Kleine Spoiler möglich
The Brutalist rechnet in gewisser Weise mit dem amerikanischen Traum als solchem ab, er lässt aber auch László Tóth nicht als makellosen Helden erscheinen. Als Tóth die Frau seines Cousins kennenlernt, fragt er ihn bald einmal “Is she a Schickse?” Dass sein Cousin eine Katholikin geheiratet hat, behagt ihm nicht. Es ist natürlich so, dass Tóth jede Menge Gegenwind erfährt, auch aufgrund seiner Herkunft, aber auch er selbst hat Vorurteile. Und er macht genausowenig Zugeständnisse, er will mit dem Kopf durch die Wand, und letztendlich sind wir hier wieder bei der Frage der Trennung von Werk und Künstler. Denn ist Tóth eine Art Genie? Wahrscheinlich. Ist er eine angenehme Persönlichkeit? Eher nicht.
Wie ich ja schon vor einigen Wochen geschrieben habe, ist The Brutalist sowas wie der Comebackfilm von Adrien Brody, auch wenn er ja nie wirklich weg war. Aber so etwas hat er tatsächlich seit The Pianist nicht mehr gemacht. So eine große Performance, die so viel an emotionaler Bandbreite zeigt – Weinen aus Freude, Weinen aus purer Verzweiflung, verschiedene Phasen des körperlichen Verfalls, verschiedene Phasen großer psychischer Probleme – da ist einfach alles dabei. Und hinzu kommt noch, dass er eine Person spielt, die kaum zugänglich erscheint, trotzdem aber faszinierend ist und interessante Dinge – auch über Architektur – sagt.
Guy Pearce als Antagonist sieht manchmal Brad Pitt erstaunlich ähnlich und legt seinen Selfmade-Millionär irgendwo zwischen jovialem Gönner und größenwahnsinnigem Irren an, der aber phasenweise wirklich amüsant und auch fürsorglich erscheint. Selbstverständlich trägt Pearce als Van Buren allerhand Masken. Einzig Felicity Jones als Tóths Ehefrau hat mich nicht restlos überzeugt. Sie war mir zu spröde, wobei das natürlich eh genau passt, in diesem durch und durch spröden Film (ich habe aber leider gelesen, dass Marion Cotillard zuerst diese Rolle hätte spielen soll und die mag ich sehr, insofern natürlich etwas unfair von mir, die beiden jetzt zu vergleichen)
Dass dieser Film nur zehn Millionen Dollar gekostet hat mag man kaum glauben, zu monumental erscheint hier alles, vor allem die Großbaustelle des Projekts von Tóth, die auch irgendwie wie die Wotrubakirche mal fünfzig wirkt, harhar. Aber auch das gesamte Set-Design, die Kameraführung, die Musik, die Ausstattung und Kostüme, das hat alles sowas “epochales” und genau das wird vermutlich auch alles bald Oscar nominiert sein harhar.
Bis dahin kann man sich überlegen, wie man die Aussage “It’s not about the journey, it’s about the destination”, die im Film postuliert wird, interpretieren würde. Einer von sehr vielen spannenden Denkanstößen. The Brutalist wird dann Ende Jänner im Kino zu sehen sein.