almis personal blog

Chaostag

Gestern war dann also die U6 teilweise gesperrt, weil in der Nacht ein Kran auf die Gleise gefallen ist.

Ok, also die S-Bahn ist den ganzen Sommer teilweise gesperrt, ebenso die U4 und jetzt auch noch die U6, man bekommt das Gefühl, dass das ein perfider Versuch ist, Transdanubien vom Rest Wiens abzuschneiden. Es hieß, man solle “großräumig” ausweichen, also bin ich 20 Minuten bei praller Sonne nach Kagran gegangen, um dann die völlig überfüllte U1 zu betreten, später in die U4 umzusteigen und dann noch mit dem Bus nach Atzgersdorf zu fahren. Jetzt bleib ich erstmal hier.

Gleichzeitig zu diesem Verkehrschaos, erzeugte der Stramer “IShowSpeed” ein weiteres, unter anderem auf dem Ring. Nachdem er im Prater war, wurde er von Fanmassen erst durch die Innenstadt gejagt, später ist er nach Favoriten geflüchtet und hat Döner gegessen. Das Kind schreibt mir aus der Firma, ich solle den Livestream dazu schauen, wie 150.000 andere auch. Dem Kind ist es immer wichtig, dass ich auf dem laufendem bleibe bei Dingen, die ihn interessieren. Auf meine naive Nachfrage, warum der so viele Fans hätte, antwortete er, das sei eben eine Celebrity. Celebrity weswegen? Na er streamt halt. Und die Jugend liebt ihn offenbar. Ich freu mich, dass das Kind sich freut.

Über Bozen

Unlängst hat mich eine Freundin nach Tipps zu einem Tag in Bozen gefragt. Und obwohl ich 2007 über zwei Monate täglich in Bozen war, obwohl das Kind dort geboren wurde und ich ein Buch geschrieben habe, das Geboren in Bozen heißt (Werbung in eigener Sache), kann ich zu der Stadt erstaunlich wenig sagen, außer, dass sie hübsch ist und wirklich malerisch zwischen Weinbergen gelegen ist.

Bevor das Kind geboren wurde, wollte man mich ja eigentlich nach Innsbruck ausfliegen. Nachdem der ÖAMTC aber zu lange überlegte (unbezahlte Werbung harhar), beschloss der Arzt in Brixen, dass ich nach Bozen kommen würde mit den Worten: Wenn sie in Afrika wären, müssten sie das Kind ja auch in Afrika bekommen. Interessante Analogie.

Jedenfalls wurde das Kind dann dort geboren und ich fuhr täglich mit dem Zug von Brixen nach Bozen, und während dieser vielleicht halbstündigen Fahrt, ändert sich die Sprache, die vornehmlich gesprochen wurde, auf wundersame Weise. Bei der Bushaltestelle am Bahnhof Bozen gab es ein Schild, auf dem stand, dass man keine Fahrräder anlehnen sollte. Das Schild konnte man damals kaum lesen, weil so viele Räder davor lehnten. Es gab dort Pizzaschnitten, die so schmeckten, als wäre es das einfachste der Welt, Pizzaschnitten zu backen. Die Menschen froren bei neun Grad plus im Dezember (“E molto freddo!”) trotz dicker Daunenjacken. Ein Stadtteil klang wie ein Kinderreim (Zwölfmalgreien). Ich musste oft laufen, um meinen Zug zu erwischen und dabei meine Schwangerschafthose festhalten, die mir da schon etwas zu groß war. Einmal war der Zug verspätet und ich hatte Zeit dazu, am Bahnsteig zu weinen (nicht wegen der Verspätung). Das sind im großen und ganzen die Dinge, die mir über Bozen in Erinnerung sind und sie sind, fürchte ich, nicht touristisch verwertbar.

Oder wie ich in meinem Buch geschrieben habe:

“Für Andrea (meine Zimmernachbarin, Anm.) war Bozen so fremd wie für mich. Oder vielleicht noch fremder. Anders fremd. Sie kannte es und hatte festgestellt, dass es fremd war. Für mich war Bozen fremd im Sinne von unbekannt. Ich hatte es dadurch trotzdem leichter, denn ich hatte keine Vorurteile und Erwartungen.

Geboren in Bozen, Seite 61

Letztendlich hätte Bozen die Kulisse der größten Tragödie meines Lebens werden können, so ist es nur eine Stadt, die ich kaum kenne.

