…am 14. kann ja jeder eine Blume posten. Na gut, ich bin einfach nicht dazu gekommen, ich gebs ja zu. Hier jedenfalls eine neue Blume für meinen Schreibtisch. Das ist sehr motivierend und macht mich froh, jedes Mal, wenn ich sie anschaue.
Poly
Auf Sky hab ich eigentlich nach der Doku über And Just LIke That Ausschau gehalten; die habe ich nicht gefunden, dafür eine Doku von Louis Theroux, die sich da nennt: Polyamorie – Liebe ohne Grenzen. Sowas interessiert mich ja immer sehr. Harhar.
Jedenfalls trifft Theroux, der übrigens der Cousin des sehr weirden (in a good way) Schauspielers Justin Theroux ist, in dieser Doku Menschen, die “poly” leben. Das bedeutet, sie haben nicht nur eine Liebesbeziehung, sondern mehrere, die halbwegs gleichberechtigt nebeneinander laufen. Eine gewisse hierarchische Abstufung gibt es manchmal schon, also einen Hauptpartner, aber die anderen PartnerInnen werden auch geliebt und diese Beziehungen sind nicht nur sexueller Natur. Es ist nicht ganz einfach zu beschreiben, weil Theroux verschiedene Menschen besucht und es läuft natürlich nicht überall ganz gleich ab.
Da gibt ein Paar, das verheiratet ist und wo die Frau einen zweiten Partner hat, der auch verheiratet ist, aber die anderen beiden Teile der Paare haben niemanden (auch wenn es “erlaubt” wäre). Dann gibt es Paare, wo alle Beteiligten mehrere Partner haben. Und dann gibt es eine Konstellation, wo eine Frau mit zwei Männern lebt. Sie schlafen auch zu dritt in einem Bett. Theroux fragt dann nach, wie das so wäre, ob sie zu dritt Sex haben, was sie aber verneinen, weil einer wäre immer “ziemlich schnell fertig” und der andere nicht und das wäre dann für den einen recht fad. Aber nachdem es so ist, dass sie zu unterschiedlichen Zeiten zur Arbeit gehen bzw. nachhause kommen, hat die Frau immer eine Stunde mit jedem alleine. Man merkt Theroux an, dass er sich das recht anstrengend für die Frau vorstellt. Harhar.
Prinzipiell geht es bei der Polyamorie oft darum, dass nicht ein Mensch alles für einen anderen Menschen sein kann. Also, dass nicht ein Mensch einem anderen alles bieten kann, was derjenige braucht. Das ist ganz sicher zutreffend, weil das ja auch ein Ding der Unmöglichkeit ist, aber wie Thereoux sagt, ihm ist klar, dass seine eigene Frau beispielsweise gerne mit ihren Freundinnen ausgeht und Dinge ohne ihn macht, das gehört auch für ihn zu einer Beziehung dazu, dass der andere seinen Freiraum hat. Aber in monogamen Beziehungen gibt es eben die bekannten Grenzen. Ist das nun spießig, beschneidet man sich und den Partner da selbst, ist man zu konservativ oder ist Poly doch etwas so etwas wie eine “langsame Scheidung” (so formuliert es Theroux einmal, nicht seine Worte, es ist ein Zitat)
Generell ist Theroux ideal als Chronist, weil er, wie er selbst sagt Brite ist und doch auch irgendwie zurückhaltend, dabei aber schon sehr “openminded”, was andere Beziehungsformen angeht, auch wenn er selbst niemals so leben würde – das sagt er auch ganz offen. Mir geht es da wie ihm. Ich finde es total interessant und habe da auch keine moralischen Einwände gegen solche Beziehungsformen. Gleichzeitig weiß ich aber auch, dass ich das niemals aushalten würde und, dass ich mich nicht daran erfreuen kann, wenn mein Partner mit einer anderen schläft. Aber Menschen sind halt unterschiedlich.
Feeling old?
Letztens waren wir bei A, der Freundin des Teenies auf Besuch. Sie erzählte vom Ausflug in die Therme Wien, wo es eine Grotte gäbe, wo die Leute vor allem hinschwimmen, um dann dort herumzuschmusen.
A dann so: “Aber auch alte Leute!!
Und ich denk mir hm ehrlich, Pensionisten so 70 plus, wirklich? Dann denke ich so ein bisschen vor mich hin, ein gewisser Verdacht kommt auf und sage dann ich so zur Mutter von A:
“Sag mal, was versteht sie genau unter alt?”
