Also das Kind hat sich nicht das Genick gebrochen, er wurde nur etwas nass zwischendurch, bei seiner Fahrt quer durch die Stadt. Am Sonntag haben wir dann Pizza bestellt und den Monaco GP angeschaut.
Monaco ist ja sehr chic und alles, und das Rennen ist legendär, weil es eine sehr schwierige Strecke ist, aber bei dem Stadtkurs kann man quasi nicht überholen und deswegen tut sich oft nicht viel. So auch diesmal. Nach dem Start war gleich Rennabbruch, wegen mehrerer Unfälle. Nachdem das Rennen neu gestartet wurde passierte absolut gar nichts. Ich bin so bei Runde 20 eingenickt und nach weiteren 20 Runden wieder aufgewacht; Reihenfolge der Autos genau diesselbe wie davor. Die Kommentatoren waren schon ein bisschen ratlos, was sie noch erzählen sollen.
Alex Wurz: “Und sonst so bei dir?”
Ernst Hausleiter: “Ja, alles ok und was machen deine Kinder?”
Da musste ich lachen und konnte nicht weiterschlafen und dann ging es noch 30 Runden, mit dem Resultat, dass die Startreihenfolge dann auch das Endresultat war. Aber es war nicht nur den Zuschauern langweilig, sondern auch den Fahrern:
In Wien läuft derzeit noch eine Formel 1 Ausstellung in der Metastadt (unbezahlte Werbung). Bei der Metastadt handelt es sich um ein Ensemble stillgelegte Industriebauten, die vor allem für Veranstaltungen genutzt werden und teilweise unter Denkmalschutz stehen.
Mir wurde die Karte für die Ausstellung zu Weihnachten geschenkt und gestern gab es einen Patchworkamilienausflug dahin. Vorab gesagt: Wir hatten das VIP-Package, und das zahlt sich jetzt nicht unbedingt aus, das Goodie Bag ist eher dürftig. Ok ich habe jetzt einen F1 Kugelschreiber. Aber ich hätte lieber ein Häferl gehabt. Harhar. Dafür muss man sich mit dem VIP Ausweis nicht in die Menschenschlange beim Eingang einstellen, weil man aber sowieso Zeiten buchen muss, ist der Andrang generell überschaubar. Die Veranstalter sorgen schon dafür, dass nicht zu viele Menschen gleichzeitig in der Halle sind, wobei es sicher am besten wäre, wenn man die Ausstellung während eines laufenden F1 Rennen besuchen würde.
Vorab wird angegeben, dass man circa zwei Stunden für die Ausstellung braucht und so lange dauerte es tatsächlich bei (den meisten von) uns. Es gibt sechs sehr große Räume, man bekommt einen Audioguide und darüber hinaus auch sehr viel Informationen direkt bei den Exponaten zu lesen, dazu noch zahlreiche Videos. Es ist alles recht beeindruckend, mit vielen Exponaten und großflächigen Fotos.
Der Besucher erfährt sowohl etwas über die allgemeine Geschichte der Formel 1, wie auch über die Masterminds hinter den Kulissen, die Teams und die Fahrer, die Ausrüstung, die technischen Aspekte; dann gibt es noch Extraräume, die sich Spielfeld und den österreichischen Protagonisten widmen. Sowie einen ziemlich argen “Katastrophenraum”.
Bei den technischen Aspekten kenne ich mich ja zugegebenermaßen nicht besonders gut aus, ich habe jetzt aber endlich verstanden, was ein Undercut ist, das wird hier unter anderem recht ausführlich erklärt – es geht um Reifen und eine Boxenstopp Strategie, wo man den Gegner quasi nicht auf der Strecke überholt, sondern durch die Wahl der Reifen und das Timing bei den Boxenstopps. Außerdem hab ich erfahren, dass Helmut Marko, derzeit Motorsport-Chef bei Red Bull, seine eigene Karriere wegen eines Steinschlags bei einem Rennen und der daraus resultierenden Erblindung eines Auges aufgeben musste.