Good Bye School

Heute ist schon wieder ein Schulschluss. Das Kind hat einen Notendurchschnitt von 1,6 – das hat er übrigens auch nicht von mir harhar. Nach dem Zeugnis ging es für ihn direkt nach Spielberg, wo sich die Formel 1 Verantwortlichen offenbar gedacht haben, es reicht nicht nur ein Schulschluss-Verkehrskollaps, wir machen an dem Wochenende gleich auch noch das Rennen in Österreich.

Botschaft vorm Gymnasium zum Ferienbeginn

Schulschluss, auch immer so ein Tag für Reminiszenzen; ich denke an einen besonderen Menschen und die erst kürzlich erwähnten Wochenenden, wie aber eh immer. Helle, schöne Gedanken.

Ich habe noch ein bisschen gearbeitet und dann fahre ich übers Wochenende in den Garten, wo ich schreiben will und nebenbei natürlich Formel 1 schauen, ob ich das Kind vielleicht sehe und ich werde den Bachmannpreis weiterverfolgen. Humor ist auch gut für die hellen Gedanken, gestern hat Klaus Kastberger, der neue Jury-Chef gesagt: “Ich kann Texte, in denen Gegenstände sprechen, nicht ausstehen! Ich hasse den kleinen Prinzen, ich hasse Harry Potter.” Das ist natürlich keine literarische Kategorie, aber für solche Aussagen lieben wir die Jurydiskussionen ja.

Hier das beliebte Bullshit-Bingo für das heurige Jahr:

Ein paar Dinge konnten schon angekreuzt werden

Klaus Kastberger trug noch kein Fußballtrikot, aber heute dafür ein Poor Things Shirt, das ist nicht mal ergooglen konnte, ein Unikat? Wow jedenfalls.

Slingshot

Das Kind verbringt die letzten Schultage unter anderem mit seiner Klasse im Prater, wo er ein Video davon schickt, wie er mit einem Teufelsgerät namens Slingshot fährt.

Praktisch jeder, dem ich das Video zeige, kommentiert es mit: “Na das hat er aber nicht von dir.”

Sehr freundich, wie ihr den Begriff “Angsthase” umschrieben habt. Harhar. Aber mein Trost ist, dass er selbst unter Gleichaltrigen nur einen gefunden hat, der da mit ihm fahren wollte.

Europapa

Ich war heute wieder mal in einer Pressevorstellung und der Film war so (für mich eigentlich unerwartet) gut – Kinds of Kindness, das neue Werk von Yorgos Lanthimos. Mehr dazu bald, ich muss mich erst noch sammeln.

Als ich dann jedenfalls heimgekommen bin, entspann sich folgender Dialog.

Ich: Rat mal, welches Lied es heute im Kino gespielt hat, nachdem ich aus dem Saal gegangen bin?

Kind: Kroatien?

Ich: Wieso denkst du immer, dass es ein Songcontest Lied sein muss?

Kind: Weil du du bist.

Ich: Pfff.

Kind: Also was wars?

Ich: Niederlande.

Harhar.

Fall Guy

Das Kind war am Wochenende auf dem ESports Festival im Austria Center und hat mir ein Geschenk mitgebracht.

Ein Maxerl von Fall Guys. Unbezahlte Werbung. Fall Guys ist eine Art Multi Player Geschicklichkeitsspiel.

Das Kind: Das ist das einzige Spiel, das du manchmal spielst!

Ich: Und zwar schlecht. Harhar.

Aber ich mag das Spiel und das Maxerl “Lightning” ist süss und ich habe mich total darüber gefreut.

Ein fader GP

Also das Kind hat sich nicht das Genick gebrochen, er wurde nur etwas nass zwischendurch, bei seiner Fahrt quer durch die Stadt. Am Sonntag haben wir dann Pizza bestellt und den Monaco GP angeschaut.

Monaco ist ja sehr chic und alles, und das Rennen ist legendär, weil es eine sehr schwierige Strecke ist, aber bei dem Stadtkurs kann man quasi nicht überholen und deswegen tut sich oft nicht viel. So auch diesmal. Nach dem Start war gleich Rennabbruch, wegen mehrerer Unfälle. Nachdem das Rennen neu gestartet wurde passierte absolut gar nichts. Ich bin so bei Runde 20 eingenickt und nach weiteren 20 Runden wieder aufgewacht; Reihenfolge der Autos genau diesselbe wie davor. Die Kommentatoren waren schon ein bisschen ratlos, was sie noch erzählen sollen.

