Szenen einer Ehe ist ein Film von Ingmar Bergmann, der 1973 entstanden ist. Es geht dabei um das Leben von Marianne (Liv Ullmann) und Johan (Erland Josephson). Sie ist Mitte 30, er Anfang 40, beide sind beruflich erfolgreich, sie haben zwei Kinder, sind gut situiert und beliebt in ihrem Freundeskreis. Die erste Szene des Filmes bestĂ€tigt das – anlĂ€sslich ihrer 10. Hochzeitstages werden sie in einem Magazin portraitiert als das, was sie offenbar sind: ein glĂŒckliches Ehepaar. Doch bereits kurz nach dem Erscheinen der Zeitschrift beginnt es in ihrer Ehe zu rumoren. Johan hat sich in die Studentin Paula verliebt und wenn Marianne ehrlich ist, hat auch sie groĂe Zweifel an ihrer Beziehung…
SPOILERALERT
Was folgt ist eben das: Szenen einer Ehe bzw. dem Ende einer Ehe. Nach und nach kommt auf den Tisch, was zwischen den beiden schiefgelaufen ist. Und das ist nicht irgendwas, von dem der Zuseher noch nie gehört hat, nein, es ist natĂŒrlich eh genau das, was bei den meisten schieflĂ€uft: zuwenig Zeit fĂŒr die Partnerschaft, zuviele andere Verpflichtungen, fehlende Kommunikation, gegenseitiges voneinander genervt sein, Flaute im Bett.
NatĂŒrlich ist Szenen einer Ehe auch ein Produkt seiner Zeit und manche Themen wĂŒrden im Jahr 2021 (hoffentlich!) keine Rolle mehr spielen. Johan beispielsweise ist eigentlich ein totaler Chauvinist, den seine beiden Töchter ĂŒberhaupt nicht interessieren. Als er sich von Marianne trennt, denkt er keine Sekunde darĂŒber nach, wie (bzw. ob) er das VerhĂ€ltnis zu ihnen weiter fortfĂŒhren möchte, er bemĂŒht sich nicht, ĂŒberhaupt (weiterhin) ein VerhĂ€ltnis zu ihnen zu haben. Es ist ihm einfach vollkommen egal, er heuchelt nicht einmal Engagement. Er denkt mehr darĂŒber nach, was seine Eltern zur Scheidung sagen werden. Marianne wiederum hat offenbar in ihrer Ehe niemals einen Orgasmus erlebt, was erklĂ€rt, dass sie am Sex nicht so wirklich Gefallen findet – ein hĂ€ufiger Streitpunkt der beiden. Alleine die Choreografie der Sexszenen lassen aber auch vermuten, dass der weiblichen SexualitĂ€t in den 1970er Jahren prinzipiell nicht besonders viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde bzw. wird jedem Zuseher klar sein, dass das, was die beiden da miteinander tun, fĂŒr die Frau nicht rasend viel Befriedigung bringen kann, viel mehr als sich aneinander Abreagieren wird da nicht gezeigt.
Fast drei Stunden streiten sich Marianne und Johan, dann lachen sie wieder miteinander; sie beleidigen und verletzen sich, dann kuscheln sie sich aneinander. Einmal schlagen sich sogar, sodass Marianne blutet, und dann haben sie doch wieder Sex. Warum sie sich nicht voneinander lösen können weiĂ man nicht so genau. Irgendwas verbindet sie trotz Scheidung, ob es doch Liebe ist, da sind sie sich selbst nicht sicher. Am Ende sind beide anderweitig verheiratet, aber auch diese Beziehungen funktionieren offenbar nicht so wie sie sollten, obwohl Marianne Johan recht unverblĂŒmt erzĂ€hlt, dass sie nun endlich Orgasmen hat – was er natĂŒrlich gar nicht hören will. Vielleicht schaffen sie es aber auch nur nicht, ihrem Leben tatsĂ€chlich (neuen) Sinn zu geben, und fallen dadurch immer wieder in alte “Gewohnheiten” zurĂŒck. Es ist schwer nachvollziehbar.
Was Szenen einer Ehe allerdings wirklich gut leistet ist, den “Struggle” von Ehepaaren zu schildern, dieses obwohl man verheiratet ist, also quasi die engste und intimste Beziehung ĂŒberhaupt miteinander haben sollte, man sich zugleich mehr und hĂ€rter verletzen kann, als in jeder andere Konstellation, dass man sich gegenseitig die pure Hölle auf Erden sein kann, weil man sich so gut kennt und genau weiĂ, was dem anderen so richtig wehtut. Szenen einer Ehe ist ein LehrstĂŒck ĂŒber all das.
Gerade wurde auf HBO eine Miniserie mit Jessica Chastain und Ocsar Iscaac gedreht, frei nach Ingmar Bergmann. Die möchte ich unbedingt sehen!