almis personal blog

Dare to dream – Tschechien

Tschechien ist erst seit sehr kurzem beim ESC dabei, genauer gesagt seit 2007, und bisher waren sie kaum erfolgreich.

Gleich anfangs dreimal die Qualifikation fürs Finale nicht geschafft, dann aus Frust (?) vier Jahre auf die Teilnahme verzichtet, seitdem wieder zweimal ausgeschieden, einmal Platz 25 von 26 und dann, voriges Jahr, quasi aus dem Nichts heraus ein erstaunlicher 6. Platz. Mikolas Josef hat da mit Lie to me den Volksschulkinder und Pre-Teen Test bestanden, nämlich in dieser Zielgruppe als cool zu gelten, und schon klappt es besser mit dem ESC.

Heuer tritt die Indie Band Lake Malawi in Tel Aviv an und ihr Song heißt Friend of a friend. Was der erste Pluspunkt des Songs ist, nämlich der außergewöhnliche Titel. Der Song hat auch einen sehr interessanten Text, am Anfang heißt es nämlich gleich:

“Can you hear it?
There’s someone behind the wall making the same sounds
Can you hear it?
It sounds like you and me when we’re making love
Who is it?”

Das ist schon mal sehr spannend, da will man mehr drüber wissen, zumindest wenn man leicht (auditiv-)voyeuristische Tendezen hat harhar. Leider erfährt man dann aber eben nichts mehr und auch musikalisch flacht der Song doch relativ schnell ab. Das Video trifft dafür total den Social Media Zeitgeist, was aber auf der ESC Bühne nicht besonders hilfreich sein wird.

Dennoch: eine sympathische Truppe und ein gefälliger Song, wenn auch die große Sensation ausbleibt.

Dare to dream – Israel

Heuer findet der ESC ja wie bekannt in Tel Aviv statt und das deshalb, weil Netta mit Toy voriges Jahr gewonnen hat.

Ich gehöre zu denjenigen, die den Song Toy gut fanden, ich mag den Mizrachi-Beat dabei, – ich glaub, da gibts nur lieben oder hassen und kaum was dazwischen – aber ich fand den Bühenauftritt ehrlicherweise nicht besonders gelungen. Weil es sehr schwierig ist, den Song live zu performen. Und ich hätte daher gar nicht gedacht, dass sie tatsächlich gewinnen wird. Aber ich habe mich geirrt, was ja oft beim ESC der Fall ist, harhar.

Israel hat oft interessante Beiträge in den ESC eingebracht, auch solche, die es gar nicht ins Finale geschafft haben. Beispielsweise 2007 die Teapacks mit Push the button – nämlich den Knopf, um die Welt zum Explodieren zu bringen – Lyrics: “I don’t wanna die, i wanna see the flowers bloom, don’t wanna go kaput kaboom”. Oder 2012 Time von Izabo, ein sehr hübscher easy going Indie-Song. Ich habs auch sehr gern, wenn Israel ein bisschen hebärisch singt, weil ich selbst sehr gern hebräisch sprechen könnte, mir gefällt die Sprachmelodie sehr gut, ich habs allerdings nur zu “Jiddisch für Anfänger” während des Studiums gebracht. Frei nach den Lyrics von Nadav Guedj 2015 im Song Golden Boy “Let me show you Tel Aviv” würde ich diese Stadt tatsächlich gerne mal besuchen, hab aber irgendwie Sicherheitsbedenken.

Abgesehen von Netta, erinnert man sich vielleicht an den Sieg Israels 1998: Dana International und Diva. Der Sieg war natürlich auch ein ganz klares (gesellschaftlich)politisches Statement, weil Dana früher ein Mann war, und sich für die Rechte von Homosexuellen einsetzte. Das gefiel nicht allen, auch oder gerade nicht in ihrem Heimatland, genutzt hat das aber nichts, sie hat sich durchgesetzt. Mehr als ein Songcontest Sieg IMO.

Heuer tritt Kobi Marimi mit Home an, und er wird ganz sicher weniger Aufregung in jeder Beziehung erregen.

Dare to dream – Schweden

Schweden ist tradtionell ein sehr erfolgreiches Land, was den ESC betrifft.

Sechsmal haben sie den Bewerb bereits gewonnen, in den letzten acht Jahren waren sie siebenmal unter den Top 10, also eine beeindruckende Bilanz. Euphoria – der Siegertitel von 2012 von Loreen – wird im Merci Cherie Podcast auffällig oft als Top Favorit aller Zeiten genannt und wurde nach dem ESC sehr häufig im Radio gespielt. Die Live Version davon war aber noch besser. Allerdings zeichnet Schwedens Songs auch immer eine gewisse Aura des Aalglatten aus, da gibts relativ wenig Ecken und Kanten, keine Überraschungen und auch kaum Experimente.

