almis personal blog

ESC Winner of the Winners, zwei

Am Wochenende mit dem Kind über meine Top 10 ESC Gewinner diskutiert, darüber könnte ich ja stundenlang reden.

Das Kind outete seine Vorliebe für Heroes von Mans Zelmerlöw. Finde ich ok, aber kein Top 10 Material. Am meisten mag ich den Text, der hat irgendwie so was leicht abseitiges, wenn Mans von seinen inneren Dämonen singt – was mittlerweile ja auch ein bisschen traurige Aktualität in seinem tatsächlichen Leben erlangt hat – oder gleich am Anfang, wenn es heißt: “Don’t tell the gods I left a mess. I can’t undo what has been done. Let’s run for cover.” Das hat irgendwie etwas bedrohliches, aber auch interessantes.

Apropos bedrohlich, das führt direkt zu 1944, dem Siegersong der Urkraine von 2016, performt von Jamala. Dieser beginnt mit den Zeilen: “When strangers are coming, they come to your house, they kill you all, and say we’re not guilty” oder wie ein Freund damals meinte, ein richtiger Feelgood Song, harhar. Hier versagte jedenfalls die vielzitierte politische Neutralität des ESC auf ganzer Linie. Ich mag 1944 unter anderem deshalb überhaupt nicht, genausowenig wie die anderen beiden ukranischen Siegersongs. Was komisch ist, weil die Ukraine sonst oft wirklich sehr gute Songs geschickt hat. Aber Wild Dances von 2005 ist belanglos und das Kalush Orchestra mit Stefania? Don’t get me started.

UK und Irland sind mittlerweile hochgradige “Problemkandidaten” des ESC, was den Erfolg betrifft, eigentlich seit 1999 alle Nationen in englischer Sprache singen dürfen. Früher waren sie eine Bank. Irland hat in den 1990er Jahren viermal gewonnen, davon ein Hattrick, der letzte Sieg von UK war 1997 mit Katrina and the Waves, die gefühlt zwei Hits insgesamt hatten, Walking on Sunshine und eben Love Shine a Light, über den Grissemann damals meinte, “Jetzt kommt der Geheimtipp. Oder wie heißt das, wenn alle sagen, das wird Erster?” Harhar.

Es wurden auch Weltkarrieren mithilfe eines ESC Sieges gestartet, berühmtestes Beispiel natürlich ABBA Waterloo 1974), aber auch Celine Dion, 1987 für die Schweiz und zuletzt die italienische Rockband Maneskin (2021 mit Zitti e buoni) auf deren Konzert in der Stadthalle ich 2023 war. Dann gibt es aber auch die Beispiele von Siegern, von denen man nachher nie wieder hört. Duncan Laurence zum Beispiel, der 2019 mit Arcade gewonnen hat, war für mich immer so ein Michael Tschugnall von Starmania Moment. Tschugnall, der damals vor Christina Stürmer siegte, weil er uns an unsere Wunden erinnert hat. In dem einen Moment haben wir es alle gefühlt, wie auch bei Duncan, aber tatsächlich wäre der Zweite Mahmood vielleicht die nachhaltigere Wahl gewesen.

Gerne habe ich mich auch wieder an Aserbaidschans Running Scared von Ell & Nikki erinnert. Wir hatten damals eine ESC Party und ein Freund meinte, als die beiden ziemlich überzeugend performten, leider kommt Österreich in der Startreihenfolge genau danach, harhar. Und auch die “Männer in den Wechseljahren” (Grissemann), die Olsen Brothers mag ich mit Fly on the Wings of Love, auch wenn ich weiß, dass es ur schlagerig ist und generell ziemlich guilty pleasure.

Naja, wie ich gesagt habe, ich könnte ewig über den ESC reden, aber für heute reicht es dann auch.