Alex Wurz: “Und sonst so bei dir?”

Ernst Hausleiter: “Ja, alles ok und was machen deine Kinder?”

Da musste ich lachen und konnte nicht weiterschlafen und dann ging es noch 30 Runden, mit dem Resultat, dass die Startreihenfolge dann auch das Endresultat war. Aber es war nicht nur den Zuschauern langweilig, sondern auch den Fahrern:

Formel 1 Ausstellung

In Wien läuft derzeit noch eine Formel 1 Ausstellung in der Metastadt (unbezahlte Werbung). Bei der Metastadt handelt es sich um ein Ensemble stillgelegte Industriebauten, die vor allem für Veranstaltungen genutzt werden und teilweise unter Denkmalschutz stehen.

Mir wurde die Karte für die Ausstellung zu Weihnachten geschenkt und gestern gab es einen Patchworkamilienausflug dahin. Vorab gesagt: Wir hatten das VIP-Package, und das zahlt sich jetzt nicht unbedingt aus, das Goodie Bag ist eher dürftig. Ok ich habe jetzt einen F1 Kugelschreiber. Aber ich hätte lieber ein Häferl gehabt. Harhar. Dafür muss man sich mit dem VIP Ausweis nicht in die Menschenschlange beim Eingang einstellen, weil man aber sowieso Zeiten buchen muss, ist der Andrang generell überschaubar. Die Veranstalter sorgen schon dafür, dass nicht zu viele Menschen gleichzeitig in der Halle sind, wobei es sicher am besten wäre, wenn man die Ausstellung während eines laufenden F1 Rennen besuchen würde.

Parkplatz in der Metastadt um wohlfreile 10 Euro, harhar

Vorab wird angegeben, dass man circa zwei Stunden für die Ausstellung braucht und so lange dauerte es tatsächlich bei (den meisten von) uns. Es gibt sechs sehr große Räume, man bekommt einen Audioguide und darüber hinaus auch sehr viel Informationen direkt bei den Exponaten zu lesen, dazu noch zahlreiche Videos. Es ist alles recht beeindruckend, mit vielen Exponaten und großflächigen Fotos.

Der Besucher erfährt sowohl etwas über die allgemeine Geschichte der Formel 1, wie auch über die Masterminds hinter den Kulissen, die Teams und die Fahrer, die Ausrüstung, die technischen Aspekte; dann gibt es noch Extraräume, die sich Spielfeld und den österreichischen Protagonisten widmen. Sowie einen ziemlich argen “Katastrophenraum”.

Bei den technischen Aspekten kenne ich mich ja zugegebenermaßen nicht besonders gut aus, ich habe jetzt aber endlich verstanden, was ein Undercut ist, das wird hier unter anderem recht ausführlich erklärt – es geht um Reifen und eine Boxenstopp Strategie, wo man den Gegner quasi nicht auf der Strecke überholt, sondern durch die Wahl der Reifen und das Timing bei den Boxenstopps. Außerdem hab ich erfahren, dass Helmut Marko, derzeit Motorsport-Chef bei Red Bull, seine eigene Karriere wegen eines Steinschlags bei einem Rennen und der daraus resultierenden Erblindung eines Auges aufgeben musste.

Im (von mir so benannten) Katastrophenraum sieht man das “Auto” oder was davon noch vorhanden ist, von Romain Grosjean. Außerdem wird das Video vom November 2020 gezeigt; da kollidierte Romain Grosjean in Bahrain bereits in der ersten Runde mit einem anderen Fahrer und fährt in die Leitplanke, sein Auto wird in zwei Teile zerrissen und geht in Flammen auf. Man sieht dann ewig nur wirklich viel Feuer und keinen Fahrer, man sieht Menschen in der Boxengasse weinen und glaubt eigentlich nicht, dass jemand aus diesem Auto noch lebend aussteigen kann. Tatsächlich konnte Grosjean sich letztendlich nicht nur befreien, er ging sogar zu Fuß zum Rettungswagen. Das damals relativ neue Halo-System in den Autos und der feuerfeste Schutzanzug haben ihm das Leben gerettet.

