almis personal blog

In der Oper

Meine Freundin und Ex-Arbeitskollegin K. hat mich gefragt, ob wir gemeinsam noch unser NÖ-Card ausnutzen wollen, die ja noch bis März gilt, für ein Event in Wien oder Umgebung und wir haben uns letztendlich für eine Führung in der Staatsoper entschieden.

Zum Mittagessen haben wir uns bei Swing Kitchen in der Operngasse getroffen (unbezahlte Werbung). Swing Kitchen habe ich während der Coronazeit entdeckt und ich habe so schöne Erinnerungen daran, nicht unbedingt was das Essen selbst angeht, sondern das Gefühl, mit jemand besonderem dort zu essen. Aber die vegetarischen Burger selbst sind auch sehr gut. Diesmal wollte ich “Bacon” probieren und es hat tatsächlich nach Speck geschmeckt. Wir haben uns sehr gut unterhalten, K. hat oft andere Perspektiven auf Dinge als ich und das ist spannend, weil ich dann auch anders zu denken beginne.

Im Zuschauerraum, Blick auf die Mittelloge, oder wie Tarek Leitner sie nennt, Führerloge hahar (deshalb moderiert er heuer vermutlich den Opernball nicht mehr)

Um 14 Uhr waren wir bei der Oper, wo gleichzeitig Führungen auf Deutsch und Englisch, aber auch Italienisch und Spanisch starteten. Erstaunlicherweise ist es, trotz der vielen Gruppen gelungen, dass wir uns nie in die Quere kamen oder uns sonst irgendwie gegenseitig störten. Ein großes Thema bei der Führung war natürlich der Opernball, der ja in einigen Tagen stattfindet und manche Teilnehmer wollten wissen, was das alles so kostet. Eine normale Karte ist ja noch leistbar (385 Euro plus freiwiliger Spnede), nur darf man sich da nirgends hinsetzen. Und es ist auch sonst nichts inkludiert. Eine Loge kostet halt schon mal 25.000 Euro aufwärts.

Im Zuschauerraum war ich erstaunt, wir groß die Bühne der Oper ist. Und tatsächlich hat unsere Führerin dann bestätigt, dass die Bühne quasi genauso groß ist wie der Zuschauerraum selbst, nur sieht man halt immer nur einen Teil davon.

Bühnenarbeiter in Aktion

Was mich auch erstaunt hat, (obwohl eh logisch, weil fast jeden Tag ein anderes Stück aufgeführt wird): Es müssen täglich Kostüme, Requisiten und so weiter zwischen Oper und zum Beispiel dem Arsenal als Hauptlager hin und her geführt werden, was mir extrem ineffzient vorkommt. Natürlich muss auch die Bühne jeden Tag neu gestaltet werden. Unsere Führerin hat dann erläutert, wieso nicht zum Beispiel ein Stück zwei Wochen durchgehend gespielt wird, weil das einerseits früher so etabliert war, weil die Reichen als Zeichen ihrer Stellung jeden Tag in die Oper gingen und die wollten natürlich nicht dauernd dasselbe sehen und zweitens, weil es der Oper so möglich ist, viel mehr Stücke insgesamt zu zeigen, auch unbekannteres.

Stiegenaufgang der Oper

Wir sahen uns dann auch noch den Teesalon und die Pausenräume an. Jeder hat seinen eigenen Charakter, es wird auch der ehemaligen Operndirektoren gedacht, die ja oft selbst Musiker waren, wie Karl Böhm, Herbert von Karajan, Lorin Maazel etcetra. Außerdem hat sie zu darauf hingewiesen, dass man täglich die Chance hat, günstige Stehplatzkarten für denselben Tag zu bekommen. Sie rät aber von Stehplätzen bei Wagner Opern ab, ja kann ich mir vorstellen. Zu unbekannteren Stücken gibt es oft auch eine gratis Werkeinführung.