A-Mutter: “So um die 40.”
Autsch!!! Harhar.
Von der Geduld
Der Jänner war außergewöhnlich, der Februar geht gleich so weiter.
Vor einiger Zeit, es mag eineinhalb Jahre her sein, stand ich vor einer Entscheidung. Ich habe gehört, ich solle mir das gut überlegen, eine solche Entscheidung würde mich schmerzen. Ich dachte mir dann: aber nicht vergleichbar mit den Schmerzen, die ich haben werde, wenn ich mich dagegen entscheide.
Jedenfalls war es tatsächlich schmerzhaft. Nicht immer, aber immer wieder einmal. Manchmal hörte ich, ich sei (zu) geduldig. Aber ich denke, dass gewisse Dinge Zeit brauchen. Man kann sie nicht beschleunigen, nur weil es einem gerade zu langsam geht. Ich habe angefangen, mich mir selbst mehr zuzuwenden und den Glaubenssätzen, die sich da so in vielen Jahren zusammengetragen habe. Ich habe Dinge anders gemacht und vor allem anders gedacht, auch über mich selbst. Ich habe gelesen, “When you change things inside you, things change around you.” Ein schöner Spruch, aber ist da was dran?
Seit ein paar Wochen habe ich das Gefühl und seit einigen Tagen weiß ich: Ja, das ist wirklich so. Ich habe etwas verändert, ein anderer Mensch hat etwas verändert, wir sind aus unseren Komfortzonen herausgekommen und es ist etwas wirklich schönes passiert. Und jetzt bin ich gerade einfach nur dankbar. Und froh.
Brividi
Also folgendes. Gestern war das Finale von San Remo und wir wissen ja: Die SiegerInnen von diesem 5 tägigen italienischen Musikfestival, das viele, viele Stunden dauert, fahren in der Regel zum Song Contest (außer sie wollen das explizit nicht). Das musikalische Niveau auf diesem Festival ist immens hoch, was ja auch das Abschneiden von Italien beim ESC belegt. In den letzten zehn Jahren war Italien beim ESC acht Mal unter den Top 10, fünfmal davon sogar unter den Top 5, ein Sieg, voriges Jahr.
Mahmood war der Sieger von San Remo 2019 mit Soldi, meiner Meinung nach einem der besten ESC Songs der jüngeren Geschichte. Er wurde letztendlich Zweiter, m.E vor allem deshalb, weil Soldi zwar ein ungeheuer toller Song ist, aber nicht unbedingt ein optimaler Song für eine Bühne. Schwer rüberzubringen, ist ihm auch leider nicht ganz gelungen beim ESC. Heuer ist Mahmood wieder in San Remo angetreten, diesmal mit einem 19jährigen Sänger namens Blanco und dem Song Brividi. Und was soll ich sagen? Ich habe das Lied vor drei, vier Tagen das erste Mal gehört – gleich “Live” also auf der San Remo Bühne und war echt begeistert. Er ist nicht unbedingt so hip wie Soldi das war, aber so ein richtiger Cantautore Song, ich finde ihn wunderschön, und er ist defiintiv ein Song für eine große Bühne. Ach ja, und sie haben gewonnen.
Jetzt ist es so, dass Mahmood im Mai eine Italientour hat. Huch. Aber interessanterweise gibt er einen Tag vorm Grand Finale in Turin ein Konzert in …. Turin. Ganz schön praktisch.
Ach ja, Brividi heißt übrigens Schüttelfrost. Ich gebe aber zu, dass mein Italienisch nicht gut genug ist, um das zu wissen, ich hab das auch googlen müssen. Ging es bei Soldi um die schlechte Beziehung Mahmoods zu seinem arabischen Vater (zumindest semi-autobiografisch) handelt Brividi von jemanden, der lieben möchte, aber das irgendwie nicht schafft: “E ti vorrei amare, ma sbaglio sempre” – ziemlich undurchsichtig ingesamt, die Lyrics, aber soo poetisch, zumindest so weit ich das verstehe – die deutschen Übersetzungen, die ich bisher gefunden habe, tun sich auch ziemlich schwer. Oder es ist halt einfach ein Text, der sehr viel Spielraum für Interpretationen lässt.
Gewinnen wird das wohl nicht – und ich glaube auch, dass Italien nicht scharf darauf ist, den ESC zweimal hintereinander auszutragen, aber in die Top 5 sollte das schon kommen. Und selbst wenn nicht, ist es (wiedereinmal) ein wunderbarer italienischer Song.