ESC Winner of the Winners

Wieder fordert uns Nerds Marco Schreuder, bzw. der Merci Cherie Podcast bzw. die OEAG Austria auf, bei einem Voting mitzutun. Diesmal geht es darum, die besten 10 ESC Sieger zu küren, die Winner of the Winners sozusagen.

Jetzt ist schon klar, dass nicht immer das Siegerlied der persönliche Favorit eines Jahres ist, dennoch sprechen wir hier von 69 Songs bzw. Interpreten, die zur Auswahl stehen. Wie soll man sich da entscheiden? Nach dem, was einem selbst am besten gefällt, auch wenns guilty pleasure ist? Oder soll man etwas wählen, was richtungsweisend für den ESC war und ist, Songs, die die meiste Resonanz gefunden haben, die den ESC am besten repräsentieren? Und was ist mit dem Regency Bias? Was mit dem eigenes-Heimatland Bias? Bewerten wir die Studioversion oder den Live-Auftritt? Und ist es ok, alle drei Siegertitel von Italien in die Wertung zu nehmen? Bei meinen “Hass”-Gewinnern würde ich mir jedenfalls sehr leicht tun, harhar.

Ich hab mir gestern den sogenannten Schnelldurchlauf angesehen, der immerhin auch fast 30 Minuten dauert, und da wurden mir zumindest ein paar Dinge bewusst. Es ist absolut richtig, was in Love Love Peace Peace – dem Intervall Act von 2016, bei dem beschrieben wird, wie man den ESC gewinnen kann – gesungen wird: “Nothing says winner like a violine.” Denn auch wenn man natürlich weiß, dass Alexander Rybak 2009 bei Fairytale eine Geige dabei hatte, es kam tatsächlich auch bei Dima Bilan mit Believe (für Russland, 2008), bei Secret Garden mit Nocturne (für Norwegen 1995, fast ein Instrumentalstück) und auch bei Eimear Quinn und The Voice (Irland 1997) vor.

Barfuß übrigens auch immer eine gute Idee! Das Trickkleid kann man ebenfalls mehrmals bei der Arbeit beobachten. Und bei Helena Paparizous My Number One (für Griechenland 1995) und den Lyrics “You’re my lover, undercover, you’re my secret passion, and I have no other” musste ich an den Tweet denken, in dem jemand schrieb, wenn man als Textdichter struggelt, sollte man dran denken, dass mit diesen Zeilen tatsächlich ein Wettbewerb gewonnen wurde, harhar.

Dann diese Songs, die gefühlt nur aus dem Refrain bestehen wie Making your mind up (Bucks Fizz 1981), Diggi-Loo Diggy-Ley (Herreys, Schweden 1984) oder La det swinge (Bobbysocks Norwegen 1985). Die Selbstgeiselungsballade Why me? (Linda Martin, Irland 1992) versus die Selbstermächtigungshymne Ne partez pas sans moi (Celine Dion Schweiz 1988), das “Überraschungsgenre” Rock Hard Rock Halleluja (Lordi, Finnland 2006) und Zitti e Buoni (Maneskin Italien 2021), die Wiederholungstäter Johnny Logan und Loreen…. und die ganz stillen Molitva (Marija Šerifović Serbien 2007) oder Amar pelos dois (Salvador Sobral Portugal 2017) – der kommt übrigens fix in meine Wertung, das weiß ich schon.

So, lange Rede, kurzer Sinn, das wird wieder anstrengend werden. Harhar. Wer mitvoten will, bis zum 10. Dezember hier.

Neues vom ESC

Mir sind heute schon ein paar Tränen über die Wangen gelaufen. Ich fühl mich gerade eh nicht so stark und heute war ein bewegender Tag.

Abgesehen von den guten Neuigkeiten wurde bekanntgegeben, dass die geplante Abstimmung über den Verbleib Israels als Teilnehmerland beim ESC abgesagt worden ist. Ich weiß schon, das ist nicht die allerwichtigste Meldung am Tag des (hoffentlich nachhaltigen) Friedens im Nahen Osten. Aber ich bin trotzdem froh darüber, weil ich diese Abstimmung ohnehin extrem beschissen unklug gefunden habe. Man würde jetzt im Dezember die neue Lage diskutieren, heißt es.

