlich hasse. Harhar. Ja, ich weiß, das ist ein Sakrileg, weil von Martin Scorsese, aber ich kanns nicht ändern.

2003 gewann Lord of the Rings alle verfügbaren Oscars außerhalb der Schauspielerkategorien, in denen er nicht nominiert war – ein sogenannter Clean Sweep. Was irgendwie ein bisschen schade ist, weil sowohl Lost in Translation als auch Master and Commander (schon wieder Russel) und auch Mystic River die für mich die wesentlich spannenderen Filme waren, aber Hype ist Hype. Ich bin aber auch kein Fantasy-Fan.

Mythen im Film

Letztens hab ich einen sehr guten Artikel über Sex Mythen im Film gelesen, den man eigentlich nur vollinhaltlich unterschreiben kann.

Tatsächlich lehrt einen das Medium Film ja sehr viele Dinge, bevor  man sie selbst erlebt und dann hat man – vor allem als sehr junger Mensch – das Gefühl, dass das Medium die Realiät abbildet. Abgesehen davon, dass es die Realität an sich ja schon nicht gibt, birgt das natürlich gewisse Gefahren. Ich hatte als Jugendliche eine Freundin, die ihre erste Beziehung mit Beziehungen in Filmen gleichsetzte und immer ganz enttäuscht war, wenn sich ihr Freund gar nicht “filmtauglich” verhalten hat. Das mag eine Extremposition sein, aber ganz kann man sich vor solchen Klischees wahrscheinlich nie ganz verschließen, vor allem wenn sie in einer gewissen Konzentration auf einen einströmen. Weshalb ja der Film auch eine gewisse Verantwortung gegenüber seinen Zusehern hat, finde ich.

Ich hab das selber erlebt als ich im Kreissaal lag. Nachdem ich ja meinen Geburtsvorbereitungskurs um gute sechs Wochen verpasst hatte, fragte ich mich, was jetzt eigentlich zu tun sei. Ich konnte mich nur fragmentarisch daran erinnern, was ich zum Thema “Geburt” auf Wikipedia mal überflogen hatte. Also überlegte ich mir, was ich so an Geburten im Kino schon gesehen hatte. In ganz frühen Filmen wird ja immer nach Tüchern und heißem Wasser verlangt (warum weiß ich eigentlich immer noch nicht so genau), später wird sehr viel geschrieen und gehechelt, falls es nicht überhaupt so schnell geht wie zum Beispiel beim Billa eine Wurstsemmel bestellen. Das alles war nicht wirklich hilfreich. Oder als in irgendeinem Film der Frau die Fruchtblase platzt, und dann ruft sie einfach ein Taxi und setzt sich da komplett trocken rein. Ja waaaahrscheinlich.

Aber zurück zum Sex in Filmen, da find ich es ja durchaus gut, wenn man zur Ironie übergeht. Wie in Harry und Sally. In einer der kultigsten Filmszenen überhaupt, die wohl die meisten Zuschauer einfach sehr amüsant finden, wird quasi nebenbei auch etwas über Kommunikation über Sex gelehrt. Nämlich als Harry von seinen Affären berichtet, wo er nicht mal so lange bleibt um anschließend noch mit den beteiligten Frauen zu reden, und dennoch davon überzeugt ist, dass sie es genauso genossen haben wie er selbst. Wir wissen alle wie Sally die Sache erklärt. Und obwohl das einfach ziemlich witzig ist, erzählt es auch etwas darüber, wie Mann und Frau miteinander manchmal (nicht) kommunizieren. Und das ist eigentlich ziemlich feminisisch für eine “einfache” RomCom.

Auch wenn Hitchcock recht hatte als er – angesprochen auf eine Unplausiblität – sagte: es ist nur ein Film. Es ist zwar nur ein Film, aber innerhalb dessen sollte es schon halbwegs schlüssig zugehen. Und so wie sich die Gesellschaft verändert, offener wird und differenzierter Themen diskutiert, sollten vielleicht auch die “ewigen Themen” in Filmen neu gedacht und in Szene gesetzt werden.

Quotes

In einer netten Facebook Gruppe wurden die Lieblingszitate der Userinnen gesucht und da kamen so Dinge wie “Am Ende wird alles gut und wenn es nicht gut ist, ist es nicht das Ende” (mindestens dreimal erwähnt) und “Wer will, sucht Wege, wer nicht will, sucht Gründe.” oder “If you can dream it, you can do it.”

Mir ist eingefallen: On a long enough timeline the survival rate for everyone drops to zero.” Harhar. Nicht gerade Erbauungslyrik, das Zitat ist aus Fight Club, es ist schlicht und genial, find ich. Und ich finde immer noch, dass man praktisch das ganze Drehbuch dieses Films zitieren kann.