Tick Tick Boom
Der amerikanische Schauspieler und Komponist Lin Manuel Miranda, der für sein Musical Hamilton unter anderem mit acht Tony Awards ausgezeichnet wurde, war ein Fan von Jonathan Larson. Jonathan Larson hat das Musical Rent geschrieben, das derzeit Rang 8 der am längsten ununterbrochen laufenden Broadwaymusicals belegt. Am Tag vor dessen Uraufführung ist Larson 35-jährig gestorben. Lin Manuel Mirandas Film ist die filmische Adaption des gleichnamigen, teils autobiografischen Musicals, dass sich wiederum mit der Entstehung von Larsons Musicals Superbia beschäftigt. Schon ein großes Fragezeichen über dem Kopf?
Jedenfalls: Jonathan (Andrew Garfield) steht in Tick, Tick…Boom kurz vor seinem 30. Geburtstag. Seit acht Jahren arbeitet er an seinem Debütmusical, mit dem er endlich seinen Durchbruch erreichen will. Entweder das, oder er wird sein Leben ändern. Jonathan lebt das typische Künstler-Boheme Leben – Kellnern in einem Diner, immer knapp bei Kasse, dafür einen schrillen und, nebenbei bemerkt, äußerst diversen Freundeskreis, eine Liebesbeziehung die zu kurz kommt, permanent Musik im Kopf. Bis 30, so meint er, wäre es ok, so ein Leben zu führen, dann muss er es „zu etwas bringen“. Doch eine Woche vor der Uraufführung von Superbia fehlt ihm noch der Hauptsong…
Biopics von KünstlerInnen sind gang und gäbe in Hollywood, man denke nur an Walk the line und Ray, Bohemian Rhapsody oder Rocket Man, um nur einige zu nennen. Die Herausforderung dabei ist es, einen anderen Zugang zu finden als den üblichen, die Sehererwartungen zu unterlaufen, sonst lauert die Gefahr, das übliche Schema abzuspulen, das da wäre: Verzweifelter Jungkünstler muss verschiedenste Hindernisse überwinden, um endlich der zu werden als den sie/ihn die Welt kennt. Bei Tick, Tick…Boom ist eine Abweichung schon insofern gegeben, als Jonathan Larsons Musical Rent zwar weltberühmt, er selbst aber niemals ein Star geworden ist, da er seinen Erfolg nicht mehr erlebt hat. Bei ihm ergeben Eminems Lyrics „Superstardom is close to post mortem” einen neuen Sinn.
Zwar gibt es auch in Tick Tick, …Boom den üblichen Moment, in welchem dem Künstler ein entscheidender Tipp für sein musikalisches Fortkommen gegeben wird, hier: “Schreibe über das, was du kennst” – aber es kommt von seiner schrulligen Agentin, die in diesem Augenblick nur loswerden will, weil sie einen andren Anruf erwartet. Und das tut Larson dann, er schreibt statt Science-Fiction über das was er kennt, das Künstlerleben, seine Angst, nicht genug Zeit zu haben, weil neben ihm Bekannte reihenweise an Aids sterben, seine Liebe zur Musik, dem Gefühl nicht zu genügen – und dabei trägt er Converse und einen dicken Schal, wie der typische Mensch von nebenan. Was er letztendlich auch immer geblieben ist.
Andrew Garfield ist als Jonathan besetzt und diese Rolle scheint für ihn gemacht. Wir kennen Larson nicht, wir haben keine Vorstellung von ihm, aber wir haben das Gefühl, Garfield ist Larson. Er ist besessen von Musik. Garfield singt gut, wenn auch nicht perfekt, tatsächlich ist er als Larson in diesem Film der Conferencier seines eigenen Lebens. Er steht auf einer Bühne und bricht mit der vierten Wand im Theater, was insofern interessant ist, als wir ja einen Spielfilm sehen. Er erzählt dem Publikum sein Leben und die einleitenden Worte sind Programm: “Everything you’re about to see is true – exept for the parts Jonathan made up”.