Ich weiß nicht, was man da diskutieren will. Es ist eh kein Geheimnis, dass ich persönlich generell gegen irgendwelche Ausschlüsse von Ländern bin. Ich war übrigens auch bei Russland dagegen, eine Einschätzung, mit der ich ziemlich sicher zu einer Minderheit gehöre, aber das ist mir erstens wurscht (harhar), zweitens bin ich immer dafür, an den Slogan United by Music zu denken, der ja mehr sein soll als nur eine abgegriffene Floskel, oder nicht?

Es soll ja genau um die Kunst gehen, die verbindet, abgekoppelt von der Politik. Bei Armenien und Aserbaidschan hat es im übrigen auch keinen interessiert, die jahrelang miteinander im Krieg waren und trotzdem Jahr für Jahre beide (!) am Songcontest teilgenommen haben. Wenn wir nun anfangen Länder auszuschließen, aus welchen Gründen auch immer, dann entsteht ein Dominofeffekt und wir diskutieren bei jeder Eskalation. Da wird es immer irgendwen geben, der ein Land aus den verschiedensten Gründen rauskicken will, andere Länder nehmen dann aus Protest dagegen nicht teil, etcetera. Und um Musik geht es überhaupt nicht mehr.

Und dann können wir (und das sage ich, obwohl mir der ESC sehr wichtig ist) den Bewerb gleich begraben. Dann sind wir gescheitert.

Verstörende Videos, acht

Im Zuge von One Battle After Another hab ich mich wieder an das Video Babe von Take That erinnert. Ich werde die Assoziationskette nicht erläutern, ich will nicht spoilern. Jedenfalls passt das sehr gut in meine sehr unregelmäßige Rubrik Verstörende Videos, nämlich sowohl inhaltlich als auch visuell.

Worum geht es in dem Song, den ich wochenlang in der wunderbaren MTV Sendung Dial MTV gesehen habe, weil er dort (siehe Sendungstitel) immer wieder vom Publkum gewählt wurde. Also der männliche Protagonist des Songs ist “back again”, wie er seiner ehemaligen Geliebten erfreut mitteilt, es sind so zwei, zweieinhalb Jahre vergangen. Und ich gebrauche den Begriff toxische Beziehung wirklich ungern, weil er so inflationär verwendet wird – nur weil man sich irgendwann trennt, war davor nicht alles automatisch toxisch. Aber hier passt er schon, weil ER offenbar einfach ohne jede Erklärung verschwunden ist. Wohin? Warum? Wieso kein Lebenszeichen? Und jetzt ist er wieder zurück und alle sollen sich freuen.

Beim Zusammentreffen mit IHR muss er feststellen, dass er ein Kind hat, das eben so eineinhalb oder zwei Jahre alt ist und ihm ähnlich sieht. Als Babe damals erschienen ist, wurde dieses Faktum sehr kritisiert, dass der Mann plötzlich zurück ist und sich quasi aufspielt. Irgendeine Frauenband hat sogar angekündigt, einen Antwortsong herauszubringen, der “Don’t need you now” heißen sollte, keine Ahnung, ob das wirklich passiert ist.

Wie auch immer, der Song alleine schon wirft also diverse Fragen auf, denen das Video noch einige weitere hinzufügt.

Denn diesmal singt Mark Owen, der angezogen ist, als würde er in irgendeinem Jahrhundertwende Period Piece mitspielen. Es ist kalt und es schneit und er schaut mit seiner Pelzmütze aus wie ein melancholischer Russe. Er macht sich auf die Suche nach seiner Ex, die von einer eher bescheidenden Bleibe anscheinend in ein Märchenschloss gezogen ist. Und in diesem riesigen Schloss liegt Schnee und es dürfte genauso kalt sein wie draußen, was zwar hübsch ausschieht, aber natürlich extrem unpraktisch und ungemütlich ist. Und die Ex trägt komischerweise nix besonders wärmendes, außer so eine Art Doc Martens Stiefel und ein Kleid mit ziemlich viel Organza, hübsch, aber für den Sommer.