Am Ende kommt man noch in den total schönen Souveniershop (bin ein Opfer von sowas) – mit Kühlschrankmagneten und Karten und Häferln, Büchern, echt total nett. Und ich habe K. erzählt, dass ich selber irrsinnig lange im Ballett war, das wusste sie gar nicht. Ich hab ihr gesagt, meine Eltern wollten mich beschäftigen, damit ich mit sechs Jahren nicht auf die schiefe Bahn gerate (harhar); ich persönlich hätte ja auch nix dagegen gehabt, die Zeit einfach bei meinen Großeltern zu verbringen, wie sonst immer. DieLänge der Ausbildung hat nicht viel mit Talent zu tun hat, ich war nicht sonderlich begabt, und das sage ich nicht aus Koketterie, sondern es ist wirklich so. Besser war ich im Jazztanz, hat mir auch mehr Spaß gemacht.

Blick auf die Bühne, hinten das Requist/Haus für eine Vorstellung von Animal Farm

Romeo und Julia

Ach so, zur neuen Bachmannpreisträgerin habe ich noch gar nichts geschrieben. Das liegt daran, dass sie einen Text über einen Mann mit Putzmanie verfasst hat und ich habe selbst keine Putzmanie, mehr noch, ich putze äußerst ungern und dadurch hält sich meine Freude an einem Text, der eine Siphonreinigung minutiös schildert, ehrlich gesagt ein bisschen in Grenzen. Ja ich weiß, das ist alles metaphorisch und will auf ein größeres Ganzes hinaus, aber es ist einfach nicht mein Metier. Überhaupt waren die diesjährigen Beiträge zum Bachmannpreis ähnlich wie die beim ESC – in der Mehrzahl eh ziemlich ok, aber es gab wenig herausragendes.

Anyway, am letzten Samstag gab es eine andere kulturelle Veranstaltung nämlich Romeo und Julia in St. Pölten. Ich war mit L. dort, denn L. und ich haben 2016/17 einen Modern Dance Kurs besucht. Dabei haben wir damals übersehen, dass wird altersmäßig nicht ganz der Zielgruppe entsprachen oder anders gesagt, wir haben den Alterschnitt der Gruppe auf circa 25 Jahre angehoben. Jedenfalls war Flo unser Trainer, ein Franzose, den Kurs hielt er Gott sei Dank auf Englisch, er war immer lieb und lustig und sein Kurs war sauanstrengend (zumindest mit 40 plus, was ich damals war, ach wie jung), jedenfalls hat Flo am Samstag den Romeo getanzt und das mussten wir uns natürlich live ansehen.

Ich bin mit der Bahn vom Hauptbahnhof in die andere Hauptstadt gefahren und obwohl es nur eine Fahrt von 30 Minuten war, war es recht mühsam, weil Zug voll mit lärmenden jungen Leute und neben mir saß eine Betrunkene. Note to self: Betrunkene nicht ansprechen. Sie hat sich nämlich beschwert, dass sie vergessen hat, in Meidling auszusteigen und somit jetzt schwarzfahre, worauf ich sie beruhigen wollte und meinte, wir wären eh gleich in St. Pölten. Daraufhin erfuhr ich auf der restlichen Fahrt ihr gesamtes Leben, versehen mit der dramaturgischen Klammer, dass diese falsche Zufahrt quasi eine Metapher dafür sei, dass sie immer falsch irgendwohin unterwegs sein und gefangen im Zug (des Lebens). Okay.

In St. Pölten angekommen, holte mich L. mit dem Auto ab und wir fuhren in den Park, wo Sommer im Park dann stattfinden sollte. Es war ein sehr lauer Abend, aber nicht so heiß wie in der Stadt. Wir aßen Schinken-Käse Häppchen und tranken Aperol Spritz und es war sehr nett. Außerdem bemerkten wir, dass Balletttänzer Beine etwas mit Formel 1 Reifen gemeinsam haben: beide müssen mit Heizdecken bzw. Moonboats-artigen Patschen gewärmt werden, bevor es los geht. Das Stück war dann sehr abwechslunsgreich. Der Akt vor der Pause irgendwie so wie ein Wimmelbild, wo ganz viel passiert – die Capulets und Montagues auf den Straßen und am Markt etc. Im Akt nach der Pause ging es dann ans Eingemachte, mit Schwertkämpfen und Liebesduett und Todeskampf. Es war wirklich toll performt und getanzt (Flo hat auch die Choreografie gemacht) und bekam sehr viel Applaus.