Das gilt auch für den heurigen Teilnehmer John Lundvik, der mit Too late for love ein – wenn man es positiv ausdrücken will – zeitloses Lied in den Bewerb bringt. Mich reißt es ehrlich gesagt nicht vom Hocker, es ist mir irgendwie zu beliebig und ich habe das Gefühl, ich habe das so oder ähnlich schon zu oft gehört.

Bisschen erinnert es mich auch an Cesar Sampson vom letzten Jahr, ein Song, mit dem ich auch lange nicht warm geworden bin, obwohl er ja Österreich repräsentierte. Aber Schweden zählt, wenn man sich die Quoten der Buchmacher ansieht, derzeit auf jedenfall zum Favoritenkreis des Bewerbs.


Dare to dream – Russland

Was ist zu Russland zu sagen? Sie sind seit 1994 beim Songcontest dabei und meine erste Erinnerung ist an Alla Pugacheva 1998, die mit Primadonna einen etwas skurillen Song vorgetragen hat, der die russische Seele zum Ausdruck bringen sollte. Der Song hat sich zum Schluss immer mehr gesteigert und in einer Art diabolischem Lachen geendet, was für Grissemann und Stermann ein gefundenes Fressen war. Direkt nach der Russin kamen die Dänen mit einem Spaßbeitrag, das weiß ich noch genau, was die beiden folgendermaßen kommentierten: “Der dänische Beitrag ist der lächerlichste Beitrag seit dem russischen…”

Russland war beim ESC auffallend oft unter den Top 3. 2008 hat Dima Bilan mit Belive den bisher einzigen Sieg geholt; ich muss zugeben, ich hatte damals ein Baby zuhause und hab den Songcontest daher nicht wirklich verfolgt. Gut in Erinnerung in Sachen Russland beim Song Contest hat man wahrscheinlich noch die Omas von Buranowskije Babuschki, die Party for everybody machten. Grissemann: “Die Älteste von ihnen kann schon seit 86 Jahren nicht singen.”

Heuer geht Russland mit Sergey Lazarev an den Start, der bereits 2016 am Bewerb teilnahm, und Dritter wurde. Damals war sein Song eine Uptempo Nummer, mit einer ziemlich originellen Bühnenshow, heuer versucht er sich an einer pathosbeladenden Ballade, mit dem Titel Scream und den unheilschwangeren Zeilen “Maybe they can’t be heard or seen. But tears aren’t quiet things – they SCREEEEAAAAM”.

Etwas dick aufgetragen, aber doch ganz ok.

Glücklich geschieden

Am Donnerstag war ich bei der Premiere des Programmes von Birgit Braunrath und Guido Tartarotti, Glücklich geschieden in der Kulisse. Nicht nur ich, sondern auch Armin Wolf und Euke Frank, Michael Hufnagl und Gabriele Kuhn, Barbara Stöckl, Nicole Beutler, Michael Fleischhacker, Dieter Chemlar, Thomas Maurer usw. Also halb Austro Twitter.

Ich mag die gleichnamige Kolumne, die Tartarotti und seine Ex-Frau im Woman schreiben, weil es etwas ist, dass es so, meines Wissens nach, noch nie gegeben hat. Die beiden sind seit 15 Jahren geschieden, aber immer noch sehr gute Freunde. Das ist ja – leider – nicht gerade so verbreitet oder auch akzeptiert, ich war beispielsweise vor Jahren auf einer Feier, wo auch ein Ex-Paar war, das sich sehr gut verstanden hat, auch die jeweils neuen Partner und viele haben darüber die Nase gerümpft, als wäre das Abartigste, das sie jemals erlebt haben.

Insofern betreiben Tartarotti und Braunrath da auch Pionierarbeit in Sachen, ja man kann auch mit seinem Ex-Partner befreundet werden. Und das auch, weil man sich nicht mehr auf eine “gemeinsame Wirklichkeit” einigen muss, wie sie es treffend formulieren. Und sich bei gewissen Themen nie wieder auf einen gemeinsamen Nenner kommen muss. Man kann sich also, wenn man das möchte, eigentlich sehr entspannt gegenübertreten.

Das Programm selber war witzig und poetisch, auch nachdenklich und ein bsischen melancholisch. Am besten hat mir notorischer Überpünktlichen gefallen, dass Tartarotti offenbar genauso überpünktlich ist wie ich, und seine Ex-Frau hat treffend gemeint: “Viel zu früh ist nicht das bessere pünktlich”. Da habe ich mich sehr ertappt gefühlt. Harhar. Dann hat sie erzählt, wie es war, als Tartarotti einmal tatsächlich zu spät gekommen ist – “Das späteste zu spät war bei ihm bis dato nur drei Minuten zu früh da zu sein.” Und dann kam er nicht mal in time, sondern zehn Minuten später und da wusste sie, so Braunrath, da muss was schlimmes passiert sein und da darf jetzt auf keinen Fall ein Witz darüber gemacht werden. Wie sich herausstellte, hatte sie damit recht.