Das ist so schön und märchenhaft, und bringt dem Publikum diese prickelnde Ungewissheit, nach der es in Wirklichkeit sucht; der Film ist, obwohl wirklich viel gesungen und performt wird – doch auch irgendwie sowas wie Off-Broadway, um in der Theaterszene und Sprache zu bleiben, etwas seltsam, etwas kantig, etwas um die Ecke gedacht, keine glattgebügelte Gewinner-Story. Manchmal denkt man an La La Land, das thematisch relativ ähnlich war und auch keine perfekten Gesangs- und Tanzeinlagen zu bieten hatte, dafür aber ganz viel Charme und Herz
Ganz so sehr wie La La Land hat mich dieser Film jetzt nicht gepackt – dort habe ich monatelang den Soundtrack gehört und konnte die Choreografien auswendig – aber ich mag ihn, besonders seinen Zugang, so ein Film im Film im Film zu sein.
Vermischtes
Diese Woche habe ich drei Projekte gleichzeitig, die auch Spaß machen aber irgendwie bin ich auch ein bisschen erschöpft, der Jänner hat mich geschafft.
Letztes Wochenende war meine Mama bei uns, sie hat jetzt Netflix entdeckt, die letzten Male hat sie The Lost Daughter und Don’t look up gesehen, dieses mal habe ich ihr Tick Tick…Boom empfohlen, einen Film, den ich noch gar nicht kannte, aber aufgrund des Titels und des Trailers als sehenswert erachtet habe. Meine Mutter beschrieb ihn als “interessant, aber irgendwie anders” und dieser Einschätzung kann ich mich – mittlerweile hab ich ihn auch geschaut – durchaus anschließen. In Kürze werde ich vielleicht noch mehr dazu schreiben.
Diese Woche habe ich außerdem den offenen Brief von Ortwin Rosner gelesen, der meines Erachtens alles auf den Punkt bringt, was derzeit auf den Punkt gebracht werden sollte. Einen genauen Befund über den aktuellen Zustand der österreichischen Medienlandschaft (Spoiler: er ist nicht gut) plus einen Lagebericht über die Kundgebungen, die ich durch eigene Augenzeugenschaft genauso bestätigen kann:
“Ganz allgemein gilt, dass jemand, der sich nur über die Leitmedien unseres Landes informiert, eine völlig verzerrte Vorstellung der samstäglichen Corona-Demos in Wien erhalten muss (…)
Dass aber ebenso ganz linksstehende Leute ihre eigenen Kundgebungen mit ihren ganz eigenen Rednern und ihren ganz eigenen Inhalten abhalten, dass man da am Ring sehr gut dabei sein kann, ohne irgendetwas von der FPÖ zu sehen, darüber erhält er kaum irgendeine Information von Euch.
(c) Ortwin Rosner
Der Teenie hatte gerade berufspraktische Tage, die dankenswerterweise trotz C. stattfinden konnten. Jeden Tag ging er mit KollegInnen essen und er hat seinen WhatsApp Status zu “Bei der Arbeit” geändert. Das Berufsleben – er schnuppert im IT-Bereich – gefällt ihm, ich bin wirklich sehr gespannt, was er nach der Matura machen wird. Ich denke, er wird einen “pragmatischeren” weiteren Ausbildungsweg wählen als ich, die ich auch ein bisschen in meinem Elfenbeinturm oder auch Wolkenkuckucksheim gesessen bin und das ist völlig ok so harhar, aber wenn er was anderes macht, ist das genauso ok für mich.
Adrian Lyne Retrospective, drei
Als dritten Film habe ich mir Untreu angesehen.
SPOILERSPACE
Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, als ich diesen Film im Kino gesehen habe – und mit welchem mulmigen, fast panischen Gefühl ich damals den Saal verlassen habe. Untreu ist für mich Lynes gefährlichster und auch irgendwie abstoßenster Film – auch wenn er gut ist.
Die Ausgangslage kommt uns wieder bekannt vor. Connie Sumner (Diane Lane) und ihr Mann Edward (Richard Gere) leben mit ihrem Sohn und Hund (!) in einem Vorort von New York.. Sie haben weder finanzielle noch sonstige Sorgen wie es scheint. Edward verdient gutes Geld, während Connie ehrenamtlich arbeitet und sich um Sohn Charlie kümmert. Und nun eine ketzerische Aussage von mir: wenn man oder in dem Fall frau zuviel Tagesfreizeit und zuwenig Pläne hat, was man mit dieser anstellen soll, kommt man/frau zwangsläufig auf sehr dumme Gedanken. Eines Tages fährt Connie also nach New York, um Besorgungen zu machen, und lernt dort – es ist ein stürmischer Tag – Paul (Olivier Martinez) kennen, der sie buchstäblich vom Boden aufklaubt, vom Winde verweht.