Romeo und Julia, Theater im Park, St. Pölten am 8. Juli 2023

Später hab ich Flo dann auf insta geschrieben, dass es uns sehr gut gefallen hat und er hat geschrieben, er wäre “very happy” darüber. Wunderbar. Wer jetzt Lust bekommen hat, heute und morgen gibt es noch zwei Vorstellungen (unbezahlte Werbung).

Dirk Stermann in Baden

Am Montag war ich im Rahmen des Stadtkulturfestivals in Baden.

An sich hatte ich geplant, gechillt zu arbeiten und dann gechillt nach Baden zu fahren. Letztendlich war es dann aber doch sehr stressig, ich hab erst um halb vier mittaggegessen und bin dann in einem sehr langsamen, stickigen Zug (Kreislaufkollapsalarm) Richtung Süden gezuckelt. Dort angekommen war aber alles super. Ein lauer Sommerabend ohne Gewitterwarnung. Biozitronen-Limonade, Lachsbrötchen und lustige Gespräche mit S. und dann startete Zusammengebraut – das Soloprogramm von Dirk Stermann.

Wie der Standard richtig schreibt, über den “unnötig verklausulierten” Titel des Stückes hätte Stermann noch ein paar Nächte schlafen sollen – es geht um die Hochzeit seiner Tochter (daher Braut – zusammengebraut, doppelter Boden, you see), wo Stermann eine lange Rede hält, obwohl die Tochter gar nicht anwesend ist, denn sie feiert ohne ihn. Wie man an dieser Prämisse schon erkennt, ist das alles nicht nur komisch, sondern über weite Strecken auch recht melancholisch. Der Vater/Protagonist geht hart mit sich selbst ins Gericht, was seine Vater-Qualitäten anbelangt.

Kurpark Baden, Dirk Sterman, 3. Juli 2023

Das Ganze ist eine Mischung aus Standup-Comedy in der Tradition von Grissemann-Stermann – also nicht “herkömmliches Kabarett”, sondern eben das Zelebrieren von schlechten Witzen, freier Narration und – was am überraschendesten war – auch (Sprech-)Gesang von Herrn Stermann (das wiederum in der Tradition von Harald Juhnke) eine selbstvertextete deutsche Version von Leonhard Cohens Hallelujah. Außerdem spielt A Whiter Shade of Pale ebenfalls eine Rolle. Man hätte ein paar Sachen anders ordnen bzw. auch etwas weglassen können, aber prinzipiell war das schon sehr unterhaltsam und gerade die zweite Hälfte auch sehr tiefgründig.

Da es einen Teich gab (siehe Foto) begann dann auch ein Frosch ziemlich laut und beständig zu quaken, was für einen Entertainer sicher gar nicht mal so leicht ist, aber Stermann hat den Frosch recht schlüssig in sein Programm miteingebaut.

Es endete wie alle Salon Helga Folgen in den 1990er Jahren endeten, mit dem modernen Gute Nacht-Dialog (statt mit Grissemann eben mit der Stimme der Tochter) und Tornero von I Santo California, da kann man schon nostalgisch werden. Außerdem weiß man gleichzeitig, dass es gleich aus sein wird. Harhar.

Ein schöner Abend.

Freitagabend im Mai

Freitagabend hatten L. und ich Karten fürs Burgtheater. Es war einer der ersten richtig warmen Tage des Jahres und wir beschlossen, vorher ins Landtmann zu gehen, draußen zu sitzen, Suppe zu essen und uns mit Aperol abzufüllen. Harhar. Der Aperol war sehr stark, praktisch oder auch tatsächlich ohne Soda, wir torkelten dann ein bisschen ins Theater, was eh nicht so schlimm war, weil das direkt neben dem Landmann liegt.