Immer war es übrigens nicht so harmonisch bei den beiden – es gab unter anderem eine Familientherapie und Tartarotti bezeichnet die anfänglichen Patchwork Weihnachten als etwas, für das die “emotionale Hacklerregelung” gelten müsste. Gleichzeitig betont er aber auch, dass er nicht versteht, warum eine Ehe, die zuende ist, als gescheitert bezeichnet werden muss. Auch ein schöner Tag ist nicht gescheitert, wenn die Sonne untergeht, er ist halt einfach vorbei. Beautifully spoken.

Eine Nachbetrachtung findet sich auch hier.

Unversöhnlich

Vor zwei Wochen ist ein Bekannter von mir gestorben, aus meinem Lieblingsdorf. Es gab eine Explosion an seinem Arbeitsplatz es ist so unheimlich tragisch und so “sinnlos” für mich. Am Abend saß ich vor dem Fernseher als darüber berichtet wurde und dachte, warum muss ein Leben so enden, als Meldung in der ZIB1? Im April wäre er 50 Jahre alt geworden.

Als Teenies sind wir mit seinem Moped durch das besagte Dorf gefahren und ich habe mich ganz stolz gefühlt, dass ich mit ihm mitfahren durfte. Am Kärntner Abend hat er so schwungvoll mit mir getanzt, dass er mir nachher ganz schwindlig war. Dann hat er mich auf ein Spezi in die “Blacky Bar” eingeladen, die kennen nur Einheimische. Weil ich noch zu jung war, gab es nichts alkoholisches. Es war schön mit ihm und ein bisschen aufregend auch. Und dann führte er sein Leben und ich meines. Später hatten wir nur noch wenig Kontakt. Er hat geheiratet und zwei Töchter, die einige Jahre älter sind als mein Sohn. Er war beruflich sehr erfolgreich und hatte dazu noch eine große Landwirschaft. Wenn wir uns ab und zu im Dorf getroffen haben, wenn ich im Sommer dort war, haben wir ein paar Worte gewechselt. Wir haben so unterschiedliche Leben gelebt, dass es nicht wahr wäre zu sagen, wir hätten viel gemeinsam gehabt. Aber er ist Teil meiner Kindheit und meiner sentimentalen Erinnerungen.

Ich konnte das gar nicht fassen, dass er so überraschend einfach “weg” ist. Wie man das ja meistens nicht fassen kann, wenn es so unerwartet kommt und wenn der Mensch noch viel zu jung dafür ist. Wir wurden dann darüber informiert, dass bei seinem Begräbnis soviele Menschen waren, dass die Autos einfach überall im Dorf geparkt haben, kreuz und quer teilweise auf der Wiese und Richtung Felder. Irgendwie, und das mag kindisch klingen, fand ich das tröstlich. Es ist schön, dass soviele Leute gekommen sind, um sich von ihm zu verabschieden.

Mir fehlt ein versöhnliches Schlusswort. Manchmal gibt es das einfach nicht.


Dare to dream – Aserbaidschan

Aserbaidschan ist ein Land, das seit relativ kurzer Zeit erst am Song Contest teilnimmt, nämlich erst seit 2008.

Gleich zu Beginn waren sie recht erfolgreich, das gipfelte in einem Sieg 2011 vom Duo Eli und Nikki, mit dem Song Running scared, der sich übrigens auch noch auf meiner Playlist befindet, obwohl der Song eher unscheinbar ist. Aber schön. Oder wie ein Freund damals sagte, als wir uns in größerer Runde den ESC anschauten, blöd, dass Österreich gerade nach denen startet. Nach 2013 wars mit der Erfolgsserie dann allerdings vorbei und Aserbaidschan war dann eher unter “ferner liefen” zu finden.

Heuer heißt der Interpret für Aserbaidschan Chingiz und sein Song Truth und ich würde sagen, er bringt sie vermutlich auf die Erfolgsstraße zurück und es sollte für eine Platzierung in den Top 10 reichen. Der Song ist am Puls der Zeit, sowohl vom Klang – zeitgenössischer Pop mit folkloristischem Einschlag – als auch vom Thema her, es geht um eine toxische Liebesbeziehung, Lyrics: ” It’s just too hard to hear. So shut up about it.”