Meine absolut subejktive Meinung: Paul ist Franzose, signifikant jünger als sie und sieht wie der prototypische Frauenverführer aus, so auf die Art, dass es in seinem Klischee schon wieder komplett uninteressant ist. Ich kann es absolut nicht nachvollziehen, wenn man einen Mann wie Richard Gere zuhause hat, dass das auch nur ansatzweise attraktiv auf einen wirken kann, aber Connie ist da anderer Ansicht oder wie es Robert Ebert in seinem Review herrlich ausdrückt: “Connie Sumner’s heart and other organs have their reasons for straying outside a happy marriage” harhar ja. Auch wenn ich es nicht verstehe, ist es wohl so. Jedenfalls beginnt Connie eine Affäre mit dem Franzosen und Edward – natürlich nicht blöd oder gefühllos – spürt das, obwohl sie vorsichtig ist.
Eines Nachmittags sitzt Connie mit zwei Freundinnen im einem Cafe und sie sprechen über Affären, was als frivol-harmloses Gedankenexperiment beginnt, in dem die eine mit einem “Techtelmechtel” liebäugelt, von dem niemand zu wissen braucht, entgegnet die andere pötzlich: “Etwas passiert, es kommt raus oder jemand verliebt sich und es endet in einer einzigen Katastrophe.Es endet immer in einer Katastrophe.” Und wir ZuseherInnen merken, da spricht jemand aus Erfahrung; und wir denken uns ok, nun wird Connie aufwachen und nachdenken und sie wird sich überlegen, ob sie den Preis zahlen will, den offenbar ihre Freundin gezahlt hat, doch nichts dergleichen passiert. Und wir ZuseherInnen wissen nun – es wird passieren, es wird definitiv in einer Katastrophe enden. Auch wenn wir die Ausmaße noch nicht erahnen können, aber ab diesem Moment haben wir große Angst. Und das zu Recht!
Fazit: Ich mag die Lyne Filme und kann so einen Lyne-Filmmarathon auf alle Fälle empfehlen.
Adrian Lyne Retrospective, zwei
Film zwei, den ich mir angesehen habe, ist Ein unmoralisches Angebot. Die Prämisse, als er 1993 erschien, war in aller Munde: Würde man für eine Million Dollar seinen Partner für eine Nacht “verkaufen”?
SPOILERSPACE
Diana (Demi Moore) und David (Woody Harrleson) sind ein junges, glückliches Ehepaar in ihren 20-ern mit Geldproblemen. Sie drohen ihr Grundstück und Traumhaus – David hat es als Architekt selbst entworfen – zu verlieren. Also machen sie sich auf nach Vegas, um dort die notwendigen 50.000 Dollar für die Gläubiger zu gewinnen. Wäre das gelungen, wäre der Film nach einer halben Stunde zuende. So fängt er erst richtig an, als sie den Milliardär John Gage (Robert Redford) kennenlernen, der sofort von Diana angezogen ist. In einer zunächst theoretischen Diskussion darüber, ob Menschen käuflich sind oder nicht, macht er ihnen besagtes Angebot. Hätten sie es nicht angenommen, wäre der Film nach einer dreiviertel Stunde zuende.
Das ist nun der Punkt, an dem man selbst – wohl oder übel – zu denken beginnt, ob man auf so eine Vorschlag eingehen würde. Man kann sich die üblichen Lügen erzählen, wenn man das Angebot annimmt: Es ist nur für eine Nacht, es ist nur Sex, wenn genug Zeit vergeht, wird man es sogar ganz vergessen. Das tun Diana und David. Und Lyne ist clever genug, dem Zuseher nichts von den Ereignissen dieser Nacht zu zeigen. So befinden wir uns in der Position von David, der versucht nachzuspüren, was genau zwischen Diana und Gage passiert ist und was das nun wirklich bedeutet. Er ist rasend eifersüchtig und misstrauisch und Diana ist nicht ganz so abgestossen von Gage wie sie es gerne wäre.
In einer beeindruckenden Szene voller Angst und Wut – die zumindest ich hundertprozentig nachvollziehen kann – versucht David Details von Diana zu erfahren, was in der wiederholten Frage: “War es gut?” gipfelt, die Diana schließlich mit “Ja” beantwortet. Was folgt ist psychologische Kriegsführung seitens Gage, die in dieser SItuation auf fruchtbaren Boden fällt. Doch wieder ist Lyne clever genung, aus Gage keinen skrupellosen Lebemann zu machen, der seine Interessen über die von Diana stellt, sondern arbeitet seine weiche und verletzliche Seite heraus und natürlich auch die Frage: wieso ist ein derart reicher und attraktiver Mann immer noch alleine, wenn er das offenbar nicht sein will?