Suppen im Landtmann, den Aperol hab ich vergessen zu fotografieren

Wir sahen Die Ärztin von Robert Icke. “Sehr frei”, wie es hieß “nach Professor Bernhardi von Arthur Schnitzler”. Professor Bernhardi aus dem Jahr 1912 ist eines der wenigen Werke von Schnitzler, das sich nicht mit der Psychologie von menschlichen Beziehungen (plus Duellen etc) beschäftigt, sondern mit Religion, Antisemitismus und Diskriminierung. Der jüdische Arzt Bernhardi verweigert einem katholischen Priester den Besuch einer (aufgrund einer missglückten Abtreibung) sterbenden jungen Frau, weil er sie in ihren letzten Minuten nicht in Panik vor dem Tod versetzen will. Die ganze Situation wird nach dem Ableben der Frau von Konkurrenten und Politik instrumentalisiert, die Motive von Bernhardi werden als religiös motiviert kritisiert, während er seine Entscheidung als rein humanistisch begründet rechtfertigt.

Burgtheater Wien, 5. Mai 2023

Bei Icke ist Bernhardi eine jüdische lesbische Frau, die Ärzteschaft ist divers, wobei die POC im Ensemble die Weißen spielen und die Weißen die POC, ein männlicher Darsteller ist eigentlich eine Frau und insofern könnte das Stück ja nicht zeitgenössischer sein, weil das Spiel mit den Identäten und die Wahl solcher ja der letzte heiße Scheiß ist. Ich bin ja nicht so ein Fan der Idee von 72 verschiedenen Geschlechtern, die man im Zweifel jährlich wechseln kann, aber im Stück funktioniert dieses Spiel schon ganz gut, weil es irritiert und zum Nachdenken anregt. Ich mag außerdem an dem Stück, dass es letztendlich wesentlich unplaktiver daherkommt, als man vermuten könnte und weil es sich eindeutiger Antworten verweigert.

Denn: Hat die Ärztin wirklich nur aus Empathie mit einer Sterbenden so gehandelt wie sie gehandelt hat? Oder hat sie, weil selbst säkulare Jüdin, zwar nicht dem Priester aufgrund der anderen Religion den Einlass verweigert, wohl aber deshalb, weil sie Religion insgesamt als unbedeutend im Leben ansieht? Und weil sie selbst, wäre sie an der Stelle des Mädchens gewesen, jegliche religöse Begleitung während ihrer letzten Minuten zutiefst verabscheut hätte? Ist sie wirklich nur und primär Ärztin, wie sie selbst sagt? Und: Geht es ihren Gegnern wirklich um das Schicksal des Mädchens oder ist der Vorfall nicht eher eine willkommene Gelegenheit für ihre Konkurrenten, ihre Karriere und ihren Einfluss zu beschneiden und sich selbst eine bessere Position zu verschaffen? Viel Stoff zum Nachdenken.

Buntes Rathaus am 5. Mai 2023

Im Juni nochmal am Burgtheater zu sehen (unbezahlte Werbung).

Die Dubarry

Ich habe mir in den letzten zweieinhalb Jahren das Fernsehen abgewöhnt, weil es für mich nur noch monothematisch, unreflektiert und geistlos war. Vielleicht hat sich das verbessert, ich weiß es nicht, ich weiß nur, dass ich jetzt ein Interview mit Harald Schmidt gesehen habe, dass ich als Wohltat in puncto Witz, Klugheit und Schlagfertigkeit, sowie auch Selbstironie empfunden habe.

Schmidt spielt ja aktuell den König in der Wiener Volksoper im Stück Die Dubarry. Er sagt, den König spiele man eigentlich nicht selber, den spielen die anderen, weil wenn die sich nicht verbeugen, dann kann man gar nichts machen, dann kauft einem das Publikum den König nicht ab. Er kann persönlich Operetten einiges abgewinnen und meint, das sei ein Genre, das ja hervorragend in die jetzige Zeit passe.

Außerdem bestreitet er, wirklich singen zu können, er versuche es, zur Freude des Ensembles, dass sich jedesmal fragt: a) schafft er den Einsatz, b) in welcher Tonlage überrascht er uns heute und c) kommt in etwa der Text, den wir kennen. Das was er mache, so Schmidt, sei fast “betreutes Singen”, niemals sei ein Sänger so therapeutisch begleitet worden, auf der Bühne.

