almis personal blog

die mediale jagdgesellschaft

in der letzten zeit tat sich der orf häufig durch besonders schauerliche themen und gästewahl in seinen diskussionssendungen hervor. beispiel: “wie tickt österreich – zwischen bananenrepublik und operettenstaat”, gäste u.a. der neue fußballnationaltrainer, die rektorin der veterinärmediznischen (sic!) uni und armin assinger. oder “verlorene jugend” unter anderem mit ex-operettenstar dagmar koller (sic!).

normalerweise schalte ich 5 minuten ein, dann wieder ab und gehe ins bett, weil das dargebotene einfach zu peinlich/belanglos/demütigend ist. gestern aber endlich mal wieder ein lichtblick im club 2. unter der leitung von peter rabl diskutierten unter anderem der investigative falter-journalist florian klenk, standard herausgeber oscar bronner und roland miklau,präsident der österreichischen juristenkommission zum thema “die mediale jagdgesellschaft“.

ein wirklich spannendes und ergiebiges thema, da fragen aufgeworfen wurden, wie weit investigativer journalismus gehen darf, ist er eine gefahr oder ein segen für die gesellschaft, wildert er in fremden revieren (der justiz) und stört vielleicht sogar ermittlungen oder ist er unverzichtbar, weil durch ihn reformen in gang kommen und er als vierte gewalt vielleicht sogar versäumnisse der behörden sichtbar macht.

fazit nach einer ergiebigen und fallweise auch nicht ganz unwitzigen diskussion: investigativer journalismus ist wichtig, aber er bedarf auch besonderer sensibilität der redakteure, selbstkritische betrachtungen und vor allem auch selbstdisziplin, persönliche eitelkeiten nicht zur triebfeder zu machen. seriöser investigativjournalismus zitiert nicht wahllos aus noch unveröffentlichten akten, ist kein “unterhosenjournalismus” (wie der boulevard beim fall kampusch derzeit vorführt) und tritt nicht menschen- und persönlichkeitsrechte mit füßen. er hebt sich aber auch deutlich vom “he said… she said” journalismus ab, der sich überhaupt keiner weiterführenden reflexion erlaubt.

nach verfolgen der diskussion – es war mittlerweile nach mitternacht – fiel mir zum einen wieder der artikel “the fotomethapher in der reportagediskussion” ein, den ersten fachartikel, den ich damals auf der uni in meinem zweitfach publizistik las und als 19 jährige schwer fassen konnte (heute weiß ich, dass er sehr viele fragen aufwirft, die sich im journalismus immer wieder stellen) und zweitens, warum ich gerade dieses nebenfach gewählt habe. ich finde es immer noch fazinierend.

heidi klum und die menschlichkeit

bisher war es doch so:

da gab es eine frau, die da draußen steht und behauptet, dass man zwei weltkarrieren, drei wohnsitze und vier kinder ganz easy managen kann. man schafft es sogar, seine kinder jeden abend ins bett zu bringen, zu kochen, zu spielen, windeln zu wechseln und wäsche zu waschen. man sieht dabei einmalig aus, hat ein tolles liebesleben, aber das ist alles kein problem, essen und schlafen sind überwertert und man kann alles gleichzeitig sein, was man sein will, topmodell, geliebte, entertainerin, mum, köchin. und dazu hat man noch eine (bzw. drei) aufgeräumte wohnung(en). bis gestern. da gab heidi klum die trennung von seal bekannt. und outet sich damit doch irgendwie als mensch.

denn: vielleicht ist das alles doch nicht ganz so einfach. vielleicht braucht eine beziehung doch etwas mehr zeit, vielleicht kann man doch nicht “nebenbei” ein großfamilie managen, jedem kind zuhören und aufmerksamkeit schenken, vielleicht wird einem manchmal doch alles zuviel und man muss irgendwo abstriche machen? offensichtlich. und vielleicht wäre es an der zeit zum thematisieren, dass das leben eben nicht immer so leicht und problemlos zu bewältigen ist, selbst dann nicht, wenn man sehr viel geld hat und jede menge nannys, köchinnen und putzfrauen (die bisher auch eher ein schattendasein fristeten)

und eventuell ist es doch ehrlich wie die (oft viel kritisierte) katherine heigl (mit “nur” einem kind) zuzugeben: es ist gar nicht so leicht, eine gute mutter zu sein und zu arbeiten, eine tolle ehefrau und freundin zu sein, seine energie in verschiedene richtungen zu lenken und dabei kein schlechtes gewissen zu kriegen oder nichts und niemanden zu vernachlässigen.

heidi, das ist deine chance, auch wenn der anlass traurig ist: be human.

nico und die sozialdemokratie

über die feiertage wurde es dieses jahr in österreich nicht ruhig und beschaulich, sondern man diskutierte die geplante bestellung eines büroleiters für den orf-generalintendanden wrabetz, kein geringerer als nico pelinka sollte es sein, seines zeichens spö-stiftungsrat mit besten kontakten in die sozialdemokratische partei.

soviel zum unabhängigen und parteiinteressen fernen orf – doch erstaunlicherweise ebbte der ärger diesmal nicht vorm orf-zentrum am küniglberg ab, nein, die hiesigen journalisten verfassten einen protestbrief und zib2-anchor armin wolf twitterte (in anlehnung an düringers wutbürgerrede): “man könnte auch sagen, in der ZIB redaktion sind wir heute ein bissi wütend…”

der neueste beitrag zur diskussion ist elfriede jelineks gestriger blogeintrag, ein relativ verstörender text, in dem sie das ende der sozialdemokratie ausruft, der für mich – so sehr ich von den personalrochaden befremdet bin – doch etwas zu sehr ins persönliche abdriftet; außerdem finde ich nicht, dass JEDER debatte die erwähnung von nationalsozialismus und konzentrationslagern unbedingt zuträglich ist, aber vielleicht bin ich da eigen.

wenn man wenigstens den orf aus protest abmelden könnte, aber das geht wohl auch nicht, wenn man ein fernseh- oder radiogerät zuhause hat. nach der nachträglichen jobausschreibung (frauen bevorzugt) darf man aber wirklich gespannt sein, wie die sache letztendlich ausgeht.