Im (von mir so benannten) Katastrophenraum sieht man das “Auto” oder was davon noch vorhanden ist, von Romain Grosjean. Außerdem wird das Video vom November 2020 gezeigt; da kollidierte Romain Grosjean in Bahrain bereits in der ersten Runde mit einem anderen Fahrer und fährt in die Leitplanke, sein Auto wird in zwei Teile zerrissen und geht in Flammen auf. Man sieht dann ewig nur wirklich viel Feuer und keinen Fahrer, man sieht Menschen in der Boxengasse weinen und glaubt eigentlich nicht, dass jemand aus diesem Auto noch lebend aussteigen kann. Tatsächlich konnte Grosjean sich letztendlich nicht nur befreien, er ging sogar zu Fuß zum Rettungswagen. Das damals relativ neue Halo-System in den Autos und der feuerfeste Schutzanzug haben ihm das Leben gerettet.
Am Ende der Ausstellung kommt man noch in einem Raum, der einen mit Bildmaterial von diversen Formel 1 Rennen reizüberflutet, das steht sogar am Anfang als Warnung auf einem Schild (harhar) und man sieht das, was die Formel 1 Teams im Paddock sehen, wenn sie an ihren Bildschirmen sitzen – Wetterlage, unzählige technische Daten, Details der Rennstrecke etc. Als Laie kennt man sich eh überhaupt nicht aus, aber man gewinnt einen Eindruck. Mit folgendem sehr amüsanten Bild wird man aus der Ausstellung entlassen:
Als peripherer Formel 1 Fan (durch das Kind) kann ich sagen, dass die Ausstellung auch interessant ist, wenn man nicht unbedingt jedes Rennen nägelkauend verfolgt und sich nur rudimentär mit der Formel 1 auskennt, weil alles sehr verständlich und breitenwirksam aufbereitet ist, ohne dabei aber platt oder oberflächlich zu sein. Ein paar Wochen Zeit hat man noch, wenn man die Ausstellung selbst erleben will.
Kurze ESC-Pause für eine sentimentale Einschaltung.
Da hat man gerade noch dem Kind das Flascherl gegeben, es herumgetragen und ist ihm (oft!) hinterher gelaufen, als er abgehaut ist, wollte ihn an seiner Kapuze schnappen und hatte dann eben diese in der Hand, weil man die abknöpfeln konnte. Danke an die Kinderkleidunghersteller, ihr macht es uns auch nicht leichter. Ja, und jetzt hat er seinen ersten Sommerjob, mit heute fix, den er sich selbst organisiert hat, weil er sich ein neues Handy kaufen wollte.
Aber tatsächlich stimmt das gar nicht, ich bin eh nicht sentimental, ich finde das super und es ist ja kein Geheimnis, dass ich es toll mit einem großen Kind finde. Und außerdem wurde ich von ihm schon zum Essen eingeladen, weil er hat dann ja mehr Geld. Harhar.
Weil ich mich wieder mal über Aussagen auf Social Media geärgert habe – Ok, es mag sein, dass ich mir leicht rede, weil ich mit “meinem” Jugendlichen keine Themen habe, weil er so unkompliziert und auch so ausgeglichen ist und weil er im Grunde genommen das Leben viel leichter nimmt als ich selber. Wir haben es meistens sehr lustig.
Aber wenn ich lese, wie Eltern sich über ihre jugendlichen Kinder in Foren und Gruppen unterhalten, dann denke ich mir oft, es ist schon auch ein bisschen Einstellungssache, wie man mit dieser Zeit umgeht. Alleine schon die Begrifflichkeiten, wenn ich mein Kind unironisch “Pubertier” nenne und alles abwerte, was er oder sie macht, wenn ich schon mit der Erwartungshaltung reingehe, dass alles ganz schlimm werden wird, und dass es sich erst bessert, wenn das Kind auszieht (habe ich tatsächlich schon mehrfach gelesen) das ist dann schon auch eine selbsterfüllende Prophezeihung.