Ein unmoralisches Angebot und seine Prämisse funktionieren auch 30 Jahre später noch. Wozu nicht nur die drei Hauptdarsteller und ein spannendes Drehbuch beitragen – auch die Nebenrollen sind mit Oliver Platt als Anwalt von David und quasi comic relief und Seymoure Cassel als Mann fürs Grobe von Redford sehr eindrucksvoll besetzt.
Adrian Lyne Retrospektive, eins
In den letzten Tagen habe ich mir weitere Hauptwerke von Adrian Lyne (wieder) angesehen – nachdem im Sommer schon 9 1/2 Wochen dran war. Ich würde Lyne das schlechte Gewissen des heterosexuellen US-Amerikaners bezeichnen. Wie das? Adrian Lyne hat Eine verhängnisvolle Affäre, Ein unmoralisches Angebot und Untreu gedreht. Im Zentrum aller dieser Werke: ein heterosexuelles Ehepaar (und Hund, Hunde sind offenbar wichtig für Lyne), dem ein Fehler passiert.
In Eine verhängnisvolle Affäre– SPOILERSPACE falls man seit den 1980er nicht ferngesehen hat – ist es Michael Douglas als Dan, der die Abwesenheit seiner Frau für einen One Night Stand mit Alex (Glenn Close) nutzt, was für ihn fatale Konsequenzen hat. Natürlich ist Alex schwer psychotisch – und Close spielt sie ganz hervorragend – sie leitet von einem “Just-Sex” Abend einen Anspruch auf einen Platz in Alex’ Leben ab.
Im ersten Reflex denkt man als ZuseherIn vielleicht, also bitte, er hat Frau und Kind, er hat ein Leben, zu dem sie keinen Zutritt hat, was bildet sie sich ein? Aber wenn man ein bisschen weiterdenkt, ist es natürlich schon so, dass man auch als Mann auf der Suche nach Spaß eine Verantwortung übernimmt. Mann kann zwar auf dem Standpunkt stehen – wie Dan das offensichtlich tut – dass es darüber keine Kommunikation braucht, weil man sich eh (stillschweigend) einig war, aber Mann kann dann draufkommen, dass die Einigkeit vielleicht gar nicht so gegeben war, wie man das vorher dachte. Davon abgesehen ist es natürlich schlichtweg Betrug, was Dan macht, da kann er noch so sehr betonen, dass es eh nur eine einmalige, unbedeutende Sache ist – und die Art wie er das tut, nämlich auf relativ routinierte Art und Weise – lässt darauf schließen, dass es vermutlich nicht das erste Mal war, dass sowas passiert ist.
Der erste Teil des Films ist brilliant. Sehr gute schauspielerische Leistungen und wirklich gute, echte Dialoge mit Tiefgang. Der zweite Teil ist immer noch ziemlich unterhaltsam und vor allem spannend, aber Lyne wechselt still und leise das Genre, nämlich vom psychologischen Drama zu einem Arthouse-Horrorfilm. Gewünscht hätte ich mir, etwas mehr über Dans Ehe zu erfahren – Anne Archer als seine Frau spielt auch hervorragend und wurde, wie Close, für den Oscar nominiert – was ist hinter der glücklichen Fassade eines Paar aus dem gehobenen Mittelstand, denn irgendwelche Defizite muss es wohl geben, und wie kommen sie mit der Untreue zurecht? Auch Alex Beweggründe bleiben an der Oberfläche. Stattdessen setzt (Psycho)-Terror ein, was einen durchaus auf dem Sessel hin und her rutschen lässt vor Unruhe, aber es mich hätten eher die psychologischen Hintergründe interessiert. Die Auflösung bleibt zu sehr an der Oberfläche.
Dennoch ist Eine verhängnisvolle Affäre sehenswert und hat auch irgendwie einen Nerv getroffen – oder wie Tom Hanks in Schlaflos in Seattle auf einer Metabene sagt: “Ich bin vorsichtig bei Dates. Ich habe Eine verhängnisvolle Affäre gesehen und der Film hat mir eine Heidenngst gemacht. Dieser Film hat jedem Mann in Amerika eine Heidenangst gemacht.” Harhar.