Vor allem natürlich, wenn man sehr antikapitalistisch drauf ist. Da passen dann so Dinge wie: “The things you own end up owning you” oder “Only after disaster can we be resurrected. It’s only after you’ve lost everything that you’re free to do anything.” Man darf sich durch den Filmtitel nicht täuschen lassen, das Kämpfen ist ja nur das Vehikel für die Suche nach dem Sinn des Lebens.

Sehr schön finde ich im Film ja auch, als Brad Pitt (sic!) sagt: “We’ve all been raised on television to believe that one day we’d all be millionaires, and movie gods, and rock stars. But we won’t. And we’re slowly learning that fact. And we’re very, very pissed off.”

Pronunciation Guide

Im Zuge der Oscar-Nominierungen hab ich einen interessanten Artikel darüber gelesen, wie man die schwierigen Namen von gewissen Nominees denn richtig ausspricht.

Allen voran natürlich der Namen der irischen Hauptdarstellerin von Lady Bird, Saoirse Ronan. Ich gebe zu, ich hab jetzt schon öfters gehört, wie man diesen Namen richtig ausspricht, aber sich das zu merken ist wirklich nicht ganz einfach. In einem Gespräch mit Ellen de Generes wird nochmal genau erklärt, wie das richtig geht.

Das Gespräch ist überhaupt sehenswert, weil Miss Ronan beschreibt, wie in einem Dubliner Nagelstudio von ihrer Golden Globe Nominierung erfahren hat und gar nicht mitbekommen hat, wie falsch Dennis Quaid ihren Namen ausgesprochen hat:

Wie Ellen richtig sagt, “The spelling makes no sense.” Na ja, vielleicht so ein Irland-Ding, wobei “Saoirse” (ich muss sogar jetzt jedesmal wieder nachschauen, wie man den Namen schreibt) anscheinend gar nicht so häufig in Dublin zu hören ist. Vielleicht kann ja meine Freundin Irene in Irland darüber Auskunft geben, wieviele Saoirses sie kennt.

In dem Artikel werden noch einige wertvolle Aussprache-Hinweise zu Namen wie Daniel Kaluuya oder Timothee Chalamet gegeben. Obwohl ich ja (halbwegs) Italienisch kann, find ich den Namen des Call me by your name Regisseures Luca Guadagnino auch nicht ganz einfach auszusprechen, ehrlich gesagt.

Es gibt aber auch Fälle – so bei den Oscars 2014 – wo John Travolta die Sängerin Idina Menzel hätte ankündigen sollen, der Teleprompter den Namen allerdings in Lautschrift verschriftlicht hat und das Travolta offensichtlich so überfordert hat, dass er die “wickedly talented Adele Dazeeem” ankündigte. Wer auch immer das sein soll. Dieser Moment wird Travolta wohl ewig verfolgen, das wurde ein Kult-Moment in der Oscargeschichte, aber er hat es eh mit Humor genommen.

Oscar Noms

Heute also die Oscar-Nominierungen und ich kenn praktisch keinen Film, es ist ein bisschen zum heulen. Trotzdem schreib ich was dazu. Harhar.

Also erstens: Die Nominierungsshow, die diesmal veranstaltet wurde, war ein bisschen creepy. Die Filme, die die jeweiligen Kategorien vorstellen sollten (wozu brauchte es die überhaupt?), waren lynch-esk, aber auf banal. Dazu zwei Moderatoren, von denen nur einer halbwegs fähig war, Namen korrekt vorzulesen. Mit dem Charme einer Dauerwerbesendung vorgetragen.

Na ja. Zu den Nominierungen ist zu sagen, dass es Christopher Plummer als Stand In von Kevin Spacey (siehe #metoo) tatsächlich geschafft hat, nach seiner Golden Globe Nominierung, nun auch ein Oscar Nominee zu sein. Und damit ist er der Einzige, der für den Film All the Money in the World nominiert wurde.

Schön sind die vielen Nominierungen für Lady Bird, unter anderem für meine bewunderte Greta Gerwig. Die – und nun festhalten – erst die fünfte Frau überhaupt ist, die für einen Regieoscar nominiert wurde, nach Lina Wertmüller (Seven Beauties), Jane Campion (The Piano), Sofia Coppola (Lost in Translation) und Kathryn Bigelow (The Hurt Locker). Würde sie gewinnen, würde sie das als erst zweite Frau nach Bigelow tun.

Meryl Streep würde ihren vierten Oscar gewinnen, wenn sie für The Post ausgezeichnet werden würden, tatsächlich ist es jedenfalls ihre 21. (sic!) Nominierung.