Dann das dramatische Zusammentreffen mit seinem kleinen Sohn. Die Verzweilfung seiner Ex. Und dann haben sich Take That selbst vielleicht gedacht, ok, das ist echt zu unglaubwürdig und cheesy (harhar) wir brechen das Ganze, indem wir das Video als das zeigen, was es ist, ein artifizielles Produkt. Und dann sieht man eben die Kameraleute und die Beleuchter und Take That wie sie herumblödeln und damit ist alles irgendwie aufgelöst, ohne dass man wirklich irgendwelche Fragen beantworten muss, harhar.

Ach mir fehlt die Zeit von rätselhaften Musikvideos irgendwie.

Lange Leitung

Bisher lag meine längste Leitung bei irgendwas fünfeinhalb Monate, da ging es um Bruce Willis und seine Tochter Mabel.

Bruce Willis hatte nämlich 1997 einen Gastaufritt als er selbst in der Serie Mad about you. Er ist im Krankenhaus auf der Flucht vor Paparazzi. Am WC trifft er Paul, die männliche Hauptfigur aus Mad about you, der gerade auf die Geburt seines Kindes wartet und noch keinen Namen für das Mädchen hat. Er fragt Bruce Willis aus Inspirationsgründen wie denn seine Töchter heißen und Willis antwortet: “Rumer, Scout und Tallulah-Belle”. Und daraufhin Paul: “Ok, es wird uns schon noch etwas einfallen.” Harhar. Schlussendlich nannten sie das Mädchen dann Mabel. Im Jahr 2012 wurde Bruce Willis “in echt” noch einmal Vater einer Tochter und nannte diese, richtig: Mabel. Auf diesen Zusammenhang bin ich aber eben erst fünfeinhalb Monate später gekommen und zwar out of the blue, als ich gerade kochte oder so.

Nun habe ich eine neue längste Leitung, circa von irgendwann in den 1980er jahren bis heute. Harhar.

Heute lese ich nämlich so über den neuen Film von der superen Emmerald Fennell, der Wuthering Heights heißt und eine Literaturverfilmung des gleichnamigen Romans von Emily Brontë ist. Er heißt auf deutsch Sturmhöhe, ich kenne den Roman aber nur vom Titel her. Jedenfalls lese ich dann so über den männlichen Protagonisten im Roman und Film namens Heathcliff, der von Jacob Elordi dargestellt wird.

Und dann überlege ich so und denke mir, hm, Heathcliff ist ja nicht so ein bekannter Name, zumindest nicht für uns deutschsprachige Menschen, den kenne ich doch aus einem Song. Ach ja, aus dem einem Song von Kate Bush, wie heißt der Song schnell nochmal….

….ja richtig, er heißt Wuthering Heights.

Also seit heute ist mir klar, dass Kate Bush’ Song Wuthering Heights tatsächlich von dem Roman handelt. Wer hätte das gedacht?? Nun vermutlich eh jeder außer mir, harhar, Gratulation.

ESC: Das neue Logo

So, Wien wird also Austragungsort vom ESC nächstes Jahr. Was für ein Schocker. Harhar.

Viel mehr Aufsehen hat das neue ESC Logo erregt. Warum eigentlich ein neues Logo, das alte war doch völlig in Ordnung finde ich. Es gibt auch schon eine Petition dagegen. Ich mein, nicht, dass es lebenswichtig wäre… Ein paar Fanstimmen über das Logo, die ich gelesen habe:

Ist schon der erste April?

