Über Twitter bin ich auf eine sehr interessante Blogparade zum Thema “Seid ihr glücklich als Selbstständige” gestoßen, die interessante Fragen zum Thema Selbstständigkeit stellt. Nachdem ich seit Anfang 2012 selbstständig bin, beschäftige ich mich sehr gerne mit diesem Thema.
Zunächst einmal muss ich sagen, dass ich in meinem Leben nur sehr kurz angestellt war. Genaugenommen nur ungefähr sechs Monate. Ich habe zwar vor meiner Elternzeit lange in einem Marktforschungs-Unternehmen gearbeitet, war allerdings dort als freie Dienstnehmerin, zwar umfassend versichert, aber eben nicht fix angestellt. Schon damals habe ich häufig von zuhause aus gearbeitet und nebenbei auch noch für andere Institute geschrieben, weil mir irgendwie schon klar war, dass ich wohl keine Angestellten-Karriere machen werde.
Das mag auch an meiner Studienwahl liegen, denn bekanntlich ist Germanistik ein brotloses Studium ohne einen Job für “danach”. Nach der Matura war ich sehr blauägig, was dieses Thema betrifft, weiß aber dennoch nicht, ob ich heute nochmal vor die Wahl gestellt, etwas anderes studieren würde. Ich wollte einfach in die Welt der Literaturwissenschaft eintauchen und musste dann am Ende meines doch relativ erfolgreichen Studiums (plus Promotion) feststellen, dass die Welt der geisteswissenschaftlichen Forschung nichts für mich ist. Sowohl meine Diplomarbeitsbetreuerin als auch meine Doktormutter fanden dass das, was ich schrieb, zu populärwissenschaftlich sei und ich wohl in einem kreativeren Beruf besser aufgehoben sei.
Bin ich in dieser Sparte heute tätig? Ja und nein. Vor meiner Elternzeit war ich wie gesagt in der Marktforschung, nach der Karenz wurden dort Stellen abgebaut und ich beschloss den Sprung ins kalte Wasser. Nach dem Besuch eines Gründer-Workshop machte ich mich mit einem Schreibbüro selbstständig und bearbeite seitdem Aufträge von diversen (v.a. universitären) Einrichtungen. Meine Haupttätigkeit besteht in der Transkription und Analyse von Interviews und Gruppendiskussionen, sowie in der Mithilfe beim Verfassen von Forschungsarbeiten, Literaturrecherche, Lektorat. Eine späte Genugtuung, dass ich anscheinend nur für die Germanistik zu flapsig geschrieben habe. Das kreative Schreiben ist mein Hobby geblieben.
Die Selbstständigkeit macht mich aus mehreren Gründen glücklich: zum einen, weil sie ideal ist, um sie mit Elternschaft zu verbinden. Man braucht keine Pflegetage, wenn das Kind mal krank ist, und hat im Sommer kein Betreuungsproblem. Man hat flexibel Zeit für das Kind. Dafür muss man sich darüber im klaren sein, dass man oft keine geregelten Arbeitszeiten hat. Obwohl ich am liebsten zu den “normalen Bürozeiten” arbeite, muss ich gerade in Schulferien auch am Abend oder nachts bzw. früh am Morgen arbeiten. Am Wochenende arbeite ich sehr gerne, wenn Mann und Kind anderweitig beschäftigt sind und manchmal auch viele Stunden am Stück.
Für die Selbstständigkeit braucht es, m.E. sehr viel Eigenmotivation. Ich mache das, was ich tue wirklich gerne und gehöre zu den Menschen, die sich auch Montagmorgen gerne an den PC setzen, weil meine Aufgaben immer wieder neu und spannend sind und ich Einblicke in die Gedankenwelt von sehr vielen unterschiedlichen Menschen bekomme. Daher arbeite ich auch ohne Chef und Kollegen “im Nacken” konzentriert und ausdauernd. Das muss einem aber liegen. Genauso das home Office. Ich schließe nicht aus, dass ich später einmal, wenn mein Kind größer ist, einmal in einem Gemeinschaftsbüro arbeiten werde, um auch den Austausch mit andere zu haben. Im Moment ist es aber eher so, dass ich froh bin, wenn ich einige Stunden am Tag mit niemandem interagieren muss, da ich täglich von 14.30-21.30 von Kind(ern) umgeben bin. Das zieht ziemlich viel Energie und der Ausgleich ist für mich tatsächlich ein ausdauerndes Schweigen können.
Das Einzige was mich – abgesehen vom fehlenden Weihnachts- und Urlaubsgeld – an der Selbstständigkeit stört ist, dass die Zahlungen nicht so regelmäßig eintreffen wie in einem Angestellenjob, wo man seine Ausgaben besser mit seinen Einnahmen koordinieren kann. Bei einmaligen Auftraggebern muss man teilweise auch etwas länger auf sein Geld warten (weshalb diese auch einmalige Auftraggeber bleiben). Eine Kundin wollte mir sogar einmal gar nichts zahlen, weil sie mit der Qualität der Arbeit nicht zufrieden war, obwohl sie mir direkt nach Projektabschluss zugesichert hatte, das alles in Ordnung war. Doch auch da lernt man dazu, und fordert entsprechendes Feedback dann verbindlich ein.
Als praktischen Tipp vor dem Schritt in die Selbstständigkeit würde ich einen fixen Kundenstock empfehlen, dh. nicht darauf hoffen, sich selbstständig zu machen und dann, durch laufende Akquise, Kunden zu gewinnen, sondern schon zwei bis drei fixe Kunden zu haben, von denen man annehmen kann, dass sie auch in den nächsten Jahren immer wieder Aufträge an einen abgeben werden. Später kann man sich dann natürlich regelmäßig seinen Kundenstock erweitern, je nach Zeitbudget natürlich. Ich arbeite derzeit ca. 30 Wochenstunden und es geht sich mit den Aufträgen halbwegs aus. Mehr Zeit wäre oft wünschenswert.
Ich glaube, man kann als Selbstständiger nur dann glücklich werden, wenn einem diese Form der Freiheit liegt, man sich selbst gut motivieren kann, Aufgaben gerne selbstständig erarbeitet und Arbeit nicht (nur) zu gewissen festgelegten Zeiten erledigen möchte. Man sollte damit zurecht kommen, manchmal weniger, dann allerdings wieder sehr viel auf einmal zu tun zu haben, wenn mehrere Kunden gleichzeitig Aufträge vergeben. Ich glaube, Freude am Tätigkeitsfeld und ein gewisser Kern-Kundenstock sind wichtig, um als Selbstständige(r) entspannt und motiviert zu bleiben.