Tom Hanks, der auch in The Post spielt, war da weniger glücklich und muss auf seine nächste Oscarnominierung seit sometime around the millenium weiterhin warten.  Der Film an sich ist zwar auch nominiert, aber kein Regisseur Spielberg, kein Drehbuch…

Dafür erfährt Christopher Nolan diesmal offenbar die Aufmerksamkeit der Academy, die ihm in den letzten Jahren nicht zuteil wurde. Ich mag ja vor allem Memento und Inception von ihm sehr, aber Dunkirk als (Anti)Kriegsfilm ist jetzt nicht so mein Genre, daher auch nicht angesehen. Auch die Nominierung für Denzel Washington als bester Hauptdarsteller ist ziemlich out of the blue, hatten die Oscar-Watcher nicht wirklich auf der Rechnung.

Diesmal wurden wieder neun Filme für den besten Film des Jahres nominiert – früher waren es ja maximal fünf, seit einigen Jahren dürfen es 5-10 sein – und ich hab echt keinen blassen Schimmer, wer hier heuer gewinnen wird. Direkten Favoriten gibt es keinen, meiner Ansicht nach, wahrscheinlich hängt es auch einfach von den Backlashes und Dark-Horses Power ab, wer letztendlich die Nase vorn hat. Möglicherweise gibt es, wie auch in den letzten Jahren öfters, einen Best Director/Best Film Split, Gerwig gewinnt Regie und irgendwas anderes Film.

Comfortable

Nachdem ich meine Stöckelschuhe so extrem oft trage, find ich sie also jetzt nicht mehr, wo ich sie wiedermal brauche und hab mir deshalb neue bestellt.

Ja sehr schön, und das erinnert mich total an La La Land, wo Sebastian (Ryan Gosling) Mia (Emma Stone) nach einer Party – mit Blick auf ihre High Heels – sagt: “Those look comfortable.” Und sie: “They are!”

Kurz darauf zieht sie sich flache Schuhe an.

Julia Roberts, drei

Den letzten Film meiner kleinen Julia Roberts wird 50-Reihe den ich vorstellen will ist August Osage County.

Hierbei handelt es sich um die Geschichte einer Familie. Die Familie ist dysfunktional. Böse Zungen werden behaupten, dass vermutlich jede Familie auf ihre Weise dysfunktional ist, aber diese hier, nun, diese spielt schon in einer eigenen Liga.

Familientreffen kommen in der Familie Weston selten vor und wenn, dann haben sie einen driftigen Grund; der aktuelle Grund ist, dass sich der Vater das Leben genommen hat. Zurückbleiben seine egomanische, schwerkranke Frau Violet (Meryl Streep), sowie ihre drei erwachsenen Töchter mit Anhang und Violets Schwester mit Familie. Ums vorweg zu sagen: Die Männer sind allesamt sanft und sensibel, sogar Chris Cooper, der oft echte Haudegen spielt, ist ein richtiger Sympathieträger. Die Frauen dagegen führen hier die Kriege und sie führen sie in aller Härte. Was sich im folgenden zwischen den Beteiligten abspielt ist oft ziemlich schwarzhumorig und grotesk, aber oft – auch gleichzeitig – erschütternd und herzerreißend. Denn einige gut gehütete Familiengeheimnisse kommen im weiteren Verlauf der Begegnung auf den Tisch und das macht den Umgang miteinander nicht unkomplizierter.

Julia Roberts spielt Barbara, die älteste und – wie ihre Mutter bei Gelegenheit mal wieder betont – Lieblingstochter des Vaters. Barbara meint entschieden: “I prefer to think that my parents love there children equally” und Violet daraufhin: “I guess you prefer to think that Santa Claus brought the presents, too.” Und das ist nur ein Beispiel dafür, wie sehr die beiden um die Deutungshoheit über ihre eigene Vergangenheit kämpfen. Barbara erzählt eine Geschichte aus ihrer Kindheit, die vielleicht ein kleines bisschen begreifbar macht, wie sie so geworden sein kann, nämlich so unbarmherzig ihren eigenen Kindern gegenüber.

Barbara dagegen versucht, ihre beiden Schwestern und ihre eigene Familie vor Violets Ausbrüchen zu schützen. Sowas wie eine Fassade, mag sie noch so brüchig sein, aufrechtzuerhalten. Während bei Violet immer mehr alle Dämme brechen. Bis sie schließlich auch bei Barbara brechen. Denn: Barbara und Violet sind sich auch sehr ähnlich, vielleicht ein Grund, warum sie einander so sehr verachten und verletzen können. Barbara – auch wenn sie sich das nie eingestehen würde – ist in ihrem Verhalten ähnlich hart und emotional unantasbar geworden wie Violet selbst.