Das ist Martin Österdahls Rache an uns allen 1. (harhar)

Ich möchte es mögen, kann mich aber nicht dazu durchdringen2.

Da kommt gepflegtes Comic Sans Feeling auf.

Mich persönlich erinnert das Logo an den ikonischen Intervall Act von 2016, den Song Love Love Peace Peace. Dieser sehr amüsante Song, den ESC Sieger Mans Zelmerlöw und die schwedische Komikerin Petra Mede performt haben, handelt davon, wie das geht, das perfekte ESC Gewinnerlied zu schreiben. Nämlich eben zum Beispiel über Love und/oder Peace zu singen, einen Mann im Hamsterrad laufen zu lassen oder alte Damen auf die Bühne zu holen, die Brot backen. Man könne aber auch ein Signalhorn einsetzen oder eine Geige mitbringen – “In Eurovision, nothing says winner like a violin”. Und dann heißt es, falls das aber zu altmodisch wäre : “This can easily be fixed by adding a DJ who pretends to scratch. In real life of course, this is 30 years old, but in Eurovision, it will give your number a contemporary feeling”. Harhar.

Ich finde, musikalisch gilt das für den Songcontest nicht mehr in dieser Form, der hat sich doch sehr weiterentwickelt, aber was das neue Logo angeht, trifft es voll zu. Die Designer dachten sicher, sie machen was ultamodernes, aber tatsächlich wirkt es ur altbacken. Ich mein, es fehlen nur noch diese rot/grünen 3D-Brillen aus den 1980er Jahren für die optimale Tiefenwirkung.


  1. Martin Österdahl, der ehemalige Song Contest Chef, bei den Fans unbeliebt und kritisiert; im Juni von seiner Funktion zurückgetreten ↩︎
  2. Also ich möchte es nicht mal mögen. ↩︎

ESC Update

So, in der quiet season doch auch wieder mal was zum ESC. Weil am 20. August wird bekannt gegeben, ob der Songcontest nächstes Jahr in Wien oder in Innsbruck stattfindet. Ich habe da weniger Gefühle dazu als vermutlich haben sollte. Meine Ticket-Connection von 2015 gibt es leider nicht mehr, daher werde ich wohl da wie dort nicht live dabei sein können. Es sei denn, jemand schenkt mir eine Karte, damit ich darüber berichte, harhar dream on.

Marco Schreuder hat jedenfalls einen sehr guten Logo-Vorschlag für den ESC nächstes Jahr gepostet:

(c) Marco Schreuder und Aston Matters

Harhar, ja so passend.

Das Motto 2015 war eben Building Bridges, es gab dazu auch den gleichnamigen Song, den ich live in der Stadthalle gehört habe. Da hieß es, diese Brücken” (…) will stand the test of time (!). We can build a bridge until it reaches out, across the borderlines.” Damals dachte ich so ja, eh catchy der Song, aber halt auch bissl abgegriffene Plattitüden, das empfinde ich jetzt anders, weil es nicht mehr selbstverständlich ist, eben auch nicht beim ESC. Ich erinnere mich, damals haben noch so viele Fans ihre israelischen Fahnen vor der Stadthalle gewachelt, das kann man sich momentan gar nicht vorstellen.

Ach ja und es wird diesmal einen öffentlichen Vorentscheid über den österreichischen Beitrag geben, da sind die ESC Ultras natürlich extrem begeistert, weil das in der Vergangenheit immer sehr erfolgreich war harhar, not. Aber ich nehme an, der ORF will den ESC Hype ausnutzen und denkt sich, es werden sich total viele Menschen dafür interessieren und demzufolge ORF schauen. Ich bin da nicht jetzt nicht ganz so sicher. Ich mein, ich persönlich schaue natürlich fix alles. Außerdem wollen “wir” sicher nicht zweimal hintereinander gewinnen und das werden wir so auch eher nicht.