Was von Romain Grosjeans Auto übrigblieb

Am Ende der Ausstellung kommt man noch in einem Raum, der einen mit Bildmaterial von diversen Formel 1 Rennen reizüberflutet, das steht sogar am Anfang als Warnung auf einem Schild (harhar) und man sieht das, was die Formel 1 Teams im Paddock sehen, wenn sie an ihren Bildschirmen sitzen – Wetterlage, unzählige technische Daten, Details der Rennstrecke etc. Als Laie kennt man sich eh überhaupt nicht aus, aber man gewinnt einen Eindruck. Mit folgendem sehr amüsanten Bild wird man aus der Ausstellung entlassen:

Der immer etwas eigenwillige Kimi Räikkönnen via Funk zu seinem Renningenieur, der ihm berichtete, was vor und hinter ihm auf der Rennstrecke so los ist. Abu Dhabi 2012.

Als peripherer Formel 1 Fan (durch das Kind) kann ich sagen, dass die Ausstellung auch interessant ist, wenn man nicht unbedingt jedes Rennen nägelkauend verfolgt und sich nur rudimentär mit der Formel 1 auskennt, weil alles sehr verständlich und breitenwirksam aufbereitet ist, ohne dabei aber platt oder oberflächlich zu sein. Ein paar Wochen Zeit hat man noch, wenn man die Ausstellung selbst erleben will.

Nächste Schritte

Kurze ESC-Pause für eine sentimentale Einschaltung.

Da hat man gerade noch dem Kind das Flascherl gegeben, es herumgetragen und ist ihm (oft!) hinterher gelaufen, als er abgehaut ist, wollte ihn an seiner Kapuze schnappen und hatte dann eben diese in der Hand, weil man die abknöpfeln konnte. Danke an die Kinderkleidunghersteller, ihr macht es uns auch nicht leichter. Ja, und jetzt hat er seinen ersten Sommerjob, mit heute fix, den er sich selbst organisiert hat, weil er sich ein neues Handy kaufen wollte.

Aber tatsächlich stimmt das gar nicht, ich bin eh nicht sentimental, ich finde das super und es ist ja kein Geheimnis, dass ich es toll mit einem großen Kind finde. Und außerdem wurde ich von ihm schon zum Essen eingeladen, weil er hat dann ja mehr Geld. Harhar.

Jugendlich

Weil ich mich wieder mal über Aussagen auf Social Media geärgert habe – Ok, es mag sein, dass ich mir leicht rede, weil ich mit “meinem” Jugendlichen keine Themen habe, weil er so unkompliziert und auch so ausgeglichen ist und weil er im Grunde genommen das Leben viel leichter nimmt als ich selber. Wir haben es meistens sehr lustig.

Aber wenn ich lese, wie Eltern sich über ihre jugendlichen Kinder in Foren und Gruppen unterhalten, dann denke ich mir oft, es ist schon auch ein bisschen Einstellungssache, wie man mit dieser Zeit umgeht. Alleine schon die Begrifflichkeiten, wenn ich mein Kind unironisch “Pubertier” nenne und alles abwerte, was er oder sie macht, wenn ich schon mit der Erwartungshaltung reingehe, dass alles ganz schlimm werden wird, und dass es sich erst bessert, wenn das Kind auszieht (habe ich tatsächlich schon mehrfach gelesen) das ist dann schon auch eine selbsterfüllende Prophezeihung.

Ich verstehe nicht, wieso man sein eigenes Kind plötzlich als fremd bzw. als Alien empfindet und quasi nur noch in der dritten Person von ihm oder ihr spricht. Am besten noch mit allen anderen um einen herum, anstatt mit dem Kind selbst. Dass man alles Mögliche verbietet und androht und womöglich noch die Interessen des Kindes schlechtredet, anstatt versuchen zu verstehen, was das Kind daran fasziniert, mit einem Wort: dem Kind das Leben in den eigenen vier Wänden möglichst unterträglich macht, so als wäre man selbst der trotzige Jugendliche, der irgendeinen Machtkampf führt, wieso? Und es geht nicht darum, seinem Kind nicht auch mal ehrlich zu sagen, wenn einen etwas nervt und wenn gewisse Sachen nicht gehen, aber das kann man doch auch einfach besprechen. Man muss nicht alles von vornherein problematisieren und bewerten.

Da bin ich auch immer froh, dass ich meinen Blog habe, wo ich ungestört “ranten” kann, wie “mein” Jugendlicher sagen würde.