Zur aktuellen Winnetou Kontroverse – Stichtwort kulturelle Aneignung (schon jetzt für mich eines der Wörter des Jahres, not in a good way), sagt er, er würde natürlich auch in einem Winnetou Stück spielen, er sei damit groß geworden und lerne nun natürlich auch neue Perspektiven, findet aber die Aufregung darum recht spannend und meint zum Schluß ganz trocken: “Und es zeigt ja auch, dass wir zum Glück zur Zeit keine anderen Probleme haben. Deutschland ist ja auf der Straße, weil es wissen will: Was wird aus meinen Winnetou Büchern?”

Großartig.

100 Jahre Oskar Werner

Am Mittwoch wollte ich zur Oskar Werner Ausstellung. Ich hab mir also meine Arbeit so eingeteilt, dass ich mit dem Bus um 13.27 hinfahren kann, die Ausstellung im Metro Kulturhaus öffnet um 14 Uhr. Als ich um 13.16 die Wohnung verlassen, hatte ich nicht mal die Idee, einen Regenschirm mitzunehmen, weil es zwar bewölkt war, aber nicht nach Regen aussah und weil auch nichts gröberes angesagt war. Zur Bushaltestelle brauche ich ungefähr fünf Minuten. Kurz bevor ich dort war, begann es tröpfeltn und binnen zwei Minuten entwickelte sich daraus ein kleines Unwetter mit Starkregen.

Ich hatte nun die Optionen: Zurück nach Hause gehen, wobei ich waschelnass werden würde, dann würd ich mich aufwärmen und abwarten, überlegen, welchen Bus ich als nächstes nehmen würde – die Busse fahren nur alle 20 Minuten und zufuss erschien mir bei dem Straßenzustand nicht als Option, oder so halbnasse in den Bus einsteigen und hoffen, dass ich bis zum Erreichen des Metro Kulturhauses getrocknet wäre. Habe mich dann für Option 2 entschieden, was eine gute Idee war, weil in der Innenstadt wars sonnig und fast heiß. Allerdings waren meine schönen Stoffballerinas wie Betonpatscherl, so angesaugt mit Wasser. Sie trockneten zwar auch schnell, aber die Feuchtigkeit zog weiter in meine Gelenke und für den Rest des Tages taten mir die Beine weh (Aus dem Tagebuch einer Seniorin)

Jedenfalls war die Ausstellung toll. Als ich eintraf, war ich die zweite Besucherin. Danach kam noch eine Person, das wars. Die Ausstellung befindet sich auf drei Ebenen, wobei Ebene 1 zu vernachlässigen ist – oder wie jemand ins Gästebuch schrieb, das war eher irritiertend. Einfach eine Projektion von Oskar Werner und ein paar Zuschreibungen zu ihm an den Wänden, eine Kurzbio. Okaaay. Im zweiten Stock erfährt man dann aber sehr ausführlich das wichtigste zu seinem Lebenslauf. Geboren 1922, enge Beziehng zur (alleinerziehenden) Mutter,die sich das Leben nehmen wollte als er acht Jahre war, dann Kriegsausbruch – er fahnenflüchtig und auch bereits Vater, also das sind schon mal ziemliche “Startschwierigkeiten” würde ich sagen. Gleichzeitig etablierte er sich schnell als Hörspielsprecher und Schauspieler. Von Anfang an zeichnete ihn aber auch ein hoher Anspruch an sich selbst und andere aus, weshalb er viele Projekte absagte, aus Verträgen ausstieg etc. Schließlich eine Art Flucht nach Liechtenstein, wo er ein Haus hatte.

Etwas, das ich tatsächlich nicht wusste, ist die Geschichte um den Ifflandring. Er war – trotzdem er den Nationalismus komplett ablehnte – sehr gut mit dem Schaupsieler Werner Krauß befreundet, der kollaborierte. Die beiden spielten auch oft zusammen. Krauß war sein Vorbild und es er starb, gingen alle, wohl auch Oskar Werner selbst, davon aus, dass der Ifflandring-Träger ihm, Werner, den Ring vermachen würde. Dem war nicht so. Den Ring bekam Josef Meinrad, der damals noch nicht so bekannt war1. Auch wenn Oskar Werner versucht, souverän damit umzugehen, war er wahrscheinlich sehr gekränkt und gedemütigt. Und, wenn wir uns ehrlich sind, Souveränität gehörte generell nicht unbedingt zu seinen Stärken. Werner drehte dann vermehrt Filme und ging (kurz) nach Hollywood. Später wollte ein eigenes Theaterfestival ins Leben rufen, was scheiterte, er wurde nochmal Vater. Vor allem aber trank er viel zuviel. Sein Ruhm verblasste, weil er unter Alkoholeinfluss auftrat. Fast alle, Familie, Freunde, wendeten sich von ihm ab. Mit 62 Jahren starb er an einem Herzinfarkt.