Ich verstehe nicht, wieso man sein eigenes Kind plötzlich als fremd bzw. als Alien empfindet und quasi nur noch in der dritten Person von ihm oder ihr spricht. Am besten noch mit allen anderen um einen herum, anstatt mit dem Kind selbst. Dass man alles Mögliche verbietet und androht und womöglich noch die Interessen des Kindes schlechtredet, anstatt versuchen zu verstehen, was das Kind daran fasziniert, mit einem Wort: dem Kind das Leben in den eigenen vier Wänden möglichst unterträglich macht, so als wäre man selbst der trotzige Jugendliche, der irgendeinen Machtkampf führt, wieso? Und es geht nicht darum, seinem Kind nicht auch mal ehrlich zu sagen, wenn einen etwas nervt und wenn gewisse Sachen nicht gehen, aber das kann man doch auch einfach besprechen. Man muss nicht alles von vornherein problematisieren und bewerten.
Da bin ich auch immer froh, dass ich meinen Blog habe, wo ich ungestört “ranten” kann, wie “mein” Jugendlicher sagen würde.
Zendaya also, die Hauptdarstellerin in Challengers und irgendwie gerade der neue Superstar. Der Schauspieler, der “zu meiner Zeit” mit einem Namen ausgekommen ist, war Fernadel harhar. Ich rede also mit dem Kind.
Ich: Kennst du diese Zendaya?
Kind: Ja sicher.
Ich: Und woher?
Kind: Von TikTok und sie hat in Spiderman mitgespielt.
Das Gespräch hat mich fatal an ein ähliches erinnert, dass ich vor über 20 Jahren mit meinem Vater geführt habe.
Er: Wer ist eigentlich diese Sienna Miller?
Ich: Die Freundin von Jude Law.
Er: Und wer ist Jude Law?
Ich: Soll ich jetzt bei Adam und Eva anfangen?
Dabei war er sehr popkulturell interessiert wie ich ja auch. Aber irgendwann gehört man eben zu den Menschen, die von Hypes nicht mehr als erste erfahren.
Das Kind muss einige Bücher im Deutschunterricht lesen und ich bin neugierig und lese quasi mit. Das erste Buch ist Chucks von Cornelia Travnicek.
Was soll ich sagen? Dieses Buch ist das literarische Pendant zum Doomscrolling. Oder old school ausgedrückt: die junge Protagonistin Mae ist so etwas wie ein Hiob der Gegenwart. Was ihr alles widerfährt (Achtung Spoiler): Krebserkrankung des Bruders, Scheidung der Eltern, Entfremdung von der Mutter, Drogensucht, Vorstrafe wegen Körperverletzung, der Lebenspartner ist an Aids erkrankt.
Eine praktische Frage, ich bin mir nicht ganz sicher, wann der Roman zeitlich genau angesiedelt ist, sicher aber nach dem Jahr 2003 (da gibt es einen Hinweis im Buch). Ich bin keine Medizinerin, aber der Krankheitsverlauf einer HIV-Infektion, den Travnicek in ihrem Roman schildert, erscheint mir eher in die 1980er Jahre zu passen, wo es noch kaum Therapiemöglichkeiten gab und eine HIV-Infektion quasi ein Todesurteil war. Ich mag mich irren, aber ich glaube (und hoffe), dass das in den 2000er Jahren so nicht mehr der Fall war bzw. ist, auch die Homepage der Aids Hilfe Wien bestärkt diesen Eindruck.
Ich denke etwas wehmütig an die 1980er Jahren zurück, in denen ich literarisch sozialisiert wurde und an Christine Nöstlinger. Auch bei ihr war nicht alles in Ordnung, auch bei ihr gab es Beziehungskrisen und Krankheiten und Mobbing und Depressionen, aber wenn ich von Christine Nöstlinger (und meinem Opa) eines gelernt habe, dann, dass das Leben leichter wird, wenn man es mit Humor nimmt, so gut wie möglich. Nöstlingers Bücher waren immer auch sehr lebensbejahend und ich finde es wichtig, das Jugendlichen mitzugeben.