Dienstag

Heute bis nach Mittag im Pyjama an zwei Projekten parallel gearbeitet. Dazwischen wollte ein Nachbar was, und ich musste ihm in diesem Aufzug öffnen harhar.

Danach endlich geduscht und etwas gegessen.

Anschließend in den Garten gefahren und mit dem Kind geschrieben, das jetzt für sieben Tage an einem Ort ohne Internet ist. Ja sowas gibt es tatsächlich. Daran gedacht, dass ich selbst fast auf den Tag genau vor 20 Jahren nach Vancouver geflogen bin und wie sehr das ein anderes Leben war.

Gelesen, dass Ozzy Osbourne gestorben ist. Wird jetzt manche überraschen, aber Ozzy war tatsächlich ein Teil meiner Jugend. Als Solokünstler, weniger bei Black Sabbath, das war mir zu hart. Aber aufgrund dessen, dass mein Freund in einer Indieband war, habe ich viel Rock gehört. Wer immer aller jetzt einen Nachruf schreibt, zitiert bitte Goodbye to Romance, da finden sich viele passende Zeilen und es ist so ein schöner, trauriger Song. Schnüff.

Am Abend unterm Baum gelegen und mein neues Buch fast ausgelesen.

Jetzt in meinem Haus, in meinem Raum zum Schreiben sitzen und eben schreiben. Aus dem Fenster schauen.

Danach werde ich schlafengehen und an jemand denken.


I guess that we’ll meet, we’ll meet in the end

(Ozzy Osbourne)

E-Bow the Letter

Apropos Patti Smith, auch wenns konstruiert klingt: ich habe in den letzten Tagen und Wochen immer wieder einen Song gehört, der gleichzeitig eh der einzige Song ist, den ich von ihr kenne, nämlich E-Bow the Letter. Eigentlich ist es ein REM Song, Smith singt hier die Backing Vocals und wurde von der Band als große Einflussgröße genannt.

Der Song war die erste Single aus dem REM Album New Adventures in Hi-Fi aus dem Jahr 1996 und als solche völlig ungeeignet. Weil sie ist ur lang, über fünf Minuten, sperrig und er hat halt auf keiner Ebene das Zeug zum Ohrwurm, was ja die erste Single schon immer haben sollte, wenn man nach den Pop-Markt-Gesetzmäßigkeiten geht. Das Video ist ebenfalls sehr Arthouse (verwackelt, unscharf, etc) und es geht viel ums (Weg)Fahren und unterwegs sein.

Ich mag E-Bow the Letter aber immer schon sehr gerne, weil der Song etwas tut, was ich total schätze. Und zwar, komplett unmusikwissenschaflich erklärt: Die Musik macht das eine, der Sänger (hier Michael Stipe) singt irgendwie daneben vorbei und in diesem Fall gibt es eben noch Patti Smith, die auch wiederum ihr eigenes Ding macht. Es ist niemals ein Zusammenspiel von mehreren Komponenten, sondern ein parallel geführter Alleingang, jeder könnte gefühlt auf einem anderen Planeten sitzen, wenn man so will, es ist aber trotzdem stimmig.

Ich hab jetzt recherchiert und Stipe hat den Song für den verstorbenen Schauspieler River Phoenix geschrieben, mit dem er befreundet war. Es ist ein frei assoziierender Brief und der “E-Bow” ist, habe ich auch erst jetzt herausgefunden, ein Zusatzgerät bei einer E-Gitarre, das die Saite in elektromagnetische Schwingungen versetzt und damit einen lang anhaltender Ton erzeugt. Also quasi ein Brief, der schwingt, vielleicht?

Der Text ist irrsinnig schwer zu dechiffrieren, man könnte sagen, Stipe philisophiert über Sucht und Ruhm und Sinn. Er erschuf hier die extrem strange, aber auch interessante Zeile: “This fame thing, I don’t get it. I wrap my hand in plastic to try to look through it” Diese Zeile spürt man eher, als man sie versteht. Er singt auch, sehr berührend: “I wear my own crown of sadness and sorrow” und er stellt fest: “Aluminum tastes like fear.” Alles irgendwie eigenartig, aber wirklich schön.