Der dritte Stock des Metrokulturhauses widmet sich Werners’ Werken in Film und Theater. Es gibt eine große Tafel, auf der alle Produktionen aufgelistet sind, die er ablehnt hat oder die nicht zustandegekommen sind. Auch solche, an denen er gerne beteiligt gewesen wäre, aber es dann aus verschiedenen Gründen nicht war. Symptomatisch für Werners Kompromisslosigkeit. Ungeachtet dessen drehte Oskar Werner einige Filme, die heute Kultcharakter haben wie Das Narrenschiff, Der Spion der aus der Kälte kam, Jules und Jim und (den liebe ich sehr): Fahrenheit 451. Allerdings zerstritt er sich dabei mit Regisseur Francois Truffaut, mit dem er ursprünglich sogar befreundet gewesen war, aufgrund von unterschiedlichen Auffassungen über seine Figur Montag. Oskar Werner hatte in diesem Fall den Autor von Fahrenheit 451 – Ray Bradbury – auf seiner Seite, der ihm schrieb: “I know you have reservations about Fahrenheit 451 as do I”. Sein letzter großer Film/TV Aufritt war in Columbo in der Folge Playback. Auch Kult.

Als ich die Ausstellung fertig abgegangen war, hab ich im Shop gestöbert und mir dann auch das Buch zur Ausstellung 100 Jahre Oskar Werner gekauft. Es ist also möglich, dass ich nochmal auf das Thema zurückkommen werde. Man kann sich die Ausstellung noch bis Ende Jänner 2023 ansehen. Es lohnt sich! Disclaimer: Not a sponsored post (as usual)

1 nachdem Meinrad den Ring erhalten hatte, ging das Gerücht um, dass er seinerseits Oskar Werner als Nachfolger bestimmte. Angeblich änderte er 1984 – als Werner starb – seinen Willen. Aber wie gesagt: Gossip.

ORF drei

Es ist tatsächlich Lockdown, ich schaue wieder ORF 3. Wobei sich das gestern so zugetragen hat, dass meine Mutter mich angerufen hat, um mir mitzuteilen, dass zwei gute Theaterstücke sind, die sie am Abend – also gestern – anschauen wird.

Beim ersten Stück handelte es sich um Der Unbestechliche. Interessanterweise hab ich das Stück schon in einem anderen Lockdown gesehen. Und da habe ich festgestellt, dass Otto Schenk nicht in die Rolle des Dieners Theodor passt, denn: In diesem Hofmannsthal Stück geht es darum, dass der Baron Jaromir seine beiden (sic!) Geliebten auf sein Anwesen einlädt. Dort, wo er mit seiner Frau (sic!) Anna und seinen Kindern wohnt. Der sensible Theodor ist darüber nicht nur moralisch entrüstet, er fühlt auch sehr mit der doppelt betrogenen Anna mit. Er sieht sich außerstande, dem Baron weiterhin Diener zu sein, bleibt aber dann doch und versucht, die Dinge ins Reine zu bringen. Theodor ist eine Paraderolle von Josef Meinrad, der tatsächlich ganz hervorragend zu diesem Charakter passt. Meinrad nimmt man seine komische Verzweiflung ob der Situation und auch den moralischen Anspruch an seinen Dienstgeber total ab, während man bei Otto Schenk das Gefühl hat, dass es ihm eigentlich komplett wurscht ist, was der Baron macht und ihm nur selbst gerade etwas langweilig ist, weshalb er beginnt, sich in dieser Sache zu engagieren.