Bei Cornelia Travnicek lerne ich nur, dass eigentlich alles Orsch ist. Mich hätte das mit 16 Jahren nicht angesprochen, aber ich bin zugegebenerweise auch nicht die Zielgruppe.
In den Ferien waren wir auch noch mit der Oma im Wien Museum, das ja seit seiner Neueröffnung gratis zu besichtigen ist (exklusive Sonderausstellungen). Also zuerst waren wir am Karlsplatz asiatisch essen, denn ein Oma-Ausflug ist nur echt, wenn wir uns vorher ordentlich gestärkt haben.
Das Museum ist wirklich sehr schön neu ausgebaut worden und richtig geräumig, ein krasser Gegensatz zum Haus der Geschichte, das wir in den Herbstferien besucht haben und das extrem viel auf sehr engem Raum präsentiert. Überhaupt gestaltet sich die Abgrenzung HdG und Wien Museum m.E. relativ schwierig. Wir sind zuerst in den dritten Stock gefahren (1900 bis Gegenwart), weil uns das auch am meisten interessiert.
Da haben wir gleich mal den “Doppelgänger” von meinem Opa entdeckt.
Ja, das ist Willi Forst, ein Schauspielstar der 1930-er Jahre. Seine berühmtesten Filme habe ich mit meinen Großeltern gesehen. Forst spielte während des zweiten Weltkriegs eine relativ neutrale Rolle. Er durfte weiterdrehen, machte aber nur wenige und keine politischen Filme und lehnte die Hauptrolle in Jud Süß ab. Goebbels mochte Willi Forst nicht. Mein Opa hat öfters erzählt, dass er mit Forst verwechselt und um Autogramme gebeten wurde. Ob er welche gegeben hat weiß ich nicht, ausschließen würde ich es aber nicht, harhar.
Dann haben wir folgendes Plakat gesehen:
Das Kind so: “Das ist Propaganda”. Da kann ich jetzt nicht widersprechen. Das rote Wien ist natürlich ein großes Thema im Museum, die Errungenschaften wie Volksbildung (Büchereien, Volkshochschulen), Wohnraum (Gemeindebauten), die Frage, wie soll Wien städtebaulich gestaltet werden, die ja bis heute ein immerwährender Diskussionsprozess ist, Stichwort Eingemeindungen, Bodenversiegelung und natürlich Denkmalschutz.
Sehr gut hat mir die interaktive Ecke gefallen, in der man selbst beschreiben kann, was man an Wien liebt und was weniger, mit Fragen wie: “Wo siehst du in Wien die meisten Leute lächeln?”, “Wo fühlst du dich in Wien gar nicht wohl?” oder “Wie freundlich oder unfreundlich (grantig) fühlst du dich selber?” Auf einer Wien-Karte kann man sein Lieblingsgrätzel mittels Punkten lokalisieren, etcetera. Es ist relativ lustig, was die Leute da teilweise schreiben, beispielsweise, die Leute lächeln am meisten “bei Billa” (wahrscheinlich weil es dort was zu essen gibt). Jedenfalls ein schönes Stimmungsbild.
Der zweite Stock widmet sich der Zeit 1700-1900, das Erdgeschoss geht zurück bis in die Römerzeit, die Oma und das Kind sagten mir unabhängig voneinander “das ist nicht so meines” bzw. “das fühl ich irgendwie nicht so” Harhar. Es sind halt viele “Steine” und da musste ich an jemand besonderen denken, der als Kind gerne Ruinen besichtigt hat. Manchmal vermisst man jemand sehr und überall sind Erinnerungen, was wiederum auch schön ist.
Der Souveniershop im Museum ist noch ein bisschen verbesserungswürdig, wir haben diesmal gar nichts gefunden, nicht mal eine Ansichtskarte. Das DKT-Spiel Das klimaneutrale Talent war immerhin amüsant. Aber sonst wieder ein gelungener Ferienausflug.