Über Mahmood

Nachdem jetzt der italienische Sänger Mahmood mit Sarah Jessica Parker Werbung für Zalando (unbezahlte Werbung harhar) macht – eine relativ überraschende Paarung – habe ich endlich einen Vorwand, über ihn zu schreiben, was ich schon lange machen wollte.

Mahmood ist 2019 am außer-italienischen Radar aufgetaucht. Er hat 2019 San Remo mit dem Song Soldi gewonnen und ist dann zum ESC gefahren. Das hat dem Politiker Matteo Salvini nicht so gut gefallen, was wieder eine Kontroverse ausgelöst hat etcetera. Bei den ESC Songchecks meinte Constantin Zöller damals über Mahmood: “Ich finde er hat so eine seltsame Aura. Absolut nicht sympathisch.” Harhar, das ist wirklich eine zutreffende Beschreibung. Und über Soldi sagte er: “Das ist so abwechslunsgreich und anders, und dann noch auf Italienisch. (…) Wenn es nach mir geht, gewinnt er.” Gewonnen hat schließlich Arcade von Duncan Lawrence, weil alle mitgelitten haben, bei dessen Song über eine tragische Liebesgeschichte. Der musikalisch interessantere Song war aber Soldi, ein Lied über den Vater (ein Kernthema des ESC), der den Sohn verlassen hat und ihn, als er erwachsen ist, nach Geld (Soldi!) fragt. Unsterbliche Zeile: “Beve champagne sotto Ramadan” – “Er trinkt Champagner im Ramadan.” Mahmood wurde Zweiter.

2022 trat Mahmood mit dem Jungstar Blanco wieder bei San Remo an und gewann erneut. Diesmal sangen die beiden über eine tragische Liebesgeschichte. Der Song hieß Brividi (Schaudern), polarisierte aber stark, weil beide teilweise sehr hoch sangen und das nicht unbedingt die Komfortzone von Mahmood ist. Man fragte sich immer: Schafft er den nächsten hohen Ton auch noch? Ich persönlich fand das aber total stimmig, weil es geht in dem Lied ja auch ums Scheitern: “E ti vorrei amare, ma sbaglio sempre” – Ich will dich lieben, aber ich scheitere immer.” Und das hat sich nach dem Prinzip “form follows function” eben auch in der Darbietung widergespiegelt und für mich funktioniert. Live war der San Remo Auftritt aber deutlich besser als der beim ESC. Die beiden erreichten den sechsten Platz.

Zwei Jahre später, nämlich 2024, trat Mahmood nochmal bei San Remo an, mit dem Song Tuta Gold (Goldener Jogginganzug, das ist mal ein Songtitel). Viele meinten, das wäre sein bester Song bis dato, ich neige durchaus dazu, dem zuzustimmen, aber er gewann San Remo diesmal trotzdem nicht, obwohl es ein super ESC Lied gewesen wäre. Aber Italien hat eh nie Mangel an guten Beiträgen.

Mahmood im Tuta Gold Video

Das Interessante an Tuta Gold ist unter anderem das Video. Denn Mahmood hat einen arabischen Vater und ist homosexuell. In dem Video inszeniert er sich aber als, naja sagen wir Mann der Straße, mit seinen Kumpels, er trägt naja, sagen wir Streetwear und Goldzähne und irgendwie flirtet ein bisschen mit dem Klischee des toxischen Talahons – so ich habs geschrieben; was natürlich durch seinen Background alles doppelt bricht. In dem Video kommen außerdem leicht brutalistische Plattenbauten und aber auch Kühe vor, die dort grasen. Ich weiß nicht warum sie das tun, aber ich finde es interessant.

Wir werden sicher noch einiges von Mahmood hören.