Mrs Roberts wurde für August Osage County zum vierten Mal für den Oscar nominiert, zum zweiten Mal als beste Nebendarstellerin, und alleine dafür, dass sie hier mit Streep halbwegs mithalten kann, was Intensität und Nuancierung der Darstellung betrifft, ist das schon absolut verdient. Diese Rolle hat nichts von der zeitweiligen Roberts-Zuckersüße oder Überdrehtheit, sondern ziemlich viel an ziemlich abgeklärter Reife.

Golden Globes

Heute wurden die Golden Globe Nominierungen bekannt gegeben und anders als in den letzten Jahren ist noch kaum einer der nominierten Film hier gelaufen. Abgesehen von Dunkirk, über den ich mich nicht drüber getraut habe. Weshalb ich da jetzt wenig dazu sagen kann.

Aber ich freue mich speziell auf Greta Gerwigs Lady Bird. Der erste Film, bei dem sie nicht nur das Drehbuch verfasst, sondern erstmals auch Regie geführt hat, da bin ich sehr neugierig. Ich find sie einfach so genial, als Schauspielerin, aber auch als Drehbuchautorin. In Lady Bird spielt sie selber allerdings nicht mit. Gerwig lebt in New York, schreibt nerdige Dialoge, spielt schräge Rollen, ist dabei sehr uneitel und ziemlich komisch und sympathisch. Bisschen entäuschenderweise ist sie nicht als beste Regisseurin nominiert worden, stattdessen wieder nur Männer, aber eventuell/hoffentlich ändert sich das bei den Oscars. Wer nominiert wurde, ist ihr Film, ihr Drehbuch und ihre Darstellerinnen wobei ich vorher schon mit mir selbst gewettet habe, dass Saoirse Ronan wieder falsch ausgesprochen wird und ich hab gewonnen.

Meryl Streep ist übrigens auch nominiert worden, das ist nicht so überraschend, denn jedes Jahr wenn sie in einem oscar-worthy Film mitspielt, wird sie auch nominiert, diesmal für The Post an der Seite von Tom Hanks. Der deutsche Titel des Filmes ist übrigens Die Verlegerin, bisschen sperrig, wenn man mich fragt. Wer auch nominiert wurde, und das ist deutlich überraschender: Christopher Plummer. Wir erinnern uns, der wurde erst im November dazu auserkoren, Kevin Spacey in All the money in the world zu ersetzen, hat dann in ein paar Tagen die Szenen neu eingespielt und ist nun ein GG Kandidat. Da hat sich das (auch finanzielle) Risiko für Regisseur Ridley Scott wohl ausgezahlt.

Richtigerweise bemerkt ein US-Filmkritiker:

Der Globe für den besten Animationsfilm wird Coco wohl nicht zu nehmen sein, wir haben ihn vorige Woche gesehen und es ist wirklich ein außergewöhnlicher Kinderfilm. Ich glaube, ich habe noch nie einen Animationsfilm mit so schönen und ästhetischen Bildern gesehen und der Plot ist auch intelligent, witzig und zugleich auch rührend.

Als Favorit geht übrigens The Shape of Water von Guillermo del Toro ins Rennen mit 7 Nominierungen. Die Verleihung findet am 7. Jänner statt, also bei uns ist es dann schon der 8.

By the Sea

Heute hab ich auf orf.on gelesen, dass Angelina Jolie mit dem Film By the Sea, in dem sie Regie führte, eigentlich ihre Ehe mit Brad Pitt retten wollte.

Das hat ja nicht so ganz funktioniert und der Film selbst wurde von der Kritik auch ziemlich zerzaust. Ich hab ihn nicht gesehen, weil der Trailer mich schon unendlich deprimiert hat und solche Filme meide ich dann mit großer Freude.

Aber jedenfalls hat mich die heutige Meldung wieder daran erinnert, dass bei der Oscarverleihung 2016 – die ja ein Zeichen gegen #Oscarssowhite setzen wollte – ein Showblock von Host Chris Rock darin bestand, schwarze Kinobesucher in Compton nach ihren filmischen Vorlieben zu befragen. Das war einerseits witzig, andererseits auch durchaus der angestrebten Diversity zuträglich.

Mein Lieblingsmoment war aber, als Rock eine schwarze junge Frau fragt, was ihr liebster “White-Movie” des Jahres war und sie so: “By the Sea with Brad Pitt and Angelina Jolie”. Und Chris Rock so: “Wow – not even they would say that.”