Das zweite Stück, das gestern gezeigt wurde, und das ich mir dann auch angeschaut habe, war Der falsche Jacobson. In diesem Stück geht es um Sarah Goldmann, die aus guter jüdischen Familie kommt und eben dieser Familie einen vorzeigbaren Schwiegersohn präsentieren wil. Und vorzeigbar heißt in diesem Zusammenhang: er muss auch Jude sein. Nachdem Sarah allerdings einen Goi als Freund hat, engagiert sie einen Schauspieler, der für einen Abend ihren Partner spielen muss. Weil dieser Jacobson heißt, denkt sie, er wäre jüdischer Abstammung und kommt zu spät dahinter, dass er nur einen schwedischen Vater hat. Nun muss er Schabbat mit ihnen feiern, bezieht aber sein Wissen über die jüdische Kultur großteils aus dem Musical Anatevka. Die Schauspieler gestern waren großartig, vor allem Gideon Singer, in seiner herrlich stoischen, aber total gutmütigen Art. Das war wirklich lustig, und zusätzlich hatte man noch die Möglichkeit, einige Dinge über jüdische Tradtionen zu lernen.

LIZVC 91

Mir gefällt das Homeschooling ja manchmal schon ganz gut, beispielsweise, wenn die Musik-Aufgabe lautet, man soll sich eine Doku über die Staatsoper anschauen und ich das mit dem Teenie schaue und es ist tatsächlich total interessant und spannend. Also zumindest für mich harhar.

Man erfährt sehr viel über die Berufe, die es so in der Staatsoper gibt, vom Portier bis zum Dramaturgen, von den Kostümbildnern bis zu den Beleuchtungsmenschen und den Presseleuten, der Inspizienz und ja SängerInnen gibt es natürlich auch noch. Ich weiß jetzt, wieviele Schließtage die Staatsoper hat – also wenn nicht gerade Lockdown ist – nämlich zwei, und was auf den Dächern der Oper zu finden ist (Bienenstöcke! Das wäre auch eine super Millionenshow Frage) und wie oft das Bühnenbild geändert wird (täglich, oft auch zweimal) auch sonst kann man ganz viel Atmosphäre schnuppern, beim Anschauen der Doku. Ich bin ja auch ein Fan der Hemdsärmeligkeit von Bogdan Roščić, aber zur Zeit der Doku war noch Dominique Meyer Chef. Und ich frag mich dann immer, steht der tatsächlich beim Bühnenaufgang und schüttelt den MusikerInnen die Hand oder macht er das nur, weil er gerade gefilmt wird. Diese Frage beantwortete die Doku dann leider nicht.

Beim Merci Cherie Podcast wurde diese Woche die Ergebnisse des Publikumsvotings bekanntgegeben. 141 Menschen haben ihre Wertungen geschickt und das ist schon ziemlich viel, wie auch Marco und Alkis angemerkt haben, sie haben so mit 30, 40 Wertungen gerechnet. Sehr lustig war, als Marco es spannend machen wollte und vor den Top3 sagte, vielleicht sei dieser oder jener Favorit nur auf dem 12. Platz gelandet, man weiß es nicht.” Und Alkis: “Ich weiß es, ich habe die Tabelle gesehen.” Und Marco: “Ja, aber die ZuhörerInnen wissen es nicht – das nennt man Spannungsbogen Alkis, du musst ein bisschen Dramaturgie lernen, du bist doch Theatermensch.” Aber gut, für mich brauchen sie die Spannung nicht aufbauen, weil ich habe vor dem Hören der gesamten Folge gleich zum Ende gescrollt und geschaut, wer Erste(r) geworden ist. Das ist ungefähr so, als wenn man die letzte Seite von einem Buch zuerst liest. Aber ich war einfach zu neugierig. Es ist jedenfalls eine Nummer, die auch ich in meinen Top 10 hatte, mehr verrate ich aber nicht.

LIZVC 75

Zunächst mal: Happy 2021. Laut meinen empirischen Erfahrungen sind die ungeraden Jahre immer die besseren – also…

Gestern hab ich einen gemütlichen Silvesterabend verbracht, unter anderem habe ich die Fledermaus live aus der Wiener Staatsoper gesehen. Ohne Publikum versteht sich. Die Fledermaus ist meine Lieblingsoperette, ich kann fast mitsprechen, weil ich früher mit meinem Papa immer die Ausgabe mit Otto Schenk als Frosch gesehen habe. Der Gerichtsdiener Frosch ist ja keine Gesangsrolle, sondern tritt nur im 3. Akt auf und wird immer von einem meist bekannten Schauspieler, mit zumindest Hang zur Komik verkörpert. Gestern war das Peter Simonischek. Der aus dem Frosch einen Steirer macht.