Heuer offenbar großes Thema beim ESC: Videos, in denen sich der Künstler unter Wasser begibt, wenn er Liebeskummer hat. Im Gegensatz zu Duncan Laurance hat Chingiz dabei allerdings noch was an. Naja, irgendein Unterschied zwischen Niederladen und Aserbaidschan muss dann doch noch sein, harhar.


Dare to dream – Deutschland

Wie Österreich hat Deutschland bisher zwei ESC Siege zu verzeichnen.

1982 hat Nicole mit Gitarre und Ein bisschen Frieden gewonnen – Komponist Ralph Siegel, der Mr. Songconctest für Deutschland viele viele Jahre lang. Man kann nicht unbedingt behaupten, dass der Song oder die Darbietung sehr vorteilhaft gealtert sind, beides kommt ganz eindeutig aus einer anderen Zeit, hat aber offenbar den damaligen Zeitgeist sehr gut getroffen. Den Zeitgeist getroffen hat auch Siegerin Nummer 2, Lena, die 2010 mit Satellite gewann. Der Song wurde damals um das Team von Stefan Raab ausgewählt, um in Oslo anzutreten.

Raab hatte – wie auch Siegel – bereits Song Contest Vorerfahrung. 1998 hatte er für Guido Horn unter dem Pseudonym Alf Igel den Song Guido hat euch lieb komponiert, mit dem Horn immerhin 7. wurde. Im Jahr 2000 trat Stefan Raab selbst auf, mit dem dadaistsichen Wadde hadde dudde da? Ja, es war die große Zeit der ESC Spaßbeiträge. Es war aber auch eines der wenigen Jahre, in denen Deutschland von Österreich 12 Punkte bekommen hat. Raab wurde ingesamt Fünfter.

Heuer setzte Deutschland auf eine Entscheidungsshow – “Unser Song für Israel” im TV, bei der das Duo Sisters mit dem Song Sister (sic!) als Siegerinnen hervorging. Und sagen wir so: es gab schon wesentlich schlechtere deutsche Beiträge. Ich finde der Song geht ziemlich ins Ohr und mir gefällt er gar nicht so übel. Ein Ohrwurm, aber nicht ganz so glatt gebügelt wie der von Luca Hänni.

Beim Merci Cherie Podcast fand Alkis den Song allerdings wesentlich besser als Marco Schreuder. Alkis. “Bei den Kostümen könnten man vielleicht noch ein bisschen was machen.” Marco: “Die Kostüme waren schrecklich”. Harhar.

Dare to dream – Österreich

Ich bereue es ein bisschen, dass ich kein Reaction Video von meinem Kind gemacht habe, als ich ihm Paenda mit Limits vorgespielt habe.

Das war eine relativ krasse Reaktion oder in anderen Worten: oft sind Kinder ganz gute Gradmesser dafür, was beim ESC funktioniert und was nicht und insofern würde ich mir jetzt keine allzu großen Chancen für Paenda ausrechnen.

Ich finde, das Problem des Songs ist, dass er sehr interessant anfängt und sie auch unbestritten eine tolle Stimme hat, aber das Lied ist eher ein langes Intro, irgendwie kommt dann nichts mehr nach. Was irgendwie schade ist, Paenda war ja auch im Merci Cherie Podcast zu Gast und kam da sehr sympathisch und interessant rüber. Sie produziert sich ja selbst und macht alles: von Instrumente einspielen, Lyrics, Komponieren – das ist schon beeindruckend, weil sie eine Künstlerin durch und durch ist, deren Begeisterung von der Sache durchaus ansteckend.

Nur die Songwahl gerade für diesen Bewerb…hm…

Dare to dream – die Niederlande

Auch die Niederlande haben eine semi-erfolgreiche ESC Bilanz zu bieten. Dreimal haben sie den Bewerb gewonnen, in letzter Zeit allerdings haben sie oft nicht mal den Einzug ins Finale geschafft. Große Ausnahme ist 2014 – da haben sie, übrigens hinter Conchita, den zweiten Platz geholt und mit Calm after the storm auch einen beachtlichen kommerziellen Erfolg erzielt.

Wenn man Marco Schreuder glaubt, dann sehen wir heuer die Niederlande als Sieger des Bewerbes.

Darüber bin ich mir jetzt zwar noch nicht im klaren, dazu hab ich mich noch zu wenig in die Konkurrenz eingehört, dass Duncan Laurence mit Arcade allerdings einen wunderschönen Gänsehaut Song in den Bewerb bringt, das kann ich aber bestätigen.

Sehr melancholisch, ohne kitschig oder platt zu sein, geht irgendwie total unter die Haut, obwohl oder gerade weil er eher Understatement als protzen mit seinen Vorzügen betreibt.

Schön!