Der Frosch bietet auch immer wieder Raum für Improvisation, neben den althergebrachten Dialogen. Am besten hat mir diesbezüglich gefallen, als der Protagonist aus seiner Zelle heraussingt: “Sing mit mir, sing mit mir, sing, sing!” Und Frosch antwortet: “Ich singe nicht mit dir, ich habe eine Sprechrolle.” Ich mag ja so Metaebene-Sachen.

Geknallt wurde auch heuer, trotz Verbot, aber hier an der alten Donau doch lange nicht soviel wie in den vergangenen Jahren. Feuerwerk hab ich kein einziges gesehen, es war aber um Mitternacht auch sehr, sehr neblig. Und in der Schnellbahn war es dann sehr, sehr leer. Um genau zu sein war ich um halb eins der einzige Fahrgast. Letztes Jahr am Praterstern war der gesamte Zug überfüllt…

Der einsame Weg

Kurz vor Weihnachten habe ich Der einsame Weg von Arthur Schnitzler an der Josefstadt gesehen.

Ich mochte Schnitzler immer schon sehr; vor allem dafür, dass er seine Figuren alles noch so ungeheuerliche sagen ließ – als Subtext der Sätze, die sie tatsächlich verwenden. So ist es auch bei diesem Stück, das die großen Themen Schnitzlers behandelt: Lebenstraum und Lebenslüge, Kunst versus Banalität, Leidenschaft, Betrug, Versagen und Versäumnis. Der einsame Weg jeder einzelnen Figur ist der, den sie eigentlich nicht gehen wollte – aber durch eigene (Fehl-)Entscheidung oder schicksalshafte Wendung dann irgendwann doch eingeschlagen hat.

Foto: (C) Theater an der Josefstadt

Der einsame Weg wurde in der Josefstadt recht kühl inszeniert. Jeglicher Lokalkoroit wurde geglättet, das hier muss kein Wiener Stück sein, außer ein paar Ortsangaben deutet nichts auf den Schauplatz der Handlung hin. Das ist nichts schlechtes, denn so fällt auch das Süßliche weg, das Schnitzler-Inszenierungen durchaus gefährden kann. Die moderne Inszenierung erlaubt die Vermittlung einer Art von universeller Wahrheit – obwohl das Stück über hundert Jahre ist, vermittelt es eine extrem zeitgemäße Lesart. Dazu trägt auch das Bühnenbild bei. (Zwischen)Räume, die sich nach jeder Szene geräuschvoll verschieben, meine Begleitung meinte darin das Rattern von Gedanken zu hören.

Die Schauspieler, obwohl alle in grau gekleidet, bleiben keineswegs blaß. Aber obwohl Publikumsmagneten (Maria Köstlinger, Ulrich Reinthaller, Bernhard Schir), tritt dieser Aspekt ganz hinter die Interpretation ihrer Figuren zurück. Ist Reinthaller gar einer der “alten” weißen Männer, die noch soviel begangenes Unrecht als für sie lebensnotwendige und unabdingbare Maßnahme mansplainen? Stilisiert sich Köstlinger als Opfer der Männer und konterkariert damit die feministische Lebensführung, die diese finanziell unabhängige, beruflich erfolgreiche Frau eigentlich perfekt verkörpern würde? Und zieht sich Alma Hasun nach dem Sex ihren Slip etwas zu anzüglich wieder an, um ihrer Beziehung etwas mehr den Charakter einer Affäre zu geben, die sie doch gar nicht haben will?

Nachdenken kann man jedenfalls mehr als genug über diesen Schnitzler-Abend, leider gibt es nur noch eine Vorstellung dieses Stückes in der laufenden Spielzeit. Dafür eine neue Schnitzler Premiere (Zwischenspiel) im Jänner.